Trüberbrook - Test, Adventure, PlayStation4, PC, Linux, Android, PlayStation4Pro, Mac, Switch, XboxOne, iPad, iPhone

Trüberbrook
14.03.2019, Maja Verfondern

Test: Trüberbrook

Mystery im Kaff

Dörfer besitzen ihren ganz eigenen Charme. In unserer Vorstellung liegen sie idyllisch zwischen Wald und See, ihre Bewohner werden morgens von Sonnenschein und Vogelgezwitscher wach geküsst und alles duftet nach Blumenwiese. Und dann gibt es da noch so Käffer wie Trüberbrook (ab 2,55€ bei GP_logo_black_rgb kaufen). Lust auf Point, Click und mysteriöse Köder?

Der amerikanische Physiker Hans Tannhauser scheint sich nicht groß zu wundern, als ihn eine Gewinnbenachrichtigung in das abgelegene Trüberbrook führt. Dabei hatte er an gar keinem Gewinnspiel teilgenommen. Kein Problem für Hans, der gerne die Gelegenheit nutzen will, um in aller Ruhe an seiner Dissertation zur Quantenphysik zu schreiben.

Willkommen in Trüberbrook

Nach einer langen Reise aus Berlin setzt ihn der wackelige Bus an einer einsamen Haltestelle im Nirgendwo ab. Ein Blick auf den Fahrplan verrät: So bald kommt er hier nicht mehr weg. Nach einem kurzen Fußmarsch an einem morastigen See vorbei entdeckt er Sehenswürdigkeiten wie eine Eisdiele, einen Metzger und sogar ein Kino. Das fiktive Trüberbrook versprüht den Charme eines deutschen Klischee-Kaffs in den 60ern, was bei mir als Dorfkind beinahe heimelige Gefühle aufkommen lässt.

Trotzdem hält Hans alles fein säuberlich mit seinem Diktiergerät für eine gewisse Beverly fest. Als er schließlich die Pension betritt, trifft er endlich auf die ersten Menschen. Die stattliche Wirtin Trude weist ihm ein Zimmer zu, doch die erste Nacht ist nicht wirklich erholsam: Ein dreister Dieb stiehlt die Dissertation und der Physiker wird zum Detektiv wider Willen.

Hans und Greta auf der Seilbahn.
Plötzlich wird es mysteriös: Wer ist der nächtliche Dieb mit der leuchtend grünen Schleimspur? Was hat es mit der Miene und der Heilanstalt in den Bergen auf sich, von denen die redselige Wirtin erzählt? Und wer ist diese aufdringliche Greta, der Hans zufällig begegnet?

Übersinnliches vor schöner Kulisse

So etwas wie investigative Spannung oder Anspruch über das einfache Anklicken hinaus kommt beim Point&Click-Adventure der Bildundtonfabrik allerdings nicht auf. Dem Spieler werden keine schnellen Antworten oder Reaktionen abverlangt und der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben hält sich in überschaubaren Grenzen. Zwar wurde sich um eine gewisse Abwechslung im Rätsel-Design bemüht, aber auch die „sozialen Puzzles“, in denen man andere Charaktere überzeugen soll, entpuppten sich letztlich als klassische Dialogrätsel. Das ist nicht schlecht, verpasst jedoch Möglichkeiten für Innovationen. In den Dialogen müssen zudem keine endgültigen Entscheidungen getroffen werden – zumindest nicht vor dem großen Finale, das man nach sechs bis acht Stunden erreicht.

Miniaturkulisse des Labors: Trüberbrook beeindruckt mit detailreichen Schauplätzen.
Die Handlung ist sehr linear, gespickt mit humorvollen Dialogen, kleinen Andeutungen aus der Popkultur und etwas übersinnlichem Wahnsinn. Der Fokus wurde weniger auf eine innovative Spielmechanik als das ungewöhnliche visuelle Design gelegt: Alle Schauplätze in Trüberbrook sind handgemachte Miniaturkulissen. Die kleinen Modelle wurden mit einer besonderen Bildmesstechnik (Photogrammetrie) digitalisiert und die so entstandenen Modelloberflächen dann noch einmal grafisch vereinfacht (Retopologisierung). Das Ergebnis sind wunderschöne, detailreich gestaltete Landschaften und Räume, die bereits mit dem Intro ein wenig an die Augsburger Puppenkiste erinnern. Bei diesem Aufwand ist es zwar schade, aber vielleicht auch verständlich, dass beispielsweise die meisten Häuser im Dorf nur als Kulissen dienen und ausschließlich das Hotel betretbar ist.

