Days Gone - Test, Action-Adventure, PlayStation4Pro, PlayStation4, PC

Days Gone
25.04.2019, Jörg Luibl

Test: Days Gone

Im Angesicht der Horde

Das 1993 gegründete Bend Studio hat sich innerhalb der Sony-Familie eher im Hintergrund einen Namen gemacht: Mit Syphon Filter auf PlayStation, Resistance: Retribution für PlayStation Portable sowie Uncharted: Golden Abyss für PlayStation Vita. Jetzt wagt das Team aus Oregon mit Days Gone (ab 31,24€ bei kaufen) den großen Schritt in die offene Welt auf PlayStation 4: Kann das Action-Adventure mit seiner zombiesken Endzeit überzeugen? Mehr dazu im Test.

Auftrag erledigt, Erfahrungspunkte eingesackt, weiter gehts. Aber der Weg zurück zum Bike ist trotz Karte mit Zielmarkierung alles andere als angenehm: Es regnet in Strömen, der Wind pfeift und ich sehe kaum etwas - willkommen in einem Wald irgendwo in Oregon. Ich musste meine Maschine weiter weg parken, weil ich auf der Jagd nach Wild war. Ihr Lärm hätte nur alle Tiere aufgeschreckt und zu viele Freaker angelockt. Das sind die zu Monstern mutierten Menschen, die selbst bei diesem Mistwetter grunzend und schnüffelnd nach Opfern suchen...

Monster im Mistwetter

...eines davon war Sarah. Zwei Jahre nach ihrem Tod bin ich in der Rolle ihres Mannes Deacon St. John unterwegs, um irgendwie in dieser apokalyptischen Wildnis zu überleben. Keiner weiß genau, was zu dieser Seuche führte, aber die Welt ist

Deacon St. John gehörte vor der Seuche im Rang "Enforcer" dem Mongrel MC an. Aber aus seiner Bruderschaft ist nur noch Boozer übrig, der als "Sergeant-at-Arms" für die Waffen zuständig war.
jetzt eine andere - brutal, trostlos, gefährlich. So einiges erinnert an die Endzeit aus The Walking Dead, Fallout & Co: Menschen verstecken sich und ihre Vorräte in Bunkern, man kann aus der Distanz immer wieder mal Hilfeschreie hören oder brutale Überfälle beobachten.

Die Atmosphäre ist beklemmend, Gewalt und das Recht des Stärkeren haben die Zivilisation verdrängt.  Und über "Radio Free Oregon" wird man mit Propaganda zugedröhnt, die einige aktuelle Bezüge hat. Deacon kommentiert das Gequatsche meist kritisch, aber muss auch mal zustimmen. Wer sitzt da eigentlich für wen am Mikro? Wo steckt diese "National Response Organization" aka NERO? Wie konnte das alles geschehen? Die deutschen Sprecher überzeugen sowohl bei den Hauptfiguren als auch in den hörspielartigen Audiologs, die meist dramatische Situationen aus der Zeit des Ausbruchs wiedergeben.

Die Seuche offenbart auf vielfältige Art die hässliche Fratze des Menschen: Neben den raubtierhaften Freakern ziehen auch

Tja, der Schuss mit der Armbrust war nicht tödlich: Dieser Freaker ist jetzt alarmiert. Mit dem zweiten Bolzen sollte Deacon treffen...
marodierende Banditen umher, so genannte Drifter, die ihren Opfern fiese Fallen stellen. Hinzu kommen Ripper, das sind fanatische Kultisten mit Brandwunden, die an Mad Max erinnern und die ihre Gefangenen eher unsanft "bekehren" wollen. Nur in wenigen streng bewachten Camps versuchen einige Gemeinschaften zu überleben - und auch sie werden immer wieder angegriffen, so dass am nächsten Morgen meist Leichen vor den Toren liegen.

