Dawn of Man - Test, Taktik & Strategie, PC

Dawn of Man
13.03.2019, Marcel Kleffmann

Test: Dawn of Man

Gemütlich automatisierter Aufbau

Vor den Aufbauschwergewichten Tropico 6 und Anno 1800 hat das Mini-Indie-Studio Madruga Works mit Dawn of Man eine überraschend erfolgreiche Premiere hingelegt. In dem schwer an Banished, Die Siedler und Planetbase erinnernden Titel führt man einen Menschenstamm von der Altsteinzeit durch verschiedene Zeitalter bis in die Eisenzeit. Im Test haben wir in aller Ruhe gejagt, gesammelt, Räuber bekämpft und ein bezauberndes Dörfchen gebaut.

In Dawn of Man darf ein kleiner Menschenstamm aus der Altsteinzeit bis in die Eisenzeit geführt werden. Zunächst errichtet man klapprige Zelte als Unterkünfte, sammelt Nahrung sowie Rohstoffe in der Umgebung und legt so den Grundstein für das Überleben des Stammes. Aus Stock und Stein entstehen einfache Werkzeuge, die bei der Jagd auf Wildtiere eine wichtige Rolle spielen. Die Jagd ist in der ersten Spielhälfte entscheidend, da es den Winter zu überstehen gilt und hierfür brauchen die Einwohner sowohl eingelagerte und haltbar gemachte Nahrung als auch warme und dicke Kleidung - beides erhält man von Tieren.

Die Wiege der Menschheit

Mit kleinen Hütten und wenigen Einwohnern beginnt die Partie.
Obwohl sich die Menschen direkt anklicken und befehligen lassen, ist die Steuerung der Bewohner weitgehend indirekt. Man setzt ein Fähnchen in die Landschaft und legt fest, wie viele Einwohner dort Fische fangen, Steine, Feuersteine, Beeren, Stöckchen und Lehm sammeln oder Holz organisieren sollen. Irgendwelche Einwohner laufen dann dorthin und erledigen die Aufgabe. Viele Ressourcenquellen wie Holz oder Fisch sind erschöpflich, regenerieren sich aber, wenn sie etwas in Ruhe gelassen werden. Es kann zudem festgelegt werden, wie voll die Lager in dem Dorf mit der jeweiligen Ressource gefüllt werden sollen, um sinnloses Horten zu unterbinden.

Bei der Jagd und der Übersicht generell hilft die "Ursicht", die wichtige Figuren, Elemente und Tiere farblich hervorhebt, während die Umgebung in einen Grauschleier getaucht wird. Die zu jagenden Tiere werden je nach Gefährlichkeit gestaffelt dargestellt. Mammuts, Wollnashörner oder Höhlenlöwen sind natürlich gefährlicher als Riesenhirsche oder Ziegen - und vor allem am Anfang sollte man unnötige Tote vermeiden, wenn das Dorf noch klein ist.

Die allesamt in Brauntönen gehaltenen Menüs sind übersichtlich gestaltet und weitgehend selbsterklärend.


Da jeder Dorfbewohner ein Alleskönner ist und sowohl bauen, sammeln als auch jagen kann, entsprechende Ausrüstung vorausgesetzt, kann es gleich ohne dediziertes Militär und festgeschriebene Berufe losgehen.

Steinzeitler sind Alleskönner

Durch die Jagd erhält man nicht nur Fleisch als Nahrung und Knochen für Werkzeuge, sondern auch frische Häute, die zum Trocken aufgehängt werden und für Kleidung sowie Werkzeuge wie Transportschlitten gebraucht werden. Um zu verhindern, dass die Einwohner im Winter aufgrund der niedrigen Temperaturen sterben, sollten sie mit dicker Kleidung und dünner Kleidung für den Sommer versorgt werden. Sehr praktisch ist dabei die Vielzahl an Automatisierungsmechanismen zur Vereinfachung des Mikromanagements, bei denen man einstellen kann, dass immer genau so viele Kleidungsstücke hergestellt werden sollen wie es Bewohner gibt. Kommt ein neuer Bewohner hinzu, die seltsamerweise aus irgendwelchen Höhlen angelaufen kommen, wird automatisch die fehlende Kleidung erstellt. Die Automatisierungsoptionen der Siedlung sind vorbildlich, führen aber auch dazu, dass man als Spieler in dem ohnehin sehr gemächlichen bis gemütlichen Tempo gar nicht mehr so viel tun hat.