Eine weitere Besonderheit des Spiels ist die Synchronisierung, welche mit bekannten Stimmen auftrumpfen kann. So wurden Nora Tschirner, Dirk von Lowtzow und Jan Böhmermann verpflichtet, die ihre Rollen sowohl in der englischen als auch in der deutschen Fassung sprechen. Nur unser Amerikaner Hans Tannhäuser wird von zwei unterschiedlichen Synchronsprechern gesprochen: Justin Beard (Englisch) und Dominik Wirth (Deutsch). Dies ist vor allem in der englischen Fassung ein herrlicher sprachlicher Kontrast zwischen dem englischen Muttersprachler Beard und den – manchmal vielleicht etwas übertriebenen – deutschen Akzenten der deutschen Sprecher. Leider hat mich die Synchronisierung nicht immer überzeugt: Bei einigen Figuren wirkten mir die Stimmen zu vorgelesen, manchmal waren sie unnatürlich emotional. Leider riss mich die schwankende Leistung immer wieder aus dem Geschehen.

Bekannte Stimmen und kein Inventar

Erwähnenswert ist auch die Steuerung. Im Grunde ist sie für ein Point&Click-Adventure recht klassisch gehalten, jedoch fehlt das Inventar vollständig. Zwar kann man sich die eingesammelten Gegenstände angucken, doch nicht direkt anklicken. Gelöst wurde das mit einem Auswahlrad, das vier Handlungen vorgibt: Sprechen, Aufnehmen, Betrachten und Interagieren.

Ungewöhnlichen Vorkommnisse in Trüberbrook
Kann man mit einer Sache oder einer Person interagieren, werden einem die möglichen Gegenstände aus dem Inventar vorausgewählt angezeigt. Dies vereinfacht die Rätsel enorm, führt einen aber auch manchmal in die Irre, da nicht jeder Inventar-Gegenstand einen Effekt hat. Ein interessantes Feature für Adventure-Einsteiger, da man sich nicht wahllos durch das Inventar probieren muss und so Frust vorbeugt. Und für junge Rätselfreunde gibt es sogar einen Kinder-Modus, der zusätzlich „Massagegeräte“ und Zigaretten verschwinden lässt. Leider kann man Räume und Gebiete nicht (wie häufig üblich) durch einen Doppelklick verlassen, sondern muss mit dem Ausgang „interagieren“. Ein schnelles Überspringen von Gebieten, die man für ein Rätsel nur durchqueren muss, ist so nicht möglich.

Fazit

Trüberbrook ist ein sehr ungewöhnlich inszeniertes Adventure, das bei mir mit dem deutschen Charme der 60er Jahre punktet. Die recht kurze Geschichte erinnert mich auf sympathische Art an alte Mystery- und SciFi-Serien wie Akte X und Dr. Who. Sie sorgt zwar für Neugier, aber lässt mich nur zum Teil mit den Charakteren mitfiebern. Außerdem fand ich das Interagieren mit Ausgängen eher umständlich und das fehlende Inventar mit den entsprechenden Vereinfachungen der Rätsel hat mich als Adventure-Fan eher enttäuscht. Besonders hervorheben muss ich jedoch die grafische Leistung: Die außergewöhnliche Miniaturkulisse überzeugt mit einem liebevoll gestalteten Stil bei Charakteren und Räumen. Auch wenn ich kreativere Herausforderungen vermisst habe, wurde ich noch gut unterhalten - zumal das Szenario immer wieder nostalgische Gefühle wecken konnte.

Aktualisierung vom 26. April 2019 zur PS4-Version:

Auch auf der PlayStation 4 bleibt Trüberbrook ein ungewöhnliches Point&Click-Adventure mit toller Kulisse und ein paar kleinen Schwächen. Die wunderschönen, detailreichen Landschaften und Räume wirken auf dem großen Bildschirm noch beeindruckender. Auch das Navigieren mit dem PlayStation-Controller ist beim Spielen sehr angenehm. Die Belegung ist gut gewählt und die Steuerung dadurch schnell erlernbar. Zudem bewegt sich der Cursor automatisch zu den einzelnen Aktionspunkten, wenn er sich in ihrer Nähe befindet. Das erleichtert das Zielen, vereinfacht aber auch gleichzeitig das Absuchen der Räume. Zudem können die meisten Gebiete im Gegensatz zur PC-Version durch das Durchqueren des Ausgangs verlassen werden und nicht durch umständliche Interaktion über das Auswahlrad. Nur bei der Auswahl der Interaktionstaste mit den Inventar-Gegenständen hakt es ein wenig: Ist es einmal versehentlich ausgewählt, muss man zuerst das Aktionsrad schließen, bevor man eine andere Aktion wählen kann.

Pro

  • liebevoll gestaltete Miniaturkulissen
  • schrullig-sympathische Charaktere
  • humorvolle Geschichte mit popkulturellen Anspielungen

Kontra

  • Vorauswahl der Inventargegenstände bei Rätseln
  • Interagieren mit Ausgängen (PC)
  • Synchronisierung wirkt manchmal zu vorgelesen

Wertung

PlayStation4

Ungewöhnliches Point&Click-Adventure mit aufwendigen Kulissen und schrulligen Charakteren, dem ein paar knackigere Rätsel nicht geschadet hätten.

PC

Ungewöhnliches Point&Click-Adventure mit aufwendigen Kulissen und schrulligen Charakteren, dem ein paar knackigere Rätsel nicht geschadet hätten.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem