Battlefleet Gothic: Armada 2 - Test, Taktik & Strategie, PC

Battlefleet Gothic: Armada 2
06.02.2019, Marcel Kleffmann

Test: Battlefleet Gothic: Armada 2

Breitseiten im Weltraum

In Battlefleet Gothic: Armada 2 (ab 17,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) ist alles größer und bombastischer. Ganze zwölf Fraktionen aus dem Warhammer-40.000-Universum liefern sich taktische Raumschiff-Schlachten im Wirbel des Chaos. Dabei stehen spektakuläre Breitseiten einigen aufgeblasenen Lückenfüllern gegenüber. Mehr dazu im Test.

Battlefleet Gothic: Armada 2 kann man sich am besten als verbesserte und mächtig aufgeblasene Version des Vorgängers aus dem Jahr 2016 vorstellen. In dem Weltraum-Taktikspiel sind diesmal alle zwölf Fraktionen aus der Tabletop-Vorlage dabei: Imperiale Flotte, Adeptus Astartes (Space Marines), Adeptus Mechanicus, Chaos, das Eldar-Dreigestirn (Korsar, Asuryani und Drukhari), Orks, Necrons, Tyraniden und die Handels- sowie Schutzflotten der T'au. Im Vorgänger waren nur sechs Fraktionen enthalten - und wie man es erwarten kann, ist die Ausbalancierung des Dutzends noch nicht optimal. Während das Imperium als Allrounder ein bisschen schlagkräftiger sein könnte, sind die Eldar-Fraktionen (vor allem Asuryani) etwas zu stark, was daran liegt, dass sich ihre Raumschiffe ziemlich flink bewegen können und sie auf Schlachtfeldern einen klaren Vorteil haben, auf denen bestimmte Punkte erobert und gehalten werden müssen. Die rammfreudigen Orks zeigen sich ebenfalls stark. Mit dem ersten Patch wurden am 05. Februar 2019 bereits einige Anpassungen vorgenommen, aber ein längerer Betatest oder eine mehrmonatige Early-Access-Phase hätten dem Spiel sicherlich gutgetan, was sich auch an anderer Stelle zeigt.

Zwölf Warhammer-Fraktionen

Stellenweise ist die Reichweite der Raumschiffe so groß, dass die Kameraentfernung nicht ausreicht, um das Ziel sehen zu können.


See-Schlachten im Weltraum

Der Kern des Spiels, egal ob in der Kampagne, den Schlachten (Skirmish) oder den Multiplayer-Gefechten, sind die taktischen, zweidimensionalen Kämpfe mit schweren Kriegsschiffen im Weltraum, die sich im Prinzip mit See-Schlachten vergleichen lassen. Träge bzw. dicke Raumschiffe jagen sich gegenseitig mit Breitseiten-Angriffen (inkl. Kreistanz), Torpedos, Strahlenwaffen, Jäger- und Bomberstaffeln, Enter-Attacken, Stromschlägen usw. Die Raumschiffe werden wie in einem typischen Echtzeit-Strategiespiel über die Karte geschickt und mit den Steuerungstasten lassen sich Entfernung zum Ziel für Breitseiten-Attacken sowie blitzschnelle Ausweichmanöver auf Knopfdruck mit langer Abklingzeit einleiten, um zum Beispiel Orks auf Rammkurs oder Torpedos auszuweichen. Auch Spezialattacken und Haltungen, die das Verhalten des Schiffes festlegen, lassen sich mit den vielen kleinen Buttons am unteren Bildschirm einsetzen.  Im Vergleich zum Vorgänger sieht man aufgrund des aufgeräumteren Interfaces mehr vom Kampfgeschehen und kann zugleich Spezialfähigkeiten einsetzen, wenn man mehrere Schiffe ausgewählt hat.

Mit Moral auf den Schiffen, Entermanövern, Bränden, Crew-Dezimierung, unterschiedlichen Schiffssektionen und Meutereien fallen die Gefechte durchaus komplex aus und erfordern viel und beherztes Mikromanagement. Der „Ringkampf“ und das gegenseitige Umkreisen der Schiffe ist mitreißend und kann locker mehrere Minuten verschlingen. Aufgrund der detaillierten Raumschiff-Modelle ist das Kampfgeschehen durchaus ansehnlich . Es gibt auch eine praktische Automatisierungsfunktion mit festlegbaren Angriffsprioritäten, die halbwegs brauchbare Dienste leistet, sofern das gegnerische Schiff nicht aus der Sichtweite verschwindet. In den Einzelspieler-Gefechten gibt es die Möglichkeit das Geschehen zeitlich zu verlangsamen und zu beschleunigen, was in kritischen respektive langatmigen Situationen wirklich hilfreich ist. Im Mehrspieler-Modus fehlt diese Option.

