Vaporum - Test, Rollenspiel, PlayStation4, PC, XboxOne, Switch

Vaporum
09.04.2019, Jens Bischoff

Test: Vaporum

Rückkehr in die Steampunk-Dungeons

Mit Vaporum konnte Fatbot Games schon 2017 auf dem PC begeistern. Jetzt öffnen die Steampunk-Dungeons ihre Pforten auch auf PlayStation 4, Xbox One und Nintendo Switch. Welche alten und neuen Schrecken darin lauern, verrät der Test.

Als ich zu mir komme, befinde ich mich auf einer felsigen Erhebung mitten im Meer. Vollkommen allein. Ich habe keine Ahnung, wer und wo ich bin oder wie ich hierher kam. Mein Gedächtnis scheint komplett ausradiert.

Die Konsolenumsetzungen warten von Anfang an auch mit deutschen Untertiteln auf.
Vor mir ragt ein gigantischer Turm aus Stahl in den Himmel, der mich anblinkt, anbrummt, einlädt und dann verschluckt. In seinem Inneren ist es ruhig - fast zu ruhig.

Stahlzinnen auf hoher See

Doch kaum habe ich mir einen der neuerdings vier verfügbaren Exo-Rig-Anzüge übergezogen sowie eine Brechstange und Pistole gefunden, werde ich auch schon angegriffen. Eine Art dampfbetriebene Wächterdrohne hat mich wohl als unerwünschten Eindringling identifiziert. Nach ein paar gezielten Ausweichschritten und Gegenangriffen ist sie zwar Geschichte, meine Suche nach Antworten hat aber gerade erst begonnen.

Allem Anschein nach verbindet mich nämlich etwas mit diesem Turm, der eine Art verwaiste, aber noch intakte Hochsee-Forschungsstation zu sein scheint.

In der verwaisten Forschungsstation lauern einem hauptsächlich mechanische Gegner auf.
War ich schon einmal hier? Und wenn ja, warum? Und wo sind all die Wissenschaftler und Techniker, deren beunruhigende Sprach- und Textaufzeichnungen ich hier überall finde?

Das düstere Steampunk-Setting erinnert an BioShock, das spielerische Grundgerüst an Legend of Grimrock. Nur dass man nicht als mehrköpfige Gruppe, sondern durchgehend allein unterwegs ist. Offene Außenareale sucht man ebenfalls vergebens. Man stapft Schritt für Schritt durch verwinkelte Korridore, sammelt Hinweise oder Ausrüstung und stellt sich den Schrecken, die da lauern - von schnaubenden Drohnen mit Säge-, Schuss- und Laseraufsätzen über automatische Selbstschussanalgen und Feuerfallen bis hin zu Amok laufenden Stahlgiganten.

BioShock trifft auf Grimrock

Das vorwiegend mechanische Gegnerdesign ist den Entwicklern sehr gut gelungen - viele Widersacher sind schon von Weitem an ihren Geräuschen und Beleuchtungen erkennbar. Zudem beherrschen viele von ihnen gefährliche Rundum-Attacken oder Flächenangriffe, mit denen sie den Boden vorübergehend unter Storm oder in Brand setzen können. Dadurch kann man ihnen nicht so einfach durch klassisches Dauerumkreisen den Garaus machen, sondern muss individuelle Verhaltensmuster erkennen und rechtzeitig reagieren.

Darüber hinaus gibt es Angriffe, die Blutungen verursachen, lähmen oder zurückstoßen können, was vor allem in der Nähe klaffender Fallgruben vermieden oder zum eigenen Vorteil genutzt werden sollte. Mit vorinstallierten Feuerfallen, Selbstschussanlagen oder Giftduschen lassen sich ebenfalls unachtsame Verfolger eliminieren.

Die Controller-Steuerung ist nicht ganz so intuitiv wie damals mit der Maus.
Auch ein Trennen und Einsperren ist möglich, um sich den Rücken freizuhalten. Als Waffe lassen sich schließende Türen jedoch nicht missbrauchen und auch schnelle 180°-Drehungen sind nach wie vor tabu. Zudem wirkt die Steuerung per Controller nicht ganz so elegant wie damals mit der Maus. Daher ist es auch völlig unverständlich, dass die Touch-Funktionen der Switch ungenutzt bleiben und nicht einmal die oft recht kleine Schriftgröße angepasst wurde.

