Trials Rising - Test, Arcade-Action, PC, PlayStation4, PlayStation4Pro, Stadia, Switch, XboxOneX, XboxOne

Trials Rising
26.02.2019, Jan Wöbbeking

Test: Trials Rising

Zwischen Dreck und Beutekisten

Die Zukunft war gestern: In Trials Rising (ab 3,80€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) wühlen sich die Stunt-Bikes wieder durch den Schlamm der Gegenwart. Rund um den Erdball warten rekordverdächtige 120 Strecken auf ihre Opfer – aber auch jede Menge Beutekisten! Im Test überprüfen wir, ob einem der ganze Krimskrams zum Freischalten die Tour vermasselt.

Lootboxen! Alternative Währungen! Dümmliche Tänze! Auf den ersten Blick ist es wirklich schwer, sich mit dem aktuellen Trials anzufreunden. Das Prinzip lebt schließlich traditionell von seiner schlichten Eleganz - und nicht von der Möglichkeit, wie ein Labor-Affe 22 nervtötende Kisten-Animationen wegzuklicken! Ubisofts neue Marschrichtung wird von der ersten Sekunde an deutlich: Das hässlich gezeichnete Karten-Menü und die Präsentation der Herausforderungen erinnern eher an den Handy-Ableger Trials Frontier als an die übersichtlichen Vorgänger. Bei unserem Test war die Echtgeld-Währung „Eicheln“ zwar noch nicht verfügbar, doch schon bald dürfte man sich damit von Beginn an alle Motorräder freikaufen können.

Ist das euer Ernst?

All zu tragisch ist das aber nicht: Auch ohne solche Schummelei hatten wir etwa zur Mitte der Karriere bereits fast alle Räder freigeschaltet. Die Auswirkung auf die Balance halten sich also in engen Grenzen. Ärgerlich ist vor allem die allgegenwärtige penetrante Einbindung. Wir hatten jedenfalls keine Spaß daran, erst einmal massenhaft Klamotten zu verkaufen, um ans Geld für neue Motorräder zu gelangen – zumal manchmal sogar Server-Probleme dazwischenfunkten. Wer sich gerne verkleidet oder sein Motorrad dekorieren will, kommt dagegen voll auf seine Kosten, z.B. im vielfältigen Sticker-Shop. Wer sich näher über die Währungs- und Shop-Systeme informieren möchte, kann sich hier durch Ubisofts mehrseitige FAQ arbeiten . Ein positiver Nebeneffekt ist, dass man mit dem Verkauf eigener Modifikationen per Tauschbörse auch Spielwährung verdienen kann.

Gewöhnt euch schon einmal an diesen Anblick - und daran, dass ihr für den Verkauf von Gegenständen eine Verbindung zu Ubisofts nicht immer verlässlichen Servern benötigt. Die dadurch verdiente Spielwährung hilft euch nämlich auch in der Einzelspieler-Karriere weiter, z.B. beim Kauf eines neuen Motorrads.
Unter der klebrigen Verpackung steckt aber nach wie vor einer der spaßigsten Arcade-Konzepte aller Zeiten – zum Start weg mit einem gewaltigen Umfang! Wer einen der Vorgänger gespielt hat, kennt das erhebende Gefühl, mit hauchdünnem Vorsprung über wahnsinnige Hindernisse ins Ziel zu fliegen. Mehr Gefühl für ein Motorrad bekommt man vermutlich nirgendwo – und das, obwohl man nicht einmal selbst lenkt! Stattdessen düst man wieder aus der Seitenansicht über teils fantasievolle, teils geisteskranke und später vor allem höllisch schwere Hindernis-Parcours! Obwohl man nur Einfluss auf Gas, Bremse und die Gewichtsverlagerung des Körpers nimmt, ist unheimlich viel Feingefühl gefragt! Die finnischen Serienschöpfer bei Red Lynx und Ubisoft Kiev haben ihrer Fantasie wieder freien Lauf gelassen: Der Balanceakt führt am Eiffelturm über Baugerüste, durch Loopings, über südasiatische Klippen und sogar über Flugzeuge am Himmel! Mal kracht das schwere Rad mit Tempo durch einen riesigen Tomaten-Bottich, anderswo balanciert man mit der leichten Mantis oder dem freigeschalteten Fahrrad auf Schneekugeln.

Riesig und fesselnd!

Besonders anspruchsvoll werden Wippen, Rampen und wacklige Steine.
Einen höheren Adrenalin-Ausstoß dürfte man vermutlich nur auf der echten Piste oder in Hardcore-Jump-n-Runs wie Celeste erreichen. Zur Beruhigung der Nerven verrenkt sich der Pilot wieder in richtig schön bekloppten Unfällen! Für Abwechslung sorgen unterschiedliche Events, die schön in die Karriere eingebunden wurden: Es gibt gewöhnliche „Aufträge“, Sponsoren-Rennen, Herausforderungen gegen andere Spieler, Stadion-Finales mit mehreren Läufen oder auch spezielle Herausforderungen wie Basketball-Minispielchen oder die Tutorials der Trials-Akademie. Auch der Soundtrack trifft diesmal voll ins Schwarze: Kaum nervig-modernes EDM-Geblubber, sondern kernige Gitarren-Tracks und breakbeatlastiger Hiphop für alte Säcke – also genau die richtige Ergänzung für Schotterpiste und basslastiges Motorenknattern!

Lokal sorgt vor allem der neue Tandem-Modus zu zweit für unterhaltsame Panik: Beide Spieler sitzen dabei auf dem gleichen Bike und müssen koordiniert ihr Körpergewicht verlagern: Das entsprechende Motorrad lässt sich in der Karriere jederzeit anwählen, der Gag nutzt sich aber schnell ab. Oder man startet zu viert in den Party-Modus - auf einer Hand voll Stadionkurse und mit ein paar albernen Extra-Optionen wie erhöhter Geschwindigkeit. Online muss man bisher mit einem Sparprogramm leben. Es gibt nur eine schlichte Spielersuche mit drei Runden und Strecken-Abstimmung. Chat-Icons oder andere Lobby-Finessen fehlen, nach dem Abschluss eines Rennens wird nicht einmal die Zeit angezeigt und man landet auf Wunsch erneut im Matchmaking. Private Duelle sind noch ausgegraut; auf der Switch gibt es den entsprechenden Menüpunkt sogar gar nicht. Ein wenig enttäuschend ist auch der Mix aus Geruckel, Lags und Tearing, den man im Netz zu Gesicht bekommt. Da Kollisionen deaktiviert sind, stören die Technikprobleme den Spaß aber nur dann, wenn das Bild mal wieder einfriert und den Spieler aus dem Rhythmus reißt. Cross-play wird in den Online-Rennen übrigens nicht unterstützt.

Chaotisches Doppel

Wer sich lieber die legendären Verfolgungsjagden mit seinen Freunden liefert, muss sich auf eine bittere Überraschung gefasst machen. In einem kleinen News-Feed wird man zwar auf dem Laufenden gehalten, wo und wann man gerade von Bekannten geschlagen wurde. Statt mit den Geistern mehrerer Freunde durch die Karriere zu rauschen, bekommt man aber meist Fremde vermittelt. Falls euch das nicht gefällt, könnt ihr umständlich vor dem Rennen den Geist eines Freundes oder euren eigenen auswählen. Wer hat sich das bitte ausgedacht? Hat Red Lynx den größten Motivationsfaktor seines eigenen Spiels vergessen? Das Team hatte aber auch gute Ideen: Eine davon war, die weltweiten Bestenlisten der unterschiedlichen Plattformen via Uplay-Account zu verknüpfen. Allerdings gibt es auch hier Einschnitte bei der Sortierung nach Freunden. Ein nettes Extra ist zudem der verknüpfte Online-Fortschritt, der auch in der Offline-Karriere weiterhilft.

Ägytpen und die chinesische Mauer sind ebenfalls vertreten.
Apropos Plattformen: Sowohl auf der PS4 Pro als auch auf der Xbox One X lief das Spiel meist flüssig, abgesehen von eher seltenen, dann aber nervigen Freezes. Wenn erst einmal das Bild hängen bleibt, ist der Run oft gegessen. Auf der Switch trat das Problem ähnlich oft bzw. selten auf. Dort kommen allerdings deutliche Nachteile bei Auflösung, Details und nachladenden Texturen hinzu. Allgemein bleibt die Framerate mobil und im Dock mit grob geschätzt 20 Bildern pro Sekunde ziemlich niedrig, was sogar das nötige Feingefühl beim Handling stört. Da die Switch keine Analog-Trigger besitzt, solltet ihr möglichst mit dem rechten Stick Gas geben und bremsen – was nach kurzer Gewöhnung gut funktioniert. Grafisch merkt man der Engine ein wenig ihr Alter an: Das vielfältige Design der düsteren Parcours und gleißend beleuchteten Urlaubsparadiese kann sich auf PS4 Pro und Xbox One X zwar sehen lassen, doch bei näherem Hinschauen entdeckt man hier und da einige unscharfe Texturen oder andere etwas gröbere Details.

