Generation Zero - Test, Shooter, XboxOneX, PlayStation4Pro, PlayStation4, PC, XboxOne

Generation Zero
29.03.2019, Mathias Oertel

Test: Generation Zero

Mystery mit flauer Spannungskurve

Avalanche ist bislang vor allem mit lauter, krachender Action aufgefallen, die man mit der hauseigenen Apex-Engine ansprechend inszeniert. So stammen z.B. die Just-Cause-Serie oder Mad Max, aber auch das im Mai erscheinende Rage 2 von dem Studio, das sich auf offene Welten spezialisiert hat. Diesem Fundament bleibt man auch mit Generation Zero (ab 21,11€ bei kaufen) treu, setzt aber im Umfeld auf optional kooperatives Spiel, sparsam eingesetzte Gefechte und eine mysteriöse Geschichte. Im Test erfahrt ihr, ob diese Mischung aufgeht.

Nachdem man in einem überschaubaren Editor seine Spielfigur angepasst hat, findet man sich an einem schmalen Küstenstrich in Schweden Ende der 80er Jahre wieder. In einem alternativen Schweden wohlgemerkt. Alle Menschen sind verschwunden und merkwürdige sowie höchst aggressive Roboter streunen durch die Landschaft und greifen alles an, was ihnen vor die Sensoren kommt. Was ist passiert? Es liegt an einem selbst, dies herauszufinden – entweder alleine oder mit bis zu drei weiteren Überlebenden. Im ersten Haus, in dem man im Rahmen des sparsamen Tutorials eine Taschenlampe sowie eine erste Waffe findet, wartet der erste Hinweis: Man solle der Straße bis zu einer Kirche folgen. Dort findet man neben Behältnissen, die man um ihren Inhalt erleichtern darf, den nächsten Tipp bzw. den nächsten Schauplatz, zu dem man sich begeben sollte. Und so geht es quasi weiter - neue Location, neuer Tipp, nächste Location, nächster Tipp. Natürlich kann man diese angeleitete Missionsabfolge auch ignorieren und die in typischer Avalanche-Tradition großräumige Welt nach eigenem Gutdünken erkunden.

Tödliche Stille

Wenn man sich allerdings von der Geschichte abwendet, die man auch über

Am meisten Spaß macht der Überlebenskampf mit mehreren Kumpanen. Doch selbst dann wirkt der Titel in vielen Bereichen unfertig.
Audioschnippsel (stilecht in Schwedisch mit lokalisierten Untertiteln), gefundene Zeitungsausschnitte der Briefe erfährt, begegnet man dramaturgischen Problemen. Die Welt sieht zwar gut bis sehr gut aus und überzeugt mit stimmungsvollen Lichtstimmungen sowie dynamischen Wetter- und Tageszeitenwechsel. Die Erkundungsreize, die hier geweckt werden, bleiben allerdings größtenteils unerfüllt. Die Landschaft ist schön, aber erzählt keine eigene Geschichte, die das Mysterium um die verschwundene Bevölkerung oder das Auftauchen der angriffslustigen Roboter erweitern könnte. Nur wenn man der stringenten Missionsfolge hinterher läuft, bekommt man weitere Story-Elemente zu Gesicht. Das heißt nicht, dass das übrige Herumlaufen sinnfrei ist. Viele der leerstehenden Gebäude darf man betreten. Einige beinhalten besondere Sammelgegenstände , neue Waffen, Gesundheitspakete oder Kästen mit Munition bzw. weiteren Hilfsmitteln oder Klamotten. Doch das bei Avalanche zuständige, vermutlich recht kleine Team, verpasst nicht nur hier, dem konzeptionell interessanten Abenteuer eine Seele zu verpassen.

