Sekiro: Shadows Die Twice - Test, Action-Adventure, PlayStation4, PlayStation4Pro, XboxOne, Stadia, PC, XboxOneX

Sekiro: Shadows Die Twice
25.03.2019, Jörg Luibl

Test: Sekiro: Shadows Die Twice

Schwertgewitter

Drei Jahre nach Dark Souls 3 präsentiert From Software ein neues Kampf-Abenteuer. Hidetaka Miyazaki und sein Team entführen in das späte 16. Jahrhundert des alten Japan, in die Welt der Samurai und Shinobi. Man schlüpft in die Rolle eines Ninja, der seinem entführten Lord nachjagt. Und dafür muss man in zig heiklen Duellen bis an seine Grenzen gehen. Ob Sekiro: Shadows Die Twice (ab 41,39€ bei kaufen) überzeugt, verrät der Test.

"In der Kampfkunst haben wir es auf vielfache Weise mit dem Rhythmus zu tun. Sei eifrig in der Übung des Weges." Diese Sätze stammen von Miyamoto Musashi (1584-1654), der in seinem Buch "Fünf Ringe" seine Philosophie des Schwertkampfes festgehalten hat. Auf mehrere Arten beschreibt seine alte Weisheit zum einen das, was From Software in diesem modernen Abenteuer gelingt. Zum anderen das, was man als digitaler Krieger braucht, um es zu  meistern - Geduld und Training.

Der neue Rhythmus

Obwohl man zwischen Bambuswäldern, Festungsmauern und Gebirgstempeln immer wieder auf die seit einem Jahrzehnt gewachsenen Wurzeln der Soulsreihe trifft, die sich in Figuren, Interaktionen und Oberflächen zeigen, erlebt man im Kampf und der Erkundung eine derart kreative Entwicklung, dass ein ganz neuer Rhythmus entsteht. Die intensiven Klingentänze sorgen zusammen mit der Greifhakenakrobatik und dem Schleichen für ein herrlich frisches, temporeiches und anspruchsvolles Spielerlebnis.

Auch das authentische Szenario hat seinen Anteil daran. Selbst wenn Sekiro: Shadows Die Twice ein Action-Adventure mit vielen phantasievollen Überzeichnungen und keine mittelalterliche Simulation à la Kingdom Come: Deliverance sein will, wirkt

Brennende Burgen, viele Tote: Sekiro spielt im 16. Jahrhundert in Japan, als nicht enden wollende Bürgerkriege das Land verheerten. Die "Sengoku-Zeit" war geprägt von Gewalt und Krieg. Mehr dazu sowie zur Rolle der Ninja in unserer historischen Einführung.


Ferner japanischer Spiegel

es über 400 Jahre nach der Schlacht von Sekigahara (1600) manchmal wie ein ferner Spiegel in das alte Japan, zumal gerade das hier abgebildete Gebiet Ashina als Quelle vieler Sagen gilt; mehr zu den authentischen Aspekten in diesem Video.

Die klangvolle Musik sowie die en detail vielleicht nicht brillanten, aber sehr ansehnlichen Kulissen bilden für diese Zeitreise jedenfalls ein sauberes technisches Fundament - die Bildrate war stabil, ich hatte weder Abstürze noch Bugs auf der PS4 Pro.

Aber zurück zu Miyamoto Musashi, der euch in diesem Test noch öfter begegnen wird: Dieser historische Samurai-Meister hätte diesen fiktiven Sekiro vielleicht gemocht - auch wenn sie zwei verschiedene Klassen repräsentieren, zwei Pole einer Gesellschaft, die sich vor allem über den Krieg definierte.

Er folgte dem Bushido, dem mit dem Buddhismus verschmolzenen tugendhaften Weg der Samurai, wohingegen man auf PC, PS4 oder Xbox One in die Rolle eines Shinobi, also eines Ninja schlüpft. Diese Agenten, Spione, Saboteure und Attentäter galten als unehrenhafte Gesellen, die als anonyme Söldner die Drecksarbeit erledigen. Sie widersprachen quasi dem ritterlichen Ideal, man schaute auf sie herab, obwohl man ihre Fähigkeiten respektierte - diese Mischung aus Verachtung und Bewunderung wird im Spiel deutlich, wenn man den Dialogen und Wachen lauscht, was an bestimmten Stellen markiert wird. Hier sowie in manchen Dokumenten bekommt man zudem nützliche Hinweise zu Missionen oder Schwächen von Feinden.

Worum geht es erzählerisch? Sekiro, der "einarmige Wolf", will seinen Fürsten Kuro, der noch ein Junge ist, in dessen Blut eine uralte Macht schlummern soll, um jeden Preis retten - nicht für Geld, sondern um seine Ehre wieder zu erlangen. Diese Haltung entspricht dem Kodex der Samurai in der Sengoku-Zeit (1477-1603), die im Spiel von der Kleidung über Wappen bis zur Architektur auf wunderbare Art visualisiert wird. Noch in der darauf folgenden Edo-Zeit (1603-1868) wurde die bedingungslose Gefolgschaft im "Hagakure" übrigens von Tsunetomo Yamamoto propagiert. Und dass auch die oftmals für Geld agierenden Ninja diese Treue zu einem Fürsten kannten, betont die aktuelle Forschung. Mehr zur Geschichte der Ninja in unserer kleinen Einführung.

Die verlorene Ehre retten

Aber From Software belebt das historische Gemälde immer wieder mit Farbtupfern des Mythologischen und Übernatürlichen - für die damaligen Chronisten der Sengoku-Zeit war das übrigens alles "real". Man begegnet also den klasse designten Vogelmenschen, den Tengu, dazu Untoten und Dämonen, Zwergen und Riesen. Auch wenn das Artdesign und die Figuren nicht so exzentrische Ausmaße annehmen wie im bildgewaltigen Bloodborne, gibt es genug Seltsames, Groteskes,

Es gibt nicht nur idyllische Panormanen, sondern auch düstere Verliese.

Unheimliches und auch derart Überwältigendes, dass man umgehend an God of War erinnert wird, wenn es sich bei lautem Getöse durch das Gebirge schlängelt - eine grandiose Szene, die in einen Bosskampf der anderen Art mündet.

Auch wenn Miyamoto Musashi als erste Regel "Sei nie arglistig in deinen Gedanken" festlegt, was nicht so ganz zu den vielen hinterhältigen Tötungen des Sekiro passen will, empfiehlt er in seinem Buch "Fünf Ringe" durchaus unkonventionelle Taktiken: Er springt schonmal aus dem Gebüsch und brüllt, um sich so einen Vorteil zu verschaffen. Er nutzt die Verwirrung seiner Feinde, um sie zu besiegen: "Im Kampf Mann gegen Mann benutzt man Körper, Langschwert und Stimme, um den Gegner zu erschrecken; sodann geht man plötzlich und unerwartet gegen ihn los."

Zwischen Shinobi und Samurai

Die Tatsache, dass Sekiro sein Katana mit nur einer Hand führt, hätte Miyamoto Musashi auch gefallen- denn genau das lehrte

Der marode Tempel dient Sekiro als Basis. Von hier teleportiert er sich andere Gebiete, außerdem warten Figuren wie Emma, die Ärztin auf weitere Hinweise.

er: "Wenn man etwas mit beiden Händen umklammert, kann man sich unmöglich frei nach links und rechts bewegen. Deshalb verlange ich, dass man das Katana mit nur einer Hand ergreife." Das muss Sekiro zwangsläufig, denn ein mächtiger Samurai schlägt ihm den linken Arm im Einstieg ab, außerdem kann man nicht wie in Nioh andere Waffen wie Speere oder Bögen ausrüsten.

Man wird von einer mysteriösen Gestalt gerettet und erwacht in einem maroden Tempel inmitten von Buddha-Statuen. Ab sofort ist das eine Basis, von der aus man in alle freigeschalteten Gebiete teleportieren kann. Hier bekommt man auch erzählerische Hinweise durch Ärztin Emma, die wie ein Nachhall der "Maiden in Black" aus Demon's Souls und all ihr folgenden Ladys wirkt. Und der Gastgeber, ein grummelnder Bildhauer, hat für Sekiro eine ganz besondere Prothese angefertigt. Allerdings passiert hier abgesehen von neuen Erkenntnissen oder Übungen mit Hanbei zu lange nichts; wie etwa neue Gäste, die man sonst in der Soulsreihe begrüßen konnte.

Damit kann man später aber auch einige nützliche Zweihand-Techniken einsetzen, darunter das mächtige "Ichimonji": Das ist ein Überkopfhieb, der die eigene Haltung stärkt und jene des Gegners schwächt - genau das ist unfassbar wichtig in diesem Spiel, denn die Haltung ist der neue Kern. Obwohl From Software auf dem Steuerungsfundament der Soulsreihe aufbaut, was das Anvisieren und Wechseln von Gegnern (mit all seinen Tücken!), das Wegrollen und Blocken oder Kontern zum richtigen Zeitpunkt betrifft, inszenieren sie ein komplett neuartiges, in seinem Fluss einzigartiges Kampfsystem. Es gibt keine Ausdauer mehr, so dass man theoretisch ohne Pause zuschlagen kann. Es gibt keinen Schild, hinter dem man sich verstecken kann. Und hier sind die Lebenspunkte bzw. die

In manchen Gebäuden gibt es Geheimgänge.


Die wichtige Haltung

Es ist unglaublich, wie gut dieser Satz von Miyamoto Musashi das Kampfsystem abbildet. Denn zu Beginn fühlt man sich überfordert, wird immer wieder getroffen, weil man entweder zu aggressiv oder passiv vorgeht. Zwar bestraft From Software den Tod: Man verliert die Hälfte seiner blauen Erfahrung sowie seines Goldes. Aber man hat auch eine prozentuale Chance, all das zu behalten. Man kann sogar bis zu zweimal direkt wieder aufzuerstehen, um es nochmal zu versuchen, während die

Man sollte alle Manöver mit Hanbei üben, bis man sie perfekt beherrscht.


Vitalität nur ein Faktor im Hintergrund, denn viel wichtiger ist die Stabilität, also die Haltung - und zwar für Sekiro und seine Feinde.

"Der Weg der Schwertkunst heißt: aus sich heraus Überlegenheit zu erlangen und, wenn die Zeit gekommen ist, den Rhythmus zu kennen, zuzuschlagen wie von selbst, zu treffen wie von selbst."

Trotzdem ist es essenziell, dass man in seinem Lager beim untoten Samurai Hanbei alle Manöver einzeln sowie im freien Kampf üben kann, ohne dass man sterben kann. Gerade die Paradekette, die mehrmaliges rechtzeitiges Abwehren mit L1 verlangt, gibt einem einen Vorgeschmack auf das, was an schnellen Reaktionen verlangt wird. Ihr solltet daher die Tastenbelegung an eure Bedürfnisse anpassen, könnt z.B. das Sprinten, Ducken etc. ändern und auch die automatische Zielerfassung abstellen, die nicht jedermanns Sache ist. Danach gilt es zu üben, zu üben und nochmal zu üben. Aber das lohnt sich: Irgendwann kommt man in diesen Wechsel von Block und Konter, der von einem hellen Klang bei perfekten Paraden über L1 begleitet wird, während die Treffer satte Töne hinterlassen - das ist ein fast musikalischer Klingentanz, den man geduldig führen muss, bevor er im Idealfall in einer Blutfontäne aus dem Hals des Gegners endet.

Verwundungen der Feinde und Bosse bleiben - das ist fair und ein Luxus, den man in der Soulsreihe nur mit kostbaren Ringen genießen konnte!

Was ist so innovativ daran? Im Gegensatz zum klassischen Hit&Run, bei dem man recht zügig in eine Routine aus Ausweichen und Zuschlagen gerät, die eher das defensive Belauern belohnt, muss man hier in die Offensive - auch und vor allem gegen Bosse. Denn die feindliche Haltung, immer angezeigt durch einen orangen Balken, baut sich nicht nur bei Treffern auf die Deckung, sondern auch bei eigenen Paraden und direkten Kontern ab. Dafür muss man also rechtzeitig, und zwar kurz vor einem Treffer L1 und dann für den Gegenschlag R1 drücken. Geht man wieder auf Distanz, also in die Defensive, um einen Heiltrank zu nehmen, lädt sich die Haltung des Feindes wieder auf - alles war umsonst, denn der direkte Schaden auf die Vitalität ist meist recht klein.

Das innovative Kampfsystem

Das heißt, man muss immer nah ran! Aber nicht über wilde Knopfdrückerei, denn simple Schlagfolgen mit R1 helfen nur

Jeder General verfügt über andere Kampfmanöver - sie gehören zu den mittleren Bossen.

gegen sehr einfache oder überraschte Feinde - schon die normalen Wachen können eine Gefahr sein, weil sie selbst parieren, und vor allem in Überzahl sind sie sehr gefährlich. Gegen bessere Gegner muss man in einen Fluss aus Block, Parade, Konter und Schlag kommen, also ein, zwei oder dreimal geduldig parieren und dann treffen, blocken, wieder parieren, treffen, ausweichen, Shuriken werfen und immer Druck aufbauen, damit die Haltung des Feindes früh aufgebrochen wird. Die Belohnung für diese anspruchvollen Reaktionen: Ein sofortiger Todeshieb, selbst wenn der Lebensbalken noch voll ist!

Dass dieses Kampfsystem eines der besten der Videospielgeschichte ist, auch wenn ich einen Tritt oder Schulterstoß in den

Diese Lady verlangt Sekiro alles in zwei Phasen ab: Nur wenn er sie erfolgreich kontert, hat er eine Chance. Ein gut gemeinter Rat: Kämpft erst gegen sie, wenn ihr den brennenden Stier und Burg Ashina gemeistert habt.


Stoß, Wirbel oder Griff?

Abgrund vermisse, hat noch andere Gründe neben dieser intensiven Dynamik: Schon die mittleren Bosse (hier die ersten fünf im Video), darunter mit Katana bewaffnete Generäle, die alle ihren eigenen Stil haben (!), aber auch feindliche Ninja oder übernatürliche Gestalten, agieren sehr schnell und vielfältig, so dass man sich nicht auf ein, sondern zwei oder drei Muster einstellen muss. Hinzu kommen Schadenstypen wie Feuer, Gift, Blitz oder Grauen. Und gegen sie spielen vor allem die drei unblockbaren Attacken, die mit dem roten japanischen Schriftzeichen für "Gefahr" kurz angekündigt werden, eine sehr große Rolle. Kommen sie durch, ist man meist sofort tot.

Man muss genau hinschauen und in Sekundenschnelle erkennen, ob der Feind sie als Stoß, als Wirbel oder als Griff ausführt - es gibt kein klares Symbol oder eine

Der Oger ist schon ein mächtiger Brocken, dem man mit Feuer und Greifhaken begegnen sollte.

Farbe wie bei einem klassischen Reaktionstest! Man muss über die Beobachtung der Bewegung die Attacke antizipieren oder ganze Abläufe auswendig lernen. Jede dieser unblockbaren Attacken muss dann anders gekontert werden - man kann z.B. auf den Speer treten, über die Wirbel springen oder ausweichen. Man kann sie also kaum bis gar nicht mit L1 abwehren. Trotzdem wechseln diese in normale Schlagfolgen, ohne rotes Schriftzeichen, die man wiederum mehrmals über L1 parieren kann. Und wenn das in einer Serie gelingt, nimmt der Gegner schweren Haltungsschaden. Mehr dazu en detail sowie andere Hinweise für die ersten Stunden findet ihr im Einsteiger-Guide, der als Text etwas ausführlicher ist als im Video.

Vor allem Ersteres, der so genannte "Mikiri-Konter" symbolisiert den hier vom Spieler geforderten Mut und die daraus resultierende Wucht: Wenn jemand mit einem Speer zusticht, neigt man dazu zurückzuweichen - hier muss man "in den Angriff", also mit Kreis und Analogstick nach vorne hinein. Gelingt dieser Konter, wird man mit einer wunderbaren Szene belohnt, in der Sekiro auf den Speer tritt und seinem Gegner die Klinge in den Hals rammt. Bei Bossen reicht das aber nicht einmal, da muss der mehrmals sitzen. Dieser Konter erinnert übrigens entfernt an Miyamoto Musashis "Das Schwert niedertreten".

Der coole Mikiri-Konter

Zwar beinhaltet dieses Kampfsystem immer noch so etwas wie Schere, Stein, Papier und je nach Gegner auch Hit&Run, wie z.B. gegen den Oger, aber beides wird über die Haltung und Paraden so miteinander verwoben, dass sich die Möglichkeiten potenzieren. Das Resultat:

Die Kämpfe werden wuchtig inszeniert, es spritzt viel Blut.

Mehr Taktik, mehr Anspruch - und zwangsläufig vielfaches Scheitern, denn die Lernkurve ist extrem hoch. Und es gibt weder eine Online-Anbindung, um Freunde einzuladen, noch kann man vor so einem Duell einen KI-Helfer im Kampf beschwören - an einer Stelle gibt es jedoch einen kooperativen Kampf gegen einen Boss, wenn man den an einem Teich wartenden Samurai anspricht. Selbst mit ihm wird es knifflig, wenn man nicht vorher das Gelände säubert; was unheimlich Spaß macht.

Also muss man gegen Bosse zig mal antreten, weil vor allem jene mit Schwert oder anderen Klingen die Verinnerlichung des offensiven Kämpfens verlangen. Das Leveldesign ist aber so konzipiert, dass man sehr zügig an den Ort der Niederlage zurückkehren kann, zudem sind die Ladezeiten nicht der Rede wert; auch die Teleports über Buddha-Statuen sind sehr engmaschig angelegt, so dass man nicht

Zu den Ashina-Künsten gehört auch der Überkopfhieb namens "Ichimonji", den man weiter verstärken kann - er raubt dem Feind umgehend Haltung und baut die eigene auf.


Gefühlte Boss-Sackgassen

lange laufen muss. Besonders gefreut hat mich zudem, dass auch hier die Gebiete so miteinander verbunden sind, dass man aus anderen Richtungen an bekannte Stellen gelangt - und plötzlich ein Déjà-vu hat. Man öffnet Tore von einer anderen Seite, nutzt den Fahrstuhl in die Höhe oder kann an ein anderes Ufer schwimmen.

Aber bevor man etwas Neues sieht, ist der Erfolg im Duell wichtig: An den meisten Generälen wie Tenzen Yamauchi zu Beginn kann man so vorbei, aber die großen Bosse bewachen Gebiete, man muss also in den Zweikampf - im Gegensatz zu den Walküren in God of War, die man nur oprional bekämpfen musste. Die waren, abgesehen von der ersten, schon fordernd. Sekiro serviert ganz andere Bosse. Und wenn man die mehrmals nicht schafft, kann ein Gefühl der Sackgasse entstehen. Meist ist es aber so, dass die recht offene Spielwelt zwei oder drei dieser wichtigen Duelle parallel anbietet. Verfolgt man diese in der richtigen Reihenfolge, bekommt man vielleicht mehr Vitalität, eine andere Prothese oder Techniken, die einem bei dem nächsten Duell direkt helfen. Zumal nicht jeder Boss einen Schwertkampf verlangt, sondern manche mit anderen Mitteln getötet oder vor dem Kampf zumindest einmal mit hinterhältigen Attacken geschwächt werden können - ich war positiv überrascht, wie viel "Vorarbeit" man manchmal leisten konnte, was ja auch der Taktik der historischen Shinobi entspricht.

Was mich gestört hat war jedoch, dass man den Greifhaken nur manchmal, aber nicht generell gegen Bosse einsetzen konnte,

Dieser Boss wird von einer Leibwache beschützt, die man vorher beseitigen sollte.

obwohl Architektur oder Gegner das plausibel angeboten hätten - da hätte From Software im Ablauf mehr Optionen einbauen können, anstatt diesen einen Weg zum Sieg zu fordern. Hat man einen Boss endlich besiegt, wird man mit neuen Gebieten, Storyfortschritt und Entwicklungen belohnt. Man freut sich nicht nur, dass man noch nach Stunden - ähnlich wie in Prey - auch neue Zweige in den Fähigkeiten entdeckt. Man staunt auch, wie sehr sich die Spielwelt öffnet, sowohl was Landschaft als auch Erkundungsreize betrifft. Plötzlich gibt es unterirdische Verliese, die zumindest einen pestilenten Hauch von Schandstadt verströmen, wirklich pompöse Burgstädte mit geheimen Turmzimmern und Wassergraben oder idyllische Tempelwälder mit ganz neuen Herausforderungen.

Selbst wenn das bisher so klang, ist das  keine reine Schwertkampf-Simulation à la Kengo - Master of Bushido, denn es gibt genug Mittel und Wege, um sich mit anderen Waffen, Ausrüstung oder Tränken einen Vorteil zu verschaffen. Man erschreckt seine Feinde z.B. mit dem Shinobi-Feuerwerk aus der linken Armprothese und teilt dann blitzschnell zwei, drei Hiebe aus. Auch das hätte dem Samurai-Meister gefallen! Nein, nicht diese Konstruktion am Arm des Shinobi, mit der er weitere sehr nützliche Nebenwaffen wie Shuriken, Feuerstoß, Axt, Rabennebel, Speer, Giftkurzschwert oder Schirm einsetzen kann - falls er sie denn findet.

Links Feuerwerk, rechts Katana

Das ist keine Kosmetik, sondern als taktisches Mittel neben und mit dem Katana essenziell: Mit der Axt werden Schilde zerstört, ein Shuriken holt Feinde aus der Luft, der Feuerstoß lässt Feinde brennen, der Rabennebel lässt mich wie ein Geist ausweichen und mit dem kurzen "Subimaru" kann ich rasend schnelle Schlagfolgen einleiten etc. Aber auch dieser Einsatz hat seinen Preis: Jeder Angriff mit der Prothese kostet eine bestimmte Anzahl an Geistemblemen, von denen man zu Beginn

Man trifft des Öfteren auf Nicht-Spieler-Charaktere, die man öfter ansprechen sollte.

From Software erweitert damit auf sehr balancierte, elegante und vielfältige Art das Prinzip der ausklappbaren Waffen aus Bloodborne: Man kann drei Prothesen gleichzeitig ausrüsten und blitzschnell im Kampf wechseln. Und was mir richtig gut gefällt: Man muss selbst herausfinden, welche Folgekombos es für welche Prothese gibt - hinter einigen stehen nur Fragezeichen! Gerade so etwas macht auch noch in der Mitte des Spiels neugierig, weil die Regie nicht sofort alles aufdeckt. Also wann man direkt nach einem R2-Angriff damit das R1-Katana für einen besonderen Schlag verwenden kann. Als ich nach dem Einsatz der Wurfsterne den weiten Schwung nach vorne entdeckt habe, hat das neue Möglichkeiten der Offensive geöffnet - auch in Bosskämpfen.

maximal 15 tragen kann - nach siebenmal Feuerwerk für je zwei Punkte ist also Schluss. Diese Embleme kann man aber an jeder Statue kaufen oder im Gelände als leuchtende Symbole finden.

