Dead or Alive 6 - Test, Prügeln & Kämpfen, XboxOne, PC, PlayStation4Pro, XboxOneX, PlayStation4

Dead or Alive 6
04.03.2019, Mathias Oertel

Test: Dead or Alive 6

Sex-Appeal ist nicht alles

Je nachdem, auf welchem System man damals Dead or Alive 5 gespielt hat, liegt das Erlebnis drei (PS4/One) bzw. sechs Jahre (PS3/360) zurück. In der Zwischenzeit haben Namco, Capcom, ArcSystem Works und Netherrealm mit ihren zahlreichen Prüglern die Qualität innerhalb des Genres deutlich gesteigert. Kann Team Ninja mit Dead or Alive 6 (ab 28,57€ bei kaufen) den Durchhänger des Vorgängers vergessen lassen? Die Antwort geben wir im Test.

Machen wir uns nichts vor: Der Reiz vor allem der frühen Dead-or-Alive-Prügler lag nicht darin, sich mit den Herren der Schöpfung zu kloppen – obwohl sich mit z.B. Ryu Hayabusa durchaus namhafte Gäste tummelten und auch die anderen Prügelknaben nicht hinter ihren Kollegen aus Tekken, Street Fighter & Co zurückstanden. Es waren vielmehr die aufwändig in Szene gesetzten weiblichen Rundungen von Kämpferinnen wie Ayane, Helena Douglas, Kasumi, Sarah Bryant etc., die für Begeisterung bei den Fans sorgten und nicht zuletzt auch dafür verantwortlich waren, dass Ableger wie Dead or Alive Xtreme Beach Volleyball erschienen. Damit ist in Dead or Alive 6 zwar nicht vollends Schluss. Sprich: Vor allem der Busen ist in den Introsequenzen immer noch in Bewegung.

Volle Handkante statt volles Korsett

Doch es nimmt bei weitem nicht mehr so absurde Ausmaße an wie zu der Zeit, als man über die Eingabe eines Alters (das natürlich nicht überprüft wurde) festlegen konnte, wie stark die Schwingungen bzw. Wellenbewegungen der weiblichen Anatomie umgesetzt wurden. Hier geht es in erster Linie tatsächlich um das Prügelerlebnis – es scheint, als ob Team Ninja die Zeichen der Zeit erkannt sowie eingesehen hat, dass Sex-Appeal angesichts von Konkurrenz wie Tekken 7, Soul Calibur 6 oder Injustice 2 nicht reicht, um die Prügelspieler vor dem Bildschirm zu versammeln und zu Gefechten zu animieren. So ganz kann man sich von der Vergangenheit allerdings nicht lösen: Sowohl die dynamischen Verschmutzungen der Charaktere, der herunter tropfende Schweiß oder die Kleidung, die im Laufe eines Gefechtes zerreißen kann, lenken den Blick immer wieder auf die Rundungen. Doch das Kampferlebnis steht deutlich im Mittelpunkt.

Die Kulisse geht im Großen und Ganzen in Ordnung. Doch es gibt auch Momente, in denen man eigentlich unmöglichen Animationen begegnet - vor allem bei der Kung-Fu-Künstlerin Leifang.


Für Knopfhämmerer und Filigranprügler

Und das zeigt sich im Kern als sehr solide – mehr noch als im Vorgänger. Mit letztlich fünf  Tasten lassen sich die weit über 100 Kombo- bzw. Angriffsmöglichkeiten pro Figur erreichen, ohne dass man in Gefahr kommt, sich die Finger zu verknoten. In Einzelfällen wird bei den etwas über 20 Figuren (die Mehrheit davon weiblich) eine Viertelkreisbewegung abgefragt, um einen Schlag oder Tritt zu modifizieren. Doch im Wesentlichen kommt es darauf an, die Attacken per Fuß und Faust miteinander zu verbinden und ggf. um Richtungseingaben zu ergänzen. Abgerundet wird das Arsenal mit Würfen und Griffen, die als Konter im Zusammenspiel mit der Blocktaste entstehen, wobei der allgemeine Block auch über die Bewegung vom Gegner weg möglich ist. Zusätzlich kann man als neues Element in der Kampfwelt von Dead or Alive 6 besondere Attacken starten, für die die so genannte „Bruchanzeige“ gefüllt werden muss und die verheerenden, meist mit einer Zeitlupe inszenierten Schaden anrichten, falls man sie nicht blockt oder ihnen auszuweichen versteht. Mit all diesen Möglichkeiten feiern Anfänger und Button-Masher schnelle Erfolgserlebnisse – vor allem gegen die eher verhalten reagierende Standard-KI.