Mikromanagement in imposanten Gefechten

Trotz schicker Hintergrundgrafiken sind die eigentlichen Schlachtfelder eher karg. Sie wirken zudem recht klein.

Während sich die einzelnen Fraktionen erfreulich unterschiedlich präsentieren (Eldar: schnell; Orks: rammfreudig; Necrons mit Selbstreparatur; Tyrandien: hungrig etc.), was natürlich immense Balance-Herausforderungen mit sich bringt, leiden sämtliche Gefechte in Battlefleet Gothic: Armada 2 an zwei Problemen, die schon der Vorgänger hatte. Gemeint sind die mangelnde Missionsvielfalt und die mäßig interessanten Weltraum-Schauplätze, diese beiden Schwachstellen ziehen sich durch alle Modi.

Wenig Abwechslung: Missionen und Schlachtfelder

Abseits einiger geskripteter Kampagnen-Missionen müssen in den Gefechten entweder die gegnerischen Schiffe vernichtet (Kreuzer-Kampf) oder Punkte auf der Karte erobert und gehalten werden (Domination) inkl. Bonuspunkte für zerstörte Gegner. Mehr Abwechslung à la Capture-the-Flag oder Einsätze mit gigantischen Raumstationen (Angriff vs. Verteidigung) gibt es nicht. Obwohl die Schauplätze der Weltraum-Schlachten deutlich größere Strukturen und Himmelskörper als gelegentlich übertriebene Hintergrundgrafiken bieten und es Asteroidenfelder, Minenfelder, Nebel und Geschütze oder seltener Sonneneruptionen und Weltraumtitanen oder Strahlungswellen gibt, sind die meisten Karten ziemlich öde und interaktivlos. Es sind meist bloß karge Schlachtfelder im Weltraum ohne große Überraschungen.

Bevor man sich in die drei Kampagnen (Imperium, Tyraniden und Nekron) stürzt, gilt es die als Tutorial konzipierte Prolog-Mini-Kampagne zu absolvieren. Trotz holpriger Erzählweise und manchmal eigenartiger Kameraeinstellungen endet die zweite spielbare Mission und die letzte Ingame-Zwischensequenz mit einer großen Schlacht auf so einer hohen Note, dass die anderen Kampagnen in Sachen Inszenierung und Story-Präsentation danach ziemlich alt aussehen.

Drei große Kampagnen

Dafür bieten die drei Kampagnen, die im Zeichen von Gathering Storm und dem 13. Schwarzen Kreuzzug stehen, ein an Total War erinnerndes, rundenbasiertes Metaspiel im Bereich des Wirbel des Chaos. Nach den Schlachten darf man seine Flotten zwischen den Sternen hin- und herschieben, Sternensysteme erobern und sichern, Ressourcen verwalten, Planeten verbessern, neue Schiffe bestellen, Admirale für die Flotten rekrutieren und Schiffe reparieren. Trifft die eigene Flotte auf der dieser Karte auf einen Gegner, können die Schlachten selbst ausgefochten werden oder man lässt das Ergebnis vom Computer berechnen, was in den meisten Testläufen eine ziemlich schlechte Idee war.

Toller Prolog, mittelprächtige Kampagnen

Die comicartigen Zwischensequenzen wurden im Vergleich zum ersten Teil mit leichten Animationen versehen.

Obwohl das Kampagnen-Konzept auf dem Papier interessant und stimmig klingt, zeigen sich schnell einige Macken. Abgesehen davon, dass die Kamera viel zu wenig Übersicht bietet und die planetare Verwaltung sowie der Ausbau des Reiches arg oberflächlich und keinesfalls mit Total War zu vergleichen sind, gibt es zwei größere Schwachstellen.

Total War: Warhammer 40k lite

Das erste Manko hat direkt mit der eigenen Weltraumflotte zu tun, denn im Gegensatz zum Vorgänger kann man nur noch globale Verbesserungen für die Flotte (in einem Techtree) realisieren und nicht mehr gezielt eigene Raumschiffe mit gewonnener Erfahrung verbessern. Damit ist zwar eine Verbesserung des eigenen Arsenals und die Freischaltung weiterer Schiffsbaupläne in den Werften gegeben, jedoch können die eigenen Schiffe nicht spezialisiert werden. Sie können jederzeit durch neu gebaute Schiffe in den Werften ausgetauscht werden, was ich bedauerlich finde, da einem die heldenhaften Raumschiffe egal sein können, da sie problemlos ersetzbar sind. Die eigene Flotte wurde durch eine generische Flotte ersetzt. Im ersten Teil konnte man zumindest die Bewaffnung anhand fester Vorlagen verändern und die Perks pro Schiff wählen. Mikromanagement bei den Raumschiffen hätte jedenfalls gut zu dem Mikromanagement in den Schlachten gepasst.

