Constructor Plus - Test, Taktik & Strategie, Switch, XboxOne, Mac, PC, PlayStation4

Constructor Plus
18.03.2019, Mathias Oertel

Test: Constructor Plus

Kriminelle Aufbau-Strategie

Als die Veteranen von System 3 vor knapp zwei Jahren ihre Neuauflage der unkonventionellen Echtzeit-Strategie Constructor veröffentlichten, war nur das Fundament solide. Es fehlten Inhalte, es gab zu viele Bugs und die Steuerung war zu fitzelig. Jetzt ist die runderneuerte Variante Constrcutor Plus auf Switch erschienen. Im Test überprüfen wir, ob das Potenzial des Klassikers jetzt besser ausgeschöpft wird.

Dass Strategie und Konsolen sich nicht zwangsläufig ausschließen, hat in letzter Zeit vor allem Paradox mit Titeln wie Cities Skylines, Surviving Mars oder Stellaris unter Beweis gestellt. Des Potenzials von Konsolenstrategie waren sich die Briten von System 3 allerdings schon vor gut 20 Jahren bewusst, als sie Constructor nicht nur am Rechner, sondern auch auf der ersten PlayStation veröffentlichten. Hier musste man einerseits eine Stadt planen, wobei nicht nur Bebauung, sondern auch die ausgewählte Bevölkerungsschicht eine Rolle spielte, die man in den Wohnungen ansiedelte. Auf der anderen Seite mussten die ebenfalls auf Stadtbeherrschung erpichten Gaunerbanden in Schach gehalten werden, die ihrerseits Bauvorhaben planten, während sie gleichzeitig versuchten, den Spieler zu sabotieren.

Zwei Welten prallen aufeinander

Die Mitte 2017 veröffentlichte Neuauflage, die natürlich auch Grundlage der „Plus“-Version ist, nahm nur wenige Änderungen an diesem Konzept vor. Immer noch ist man damit beschäftigt, Sektor für Sektor auf der recht großen Karte zu erwerben und dort Rohstoff-Fabriken, Konsumgüter-Industrie und natürlich Wohnhäuser hochzuziehen. Man entscheidet sich für Mieter, weist ihnen Fortpflanzungs-Aufgaben oder Mietzahlungen zu und verbessert ihre Wohnsituation – was letztlich dazu führt, dass Sie ihren Verpflichtungen umso lieber nachgehen. Und man hat immer noch mit aggressiv vorgehender KI zu tun, die ihrerseits ebenfalls versucht, die Stadt unter ihre Kontrolle zu bringen. Wenn es sein muss, mit Gewalt oder dem Einsatz der so genannten „Unerwünschten“, für die spezielle Behausungen errichtet werden müssen. Das können Kommunen sein, deren Hippies spontane Parties auf der Straße feiern und damit nicht nur den Frieden stören, sondern auch von eventuellen Übernahmeversuchen der jeweiligen Parzelle ablenken.

In Constructor Plus (ab 19,89€ bei kaufen) darf man auch auf anderen Planeten sein Glück versuchen - die Kartenanzahl wurde massiv aufgestockt.
Dabei kann es sich aber auch um Psychos oder Killer-Clowns handeln, die beide Gefallen an der Zerstörung feindlichen Eigentums haben. Oder aber man schickt einen Geist in feindliche Gebäude, die u.a. dafür sorgen, dass die furchtsamen Bewohner sich eine neue Behausung suchen und man vergleichsweise leichtes Spiel hat, dieses Haus einzunehmen.

Im Kern macht Constructor dabei vieles richtig. Das Grundkonzept wirkt trotz der leicht angestaubten Kulisse und der gut 20 Jahre, die es auf dem Buckel hat, immer noch frisch. Die unterschiedlichen Forderungen bzw. Probleme der Mieter halten einen ebenso auf Trab wie der latente Rohstoff-Mangel oder die irgendwann überhand nehmenden Angriffe der Konkurrenz. Und mit den unterschiedlichen Siegbedingungen, der Möglichkeit, die Bebauung der Handvoll Karten in einem dezidierten Modus vor dem Spielstart gegen die maximal drei variabel einstellbaren KI-Gegner einzustellen (und sich so evtl. einen kleinen Vorteil zu verschaffen), bietet man wie seinerzeit auf PS4 und One ein grundsolides Fundament. Zudem wurde die inhaltliche Fülle deutlich aufgebessert: Gab es 2017 nur eine Hand voll Karten, eine überschaubere Auswahl an Gebäuden und nur wenige Missionen, hat man für die Plus-Version massiv zugelegt. So kann man z.B. in der Karriere mittlerweile auf fast 50 Aufgaben zurückgreifen. Diese finden auf beinahe 20 Karten statt, die man natürlich auch im freien Spiel auswählen darf. Dort warten neben einem stressfreien Bauen der weit über 100 Gebäudetypen ohne Zeitlimits etc. auch fünf weitere Siegbedingungen, die im Kampf gegen die KI für Abwechslung sorgen und die auch im Lauf der „Aufgaben“ erklärt werden.

Alles besser mit Plus?