Wer sich zu Höherem berufen fühlt, kann sich u.a. im Training mit den framegenauen Bewegungsabläufen beschäftigen und seine Kombos trainieren, damit die Anfänger-Spreu schließlich in direkten Duellen vom Profi-Weizen getrennt werden kann, der gezielt mit Gegenangriffen und kritischen Betäubungen  oder den Bereichswechseln der interaktiven Umgebungen etc. umzugehen  versteht. Doch sobald man hier in die Details geht, werden zwei Schwächen deutlich. Eher beiseite wischen kann man dabei die manchmal sehr merkwürdigen Animationen. Vor allem die Kung-Fu-Künstlerin Leifang fällt dabei auf und dürfte mit ihren eigentlichen unmöglichen Bewegungsabläufen weltweit alle Verrenkungs-Artisten neidisch machen. Doch auch bei anderen Figuren zeigt sich bei genauem Hinsehen die eine oder andere unrealistisch wirkende Bewegung. Gravierender und sich auch auf den Spielverlauf auswirkend ist die Kollisionsabfrage: Körperteile können für Sekundenbruchteile miteinander verschmelzen – und das wirkt nicht nur visuell merkwürdig, sondern stellt natürlich auch die Trefferwertung in Frage. Das wiederum wird in Momenten zum Streitpunkt, wenn ein Kampf denkbar knapp ausgeht. Gegen einen menschlichen Duellanten führt dies zu Diskussionen und im Bestfall vielleicht sogar noch zu einem weiteren „Ok. Jetzt zeig ichs dir“-Kampf. Gegen die KI sorgt dies hingegen für Frust, während man bei den derzeit sehr spartanischen Online-Duellen, die nur Ranglistenkämpfe anbieten, nicht nur von der Kollisionsabfrage, sondern auch den spürbaren Lags gepiesackt wird.

Dementsprechend sollte man zumindest gegenwärtig einen Bogen um die Online-Kämpfe machen. Offline gibt es auch genug zu tun. Neben den klassischen Trainingsmöglichkeiten und Spieler-Duellen warten die üblichen Modi wie Arcade, Survival oder Zeitangriff. Zumindest im Ansatz ungewöhnlicher ist die „DOA Quest“. Dahinter verbirgt sich zwar letztlich auch nur ein Herausforderungsmodus mit über 100 Kämpfen, in denen man die

Autsch: Bringt man seine Sonderangriffe durch, wird in eine Zeitlupe samt Nahaufnahme des Treffers geschaltet.


Unterhaltsamer Offline-Prügler

drei jeweils unter einem Thema verbundenen Aufgaben erledigen muss, wenn man alle Belohnungen abgreifen möchte, während man ganz nebenbei mit Eigenheiten der Charaktere bekannt gemacht wird. Doch zum einen werden diese Mini-Missionen hier rudimentär durch die Kommentare der neuen Figur Nico verbunden. Zum anderen bekommt man hier komfortabel (und optional) den Weg direkt ins entsprechende Tutorial samt Training, wenn man bei der einen oder anderen Aufgabe gescheitert ist. Recht viel Zeit dürfte man auch mit dem Story-Modus verbringen. So überkandidelt, unglaubwürdig und mitunter unfreiwillig komisch wie in anderen Dead or Alive sollte man hier nicht nach Drama, Spannung oder glaubwürdiger Charakterzeichnung suchen. Stattdessen gibt es klischeehaftes Popkorn-Kino auf C- und D-Film-Niveau, das sich in einem ordentlichen Mix aus Filmsequenzen und Kämpfen mit hanebüchenen Erklärungen übertrifft, um die Auseinandersetzungen zu motivieren. Der Trash-Faktor wird in der englischen Sprachvariante (alternativ gibt es nur Japanisch sowie deutsche Untertitel) nur noch davon übertroffen, dass die Sprachausgabe so häufig nicht lippensynchron ist, dass es als bewusstes Stilmittel durchgehen könnte. Hier ist man nicht nur von hochklassig inszenierten Prügelepen wie Injustice 2 kilometerweit entfernt, sondern muss selbst dem textlastigen Soulcalibur 6 mit weitem Abstand den Vortritt lassen.