Genau diese Feinheiten animieren dazu, selbst etwas auszuprobieren. Und da bieten die Prothesen noch mehr: Sie haben einen eigenen Technologiebaum, was umgehend neue Manöver erlaubt - zuerst kann man mit dem Speer z.B. die Gegner "nur" treffen und dann heranziehen, aber verbessert man sie, kann man sie bei gedrückter R2-Taste auch damit durchbohren.

Auch die Shinobi-Prothese verfügt über einen eigenen Fähigkeitenbaum. Dort kann man module gezielt verbessern, wenn man genug Geld und Zutaten hat.


Mehr als nur ein Hilfsmittel

Oder man wertet seine Wurfsterne auf, damit sie umgehend auch die Haltung des Feindes dezimieren oder sich wie Stahlkreisel durch die Deckung des Feindes fräsen. Man kann auch radikal auf den Feuereinsatz setzen und aus der anfänglich kleinen Explosion wird fast ein Flammenwerfer.

Wenn man die seltenen Zutaten wie Schießpulver, Schrott etc. findet, kann man Prothesen wie die Waffen in der Soulsreihe weiter entwickeln. Hier schaltet man aber nicht einfach alles frei wie in Tomb Raider, sondern muss sich angesichts der knappen Ressourcen spezialisieren. Zwar kann man bei einigen Händlern ein- und verkaufen, aber sie haben nicht alles vorrätig, alle ein anderes Repertoire und in den ersten Gebieten meist keine Luxuswaren oder seltene Schätze wie die kostbaren rosa Karpfenschuppen. Erledigt man allerdings Missionen für einige, erweitert sich ihr Sortiment. Außerdem ist es sehr fair, dass man bei ihnen Goldsäcke kaufen und damit sein Geld sichern kann, denn so geht nach einem Tod nichts verloren.

Jetzt habe ich das Kampfsystem ausführlich besprochen, aber es gibt noch zwei andere Stärken, mit denen sich From Software von der Soulsreihe emanzipiert. Zum einen ist da das Schleichen: Hidetaka Miyazaki erwähnte, dass der Klassiker Tenchu eine große Inspiration für die Entwicklung war, dass man sogar fast daran dachte, die Reihe unter diesem alten Namen fortzusetzen. Es ist also kein Wunder, dass man einiges an Stealth-Action in Sekiro findet. Und wer die Burg Ashina erkundet, wird wunderbar taktisches vertikales Katz- und Mausspiel in einer Turm- und Dächerlandschaft erleben, das sich trotz der KI-Schwächen mit Dishonored messen kann.

Die vertikale Dynamik

Gerade wenn man sich an eine Wand drückt, mit einem Keramiksplitter eine Wache anlockt und diese dann zu sich heran zieht und meuchelt, erinnert das fast eins zu eins an Rikimaru aus Tenchu. Auch aus dem Hängen an an einer Kante kann man

Im Wald der Mönche bieten die Bäume gute Ziele für den Greifhaken.

sofort töten. Man kann sich auch unsichtbar machen, Feinden Asche ins Gesicht werfen, seine Geräuschdämpfung und Wahrnehmung verbessern, geheime Wege nutzen, Drehtüren finden und selbst Bosse hinterhältig meucheln - nur dass sie meist zwei Leben haben.

Aber der Schwerpunkt liegt eher auf der Guerilla-Taktik im Gelände à la Uncharted 4 als auf der Infiltration von Gebäuden, bei der man möglichst niemanden offensichtlich tötet und heimlich vergiftet, um hohe Punktzahlen zu erreichen wie noch in Tenchu. Zumal die flatterhafte Physik in den Gebäuden dafür sorgt, dass Bücher bei geringstem Kontakt wie Tauben auffliegen oder Stühle und Tische bersten - das hätte man eleganter lösen können. In Sekiro geht es aber weniger um exakte Bewegungen zwischen Interieur, sondern darum, eine Wache nach der anderen zu meucheln, Patrouillen zu trennen, Bogenschützen aus dem Weg zu gehen und vor allem Wachen mit Alarmfunktion zuerst zu töten. Denn gegen eine Übermacht wird es selbst für Sekiro zu schwer. Dafür bietet das Leveldesign wunderbare Möglichkeiten der Umgehung, man kann geheime Passagen finden, sowohl unterirdisch als auch ganz oben im Gebälk oder sich in komplexen Burganlagen über Kraxelei und Akrobatik aus der Höhe oder von hinten anschleichen.

Hier kommt die zweite Stärke ins Spiel: der Greifhaken. Er sorgt für ein Tempo und eine Vertikalität in der Erkundung, die man

Von den Dächern kann man alles gut beobachten, bevor man zuschlägt.


Neuer Schwung in der Luft

bisher nicht von From Software kannte. Man kann zwar nicht so frei schwingen wie in Bionic Commando, aber sich an grün markierte Punkte wie Dachspitzen, Bäume oder Mauern katapultieren, manchmal auch einmal direkt weiter schwingen - gerade in den bergigen Kulissen macht das unheimlich Spaß, denn man kann in Schwindel erregender Höhe risikoreiche Sprünge hin zu entfernten Stellen einleiten, um sich dann im letzten Augenblick an einen grün leuchtenden Punkt zu ziehen - cool!

Der Greifhaken beschleunigt und verstärkt ähnlich wie das Teleportieren in Dishonored die Stealth-Möglichkeiten: Natürlich kann man aus der Höhe wie ein Falke sofort Kills einleiten oder sich schnell aus Umzingelungen entziehen. Er wird auch in manchen Bosskämpfen nützlich, wenn man sich blitzschnell an Gegner heranzieht und zuschlägt; auch einige Fähigkeiten werten ihn auf.

Beim Wachverhalten zeigt sich allerdings ein Schwachpunkt: Mit den je nach Sicht weiß, gelb oder rot gefüllten Dreiecken über den Köpfen weiß man in etwa, wo sie sich befinden und wer einen gesehen hat. Das kennt man u.a. aus Uncharted und damit kann man ein wenig vorausplanen. Allerdings vermisst man das bei den Wachen, die sich zwar alarmieren und sammeln, um Sekiro zu verfolgen, aber dabei recht simple Muster anwenden - oder doch vergessen, sich kurz Bescheid zu geben. Schön ist immerhin, dass es manchmal spezielle Alarmeinheiten gibt, dass einen Hunde früher wittern und ihr Bellen die Verstärkung ruft oder dass Wachen mit Steinen nach einem werfen, wenn man irgendwo auf einem Dach entdeckt wurde. Da ist man allerdings so lange vollkommen sicher, bis ein Bogenschütze oder jemand mit einer Hakenbüchse einen im Visier hat.

Schwachpunkte in der KI

Zwar reagieren Wachen auf Leichen, die man auch gar nicht wegschleppen kann, aber dafür müssen sie fast vor ihnen stehen,

An die Wand lehnen, Keramiksplitter werfen, abwarten.

sehen sie also nicht auf ein paar Meter - an anderer Stelle sehen sie einen plötzlich durch Wände. Außerdem reagieren und suchen alarmierte Wachen viel zu verzeihlich bzw. zaghaft, so dass man zuschlagen und dann in aller Ruhe abwarten kann. Manchmal bleibt die KI auch irgendwo hängen oder reagiert selbst dann nicht, wenn ein Keramiksplitter direkt vor ihren Füßen scheppernd aufprallt; manchmal wirft Sekiro auch selten dämlich, wenn Feinde schräg über ihm stehen, denn die Wurflinie darf nicht schräg sein - da erkennt man die alten Schwächen.

Das klingt aber schlimmer als es ist, denn man muss eine Burg mit zwei, drei Patrouillen erstmal säubern, ohne zu sterben! Nicht ohne Grund gibt es die Unsichtbarkeitstränke. Außerdem lockern die Erfolgserlebnisse in diesen Situationen natürlich das sonst so knallharte Ringen um den Sieg auf - hier kann man durchschnaufen. Und es sind keine atmosphärischen "Gamebreaker" wie in anderen Spielen, in denen man trotz der Dummheit der Gegner zum Helden stilisiert wird oder ohne sein Zutun die nächste Zwischensequenz samt Feierszene erreicht. Trotz schwacher KI geht ohne Skills gar nichts: Wer sich keinen Plan zurechtlegt, killt auch keine komplette Burgbesatzung. Zudem wartet immer irgendwo ein mittlerer Boss, an dem man vorbei muss.

Tengu-Alarm in der Burg

Und man bekommt irgendwann auch sagenhafte Feinde, die die KI-Schwächen noch weiter in den Hintergrund rücken. In der Mitte des Spiels, wenn man den brennenden Bullen besiegt hat, entsteht nämlich auch in der Höhe ein Gegengewicht, so dass

Die Ashina-Burg ist ein herrlich verwinkelter Schauplatz.

das Schleichen sogar länger motiviert als in Dishonored, wo man zu früh zu stark war und im letzten Drittel selbst Bosse leicht erledigte. Spätestens wenn die Tengu, die Vogelmenschen, in der wunderbar verschachtelten Ashina-Burg auf den Dächern lauern, wird es auch dort oben deutlich kniffliger - und auf neue Art unterhaltsam. Sie lauern hinter Ecken, teilweise zu zweit und verfolgen einen sowohl mit Wurfklingen als auch mit temporeichen Attacken oder Feuer.

Und das richtig Coole sind ihre schwebenden Alarmanlagen: Manchmal erkennt man an Seilen befestigte Drachen, die weit oben in der Luft schweben. Zunächst habe ich das ignoriert und mich immer wieder gewundert, woher plötzlich diese brüllenden Kamikaze-Tengu kamen, die sich wie Raketen auf mich stürzten. Als ich diese Drachen mit einem Fernglas genauer studierte, erkannte ich einen schwarzen Schatten, der sich dahinter bewegt - daher kam der Tengu! Ich kann gar nicht sagen, wie viel Spaß es machte, sich heimlich tötend durch diese schwer bewachte Burganlage zu bewegen und in ihr Inneres vorzustoßen. Zumal man auch dort wieder gefordert wird: Plötzlich tauchen blau gewandete Wachen auf, die mit ihrem fordernden Kampfstil jede KI-Schwäche ausgleichen.

Die Story um Sekiro kann im Einstieg (hier die ersten zwanzig Minuten) nicht sofort fesseln, beginnt recht gewöhnlich mit einer Entführung, dem dämonischen Bösewicht und vielen Fragen zur Vergangenheit des Helden, den man diesmal nicht selbst erstellen kann. Er wird als Kriegswaise von einem Unbekannten aufgenommen und zum Ninja ausgebildet. Zwar spricht er gelegentlich, aber bleibt die meiste Zeit über eher ein schweigsamer Beobachter, der wie gehabt Figuren mehrmals anreden muss - gerade nach Ereignissen. Aber die wenigen Äußerungen lassen auch genug Freiraum für eigene Interpretationen.

Vom Straßenköter zum Shinobi

Trotzdem gibt es mehr klare Missionen als in der Soulsreihe: Mal muss man einem Gesuchten gegen Samurai helfen, für einen Händler Wachen belauschen, gezielt umher streifende Assassine töten oder für eine düstere Gestalt ein Opfer besorgen. Man trifft auf einige interessante Charaktere, die einem helfen können. Dabei hat man überraschend oft die Wahl in Dialogen, kann sich als Shinobi vorstellen oder lieber schweigen, kann hilfsbereit oder arglistig sein und danach die Konsequenzen spüren - bis hin zu einer weit reichenden Entscheidung, die für ein anderes Ende sorgt; danach wartet ein New Game plus.