Brücken zu benutzen ist wohl zu fortschrittlich.

Trotz aller Eigenständigkeit verhalten sich die Einwohner manchmal dumm: Sie gehen bzw. schwimmen durch den Fluss anstatt die Brücke zu nehmen, die zwei Meter weiter entfernt steht; oder sie lassen sich von Tieren so weit durch die Gegend jagen, dass sie auf dem Rückweg verhungern. Solche Macken kommen zum Glück eher selten vor. Ärger mit der Wegfindung hat man hingegen öfter.

Mit der Anzahl an gebauten Hütten, gejagten Tieren und gesammelten Materialen (jeweils pro Typ) sammelt man Forschungspunkte, die sich in einem linearen Forschungsbaum verteilen lassen. Dort schaltet man Schlüsseltechnologien für neue Zeitalter und allerlei weitere Verbesserungen frei.

Schlüsseltechnologien für neue Zeitalter

Ab dem dritten Zeitalter (Neolithikum) darf man sein Dorf mit Holzpalisaden schützen, die sich in der Bronzezeit zu Steinwänden verbessern lassen. Später kommen noch Pfeil und Bogen, Schwert und Co. hinzu, die aber nicht mehr ausschließlich für die Jagd eingesetzt werden, sondern auch zur Verteidigung, da ab dem neolithischen Zeitalter regelmäßig und unmotiviert Räuber vorbeikommen, die das Dorf überfallen wollen. Sollte eine Attacke anstehen, drückt man den Kopf "Alarm". Alle Einwohner laufen ins Dorf und greifen zu den Waffen oder bemannen die Türme. Im Anschluss schließt man die Tore und sieht zu, wie die Computerintelligenz den Kampf austrägt.

Palisaden sind eine Herausforderung für die Räuber und für die Wegfindung. Die Ursicht hebt derweil relevante Objekte hervor.
Die Gefechte sind wenig interaktiv, relativ oberflächlich und kommen meiner Ansicht nach zu häufig vor. Anstatt einen Mehrwert zu bringen, stören sie eher.

Nervende Räuber

Oftmals sterben bei Räuberangriffen einige Einwohner. Gestorbene Einwohner (auch an Altersschwäche) schlagen sich nicht auf die Moral der Einzelnen nieder und es gibt auch keine Beerdigungen oder sonstige archaische Rituale. Wenn ein Dorfbewohner mal unzufrieden ist, weil er oder sie zu viel gearbeitet hat, hilft eine Runde Beten am Totem und fertig - komplexer wird es nicht. Andere Ereignisse, abgesehen von einem wandernden Händler oder vom Aussterben mancher Tiere, gibt es leider nicht. Die Icons, die über den Zustand der Einwohner informieren, wurden übrigens aus Planetbase recycelt.

Mit dem technologischen Fortschritt wird die Jagd zunehmend unwichtiger. Stattdessen rücken Landwirtschaft und die Domestizierung von Tieren in den Vordergrund. Auf Feldern züchtet man Getreidearten, die später zu Bier und Brot verarbeitet werden und zugleich Stroh für die Tiere abwerfen. Die Tiere wiederum liefern Milch und Wolle - und natürlich Fleisch, sofern sie geschlachtet werden - abermals lassen sich hier hilfreiche Obergrenzen für den Tierbestand einstellen, wodurch bei Nachwuchs automatisch "Alttiere" geschlachtet werden. Vor dem Winter müssen die Nutztiere in Ställe gebracht werden, damit sie den Winter überleben, was die Einwohner ebenfalls automatisch machen. Bei Platzmangel würden etwaige Hinweise schon im Sommer aufpoppen. Sämtliche Produktionsketten fallen ziemlich bündig und übersichtlich aus.

Von der Jagd zur Landwirtschaft

Mit der Zeit werden immer mehr Felder zur Nahrungsproduktion angelegt.
Generell ist alles, was sich um die Einwohner in Dawn of Man dreht, zu oberflächlich und zu kurz gegriffen. Natürlich ist es praktisch, dass jeder Einwohner im Prinzip alles machen kann, aber es hätte sich bei einer zunächst überschaubaren Einwohnerzahl angeboten, dass die Menschen an Erfahrung gewinnen bzw. bei ihrer verrichteten Tätigkeit besser werden, wodurch sich effizientere Spezialisten herausgebildet hätten, die vorrangig bestimmte Aufgaben übernommen hätten - auch ganz ohne Berufe. Helden mit Fertigkeiten oder ein Stammesoberhaupt mit besonderem Einfluss fehlen komplett.

