Away: Journey to the Unexpected - Test, Action-Adventure, PC, PlayStation4, Switch, XboxOneX, PlayStation4Pro, Mac, XboxOne

Away: Journey to the Unexpected
05.02.2019, Jan Wöbbeking

Test: Away: Journey to the Unexpected

Die Macht der Freundschaft

Monster metzeln, Freunde finden: Mit diesem Konzept will der französische Arcade-Fan Aurélien Regard das Action-Genre aufmischen. Je geschickter man sich in den Dialogen anstellt, desto mehr liebenswerte Freaks wie Voodoo-Priester oder Eis-am-Stiel-Monster helfen beim Grillen oder Schockfrosten der Gegner. Im Test überprüfen wir, ob die Idee hält, was das niedliche Comic-Design verspricht.

Shooter-Veteranen kennen das Prinzip: Von welcher Seite man das Monster auch betrachtet – es glotzt den Spieler stets mit der gleichen, debil grinsenden Fratze an! In frühen Genre-Vertretern wie Doom sparte der Trick mit platten Sprite-Gegnern wertvolle Ressourcen (dort allerdings mit deutlich mehr Animationsphasen). Heutzutage dient er Aurélien Régard natürlich primär dazu, gute Erinnerungen an diese Zeiten zu wecken. Außerdem hat er so einen Weg gefunden, seinen typischen Comic-Stil in eine räumliche Welt zu transportieren. Ähnlich wie in seinen 2D-Titeln hüpfen wieder allerlei morbide und niedliche Wesen vor den Augen des Spielers herum. Und erneut bleibt die durchgeknallte Geschichte nur ein oberflächlicher Rahmen für die Action, ein paar Hüpf-Abschnitte und einige Dialogrätsel.

Ich mach dich platter!

Ob man nun mit der Oma spricht oder sich ein, zwei Tipps von der häuslichen Voodoo-Katze abholt – die Gesprächspartner wirken meist nur wie Statisten. Und das, obwohl das viel beworbene Freundschafts-System und die daran geknüpften Entscheidungen hier eine wichtige Rolle spielen. Eine Architektin am Strand etwa ist durch einen tragischen Unfall zum Skelett geworden und fühlt sich noch nicht besonders wohl in ihrer neuen Gestalt. Beweist man beim Smalltalk mit ihr Fingerspitzengefühl, tritt sie kurz darauf dem Team bei. Bezeichnet sie also möglichst nicht vorschnell als Monster, sondern fragt sie erst einmal nach ihrer beruflichen Passion aus! Nach zwei, drei Fragen gehört sie zu eurem Team und ihr könnt euch mit ihr in die nächsten Gefechte stürzen. Anderen Figuren wiederum lassen sich nur mit einer ruppigen Art und ein paar sarkastischen Sprüchen überzeugen.

Was ist das für ein Auflauf?
In einem Durchgang ist man irgendwann mit bis zu drei Mitstreitern unterwegs, zu denen man in Gefechten jederzeit wechseln darf (insgesamt sind es noch deutlich mehr). Sie laufen nicht wirklich neben der Spielfigur her, sondern fungieren quasi als Spezialfähigkeit mit begrenzter Energie. Besonders effektiv und teuer ist der Robo-Revolverheld, der im Kampf gegen aufdringliche Weltraumritter massenhaft kritische Treffer verteilt. Als nützlich erweist sich auch das Eis am Stiel zum Einfrieren lästiger Biester.

Zusammen kloppt sich‘s leichter

Bei derart altmodischen Kämpfen lässt sich auch über die Macken der stupiden KI hinwegsehen, zumal die zu Beginn herrschende Ressourcenknappheit für angenehme Spannung sorgt. Vor allem im Einstieg kommt ein richtig schön nostalgisches Spielgefühl auf! Wenn man sich vorsichtig um die Ecken tastet, um ja keine kostbare Projektil-Energie zu verschwenden, erinnert das fast schon an Survival-Spannung. Notfalls packt man lieber ab und zu den simplen Holzknüppel aus, um die aufdringlichen mutierten Minenarbeitern im passenden Rhythmus abzuwehren.

Die sich spaltenden Schneekugelhaufen nerven zunächst mehr als der Rückbau eines alten Kugelhaufenreaktors. Nach etwas Eingewöhnung lässt man sie einfach links liegen.
Der zu Beginn noch gute Spielfluss wird aber schon früh durch exzessives Recycling der wenigen Levels gestört. Wieder und wieder wird man durch schummrige, prozedural generierte Dungeons geschickt, in denen man durchaus wichtige Eingänge übersehen kann. Ab und zu funken sogar Bugs dazwischen, so dass sich ein wichtiger Schalter überhaupt nicht mehr umlegen lässt. Oder man wird von einem schwebenden pechschwarzen Fratzengeist in die Cutscene verfolgt, wo er munter an der Lebensenergie knabbert. Halt, stopp!

Prozedurales Recycling

Ein weiterer Stimmungskiller ist die wirre Verknüpfung der Levels: Es dauert eine Weile, bis man durch alle Abläufe durchsteigt und dem letzten Boss näher kommt. Um wen handelt es sich bei der mysteriösen Figur und hat sie die Eltern des Protagonisten entführt? Wer nicht all zu lang auf die Antwort dieser Fragen warten möchte, sollte sich zu Beginn auf das Meistern der Dialogrätsel konzentrieren! Selbst wenn ihr euch noch so erfolgreich durch die Horden metzelt, nützt euch das nur wenig, wenn ihr euch nicht gleichzeitig mit genügend Mitstreitern anfreundet. Ohne genügend Freundschafts-Sterne steht ihr schnell vor verschlossenen Türen und müsst zurück zum Spielstart! Nach jedem Durchgang und nach jeder Rückkehr ins Hauptmenü verliert man sogar seine Mitstreiter und muss sie erneut rekrutieren - diesmal aber immerhin ohne Dialogrätsel.