Bei der Standardsteuerung im angedockten Betrieb bleibt es allerdings dabei, dass man die Steuerung mit ihren weitreichenden und teils verzahnten Möglichkeiten zwar als gelungen, aber weiterhin nicht intuitiv bezeichnen kann – obwohl das umfangreiche Tutorial versucht, einem die Feinheiten der Kontrolloptionen in Fleisch und Blut übergehen zu lassen. Mit dem linken Stick kann man den Cursor lenken, mit dem rechten unabhängig davon die Karte verschieben, um schnellstmöglich an die entlegensten Orte der Karte zu kommen. Zusätzlich zur Standardauswahl gibt es kontextsensitive Hotkeys, um bestimmte Aktionen abzukürzen wie z.B. das Rufen eines Bautrupps zur Verschönerung eines Domizils. Das ist auch bitter nötig, denn wenn es darum geht, aus einer Gruppe von Betriebszugehörigen den Vorarbeiter per Einzelklick herauszufiltern, kann es zu einem frustrierenden Trial&Error kommen. Oder aber man nutzt gleich die „Lassofunktion“ und markiert die gesamte Truppe. Doch so oder so ist die Möglichkeit, seine Leute hervorzuheben und ihnen Marsch- oder Angriffsbefehle zu geben, nicht ganz auf das mitunter herbe Anforderungsprofil abgestimmt.

Schon ab Normal setzen einem die Gegner ganz schön zu, so dass man nicht nur damit zu tun hat, die Finanzen und die Laune der Mieter zu optimieren, sondern sich auch der immer härteren Angriffe erwehren muss. Und in diesen Momenten wird die Steuerung mit ihren eigentlich auf Tastatur und Maus abgestimmten auch auf Switch zu fitzelig. Man springt auf der Karte hin und her, verschiebt seine Truppen, Gangster sowie Unerwünschte und sieht ihnen schließlich bei ihren Auseinandersetzungen zu, die nach wie vor etwas an Wucht vermissen lassen. Die Kulisse möchte mit ihrer farbenfrohen isometrischen Ansicht den Charme der alten Zeit beschwören, schafft dies aber nicht immer und sieht in den misslungenen Momenten einen Tick zu alt aus. Das gilt gedockt auch für die niedrig aufgelösten Videosequenzen.

Mobil ein Genuss

Mobil profitiert die Strategie von einer weitgehend gelungenen Berührungs-Steuerung.
Mobil bietet sich jedoch ein anderes Bild. Die geringe Auflösung der Einspieler fällt hier nicht ganz so kritisch auf und vor allem die Steuerung ist im Vergleich zu den TV-Strategen ein Genuss. System 3 hat sich hier tatsächlich Gedanken gemacht und bietet den Unterwegs-Spielern ein schlüssiges Steuerungskonzept unter Einbeziehung des Touchscreens an. Ganz im Gegensatz zu vielen anderen Entwicklern, die keinen Grund sehen, den mobilen Spielern ein optimiertes Kontrollerlebnis anzubieten. Und das zeigt Wirkung: Auf einmal spielt sich Constructor Plus annähernd so gut und intuitiv wie einschlägige PC-Strategie mit Maus und Tastatur. Mitunter sind die Bereiche, die man in manchen Menüs antippen muss, zwar sehr klein ausgefallen und gelegentlich wird die Multitouch-Funktion etwas spät erkannt, doch mit nur geringer Gewöhnung navigiert man sich durch die Stadt und wählt Figuren oder Aktionen aus, als ob es selbstverständlich ist. Da sich zudem Bugs deutlich seltener sehen lassen, hat sich die Wartezeit auf die Switch-Version der Mixtur aus Aufbau- und Echtzeit-Strategie in jeder Hinsicht gelohnt.

Fazit

Die Konsolenversionen von Constructor konnten vor etwa zwei Jahren ihr Potenzial zwar andeuten, wurden aber von Bugs, leichten Steuerungsdefiziten und vor allem dem Mangel an Inhalten gepiesackt. Und nachdem Switch seinerzeit zwar angekündigt wurde, aber nie erschien, dürfen sich die Spieler auf Nintendos Hybrid-System nun zuerst von den Qualitäten der komplett überarbeiteten Version Constructor Plus überzeugen. Während der Mix aus Echtzeit-Strategie und Städtebau stationär zwar mit deutlich mehr Inhalten als seinerzeit die Fassungen auf PS4 oder One überzeugt und Bugs ebenfalls deutlich seltener ihre hässliche Fratze zeigen, bleibt die konventionelle Pad- bzw. JoyCon-Steuerung immer noch hinter ihren Möglichkeiten. Ganz anders die Mobilversion: Wer hier auf die durchdachte Berührungs-Steuerung zurückgreift, die bis auf sehr wenige Ausnahmen sehr gut umgesetzt wird und bei der eigntlich nur die mitunter etwas kleinen Auswahlfelder negativ auffallen, bekommt fast das gleiche Spielgefühl wie bei einschlägiger PC-Strategie. Vor allem dieser Implementierung ist zu verdanken, dass sich System 3 mit Constructor Plus im Vergleich zum Original nicht nur um eine, sondern um zwei Schulnoten verbessert.

Pro

  • interessante Mischung aus Städtebau und Echtzeitstrategie
  • sehr gute Berührungssteuerung im Mobilbetrieb
  • konzeptionell gute Pad-Steuerung mit einigen kontextsensitiven Abkürzungen
  • umfangreiche Inhalte
  • diverse Siegbedingungen
  • Karten können modifiziert werden

Kontra

  • altbackene Kulisse
  • biedere deutsche Lokalisierung
  • Pad-/JoyCon
  • Steuerung nicht genau genug und zu fitzelig
  • sehr steile Lernkurve

Wertung

Switch

Mehr Inhalte und vor allem die gelungene Berührungssteuerung im Mobilbetrieb sorgen dafür, dass die Switch-Spieler die beste Konsolenversion der ungewöhnlichen Strategie-Mischung bekommen.

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