Nach einem Sinn in der sehr zusammenhanglos inszenierten Geschichte zu suchen, ist ein hoffnungsloses Unterfangen.

Doch auf irgendeine merkwürdige Art und Weise passt es zu dem eher an Plastikactionfiguren als an menschliche Haut erinnernden Figurendesign, das angesichts der realistischer wirkenden Ansätze aus den Häusern Bandai Namco oder Netherrealm beinahe anachronistisch wirkt. Das Hauptaugenmerk lag in diesem Bereich wohl eher auf dem Körperbau und der Kleidung. Denn letztlich findet sich in diesem Bereich auch ein Großteil der jetzigen bzw. kommenden Mikrotransaktionen. Der erste Season Pass, der mit satten 89,99 Euro (!!!) zu Buche schlägt, wird für den Zeitraum März bis Juni Zugriff auf zwei neue Charaktere sowie unglaubliche 62 Outfits gewähren, die natürlich auch alle einzeln erhältlich sein werden. Die etwas über 20 Kostüme, die man derzeit mit der Deluxe Edition bekommt (kostet 15 Euro mehr als die Standard-Variante) sollen irgendwann ebenfalls auch zum Einzelkauf angeboten werden.  Dabei gibt es theoretisch bereits genug Klamotten und Personalisierungsoptionen im Spiel, die man sich für die in allen Modi durchausgroßzügig ausgeschütteten Goldstücke besorgen darf. Doch die knappsten Outfits werden wohl nur mit dem Season Pass zu kriegen sein, dessen „1“ auf der Shopseite schon dezent weitere andeutet.

Fazit

Nach dem Vorgänger, der erst mit den „HD“-Versionen auf PS4, One und PC ein solides Prügelerlebnis abliefern konnte, hat sich Team Ninja mit Dead or Alive 6 klar verbessert. Der spartanische Online-Modus kann zwar mit seinen zumindest zum Release deutlich spürbaren Lags keine Punkte verbuchen. Doch im Offline-Betrieb zeigt sich das Kampfsystem als einsteigerfreundlich sowie gleichermaßen tiefgründig, falls sich Prügelfüchse in die Kombos und Feinheiten einarbeiten wollen. Es muss aber Verluste in der B-Note hinnehmen, da die Kollisionsabfrage gelegentlich Zweifel an Wirkungstreffern hinterlässt und auch die Animationen nicht immer glaubwürdig wirken. Spielmodi sind reichlich vorhanden, bieten aber nur Abwandlungen bekannter Elemente und einen typisch unglaubwürdigen sowie vollkommen zusammenhanglos inszenierten Story-Modus, dessen Trash-Nähe als Stilmittel beabsichtigt sein muss. Die Formkurve der Serie zeigt mit Dead or Alive 6 wieder nach oben, doch die Konkurrenz bleibt in weiten Teilen immer noch uneinholbar, gleichgültig, ob man nun auf Kulisse, Kampfmechanik oder Umfang schaut. Also inhaltlicher Umfang – die weiblichen Oberweiten und deren Bewegungen werden maximal von Ivy und vielleicht noch Taki aus Soulcalibur 6 egalisiert.

Pro

  • kompetentes Kampfsystem
  • über 20 gut austarierte KämpferInnen
  • solide Auswahl an Offline-Modi
  • eingängige Steuerung
  • Spielwährung für neue Personalisierungsoptionen wird angemessen ausgeschüttet
  • interaktive Arenen mit Schauplatzwechsel

Kontra

  • spartanischer Online-Modus (gegenwärtig nur Ranglistenkämpfe)
  • Online-Modus nicht immer sauber
  • immer wieder zweifelhafte Kollisionsabfrage
  • puppenhaftes Figurendesign
  • vollkommen hanebüchener Story-Modus
  • mitunter Probleme mit extrem unrealistischen Animationen (vor allem Leifang)

Wertung

XboxOne

Trotz Detailschwächen bei der visuellen Umsetzung sowie einigen merkwürdigen Designentscheidungen hat Team Ninja mit Dead or Alive 6 einen soliden Prügler abgeliefert.

PlayStation4

Trotz Detailschwächen bei der visuellen Umsetzung sowie einigen merkwürdigen Designentscheidungen hat Team Ninja mit Dead or Alive 6 einen soliden Prügler abgeliefert.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Season Pass 1 mit über 60 Kostümen sowie 2 Kämpfern (UVP: 89,99 Euro)
  • Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.
  • Season Pass, dessen Inhalte keine bzw. nur minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.