Yakuza Kiwami - Test, Action-Adventure, PlayStation4, PlayStation3, XboxOne, PC

Yakuza Kiwami
12.02.2019, Benjamin Schmädig

Test: Yakuza Kiwami

Nach Zero kommt Kiwami

Nachdem sich Kazuma Kiryu mit der Vorgeschichte seines Gangster-Epos' zum ersten Mal auf PC blicken ließ, setzt er seine Reise jetzt im Remake des damals ersten Teils fort. Keine Kunst; technisch und auch inhaltlich gleichen sich die beiden Spiele sehr. Und vielleicht ist das für PC-Besitzer gar nicht schlecht, denn so nehmen sie den im vergangenen Jahr aufgenommenen Groove einfach in die Neuauflage mit. Echte Überraschungen erwarten sie dabei nicht - dafür einer der besten Plots der Yakuza-Saga.

Yakuza Kiwami (ab 7,70€ bei kaufen) löst ein ganz seltsames Gefühl der Vertrautheit in mir aus - nicht nur, weil es ein Remake des allerersten Serientitels ist, sondern weil es spielerisch und äußerlich dem vor nicht einmal sieben Monaten veröffentlichten Prequel mit dem Untertitel Zero so verdammt ähnlich ist. Mal ganz davon abgesehen davon, dass sich die Yakuza-Serie in ihrem zehnjährigen Bestehen ohnehin kaum weiterentwickelt hat.

Homecoming

Reine PC-Spieler verspüren diesen Gewöhnungseffekt natürlich noch nicht, aber auch sie sind einmal mehr als Kazuma Kiryu in Tokio unterwegs, genauer gesagt in dem fiktiven Vergnügungsviertel Kamurocho, wo sie sich frei bewegen können, um zu bowlen, Baseball, Billard, Mahjong oder Dart zu spielen, auf einer Art Carrera-Bahn zu fahren, Karaoke zu singen und mit Hostessen zu flirten. Etlichen Anwohnern und Besuchern helfen sie außerdem aus der Patsche, indem sie verlorene

Endlich angekommen: Zum erste Mal erleben PC-Spieler den ersten Teil der Yakuza-Saga.
Gegenstände suchen oder gierige Ganoven verprügeln.

Im Kern dreht sich die Serie außerdem um die Geschichte des Yakuza-Gangsters, der als eine Art guter Mafioso für Recht und Ordnung in den Reihen seines Clans sorgt. Als Kazuma aus dem Gefängnis entlassen wird, ist der nämlich zerstritten und eine riesige Menge Geld verschwunden. Und so lernt man in zahlreichen langen Filmszenen die Drahtzieher unterschiedlicher, aber fast immer miteinander verknüpfter Intrigen kennen, um ihnen irgendwann die Faust ins Gesicht zu rammen.

Letzteres ist freilich die Spezialität von Hauptfigur Kazuma Kiryu, denn im Kern dreht sich Yakuza um den Kampf – meist gegen eine Vielzahl kleiner Wichtigtuer, oft gegen wenige stärkere Feinde und mitunter gegen besonders wuchtige Bosse.

Guter Gangster

Dass die erste der Yakuza-Geschichten dabei nur einen Protagonisten hat, empfinde ich als geradezu beruhigend. Mir hat das Wechseln der Charaktere in den letzten Episoden nie gefallen – hier werden sämtliche Figuren und Beziehungen hingegen langsam vorgestellt, was das Spiel weniger überfrachtet erscheinen lässt als manchen Nachfolger.

Mehr Erzählung – gleiche Geschichte

Die Handlung hat es ja trotzdem in sich! Wer den Überblick behalten will, wird deshalb dankbar für die vielen Notizen und Personenbeschreibungen sein. Und immerhin: Sega hat die damaligen Filme nicht einfach restauriert, sondern fast komplett neu erstellt. Kamerabewegungen und Animationen stammen zwar aus dem Original, was nicht gerade für die technische Qualität der Inszenierung spricht. Viele Szenen wurden allerdings um zusätzliches Material ergänzt, sämtliche Texte neu eingesprochen und vor allem in die Grafik der damals aktuellen Episoden übertragen.

Nach Kiwami erschienen auf PlayStation 4 zwar bereits zwei weitere Teile mit neuer Engine und damit deutlich besserer Technik, doch auch die "verspätete" PC-Umsetzung ist dem PS2-Original um Längen voraus. Gegenüber der zwei Jahre alten Konsolenfassung zeigt sie zudem ein schärferes und ruhigeres Bild und benötigt dafür nicht einmal einen besonders leistungsstarken Rechner. Das ist zwar dort nicht von Vorteil, wo die Kamera sehr nah an einige der seltsam grobkörnigen Texturen heranfährt, zu denen auch Teile der Gesichter zählen. Es macht sich aber bezahlt, wenn Gebäude im Hintergrund verschwommen dargestellt werden; der Kontrast aus klarem Bild und simulierter Kamera-Unschärfe kommt der realitätsnahen Darstellung der Großstadtkulisse zugute.

Immerhin wurde auch das eigentliche Spiel gegenüber dem PS2-Vorbild vollständig modernisiert, sprich anstatt vor festen Kamerapositionen durch eine altmodische Kulisse zu spazieren, folgt man Kazuma per Schulterblick. Ladepausen vor Prügeleien sind damit ebenfalls tabu und anstatt die Minispiele von damals zu recyceln, übernimmt Sega einfach die aus Zero

"Echte Yakuza spielen mit Gamepad" steht bei jedem Start des Spiels geschrieben - und zwar zurecht. Mit Maus und Tastatur fühlt sich Yakuza Kiwami nämlich überhaupt nicht gut an.