Derart harsche Konsequenzen passen nicht wirklich zur albernen Stimmung. Im Gespräch mit den dämlich grinsenden Mutanten fällt es gar nicht so leicht, die Situation mit dem gebotenen Ernst zu behandeln und vorsichtig Dialoge abzuwägen. Nur eine falsche Antwort und die letzten 20 Spielminuten waren umsonst, weil man kurz danach zu wenige Freundschafts-Sterne besitzt. Dann heißt es zurück zum Anfang und noch einmal loslegen! Vermutlich brauchten wir deshalb auch deutlich länger als die von Publisher Playdius geschätzten vier Spielstunden. Der Schwierigkeitsgrad bleibt insgesamt aber trotzdem moderat – im Gegensatz zu Regards bockschweren älteren Arcade-Titeln für den DS.

Im Ernst jetzt?

Mit steigendem Level gelangt man außerdem an einige Perks wie mehr Lebensenergie oder dauerhaft geöffnete Türen. Trotzdem geht es schnell auf die Nerven, dass man innerhalb eines Durchgangs nicht einmal speichern darf! Weitere Stimmungsdämpfer sind die etwas hölzerne Steuerung und der Fokus auf Nahkampfwaffen. In einem derart nostalgischen Shooter-Szenario hätten es ruhig etwas mehr Gewehre sein dürfen - zumal sich defensive Extras wie das Schild nur holprig in den Schlagrhythmus einbauen lassen.

Ommm - im Haus öffnen sich mit mehr Freundschaftssternen nach und nach Türen, hinter denen obskure Gestalten warten.
Eine höhere Auflösung und weniger grobe Pixelkanten hätten ebenfalls nicht geschadet. Die platten Retro-Gegner besitzen zwar viel Charme  – ihre Hintergründe wecken aber eher ungute Erinnerungen an die Grafikprobleme der Vergangenheit. Das gilt insbesondere für die alte Xbox One, auf der das Bild manchmal ruckelt oder sogar einfriert. Die PS4 Pro hatte nicht mit solchen Mankos zu kämpfen: Trotz der schlichten Grafik bringt die Unity-Engine aber auch hier nur 30 Bilder pro Sekunde zustande – ein Armutszeugnis! Bislang konnten wir Away nur auf der Xbox One X mit 60 Bildern pro Sekunde spielen. Am Donnerstag erscheint übrigens auch eine Umsetzung für Switch und später eine für den PC.

Technische Macken

Deutlich besser gelungen ist die Musikbegleitung, die mit ihren gutgelaunten Melodien Erinnerungen an unbeschwerte Arcade- und Dreamcast-Zeiten weckt. Das hübsche Animé-Intro aus dem Trailer weckt allerdings falsche Erwartungen: Nach der kurzen Einleitung haben wir keine weiteren Zeichentrick-Sequenzen mehr zu Gesicht bekommen.

Fazit

Unterm Strich hat sich das Entwickler-Duo Aurélien Régard und Jim Gennisson ein wenig verzettelt. Away: Journey to the Unexpected besitzt durchaus Potenzial, doch vielerorts fügen sich die holprig verbundenen Bestandteile nicht wirklich zu einem harmonischen Spiel zusammen. So viel Spaß ich auch in den ersten Stunden am spannenden Vorantasten hatte, so nervig wurde es später, wenn ich mich wieder und wieder durch altbekannte Dungeons quälte, in denen mir aufgrund prozedural generierter Levels nicht einmal alte Ortskenntnisse weiterhalfen. Etwas mehr Durchblick und Anleitung hätten hier Wunder bewirkt! Wenn ich früher verstanden hätte, welche Tragweite die flapsig formulierten Dialogrätsel haben und auf welche Weise die Levels miteinander verknüpft sind, hätte ich das hübsch designte Abenteuer mit all seinen liebenswerten Figuren bestimmt deutlich mehr genossen. Doch selbst dann hätten sich auch die übrigen Mankos wie das etwas hölzerne Waffen-Handling oder technische Probleme bemerkbar gemacht.

Pro

  • interessantes Freundschaftssystem...
  • überaus knuffige Comic-Monstrositäten
  • zu Beginn durch Ressourcen-Knappheit angenehm spannend
  • überdrehter Humor
  • relaxter Gute-Laune-Soundtrack

Kontra

  • ...schwerwiegende Entscheidungen stellen aber einen Bruch zum albernen Ton dar
  • zu viel nervige Wiederholung an nur fünf Schauplätzen
  • kaum Erklärungen und wirr verknüpfte Levels
  • technisch schwach, vor allem auf der alten Xbox One
  • diverse kleine Bugs

Wertung

PlayStation4

Away: Journey to the Unexpected verströmt eingangs viel gute Laune und Arcade-Spannung, doch vielerorts fügen sich die holprig verbundenen Bestandteile nicht wirklich zu einem harmonischen Spiel zusammen.

XboxOne

Away: Journey to the Unexpected verströmt eingangs viel gute Laune und Arcade-Spannung, doch vielerorts fügen sich die holprig verbundenen Bestandteile nicht wirklich zu einem harmonischen Spiel zusammen.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt keine Käufe.
  • Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.