Wahl der Waffen

Das Waffenarsenal reicht von stumpfen Schlagwaffen, die sich vor allem gegen metallische Gegner eignen, über scharfe Klingenwaffen gegen organische Widersacher bis hin zu Schusswaffen, die alle auf die gleiche Munition setzen, aber unterschiedlich viel davon verbrauchen. Auch bezüglich Reichweite und Streuwirkungen bestehen Unterschiede. Zudem gibt es wie bei den Nahkampfwaffen Exemplare für beid- und einhändigen Gebrauch.

Dual-Wield-Fans dürfen Einhandwaffen jeglicher Art auch in Kombination einsetzen - in der Regel allerdings zu Lasten der Zielgenauigkeit.

In Kisten und Spinden findet man neben Ausrüstung oft auch Text- und Sprachnachrichten.
Durch das Anbringen neuer, meist im Zuge von Stufenaufstiegen erhaltener Schaltkreise, die sich wie auch Stiefel-, Handschuh-, Helm- und Rüstungsergänzungen am eigenen Schutzanzug (Exo-Rig) anbringen lassen, kann man solchen Handicaps jedoch gezielt entgegenwirken. Alternativ lässt sich aber auch der Umgang mit bestimmten Waffengattungen verbessern, der Körperschutz optimieren sowie der Einsatz von Schilden oder Gadgets erweitern.

Gadgets können in bis zu vier freischaltbare Steckplätze installiert, beliebig gewechselt und mithilfe sich langsam regenerierender Stromreserven aktiviert werden. So lassen sich Säure-, Feuer- und Elektroangriffe initiieren, Schutzmechanismen auslösen oder Reparaturen auf Kosten gegnerischer Lebensenergie vornehmen. Ansonsten muss man nämlich auf die nur begrenzt vorhandenen Reparatur-Kits zurückgreifen, um das eigene Überleben zu sichern. Denn bei vollständigem Energieverlust heißt es "Game Over".

Unterstützung nach Maß

Strom für die Gadget-Nutzung kann im Notfall ebenfalls mit hochwirksamen, aber seltenen Energiezellen aufgefrischt werden. Wiederverwendbare Heil- oder Ladestationen gibt es nicht, kostenlose Auffrischungen nur bei den insgesamt 15 möglichen Stufenaufstiegen - eine überlegte Einteilung ist daher Pflicht. Keinen Kopf machen muss man sich hingegen um die Verpflegung - Hunger und Durst spielen in Vaporum keine Rolle.

Die automatische Kartenfunktion wird im Oldschool-Modus deaktiviert.
Dafür kann man einen Elite-Modus aktivieren und so die manuelle Speicherfunktion abschalten oder per Oldschool-Modus auf die Automap verzichten und selbst zu Stift und Papier greifen.

Ansonsten kann man immer und überall den Fortschritt sichern sowie automatisch eine Karte mitzeichnen lassen und mit manuellen Notizen ergänzen - nur Stockwerkswechsel sind in der Kartenansicht trotz etagenübergreifender Aufgaben leider nach wie vor nicht möglich. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Spielerlebnis oder den Schwierigkeitsgrad individuell anzupassen. Letzterer bietet insgesamt fünf Stufen und lässt sich selbst während des Spiels beliebig ändern, wenn man gerade keine stufenrelevanten Erfolge jagt. Neuerdings gibt es zudem einen einsteigerfreundlichen Stop-Time-Modus, der das Geschehen auf Wunsch automatisch pausiert, wenn man gerade keine Aktion ausführt, sowie deutsche Bildschirmtexte. Letztere haben allerdings noch nicht überall Einzug erhalten, wie das ebenfalls neue Gegner-Kompendium Arx Pedia zeigt.

Die englische Vertonung von Vaporum ist aber nach wie vor top - von den stimmungsvollen Kommentaren und Monologen des sich langsam erinnernden Protagonisten bis hin zu den knarzigen Sprachmemos auf Schallplatten.

Die Übersetzung des interaktiven Gegnerkompendiums Arx Pedia ist leider unvollständig.
Ansonsten ist die Soundkulisse eher zurückhaltend, aber eindringlich und je nach Situation beruhigend oder aufreibend. Die grafische Inszenierung unterstützt solche Stimmungswechsel zudem mit atmosphärischem Licht- und Schattenspiel, auch wenn die Qualität gerade auf der Switch ein paar Federn lassen musste. Auch die beim erstmaligem Betreten neuer Stockwerke sehr langen Ladezeiten verpassen der grandiosen Gesamtstimmung hin und wieder kurze, wenn auch harmlose Dämpfer.