Technisch nicht ganz sauber

Die Final-Läufe und lokalen Mehrspieler-Matches finden in Stadien statt. Vorher muss man aber oft lange Ladezeiten ertragen.
Ein Highlight ist erneut der professionelle Strecken-Editor, den selbst die Entwickler nutzen. Enthalten sind über 10.000 Objekte – auch aus den Vorgängern. Auf die gemeinsame Online-Tauschbörse vielfältiger Levels und Genres kann man löblicherweise von allen Plattformen aus zugreifen. Red Lynx hat es allerdings schon wieder versäumt, die mühsame Kamera-Steuerung endlich vernünftig an den Controller anzupassen. Schade auch, dass der Switch-Editor keine Touchscreen-Steuerung bekommen hat. Nähere Infos zu Post-Launch-Plänen mit Events und Erweiterungs-Pass für DLCs gibt es hier. Je nach Edition des Spiels ist der Season-Pass übrigens schon inbegriffen – auch ohne ihn wirkt der Umfang überaus üppig!

Fazit

Im Kern ist Trials Rising nach wie vor eine unheimlich motivierende und feinfühlige Arcade-Perle mit riesigem Umfang! Das eklige Drumherum voller Lootboxen, Modenschauen, veralteter Meme-Tänze und Echtgeld-Währung kann einem allerdings schnell den Appetit verderben. Noch ärgerlicher ist aber, dass im Gegenzug die motivierende Jagd nach Bestzeiten mit Freunden eingeschränkt wurde – und dass kleine technische Macken den Spielfluss stören. Wer sich von all dem nicht abschrecken lässt, bekommt aber trotzdem einen guten Geschicklichkeitstest mit viel, viel Abwechslung und Party-Potenzial! Eine PC-Fassung ist übrigens ebenfalls erhältlich, zu der wir aber noch keinen Key erhalten haben.

Pro

  • unheimlich feinfühliges Spiel mit Gas, Bremse und Körpergewicht
  • simpel zu lernen, höllisch schwer zu meistern
  • "nur noch ein Versuch" wird hier zum Mantra...
  • kerniger Soundtrack mit Gitarrenmusik und Breakbeat-lastigem Hiphop
  • großer Streckenumfang
  • idyllische, urige und gefährliche Schauplätze rund um die Welt
  • fantasievolle, lustige sowie gemeingefährliche Fallen und Hindernisse
  • viel Abwechslung, u.a. mit Minispielen wie Basketball
  • Profi-Editor und weltweite Streckentauschbörse
  • auch Objekte aus den Vorgängern im Editor enthalten
  • große Auswahl an Stickern zur Bike-Verzierung
  • spaßiger lokaler Party-Modus im Stadion
  • alberner Tandem-Modus ist eine (kurzfristig) lustige Ergänzung
  • Account, Editor und Bestenlisten zum Großteil Cross-Platform
  • Online-Fortschritt hilft auch in der Offline-Karriere weiter
  • saukomische Verränkungen und Stürze des Piloten

Kontra

  • nerviges Verkaufen von Lootbox-Gegenständen für Spielfortschritt
  • manchmal versaut ein fieses Einfrieren des Bildes den Lauf
  • ...zurückgefahrene Freundes-Einbindung bremst das Suchtpotenzial aber stark aus
  • schlichte Weltkarte im Mobilspiel-Stil statt übersichtlicher Listen
  • übertriebener Fokus auf Klamotten, dämliche Tänze und Freischaltkrempel
  • Kamera im Strecken-Editor mit Controller nach wie vor mühsam
  • Echtgeld-Käufe nicht nur für Kosmetik, sondern auch für Bikes möglich (Auswirkung auf Balance aber gering, Währung momentan noch nicht verfügbar)
  • häufige Lags im Online-Multiplayer, was dank fehlender Kollisionen aber kaum stört
  • privater Online-Multiplayer noch nicht verfügbar (nur öffentliche Spielersuche)
  • lange Ladezeiten
  • häufiges Ruckeln erschwert sogar die Bestleistungen (Switch)
  • deutlich geringere Auflösung und einige hässlich grobe Texturen (Switch)
  • keine Touchscreen-Steuerung im Editor (Switch)
  • Online-Verbindung auch in der Offline-Karriere wichtig (für Lootboxen und Item-Verkäufe)

Wertung

PlayStation4

Die Rekordzahl abgedrehter, feinfühliger Stunt-Rennen ist wieder extrem motivierend, doch das nervige Drumherum und die zurückgefahrene Freundes-Einbindung können auf Dauer den Spaß vermiesen.

Switch

Auf der Switch muss man mit gröberer Grafik und häufigem Ruckeln leben, welches sogar das Handling ein wenig beeinträchtigt.

XboxOne

Die Rekordzahl abgedrehter, feinfühliger Stunt-Rennen ist wieder extrem motivierend, doch das nervige Drumherum und die zurückgefahrene Freundes-Einbindung können auf Dauer den Spaß vermiesen.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Echtgeld-Währung (Eicheln) lässt sich neben kosmetischen Gegenständen auch für den Kauf von Motorrädern nutzen.
  • Man kann sich Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, Pay-to-win.
  • Käufe können durch Zufallsfaktoren zum Glücksspiel werden.