Denn auch bei der Asset-Verwertung, also dem Einsatz der grafischen Versatzstücke, macht man es sich zu leicht. Viele der verwendeten Häuser, Schuppen usw. ähneln sich von außen. Bereits diese mangelnde Individualität bei der Hausarchitektur fällt negativ auf. Doch wenn dann auch noch die Inneneinrichtung mangels Variation darauf schließen lässt, dass alle bei einem bestimmten schwedischen Möbelhaus zugeschlagen haben, als Angebotswoche war, wird das große Problem deutlich, dass Generation Zero plagt. Der Hang zum Minimalismus, der bei der Storybasis wenigstens noch für ein Spannungs-Grundrauschen sorgt und sich in den Gefechten gegen die Roboter positiv entlädt, sorgt bei der Erkundung auf Dauer für Langeweile. Obwohl es nach den ersten Stunden auch mehr Variation in der Umgebung gibt, sorgen die sich ständig

Die Kämpfe gegen die Stahl-Ungetüme bilden die Hauptspannung - zumindest bis man gelernt hat, ihre Schwachstellen freizulegen.
wiederholenden Außen- und Inneneinrichtungsgegenstände schnell für Ermüdung und schließlich auch dafür, dass man sich so vorkommt als ob man keinen Fortschritt gemacht hat, wenn man das x-te Haus betritt, das mit dem immergleichen Küchentisch bestückt ist und bei denen sogar die Poster in den Kinderzimmern absolut identisch und bar jeglicher Individualisierung aufgehängt wurden.

Überall ist Ikea

Gleiches gilt auch für andere Entdeckungen: Der erste Bunker, den man findet, ist noch interessant. Spätere unterirdische Anlagen sehen der Premiere wiederum so ähnlich, dass man auf der übersichtlichen Karte zur Sicherheit prüft, dass man nicht wieder im Startbereich gelandet ist. Immerhin: Jedes Mal, wenn man einen neuen Hinweis findet, diesem nachgeht und dadurch die spartanische Geschichte wieder einen Schritt vorwärts macht, legt auch die Motivation kurzzeitig den nächsten Gang ein, bevor sie wieder entschleunigt wird und einen mit der leeren Welt zurücklässt, die nicht einmal bedrückend, sondern einfach nur unfertig und in ihren schlimmsten Momenten uninteressant wirkt.

Die Action wiederum weiß in großen Teilen zu überzeugen – insbesondere, wenn man mit mehreren Mitspielern (vorzugsweise Freunden) unterwegs ist. Die Roboter schwanken hinsichtlich ihrer Angriffsintelligenz zwar mitunter recht drastisch, doch ihre Aggression und ihre Zielgenauigkeit machen schnell klar, dass man sie niemals unterschätzen darf. Im Normalfall findet man allerdings mehr als genug Medipacks zur Wundversorgung oder Adrenalinspritzen, die einem bei einem Fall der Lebenspunkte auf Null eine neue Chance an Ort und Stelle geben, anstatt einen zum letzten „Safehouse“ zu schicken. Wer sich gar nicht erst in die Gefahr bringen möchte oder wider Erwarten nur knappe Munitionsvorräte hat, darf auch versuchen, sich außerhalb der Sichtweite an den mechanischen Wesen vorbeizumogeln. Hier werden vereinfachte Schleichfunktionen eingesetzt, wobei man die Viecher auch z.B. mit Kassettenrekordern ablenken kann oder sie vielleicht sogar in die Nähe einer vorher platzierten Gasflasche lockt, damit man mit einem gezielten Schuss alle ausschalten kann. Im Rahmen der reduzierten Möglichkeiten von Generation Zero ergeben sich hier immer wieder interessante sowie spannende Situationen.

Punktuelle Spannung

Allerdings vornehmlich nur, wenn man sich am Hauptpfad entlang hangelt. Erkundet man das Gebiet frei, stellt man fest, dass Gegnergefahr hauptsächlich dann droht, wenn man per Zufall in Areale gerät, in denen man Story-Hinweise findet – also Bereichen, von denen Avalanche weiß, dass der Spieler hier irgendwann landet. Es kann zwar auch vorkommen, dass man in einem entlegenen Landstrich auf Feinde trifft, mitunter sogar richtig gefährliche. Doch man lernt schnell, dass dies eher die Ausnahme ist und dass man sich recht sicher fühlen kann, solange man nicht der Geschichte folgt. Da aber die Erkundung wie bereits erwähnt auch nur selten mit irgendwelchen besonderen Gegenständen belohnt wird, habe ich nach den ersten neugierigen Stunden nur selten den Hauptpfad verlassen. Und dann bekommt man ein Action-Abenteuer mit Ego-Sicht und Mystery-Anstrich, das hinsichtlich des Spieltempos eine durchaus interessante Balance aus Tempo und Action auf der einen sowie Ruhephasen auf der anderen  Seite zu finden versucht.