Pro Planet lassen sich drei Flotten stationieren.

Die zweite und schwerwiegendere Schwachstelle ist das sich stark wiederholende Missionsdesign. Ein Großteil der Einsätze läuft nach dem Standard-Strickmuster (Punkte erobern und/oder Gegner besiegen) ab und diese Einsätze kommen einfach zu oft vor. Es gibt zwar in jedem Sektor einige besondere Missionen, welche die Geschichte mit eigenen Missionszielen vorantreiben, aber diese Einsätze sind zu selten und wirken kurioserweise wie Lückenfüller zwischen den Standard-Einsätzen, obwohl es eigentlich andersherum sein müsste. Die Missionen sind nicht vielfältig genug und die Verknüpfung mit der Erzählung ist ebenso zu schwach. Weniger Sternensysteme, weniger Standard-Missionen und ein besserer Fokus auf Abwechslung hätten sicherlich geholfen. So wirkt die Kampagne leider nur unnötig aufgeblasen.

Flotten-Techtree der Nekron


Kehrwert-Lückenfüller

Wenn ihr ehrlich bin, hätte ich lieber eine längere und ggf. lineare Kampagne mit der Qualität des Prologs und einigen Nebenaufgaben gehabt. Zumal es auch keine der drei Kampagnen schafft, an die bombastische Warhammer-Atmosphäre der Kampagne des ersten Teils heranzukommen. Größer ist in diesem Zusammenhang nicht immer besser.

Außerdem gibt es in den Kampagnen eine Art Zeitdrucksystem (Dringlichkeitssystem), das die Erfüllung der Missionsziele mit einem Zeitlimit und zusätzlichen Invasionen erschwert. Glücklicherweise lässt sich dieses Dringlichkeitssystem vor dem Start der Kampagnen deaktivieren.

Abschaltbarer Druck

Schön ist, dass die Fraktionen in den Feldzügen unterschiedliche Ziele verfolgen. Bei den Nekrons versucht man Grabwelten vor den Spähern und Technikern des Adeptus Mechanicus zu finden, was sich jetzt nicht so sehr vom Imperium-Feldzug unterscheidet, aber immerhin. Zumindest können die Necrons mithilfe der Dolmentore erstaunlich schnell zwischen den Planeten reisen. Bei den Tyraniden geht es vielmehr um Hunger. Großen Hunger. Sehr, sehr großen Hunger auf lecker Biomasse. Sie können ganze Planeten erst assimilieren und dann verspeisen, wodurch das Ressourcensystem komplett anders als bei den anderen Fraktionen funktioniert.

Wer sich zum Ende der Kampagnen auf richtig große Schlachten freut, wird übrigens enttäuscht. Erst mit Patch #1 werden die Flottenpunkte, welche die mögliche Größe der Kampfflotte beschränken, etwas angehoben (zum Beispiel von 1350 auf 1650 auf Rufstufe 15), wodurch die Schlachten homöopathisch größer werden.

Die Raumschiffe stehen auch in unterschiedlichen Farben - je nach Unterfraktion - zur Verfügung.

Die drei Kampagnen können ebenfalls im kooperativen Mehrspieler-Modus angegangen werden. Man kann einen Mitspieler in die Partie einladen (Button rechts oben), der dann eine Hälfte der Flotte in den Missionen kommandieren darf, was die Mikromanagementarbeit auf zwei Personen aufteilt. Dieser Modus befindet sich aktuell in einer Betaphase und soll im März fertig werden.

Verbesserungswürdige Aufteilung

Irgendwie hätte ich es besser gefunden, wenn die Entwickler die inhaltliche Aufteilung verändert hätten. Eine große und intensive Story-Kampagne mit individuellem Flottenausbau, eine kleinere galaktische Eroberung mit mehreren Fraktionen (wie die jetzigen Kampagnen) und die typischen Skirmish-Gefechte gegen KI-Gegner oder menschlicher Spieler.

Apropos Skirmish. Die Gefechte (1-gegen-1 und 2-gegen-2) fallen etwas größer als beim Vorgänger aus. Vor einem Skirmish-Match (Gefecht) wählt man für seine Armada zunächst zwei Fähigkeiten für das "Capital Ship" aus und entscheidet sich für zwei "Admiral Upgrades", die den Spielstil mit beeinflussen.