Atmosphärisches Grübeln

Dass man zwar jederzeit auf Knopfdruck zwischen zwei Waffensets wechseln, aber keine identischen Utensilien wie Schilde oder unterschiedliche Rüstungsteile bzw. Gadgets festlegen kann, ist ebenfalls schade. Ein echtes Highlight sind hingegen die Rätseleinlagen. Zwar setzt man vorwiegend auf vertraute Mechanismen wie Falltüren, Druckplatten, Teleporter, Spiegel sowie Schalter-, Wurf- und Schieberätsel. Trotzdem kommt man teils angenehm ins Grübeln und muss genau hinschauen, um weiterzukommen oder versteckte Geheimbereiche mit lukrativer Beute zu entdecken. Das Niveau eines Legend of Grimrock wird zwar nicht ganz erreicht, die grauen Zellen werden aber insgesamt gut auf Trab gehalten.

Fazit

Fans klassischer schrittbasierter Dungeon-Crawler wie Dungeon Master, Eye of the Beholder oder Black Crypt, die schon Legend of Grimrock 1 und 2 verschlungen haben, werden auch Vaporum lieben - vor allem, wenn sie auf beklemmende Steampunk-Settings à la BioShock stehen. So sucht man in den stählernen Korridoren einer mysteriösen Hochsee-Forschungsstation nicht nur nach Hinweisen auf das, was dort schief gelaufen ist, sondern auch nach der eigenen Vergangenheit, die dort irgendwo begraben scheint. Gegner- und Leveldesign sind auch auf den Konsolen ungemein stimmungsvoll, Grafik und Soundkulisse atmosphärisch düster, das Lösen von Rätseln und Suchen nach Geheimnissen mitunter herrlich knackig, das individuelle Modifizieren der anfangs gewählten Exo-Rig-Rüstung äußerst motivierend. Zudem lassen sich Spielerfahrung und Schwierigkeitsgrad dank Elite-Modus, Oldschool-Modus und Co. facettenreich anpassen. Neuerdings gibt es sogar ein interaktives Gegner-Kompendium namens Arx Pedia. Da verzeiht man auch, dass Kartenfunktion, Bewegungsrepertoire und Ausrüstungswechsel noch immer Optimierungspotential haben, die Handhabung mitunter etwas sperrig wirkt, die Besonderheiten der Switch außer Acht gelassen wurden und die neue deutsche Lokalisierung Lücken aufweist. Die englischen Sprecher sind hingegen erneut klasse, so das Genrefans auch auf PlayStation 4, Xbox One und Switch sehr gut unterhalten werden.

Pro

  • beklemmendes Steampunk-Szenario
  • schnell wechselbare Ausrüstungssets...
  • praktische Automap mit Notizfunktion...
  • atmosphärische Grafik- und Soundkulisse
  • stimmungsvolles Gegner- und Leveldesign
  • individuell modifizierbare Exo-Rig-Rüstung
  • knackige Rätsel und Geheimnissuche
  • facettenreich anpassbarer Schwierigkeitsgrad
  • interaktives Gegner-Kompendium

Kontra

  • keine schnelle 180°-Drehung
  • ...die aber keine gleichen Waffen oder unterschiedlichen Gadgets erlauben
  • ...aber ohne die Möglichkeit, Etagen zu wechseln
  • lange Ladezeiten
  • unvollständige deutsche Lokalisierung (Arx Pedia)
  • teils sehr kleine Schrift (vor allem im Handheld-Modus der Switch)
  • keine Touch-Unterstützung (Switch)

Wertung

PlayStation4

Stimmungsvoller Steampunk-Dungeon-Crawler zwischen Legend of Grimrock und BioShock, der mit neuen Spieloptionen und deutschen Bildschirmtexten aufwartet.

XboxOne

Stimmungsvoller Steampunk-Dungeon-Crawler zwischen Legend of Grimrock und BioShock, der mit neuen Spieloptionen und deutschen Bildschirmtexten aufwartet.

Switch

Stimmungsvoller Steampunk-Dungeon-Crawler zwischen Legend of Grimrock und BioShock, der zwar neue Spieloptionen und deutsche Bildschirmtexte bietet, die Besonderheiten der Switch aber leider außer Acht lässt.

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