Jump Force - Test, Prügeln & Kämpfen, Switch, PC, XboxOneX, PlayStation4, PlayStation4Pro, XboxOne

Jump Force
15.02.2019, Mathias Oertel

Test: Jump Force

Klassentreffen-Klopperei

Was haben Naruto, DragonBall und One Piece gemeinsam? Sie stammen alle aus dem Portfolio des japanischen Shueisha-Verlages und geben sich in schöner Regelmäßigkeit im wöchentlich erscheinenden Magazin Shonen Jump die Ehre. Und nachdem sie in J-Stars Victory+ vor drei Jahren ebenfalls gemeinsame Sache gemacht haben, sind sie nun auch in Jump Force (ab 29,98€ bei kaufen) bereit, ihre Kampfkünste in den Dienst einer guten Sache zu stellen. Wir haben sie für den Test begleitet.

Die Geschichte konzentriert sich zwar auf einen namenlosen sowie leider stummen Helden, den (bzw. die) man sich in einem soliden Editor erstellen kann. Doch die Stars sind natürlich die bekannten Figuren der Teams Alpha, Beta und Gamma, denen man sich anschließen kann. Jeweils angeführt von Goku, Naruto und Ruffy setzen sich die Basisgruppen aus den Figuren von DragonBall, One Piece und Naruto zusammen. Doch es finden sich sowohl hier als auch in der allgemeinen Kämpferauswahl noch Gäste aus zahlreichen anderen Serien, die ebenfalls direkt oder über Umwege zu Shonen Jump gehören wie z.B Kenshiro aus Fist of the North Star oder auch Dai aus Dragon Quest. Weitere Lizenzen, die in Form von mindestens einer spielbaren Figur verarbeitet wurden, sind Black Clover, Bleach, City Hunter, Death Note, Hunter x Hunter, JoJo’s Bizarre Adventure, My Hero Academia, Rurouni Kenshin, Saint Seyia, Yu-Gi-Oh sowie Yu Yu Hakusho. Ein breites Spektrum, das in Teilen auch Spielern bekannt sein dürfte, die mit den Mangas nicht so viel anfangen können.

Fanservice pur

Die Story, die alle inklusive der vom Spieler gesteuerten Figur zusammenbringt, ist allerdings eine stereotype Schwarz-Weiß-Malerei: Nicht nur die Erde, sondern auch viele Jump-Welten wurden von einer bösen Macht angegriffen. Und nur gemeinsam kann man diese Bedrohung aufhalten. Ja: In gewisser Weise entspricht dieses Feindbild der simplen Erzählung mancher Comic-Serien oder angeschlossener Animes. Dennoch haben die Mangas häufig subtilere Elemente oder verzweigte Erzählstränge, um den Charakteren immer wieder neue Facetten hinzuzufügen. Davon ist man hier weit entfernt. Von Zeit zu Zeit gibt es zwar eine kleine erzählerische Überraschung, die auch gut mit den integrierten Stars verbunden wird. Doch im Großen und Ganzen hat die Story nur wenig Anteil an der Gesamtmotivation, die von Jump Force aufgebaut wird. Das liegt auch teils an der uneinheitlichen Präsentation. Mal werden die mit der Spielengine inszenierten Zwischensequenzen vertont, bleiben dabei aber stets im japanischen Original. Dann wiederum werden sie im Stil einer Visual Novel nur über Texteinblendungen und starre Figuren dargestellt. Das wiederum hätte besser funktioniert, wenn man in diesen Momenten noch stärker die Richtung der Manga-Vorlagen eingeschlagen hätte. Mit diesen ständigen Stilwechseln verliert man irgendwann das Interesse. Dass die Geschichte sich dabei auch letztlich zu ernst nimmt, dazu noch fiese Ladeunterbrechungen auftreten und man sich immer wieder dabei ertappt, wie man planlos durch die Hub-Welt läuft, um den nächsten Story-Auslöser oder Missionsgeber zu finden, da es keinerlei Hinweise in diese Richtung gibt bzw. die Markierungen auf der optional eingeblendeten Karte erst sehr spät erscheinen, erschwert das Abtauchen in die Erzählung zusätzlich.