Bei der Flotten-Erstellung im Skirmish/Schlacht-Modus darf man aus verschiedenen vorgegebenen Schiffsmodelle eine Armada zusammenstellen. Die Schiffe selbst darf man nicht modifizieren. Lediglich globale Verbesserungen sind möglich.
Die Flottengröße wird abermals durch Kommandopunkte begrenzt (aktuell 1200). Kleinere Schiffe kosten kaum Kommandopunkte, größere Raumschiffe hingegen mehr. Massen- und Materialschlachten sollte man trotzdem nicht erwarten, da es schwierig wäre die (taktischen) Fertigkeiten der Raumschiffe allesamt zu kontrollieren und zu koordinieren.

Skirmish und Multiplayer

Die Größe der Schlachten wurden schon beim ersten Teil häufig kritisiert und deswegen ist es umso unverständlicher, dass der epische "Skirmish-Modus" sowie ein "unranked" Mehrspieler-Modus erst via Patch nachgeliefert werden sollen. In diesen Modi sollen große Schlachten mit den größten Raumschiffen aus der Kampagne (Phalanx, Macragge's Honour) möglich sein. Warum nicht gleich?

Je häufiger man im Skirmish und im Multiplayer die jeweiligen Fraktionen spielt, desto mehr Fertigkeiten und Upgrades werden bei den Admiralsspezifikationen freigeschaltet. Auch hier entfällt die individuelle Gestaltung der eigenen Flotte und wird auf die Auswahl weniger Fertigkeiten und Talente runtergebrochen. Ranglisten-Spiele sind ebenfalls im 1-gegen-1 und 2-gegen-2 möglich.

Fazit

Auch im zweiten Anlauf bleiben die eigentlich gelungenen taktischen Weltraumschlachten hinter ihren Möglichkeiten zurück. Die viel Mikromanagement erfordernden Gefechte übertrumpfen zwar den Vorgänger, auch aufgrund des größeren Fraktionsdutzends sowie diverser Detailverbesserungen, aber spätestens nach dem tollen und intensiven Prolog kommt man vom Regen in die Traufe. Die drei großen Kampagnen setzen natürlich auf die intensiven Gefechte, aber die Standard-Kämpfe wiederholen zu häufig. Nur selten gibt es Abwechslung und irgendwie plätschert die Story auch nur so dahin. Es wirkt alles zu unfokussiert und mit Lückenfüllern aufgeblasen. Auch die übergeordnete Strategie-Schicht ist zu seicht und die Anpassung der eigenen Armada kommt viel zu kurz. Der Kampagnen-Sandkasten hätte von einer Straffung sowie einer kürzeren Story auf dem Prolog-Niveau klar profitiert. Die normalen Gefechte wiederum könnten mehr Abwechslung bei den Zielen bieten und größer ausfallen, wobei ein "großer Skirmish-Modus" als Update nachgeliefert werden soll. Aber warum nicht gleich so? Schließlich war das schon ein Kritikpunkt an dem Vorgänger. Alles in allem macht Battlefleet Gothic: Armada 2 einige Schritte in die richtige Richtung, aber fast genauso viele Schritte an anderer Stelle wieder zurück.

Pro

  • tolle, taktische Weltraumschlachten mit Tiefgang
  • eindrucksvolle Gefechte mit Mikromanagement-Fokus
  • zwölf Warhammer-Fraktionen mit jeweiligen Eigenarten
  • bessere Kontrolle über die Schiffe
  • nette Strategie-Ebene zwischen den Missionen
  • lebendigere Zwischensequenzen
  • wirklich gut gelungener Prolog
  • Story-Missionen bieten Abwechslung
  • verbesseres Interface im Kampf
  • Zeitverlangsamung für hektische Momente (im Solo-Modus)
  • gute Warhammer-Atmosphäre
  • akkurat nachgebildete Schiffe
  • drei Schwierigkeitsgrade
  • Co-op-Modus für die Kampagne (nur Beta)

Kontra

  • Kampagne mit viel zu vielen Lückenfüllern
  • Kampagne: Strategie-Ebene zu oberflächlich
  • Kampagne: Tutorial reicht nicht aus
  • stark reduzierte Anpassung der eigenen Raumschiffe
  • zu wenig Missionstypen
  • ungünstige und zu unflexible Kameraperspektive
  • verbesserungsbedürftige Balance
  • meist kleine und interaktivlose Karten; zu kleine Gefechte
  • Auswahl an Fertigkeiten und Co. wirkt nur groß
  • Individualisierung der Schiffe könnte viel weiter gehen (Waffen, Bauteile etc.)

Wertung

PC

Die tollen taktischen Weltraumschlachten hätten mehr Abwechslung und ein besseres Kampagnen-Design verdient.

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