Dieses gemütliche fast schon gemächliche Aufbaugeschehen (trotz Zeitbeschleunigung) gilt es nach dem Tutorial in der freien Wildbahn umzusetzen. Es gibt drei Karten für das "Freie Spiel". Neben der normalen Standardkarte, die nach einem geglückten Start relativ einfach zu bewältigen ist, darf man sich an einer schwereren Variante mit längeren Wintern oder einer andere Version mit aggressiveren Gegnern versuchen. Die Gegner kommen aber immer von außerhalb und verfügen nicht über eine eigene Siedlung auf der Karte. Die zweite und dritte Karte müssen mit Meilensteinen (u. a. aus der ersten Karte) freigeschaltet werden.

Freies Spiel und Szenarien

Neue Zeitalter werden durch Schlüsseltechnologien freigeschaltet.

Dann gibt es noch den entspannten "Kreativ-Modus" (Startbonus; keine Räuber) und vier mäßig interessante Szenarien. In einem darf man zum Beispiel eine Mammutfamilie durch die weitläufige Landschaft steuern. Eine Story-Kampagne gibt es nicht und im Prinzip hat man einem Durchlauf der ersten Karte alles einmal gesehen und erforscht, was die Wiederspielbarkeit ziemlich einschränkt. Zumal es auch keine anderen Fraktionen oder Stämme gibt, die sich steuern lassen. Einen Mehrspieler-Modus gibt es nicht.

Die Entwickler (Madruga Works) wollen das Spiel im Laufe der Zeit verbessern und mit kostenlosen Zusatzinhalten versorgen, wie seinerzeit bei Planetbase.

Fazit

Dawn of Man ist ein überaus gemütliches Aufbauspiel in einem weitgehend unverbrauchten Steinzeit-Szenario. Auch der Wechsel der Jahreszeiten und der potenziell gefährliche Winter sind reizvoll, da man sich vor allem zu Beginn mit der Jagd nach Wildtieren auseinandersetzen muss. Mit dem technologischen Fortschritt und der beginnenden Landwirtschaft wird es deutlich ruhiger und einfacher, wenn man von den nervigen Raubüberfällen absieht. Sehr lobenswert sind die zahlreichen Automatisierungsfunktionen, die das nötige Mikromanagement des Stammes deutlich reduzieren, aber zugleich dafür sorgen, dass das ohnehin gemütliche Spieltempo noch gemütlicher wird, weil es gar nicht so viel zu tun gibt. Abgesehen von einer gewissen Oberflächlichkeit bei der Simulation der Einwohner (keine Erfahrung, keine Verbesserung, keine Trauer) und etwaiger Macken bei der Computerintelligenz ist aber zu schnell die Luft raus. Nach einem "Freien Spiel" hat man im Prinzip alles gesehen, gebaut und erforscht. Es gibt keine übergroßen Bauprojekte, keine Story-Kampagne und keine anderen Fraktionen, lediglich leichte Variationen auf anderen Karten. Vielleicht wäre ein Early-Access-Start für Dawn of Man sinnvoller gewesen, schließlich hätte die Grundlage des Spiels mehr hergegeben.

Pro

  • mehrere Jahreszeiten mit dem Knackpunkt Winter
  • gemütliches Spieltempo
  • praktischer Urblick mit Durchblick
  • von der Steinzeit bis in die Eisenzeit
  • zunächst interessante Jagd, dann Landwirtschaft
  • viele sinnvolle Automatisierungsfunktionen
  • verbrauchbare und sich regenerierende Ressourcen
  • stimmige Darstellung
  • hoher Wuselfaktor

Kontra

  • Simulation der Einwohner könnte tiefer gehen
  • einfach gehaltene Produktionsketten und Kämpfe
  • Umfang: keine Kampagne, keine anderen Fraktionen, kaum Events
  • Computerintelligenz-Macken (Wegfindung)
  • spröde Präsentation
  • Jagd verliert schnell an Reiz und Effektivität

Wertung

PC

Dawn of Man ist ein schönes und gemütliches Aufbauspiel, dem aber trotz des interessanten Szenarios zu schnell die Luft ausgeht.

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