Technisch nach vorne…

Die Kamera lässt sich zudem per Maus nur dermaßen behäbig drehen, dass das Umsehen ausgesprochen schwerfällt. Nur bei sehr empfindlich eingestellten Mäusen tritt das Problem nicht auf - ärgerlich, dass das mit präzisen Mauseinstellungen nicht besser funktioniert.bekannten, zu denen ja ohnehin einige Serien-Klassiker zählen.

Etwas schwerer wiegen die Schwächen des inzwischen womöglich einfach überforderten Kampfsystems. So ist es zwar nett, dass Kazuma nicht nur wie im Original leichte und schwere Hiebe aneinanderreiht sowie Gegner oder Gegenstände greift bzw. wirft, sondern analog zu Zero zwischen verschiedenen Kampfstilen wechselt. Er tänzelt also entweder flink um seine Feinde herum, drückt ihnen behäbige Dampfhämmer auf die Brust oder entscheidet sich für eine Art Mittelweg. Hinzu kommt außerdem ein vierter Stil, dessen Techniken er nicht durch Erfahrungspunkte erlernt, sondern indem er mehrmals seinen Konkurrenten Goro Majima besiegt – das ist nicht nur eine spielerische, sondern auch eine inhaltliche Neuerung.

... und trotzdem am Fleck

Aber vor allem Letztere tut Kiwami nicht gut. Nachdem Majimas überdrehte Persönlichkeit nämlich im Vorgänger schon aufgeweicht wurde, wohl damit er als zweiter spielbarer Protagonist funktioniert, verkommt er hier zum beinahe handzahmen Scherzkeks und taucht mitunter an Stellen auf, an

Doch, doch: Kazuma versteht auch Spaß. Nur beim Prügeln eher nicht.
denen er der ursprünglichen Geschichte nach nichts zu suchen hat. Dass der vierte Kampfstil einem der bereits vorhandenen ähnelt, macht ihn ohnehin zu einer recht fragwürdigen Dreingabe.

Gut, dass sich viele Gegner aufmerksam verteidigen, sodass die Kämpfe insgesamt anspruchsvoller sind als in manchen Vorgängern. Das Remake legt zudem etwas größeren Wert auf Aufeinandertreffen mit besonderen Gegnern, was dem Spielfluss guttut. Öffnet sich die Welt nach einigen Stunden, kann man natürliche Dutzende Stunden mit Nebenmissionen, Minispielen und Schlägereien mit Kleinganoven verbringen, doch alles in allem ist der rote Faden straffer gespannt als zuletzt – ein Vorteil sowohl für Einsteiger als auch für Spieler, die seit Jahren dieselben Minispiele gespielt haben und mit Kiwami lieber die Zeitreise genießen.

Zähes Prügeln

Überfordert wirkt das Kampfsystem allerdings in vielen seiner Feinheiten, denn während aus dem ursprünglich recht profanen Prügeln ein taktisch umfangreiches Verdreschen wurde, hat man die dahinterstehende Technik im Wesentlichen nicht erweitert. Anspruch entsteht daher nicht durch elegant ineinandergreifende Bewegungsmuster oder eine aufwändige Physik – sondern durch die schiere Anzahl der Gegner und die langen Abklingzeiten vieler Aktionen. So schaut man nach manchen Treffern oft so lange einem wehrlosen Kazuma zu, dass selbst kleine Fehler mächtig frustrieren können. Mehr als das sowie gigantische Gesundheitsbalken haben die meisten Widersacher ja nicht zu bieten.

Fazit

Auch wenn die Schwächen mit den Jahren nicht besser werden – immerhin beruht das Remake des allerersten Yakuza auf einer inzwischen über zehn Jahre alten Technik: Sega ist mit Kiwami eine gute Neuauflage gelungen. Das in schillerndes Neonlicht getauchte Kamurocho sah nie schöner aus, bietet gewohnt gute Unterhaltung mit etlichen kleinen Anekdoten sowie abwechslungsreichen Minispielen und erzählt vor allem eine der bis heute besten Geschichten der Yakuza-Serie. Da sämtliche Figuren erst eingeführt werden, folgt Kazuma Kiryu einem straffen roten Faden, zumal der Krimi um die verschwundenen Milliarden spannender ist als die meisten seiner Nachfolger. Die Kämpfe wirken vergleichsweise zäh, die mitunter offene Welt steht in einem merkwürdigen Widerspruch zur bierernsten Geschichte und es wirkt seltsam, dass sich das Remake nur in Kleinigkeiten von dem erst vor einem guten halben Jahr veröffentlichten Prequel unterscheidet. Gerade für Neueinsteiger, von denen es am PC noch einige mehr geben dürfte, gilt diesmal aber mehr als zuvor: Yakuza Kiwami ist eine gute Möglichkeit, die große Serie kennenzulernen!

Pro

  • spannende, gut erzählte Geschichte
  • komplettes Remake fast aller Bestandteile
  • erweiterte und zusätzliche Filmszenen vertiefen die Erzählung
  • etliche Minispiele und Nebenmissionen
  • vier Kampfstile erlauben abwechslungsreiches Taktieren
  • umfangreiche Charakterentwicklung

Kontra

  • keine nennenswerten Änderungen seit Yakuza 0 und anderen Vorgängern
  • relativ starres Kampfsystem mit teilweise zählem Ablauf
  • großer Widerspruch zwischen vergnüglichem Spaß in offener Welt und ernster Geschichte
  • Inszenierung der Filmszenen wirkt nicht ganz zeitgemäß
  • Umsehen mit Maus in Test-Version tlw. kaum sinnvoll möglich
  • keine deutschen Texte

Wertung

PC

Gelungenes Remake eines Klassikers mit bekannten Stärken und Schwächen, aber auch einer der besten Geschichten der Serie.

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