Die Suche nach dem "göttlichen Erben" sowie den eigenen Wurzeln wird mit Stimmen aus der Vergangenheit und bruchstückhaften Erkenntnissen so verdichtet, dass auch angesichts dieses direkteren Storytellings über die 25 bis 40 Stunden ein klareres Bild entsteht als in der Soulsreihe. Nicht falsch verstehen: Es gibt genug Geheimnisse, aber nicht in dieser fragmentierten Fülle. Die deutsche Lokalisierung ist übrigens übarraschend gut; die Sprecher haben tolle Arbeit geleistet. Aber wer will, kann auch auf Englisch oder Japanisch schalten.

Spielwelt mit Konsequenzen

Je länger man spielt, desto mehr fühlt man sich als Teil einer reagierenden Welt mit einem großen Mysterium rund um

Im Rücken des Feindes kann man sofortige Todeshiebe ausfühen - auch gegen Bosse.

göttliches Blut, denn das eigene Sterben wirkt sich auf die Gesundheit aller anderen Figuren aus, also auf Händler oder andere Charaktere, die plötzlich zu husten beginnen. Sie können nicht sterben, aber so lange sie krank sind, werden ihre Missionen angehalten, bis ihr das Gegenmittel findet.

Das erinnert entfernt an universelle Auswirkungen wie die Welttendenz aus Demon's Souls oder direkter an die Seuche aus Bloodborne. Dieser Sekiro kann zwar immer wiederauferstehen, aber dieser Prozess löst bei zu häufigem Gebrauch die so genannte "Drachenfäule" aus und hat negative Konsequenzen. Übrigens in Intervallen: Heilt man alles, wird wieder von vorne gezählt und die Krankheit kann zurückkehren.

Auch wenn Sekiro vielerorts im Gegensatz zur Soulsreihe als Action-Adventure und nicht als Action-Rollenspiel beschrieben wird, konnte sich From Software nicht wirklich davon lösen, dass man seinen Charakter ausrüsten und entwickeln kann. Zwar funktioniert das nicht so direkt über einzelne Waffen oder Werte wie Geschick oder Stärke, in die man Seelen investierte, so dass man umgehend mehr Schlagkraft hatte, wenn man nur lange genug bekannte Gebiete abgraste -  alleine dadurch konnte man viele Bosse auch ohne bessere Skills, einfach nur als besserer "Damage-Dealer" leichter besiegen. Das funktioniert hier nicht.

Charakterentwicklung mit Soulsresten

In Sekiro kann man die ganz wichtigen und einzigen beiden körperlichen Merkmale Angriffskraft und Vitalität, wobei Erstere zu Beginn bei 1, Letztere bei 10 liegt, nicht auf diese Art steigern. Das geht nur über jeweils vier Gebetsketten oder

Sekiro kann sich auf unterschiedliche Art spezialisieren.

Erinnerungen - und all das gibt es meist nur nach Bosskämpfen. Aber das so genannte "Farmen" ist auch in Sekiro hilfreich, da auch hier Feinde nach einer Rast wiederauferstehen. Nur nutzt einem das hier eher auf eine indirekte, weniger effiziente Art: Man sammelt mit jedem Kampf blaue Fähigkeitenpunkte, die langsam eine Leiste füllen. Erreicht sie ihr Maximum, darf man einen oder mehrere Punkte in einen Kampfstil investieren.

Da hat man die Wahl, ob man man direkt neue Manöver wie eine Sprintattacke, einen Wirbel- oder Sprungangriff, die coolen Angriffe und Paraden aus der Luft, passive Fähigkeiten wie besseres Schleichen, höhere Heilraten oder mehr Geistembleme freischalten will. All das kann man teilweise mehrmals verbessern, sich also spezialisieren. Sehr fair ist, dass diese einmal erreichten Fähigkeitenlevel auch bei einem Tod nicht verschwinden, so dass man sie aufsparen kann, sobald sie die Leiste voll gefüllt haben. Der Schwellenwert dafür steigt aber genauso an wie in der Soulsreihe die Kosten für eine Aufwertung. Sprich: Je länger man spielt, desto mehr blaue Punkte muss man sammeln, bevor es wieder einen Punkt zum Ausgeben gibt.

Fazit

"Der Weg der Schwertkunst heißt: aus sich heraus Überlegenheit zu erlangen und, wenn die Zeit gekommen ist, den Rhythmus zu kennen, zuzuschlagen wie von selbst, zu treffen wie von selbst." Dieser Satz ist über 400 Jahre alt. Er stammt aus dem Buch "Fünf Ringe" von Miyamoto Musashi (1584-1654). Der legendäre Samurai-Meister trifft damit den Kern dieses wunderbaren Abenteuers. Aber Vorsicht, hier lauert ein anspruchsvolles Biest: Was From Software fauchend loslässt, wird Feierabendsammler zum Umtausch, ungeduldige Spieler in gefühlte Sackgassen, aber leidenschaftliche Hardcore-Zocker in ihr heiliges Ragnarök schicken. Denn hier dreht sich alles um den richtigen Rhythmus im besten Kampfsystem, das die Spielewelt zu bieten hat - es ist unheimlich intensiv, steckt voller taktischer Finessen und inszeniert einen fast schon musikalischen Wechsel aus Parade und Schlag. Es gibt Schwächen: Die Gegner-KI hat sich seit Tenchu nicht verbessert, die Story wirkt zu Beginn noch gewöhnlich, man vermisst bei den knallharten Bossen alternative Lösungswege und grast für die Fähigkeiten viele bekannte Gebiete mehrmals ab. Aber dieses Spiel wirkt über 400 Jahre nach der Schlacht von Sekigahara (1600) auch aus historischer Sicht wie ein ferner Spiegel in das alte Japan, es gibt erzählerische Überraschungen, direkteres Storytelling, Entscheidungen mit Folgen und mehrere Enden. All das, ohne die eigene Tradition aufzugeben: Überall trifft man auf Déjà-vus aus der Soulsreihe, darunter ein herrlich verschachteltes Leveldesign. Die klangvolle Musik sowie die ansehnlichen Kulissen bilden ein sauberes technisches Fundament - ich hatte über die etwa 40 Stunden nicht einen Absturz, nicht einen Bug. Zudem gelingt über den Greifhaken sowie die Schleichmechaniken nicht nur eine Auflockerung innerhalb der Erkundung, sondern auch ein Fortschritt in der eigenen Designphilosophie. From Software steht als erfolgreiches Studio nicht still, sondern blüht qualitativ weiter auf. Bloodborne war schon ein eleganter Schritt in die Offensive, aber Sekiro ist ein gewaltiger Sprung mit Kampfschrei. Also geht in Deckung oder nehmt Haltung an - fight!

Pro

  • bildgewaltiges Kampf-Abenteuer im alten Japan
  • innovatives taktisches Kampfsystem
  • gutes System der Wiederbelebung
  • jede Technik mit untoter KI trainierbar
  • unterhaltsame Stealth-Mechaniken
  • gute Balance aus "Strafen" und "Belohnung"
  • Mischung aus Historie, Fiktion und Mythologie
  • viele authentische Motive des alten Japan
  • hervorragend designte Figuren und Bosse
  • angenehm große und verzahnte Abschnitte
  • clevere Guerilla-Taktik wird belohnt
  • NSC mit kleinen Quests und Veränderungen
  • komfortable Schnellreise in bekannte Regionen
  • mehrere Kampfstile mit eigenem Fähigkeitenbaum
  • Arm-Prothese mit diversen Aufsätzen
  • Feuer, Gift und Grauen wirken sich im Kampf aus
  • zu viele Tode haben Konsequenzen in der Welt
  • Greifhaken sorgt für vertikale Dynamik und Tempo
  • ansehnliche Kulissen und weite Sicht
  • spektakuläre Finisher, coole Bewegungen
  • viele Geheimnisse und versteckte Bereiche
  • zig hilfreiche Gegenstände, kein 08/15- Sammelkram
  • Wachen reagieren auf Tote, alarmieren sich
  • stimmungsvolle Musikuntermalung, tolle Sound-Effekte
  • sehr gute Lokalisierung ins Deutsche, Japanisch wählbar
  • Zielerfassung automatisch oder manuell
  • freie Tastatur/Gamepad-Belegung
  • je nach Entscheidung ein anderes Ende
  • New Game Plus freischaltbar

Kontra

  • hoher Anspruch kann für Sackgassengefühl sorgen
  • schwache Wachen-KI, reagiert zu träge
  • Greifhaken nur bei bestimmten Bossen nützlich
  • Würfe mit Keramiksplittern nur in gerade Linie
  • übersensible Physik in Räumen
  • Entwicklung erfordert Abgrasen bekannter Areale
  • automatische Zielerfassung mit Tücken
  • im Lager passiert lange Zeit zu wenig
  • nur ein Schwierigkeitsgrad zum Start

Wertung

PlayStation4

From Software setzt die Tradition der Soulsreihe fort und brilliert mit neuen Ideen im alten Japan: Greifhaken, Stealth und vor allem das geniale Kampfsystem sorgen für ein frisches Spielgefühl.

XboxOne

From Software setzt die Tradition der Soulsreihe fort und brilliert mit neuen Ideen im alten Japan: Greifhaken, Stealth und vor allem das geniale Kampfsystem sorgen für ein frisches Spielgefühl.

PC

From Software setzt die Tradition der Soulsreihe fort und brilliert mit neuen Ideen im alten Japan: Greifhaken, Stealth und vor allem das geniale Kampfsystem sorgen für ein frisches Spielgefühl.

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Kommentare
hydro in progress

Wow, für mich war Sekiro das mit Abstand ekelhafteste Souls.
Bockschwer bis zum geht nicht mehr, ich habe es gehasst (und trotzdem tapfer durchgespielt). Aber nochmal freiwillig einen Run? Im Leben nicht.^^

Freut mich aber für dich. Gibt nichts Schöneres, wenn ein Spiel wie auf einen zugeschnitten ist. Erlebe ich mit diversen anderen Games, vor allem mit Stellaris und Morrowind.

Zuletzt bearbeitet vor 14 Tagen

vor 14 Tagen
aGamingDude

Hab es jetzt erst wieder beendet. Mit Abstand mein liebster Titel von From Software. Das Gameplay ist ein Genuss, die Atmosphäre dicht, die Charaktere interessant. Es hat so viel Spaß gemacht, durch dieses Game zu rauschen. Auch, wenn der letzte Playthrough Jahre zurückliegt, war ich nach kurzer Zeit wieder im Rhythmus und hab die meisten Bosse first oder second try gelegt. Selbst der Final Boss, der wirklich eine Herausforderung ist, lag nach 5 Versuchen.

Nach all den riesigen und teilweise aufgeblähten Open Worlds, war Sekiro eine willkommene und gebrauchte Abwechslung. Dieses Spiel zieht einen mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit in den Bann, lässt einen nicht verschnaufen und hat somit auch keine langatmigen Phasen, die irgendwie langweilen. Das ist Spielspaß on point und ich bin mir sicher, dass ich mit einigen pausen immer wieder genau dieses Gefühl dabei haben werde. Ich liebs!

vor 14 Tagen
Solon25

Respekt, im sale auf Steam war es nie unter 29,99€.

vor 7 Monaten
LeKwas

Sekiro hat sich summa summarum 10 Mio. mal verkauft.

vor 7 Monaten
holyhollertoller

Hallo, kann mir jemand sagen, ob es bei dem Spiel für die PS4 Pro Grafik-Einstellungen gibt? Zum Beispiel einen Performance Modus für höhere Framerate? Ich finde da nicht viel im Menü auf den ersten Blick. danke.

vor einem Jahr