Die Waffen fühlen sich durch die Bank gut an.
Die zahlreichen Waffen, die sich auch mit gefundenen Erweiterungen wie z.B. Zielfernrohren aufrüsten lassen, fühlen sich durch die Bank richtig gut an. Und mit den Schwachstellen, die jeder Roboter-Gegner hat und die vor allem bei den mächtigeren Modellen wie dem an ED-209 aus Robocop erinnernden, aber deutlichgrößeren Metall-Zweibeiner eingangs schwer herauszufinden sind, wird deren gezielter Einsatz gefordert. Und hier kommt auch endlich die Koop-Mechanik ins Spiel. Denn während die „kleineren“ Feinde zwar in der Gruppe gefährlich werden, aber letztlich auch solo überwältigt werden können, profitiert man in den Gefechten gegen die großen Invasoren von Mitstreitern, die den Koloss ablenken, damit man gezielt die Deckung gebenden Metallplatten abschießen und die dahinter liegenden Schwachpunkte attackieren kann. Wobei man auch als Solist gegen diese Metallgiganten tatsächlich eine Chance hat, dann aber vermehrt Gimmicks und Ablenkungen nutzen muss. Abgesehen davon wird die Langeweile zu mehreren ebenfalls minimiert, vor allem wenn man mit einem Kumpel unterwegs ist und sich mit dem über die Interpretation der gefundenen Hinweise unterhält. Schade ist allerdings, dass auch hier einige Mechaniken zu finden sind, die einen unfertigen Eindruck hinterlassen. Dass man als Gast in einem Spiel, auch wenn dies von einem Kumpel geöffnet wurde, mitunter kilometerweit vom Host auftaucht und erst lange latschen muss, falls der Gastgeber nicht die raren Teleport-Radios nutzen möchte, ist eine unglückliche Entscheidung. Dass jeder Spieler in seinem Client individuell auf die Kisten, Rucksäcke usw. zugreifen kann, in denen sich Beute oder Munition befindet, ist eine gute Idee – so gibt es keinen Streit. Dass jeder aber eine andere Ausschüttung hat, gefällt weniger und zeigt exemplarisch, dass Avalanche auch beim Design des Mehrspieler-Modus die Orientierung verloren hat und sich als uneinheitlich zeigt.

Solide Koop-Ballerei

Die offene Welt ist ansehnlich und weiträumig, bietet aber abseits der für den Story-Fortschritt wichtigen Gebiete kaum Belohnungen, wenn man sich für die Erkundung entscheidet.
Für ein noch strafferes Spielerlebnis hätte ich auch gerne auf den letztlich belanglosen Rollenspiel-Unterbau verzichtet. Das viel zu kleine Inventar, bei dem neu gesammelte Gesundheitspacks nicht einmal automatisch den bereits auf einer Schnelltaste liegenden zugeordnet werden, sorgt für störende Logistikunterbrechungen. Die verschiedenen „Fähigkeiten“, die z.B. für schnelleres Nachladen etc. sorgen, wirken zwar durchdacht und bleiben bodenständig. Doch diese hätte es nicht gebraucht - in den Gefechten sind die Auswirkungen im Verlauf meist nur marginal spürbar – erst wenn man den Anfangsstatus mit den Verbesserungen nach zig Stunden vergleicht, werden die Unterschiede offenischtlich. Apropos nicht gebraucht: Auf den Kleidungs-Schnickschnack, den man sammeln und anlegen kann, hätte ich auch verzichten können, auch wenn man später Klamotten findet, die gewisse Attribut-Vorteile mit sich bringen. Das Sammelsurium an draufgestülpten Mechaniken macht auf mich in der Summe den Eindruck, dass Avalanche irgendwie alle so gut wie möglich ins Boot holen wollte, ungeachtet der Auswirkung dieses oder jenen Elements auf den Spielablauf. Man wäre besser bedient gewesen, sich auf die Gefechte und die mysteriöse Story zu konzentrieren und diese zu optimieren. Denn genau hier liegen die bereits mittelfristig zu kurz kommenden Stärken von Generation Zero, die in der offenen Welt an zu vielen Stellen von Belanglosigkeit abgelöst werden, was auch der spannende Mystery-Ansatz nur eingeschränkt auffangen kann.