Der Avatar kann in einem soliden Editor gestaltet und später vollkommen frei mit aktiven sowie passiven Fähigkeiten oder neuen Klamotten ausgestattet werden.


Dream Teams

Das ist besonders bedauerlich, da das zu Grunde liegende Kampfsystem eigentlich richtig gut ist. Spike Chunsoft (J-Stars Victory+, Fire-Pro Wrestling) schaute sich dabei eingehend an, was Arc System Works mit DragonBall FighterZ gemacht hat und versucht mit Jump Force einen ähnlichen Kompromiss aus Einsteigerfreundlichkeit, Tiefgang sowie effektheischendem Ergebnis innerhalb der Auseinandersetzungen zu schaffen, die in Teams mit bis zu drei Figuren ausgefochten werden. Das bedeutet für den Spieler eine eingängige, nur auf wenige Knöpfe setzende Mechanik, bei der man sich auch nicht für jeden Kämpfer umgewöhnen muss, um die jeweiligen Spezialattacken nutzen zu können. Für jede Aktion gibt es eine Gegenmaßnahme, sei es nur ein Konter, ein Block, ein Ausweichen oder ein Aufladen des Schlages, damit man den Dauerblock des Gegners durchbrechen kann – und alle sind für sämtliche Figuren identisch. Dass sich die gut 40 Charaktere dennoch durchaus unterschiedlich spielen, liegt an ihrer jeweiligen Reichweite, Durchschlagskraft sowie den Spezialangriffen, für die allerdings erst eine Leiste aufgeladen werden muss. Manche Kämpfer setzen dabei auf Bereichsschaden, andere wiederum auf vernichtende Fernangriffe.

Die Hintergründe (hier die Konoha-Stage aus Naruto) können sich sehen lassen.

Schade ist dabei allerdings, dass die Kollisionsabfrage nicht immer einen lupenreinen Eindruck hinterlässt und die KI auch nicht über alle Zweifel erhaben ist – insbesondere in Momenten, in denen man selbst eine Spezialattacke startet. Diese wird zwar initiiert, aber dann von einer Aktion der KI quasi „überschrieben“ – mit dem Ergebnis, dass man gehörig aufs Maul bekommt. Wenn so eine Aktion dann sogar zum KO führt, ist der Frust groß. Es mag sein, dass im Hintergrund irgendwelche Regeln zu dieser Schadensauslegung oder –Verteilung führen. Dann müssten die Regeln allerdings auch erklärt werden, da man sonst bar jeglichen Verständnisses vor dem Bildschirm sitzt und Jump Force verflucht. Überhaupt tut sich der Teamprügler mit Erklärungen schwer. Die Tutorials sind rudimentär und in entscheidenden Momenten wird der Spieler eher allein gelassen und muss sich mit der Anleitung im Pausemenü beschäftigen, um Feinheiten zu erfahren. Im Gegenzug bekommt man nahezu in jedem Gefecht ein enormes Effektfeuerwerk geboten. Auf Dauer kann es zwar an den Nerven zehren, wenn Vegetas enorm lange Superangriff-Animation abgespult wird. Andererseits gibt es einem noch zusätzlich Zeit, den  Block zu setzen, so dass die Flammenwelle an einem abperlt und nur minimalen Schaden verursacht.

Übrigens: Spielt Jump Force vornehmlich im Online-Modus. Inhaltlich finden sich bei Missionsauswahl, zur Verfügung stehenden Shops etc. keine Unterschiede zur Offline-Variante. Und um sich solo in der Welt wohlzufühlen, ist sie einfach zu großräumig, so dass sich die paar dort stehenden oder herumlaufenden Figuren vergeblich bemühen, ein lebendiges Bild abzugeben. Online teilt man sich zwar diese Hub-Welt mit anderen Spielern, die entsprechend zu Getümmel an den Missionsschaltern oder Shops führen. Doch man fühlt sich in einem Pulk von Gleichgesinnten einfach wohler.  Apropos Shops: Gegenwärtig lassen sich neue aktive sowie passive Fähigkeiten nicht nur über bestimmte Kämpfe, sondern wie auch zahlreiche visuelle Personalisierungsoptionen auch in den spielinternen Shops gegen das hier verdiente Gold eintauschen. Dabei wird die Währung durchaus üppig ausgeschüttet.  Da aber auch schon Verknüpfen zu den jeweiligen externen Stores zur Verfügung stehen (aber momentan noch leer sind), kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass zusätzlich zu neuen Figuren und Kostümen unter Umständen auch Gold zur Verwendung im Spiel gegen bare Münze gekauft werden darf, um z.B. den Grind abzukürzen, den man für Figurenaufstiege immer wieder in Kauf nehmen muss. Wir werden dies beobachten und ggf. die Mikrotransaktions-Informationen ergänzen.

Der Held als Individuum

Besonderes Augenmerk kommt der Bestückung mit Fähigkeiten zu. Nicht nur, dass man über die Spezialangriffe sich und sein Team an seine Spielweise anpassen darf. Mit den passiven Werten, die auch in mehreren Stufen aufgewertet werden können, bekommt man die Option, weitere Elemente einzusetzen, die sich auf den Schlachtfeldern bemerkbar machen. So etwa, wenn man nicht von bestimmten Statusverschlechterungen betroffen wird oder bestimmte Aktionen zusätzlichen Schaden anrichten. Und das ist nicht nur in der

In den Gefechten wird nahezu permanent aus allen Effektrohren gefeuert.

Story oder den Kämpfen gegen die wankelmütige KI in den Offline-Duellen sowie anderweitigen Missionen wichtig, die man an den entsprechenden Tresen abgreifen kann, um sich Erfahrung und Gold zu verdienen. Auch in den zum Start leider nicht absolut sauber laufenden Online-Duellen spielt das Team und dessen Fähigkeiten natürlich eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wer sich zu den Gefechten gegen menschliche Kontrahenten durchringen kann, sollte aber eine gewisse Frustresistenz haben. Schon zum Start kann man wie bei jedem Prügler auf Spezialisten treffen, die einem quasi keine Chance lassen. Man kann zwar in den zweckmäßigen Optionen auch Levelbeschränkungen etc. aktivieren, doch da man diverse Figuren besitzen darf, gibt dies keinen Aufschluss über die Fähigkeiten des Gegners. So kann man sowohl in freundschaftlichen Duellen als auch vor allem den Ranglistenmatches schnell an seine Grenzen geführt werden.

Abseits der gleißenden Effekte, an denen man sich allerdings irgendwann satt gesehen hat (vor allem auch, wenn die KI ohne Chance auf einen Treffer, zwei oder drei Mal hintereinander die identische Spezialattacke aktiviert), geht Spike Chunsoft mit dem Artdesign einen polarisierenden Weg. Während die Unreal Engine bei den Arenen meist dazu verwendet wird, realistische Umgebungen zu zaubern, versucht man bei den Figuren eine merkwürdige Hybridlösung. Haare, Augen und Münder kommen zweifellos aus dem Comic-Bereich. Bei Hautdarstellung wiederum wechselt man ständig zwischen einem

Die Zwischensequenzen werden uneinheitlich inszeniert und häufig von störenden Ladezeiten unterbrochen.


Comic-Realismus

Plastik-Aussehen im Stile von Action-Figuren und einer echt wirkenden Epidermis. Und die Klamotten schließlich sind mit realistischen Texturen versehen. An diese Mischung muss man sich erst einmal gewöhnen. Zumal sie in sich auch nicht völlig schlüssig scheint. Gerade bei der Mimik hätte man mit diesem Ansatz noch viel mehr machen können.

Am ehesten kann man den finalen Eindruck mit der Darstellung von Christoper Lloyd als Richter Doom im Finale von „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ vergleichen, wenn er mit seinen Comicaugen, dem weit aufgerissenen Mund und seinen echten Klamotten durch die Szenerie turnt. Während der Kämpfe fällt dies natürlich weniger auf. Diese sind von schicken Animationen, feinen Choreografien und dem bereits mehrfach erwähnten Effekt-Overkill geprägt, der den Shonen-Jump-Figuren aber perfekt zu Gesicht steht  – auch wenn er sich abnutzt.

Fazit

Ich möchte das feierliche Treffen von Shonen-Jump-Figuren wirklich mögen. Und im Falle des Kampfsystems, das sich in vielen Punkten an DragonBall FighterZ orientiert, holt mich Jump Force absolut ab. Die Effekt strotzenden Schlachten von Teams mit bis zu drei Recken sind leicht zu kontrollieren, bieten aber dennoch diverse Feinheiten, die hauptsächlich auf Timing sowie dem Wechselspiel von Aktion und Reaktion basieren. An der Kämpferauswahl mit über 40 Figuren aus über einem Dutzend zumeist namhafter Comicserien finde ich ebenso Gefallen wie an den Personalisierungsoptionen für den eigenen Helden. Doch im Umfeld hat Spike Chunsoft nicht alles rund zusammengefügt. Das verwendete Artdesign zwischen Comicansatz und Textur-Realismus ist gewöhnungsbedürftig. Die Story wird nicht nur uneinheitlich erzählt, sondern lässt viel Potenzial in der Interaktion der einzelnen Serien ungenutzt. Dazu kommt ein ständiges Wechselbad zwischen spannenden Auseinandersetzungen auf der einen Seite, die man entweder offline gegen eine wankelmütige KI oder online gegen größtenteils hammerharte Kontrahenten ausficht sowie viel Grind auf der anderen, wenn man mit seiner Figur aufsteigen und ohne den Einsatz von Gold neue Fähigkeiten erlangen möchte. In der Summe ist dies zu wenig, um sich abseits der Jump-Fans die Gunst der Prügelspiel-Anhänger zu sichern, die mit anderen Titeln aus dem Hause Bandai Namco wie Tekken, Soul Calibur oder dem eingangs erwähnten DragonBall FighterZ deutlich interessantere Vertreter finden. Die Ansätze und Ideen von Spike Chunsoft sind gut, doch im Detail muss noch viel nachgearbeitet werden.

Pro

  • über 40 Kämpfer aus 16 Shonen-Jump-Universen
  • eingängige Steuerung, die dennoch einige Finessen bietet
  • Effekt strotzende Schlachten
  • solider Editor für den eigenen Helden
  • umfangreiches Repertoire an aktiven sowie passiven Fähigkeiten
  • ordentliche Personalisierungsoptionen
  • es gibt für jede Kampfaktion eine entsprechenden Gegenaktion

Kontra

  • es bleiben Zweifel an akkurater Kollisionsabfrage
  • uneinheitliche Inszenierung in der Story
  • grindlastig
  • Offline bleibt die Hub-Welt leblos
  • gelegentliches Herumirren auf der Suche nach dem nächsten Story-Auslöser
  • Online-Duelle nicht immer lagfrei
  • immer wieder störende Ladeunterbrechungen

Wertung

PlayStation4

Konzeptionell interessante Teamkämpfe von Shonen-Jump-Stars, die mit Effekt strotzenden Duellen und einer eingängigen Steuerung punkten. Hinsichtlich Story, Präsentation und KI gibt es allerdings noch mitunter einigen Nachholbedarf.

XboxOne

Konzeptionell interessante Teamkämpfe von Shonen-Jump-Stars, die mit Effekt strotzenden Duellen und einer eingängigen Steuerung punkten. Hinsichtlich Story, Präsentation und KI gibt es allerdings noch mitunter einigen Nachholbedarf.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

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  • Man kann die Spielzeit über Käufe nicht verkürzen, kein Pay-to-Shortcut.
  • Man kann sich keine Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, kein Pay-to-win.
  • Season Pass, dessen Inhalte keine bzw. nur minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
  • Käufe haben keine Auswirkungen auf das Spieldesign.
Kommentare
LeKwas

Bamco nimmt das Spiel morgen aus dem Verkauf, und am 25. August machen sie auch die Server dicht.

vor 2 Jahren