Fazit

Es gibt Momente in Generation Zero, die sowohl hinsichtlich der Spannung als auch der Action für richtig gute Unterhaltung sorgen. Wenn man das erste Mal nur mit dem Licht einer Taschenlampe einen düsteren Bunker erkundet und nicht weiß, hinter welcher Ecke die angriffslustigen Roboter stecken, die man hört, geht der Puls nach oben. Und spätestens im Kampf gegen die zweibeinigen Riesenpanzer gilt dies für den Adrenalinspiegel. Dass man diese Situationen auch mit maximal vier Spielern erleben darf, macht vor allem die Gefechte zu einer gleichermaßen dynamischen wie intensiven Angelegenheit. Mit dem erzählerischen Fundament um das komplette Verschwinden der Bevölkerung in der riesigen Spielwelt in Schweden gegen Ende der 80er Jahre wird zudem ein recht interessantes Mystery-Element eingeführt. Und doch packt mich Generation Zero nicht. Die Welt ist ansehnlich, aber bis auf wenige Ausnahmen seelenlos und versucht vergeblich, als Taktgeber für die Erzählung in Erscheinung zu treten – zumal die meisten visuellen Versatzstücke bis zum Erbrechen wiederholt werden. Die Beute ist zahlreich, aber letztlich belanglos. Man mag anders urteilen, wenn man die visuelle Personalisierung als wichtig erachtet – mir ist sie egal. Und die punktuelle Spannung, die sich in den ersten Stunden bei den durchaus fordernden Kämpfen gegen eine wankelmütige Robo-KI einstellt, wird auf ein Durchschnittsniveau zurückgestuft, sobald man die Schwachpunkte der nur wenigen Gegnertypen erkannt hat. Man spürt, dass der Kern des Mystery-Abenteuers im Schweden der späten 80er Jahre das Zeug zu mehr hat. Doch Generation Zero wirkt an vielen Stellen nicht durchdacht genug und manchmal schlichtweg unfertig, während allgemein zu wenig Variation an der Motivation nagt.

Pro

  • mysteriöses Story-Fundament
  • angenehmes Waffengefühl
  • punktuelle Spannung
  • aggressive Gegner
  • ansehnliche offene Welt mit Wetter- und Tageszeiten-Wechsel
  • mit bis zu vier Spielern kooperativ möglich (nur online)
  • spartanisch eingesetzte Synth-Kompositionen

Kontra

  • Erkundung wird zu selten belohnt
  • massive Wiederverwertung visueller Versatzstücke (Häuser, Mobiliar)
  • nur wenige Gegnertypen
  • uneinheitliche Umgebungsinteraktion
  • mitunter fitzeliges Inventar-Management
  • uneinheitliche Gegner-KI
  • Spannung/Gefahr zumeist nur im Verlauf der von der Story definierten Schauplätze

Wertung

PlayStation4

Irgendwo in Generation Zero schlummert ein interessantes Spiel mit punktueller Spannung, taktischer Koop-Action und Mystery-Story in einer offenen Welt. Doch es wirkt in zu vielen Bereichen unfertig.

PC

Irgendwo in Generation Zero schlummert ein interessantes Spiel mit punktueller Spannung, taktischer Koop-Action und Mystery-Story in einer offenen Welt. Doch es wirkt in zu vielen Bereichen unfertig.

XboxOne

Irgendwo in Generation Zero schlummert ein interessantes Spiel mit punktueller Spannung, taktischer Koop-Action und Mystery-Story in einer offenen Welt. Doch es wirkt in zu vielen Bereichen unfertig.

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