Die neue Brutalität

Die Landschaft wirkt zwar in den frühen Stunden durchaus idyllisch, aber das täuscht - es gibt Massengräber und Verwüstungen, die meisten Häuser sind verlassen, dutzende Autowracks verrosten auf den Straßen. Auch Deacon hat sich verändert: Mittlerweile trägt er einen Bart, zählt jeden Tag ohne Sarah und der Hass auf die Freaker lodert immer noch so stark in ihm, dass er teilweise selbstmörderische Tendenzen zeigt. Nur die Freundschaft zu seinem Kumpel Boozer, der von Rippern schwer am Arm verletzt wurde und jetzt auf seine Hilfe angewiesen ist, sorgt für eine Art Perspektive.

Deshalb verdingt er sich als Söldner, indem er für unterschiedliche Lager diverse Aufträge annimmt, die Ohren der Freaker eintauscht oder Nahrungsmittel abliefert. Je mehr er für sie erledigt, desto größer wird das Vertrauen in bis zu drei Stufen und desto bessere Waffen oder Ersatzteile für sein Bike kann er dort kaufen - egal ob Auspuff, Motor, Boost, Gestell, Lack oder Farbe. Schön ist, dass man seine Maschine so nicht nur schneller, sondern auch leiser und widerstandsgähiger machen kann. Aber zu welchem Camp soll Deacon das Drogenpaket oder jene Überlebenden schicken? Zum rücksichtlosen Copeland, der ihn erpresst hat? Oder zur alten Betschwester Ada, die zwar zivilisierter wirkt, aber letztlich mit harter Hand ein Arbeitslager leitet? Er hat die Wahl. Und so manches wirkt sich auch aus.

Söldner wider Willen

Gute Waffen gibt es nur bei Händlern. Und nur, falls man genug Vertrauen hat.
Boozer und er haben eine gemeinsame Zeit als Outlaws in einem Motorrad-Club namens Mongrels MC hinter sich und wollen zusammen in den Norden fliehen. Der Regie gelingt es über einige hochwertig inszenierte Rückblicke mehr Licht in das Dunkel der Charaktere zu bringen. Man erfährt nicht nur, wie er und Sarah sich kennen gelernt haben, sondern auch wie sich Deacon und sein Hass entwickelt haben. Hinzu kommen einige Überraschungen, die der Story über ihre knapp 30 Stunden immer wieder die nötige Würze und biographische Tiefe verleihen.

Auch wenn die Atmosphäre sowie die Charakterzeichnungen nicht an die vielschichtigeren Figuren und Beziehungen aus The Last of Us herankommen, gibt es durchaus situative Bezüge und mehr Facetten als Rache in diesem toughen Biker: Deacon kann z.B. ein Mädchen retten, muss sich mit ihren Ängsten arrangieren und ist kooperativ mit ihr unterwegs - das erinnert ein wenig an die Situationen mit Ellie. Sehr schön ist auch, dass es über ein halbes Dutzend parallele Story-Stränge gibt, die man direkt anwählen kann, so dass man entweder die Geschehnisse um Boozer, Sarah oder Nero weiter verfolgt. Das ist also eine einfache, aber nichtsdestotrotz plausible und in ihren besten Momenten dramatische Geschichte mit einigen emotionalen Bezugspunkten - nicht zu vergessen, dass Boozer ja Sarahs Bruder ist.

Auch auf dem Bike ist man nicht vor Freakern sicher.
Und er hat mich gerade angefunkt, dass er Munition parat hat und das Fleisch braucht - deshalb war ich auf der Jagd in diesen Wäldern. Aber als ich gerade zu meinem Bike joggen will, höre ich dieses dumpfe Grollen in der Ferne. Ich gehe in einem Gebüsch in Deckung und sehe all die Leiber fauchender Monster, die wie eine schwerfällige Lawine den Abhang hinunter schlurfen: Dutzende Freaker in zwei endlosen Kolonnen. Bisher konnte ich sie nur aus sicherer Entfernung beobachten, jetzt sind sie verdammt nah.


Im Angesicht der Horde

Ich habe keine Chance in einem Kampf gegen diese Horde, zumal meine Magazine fast alle leer sind - bleiben noch sechs Armbrustbolzen und die schwache 9mm. Die Beine in die Hand nehmen ist auch nicht die beste Wahl: Weil ich nicht endlos sprinten kann, muss ich unbemerkt eine Route wählen, damit ich lebend mein Bike erreiche - nur da kann ich speichern, nur damit komme ich heil zu Boozer. Moment mal, reicht mein Sprit? Ich hatte nicht voll getankt...

Es ist dieser langsame Spielrhyhtmus, dieses Taktieren auf dem Weg zum Ziel, die Begrenzung von Ausdauer und Rohstoffen, das mir an Days Gone gefällt. Auch wenn das im Vergleich zum knallharten Überleben in The Long Dark natürlich Survival light und vieles hinsichtlich Crafting & Co eher gewöhnlich ist, muss man hier einiges mehr berücksichtigen als in einem normalen Shooter mit üppiger Ausstattung. Nicht nur Schlagwaffen, sondern auch Schalldämpfer nutzen sich schnell ab, die Maschine nimmt Schaden bei wilder Fahrt oder Kollisionen und es gab einige Situationen, in denen ich mich wie in Metal Gear in einer Mülltonne versteckte oder mein Bike tatsächlich im Leerlauf rollen lassen musste. Cool ist übrigens, dass man fremde Maschinen auch sabotieren kann!

Langsamer Spielrhythmus

Die Freaker unterteilen sich in verschiedene Arten - und fressen sich gegenseitig.
Auf der einen Seite wirkt dieses Spiel sechs Jahre nach The Last of Us und fünf Jahre nach dem Finale von "Sons of Anarchy" zwar wie eine Spätzündung: Zombies wurden mittlerweile inflationär digitalisiert, das Thema scheint ausgereizt und das öffentliche Interesse an Rockern ist nach dem TV-Serienhit um Jax Teller und seine Sons wieder abgeflaut. Auf der anderen Seite fühlt sich das Spiel trotz so vieler Ähnlichkeiten zu anderen Titeln in offener Welt zumindest in Ansätzen angenehm eigenständig an.

Die vernebelte Karte muss man erst aufdecken und sehr schön ist, dass Schnellreisen zum Camp oder die eigene Basis erst möglich sind, wenn die Route zum Ziel frei ist: Das ist sie nur, wenn man mehrere Nester der Gegend mit Brandsätzen vernichtet hat, was immer ein Risiko ist, denn einige Freaker stürzen hinaus. Außerdem kostet das Schnellreisen noch Sprit, so dass man auch das berücksichtigen muss. Wer es nicht zum Ziel schafft, kann allerdings auch in eroberten Bunkern oder NERO-Camps übernachten. Letztlich hat man das Ganze nicht konsequent auf die von der Spielwelt suggerierte Gnadenlosigkeit, sondern auf genug Komfort getrimmt. Erst mit dem kostenlosen DLC im Juni gibt einen noch höheren Schwierigkeitsgrad, der einige Hilfen deaktiviert.

Im Gegensatz zum Eindruck der ersten Trailer, in denen man mit dem Sturmgewehr auf hunderte Freaker ballerte, während man nonstop sprintete, steht hier wohl überlegtes Vorgehen im Mittelpunkt. Man sollte z.B. vor einem Kampf das Gelände mit dem Fernglas absuchen und Feinde markieren. Besonders cool ist die Armbrust, wenn man die chemisch gepimpten Bolzen einsetzt: Sie sorgen dafür, dass sich der Getroffene in eine mordlustige Bestie verwandelt, die sich auf die eigenen Leute stürzt - was man aus der Distanz beobachten kann.

Cleveres Taktieren im Gelände

Endlich mal freie Fahrt!
Natürlich gibt es auch Action satt, und zwar gnadenlose: Es geht à la Dead Rising brutal in die Nahkämpfe, wenn man mit der Machete oder dem Nagel-Baseballschläger seine Feinde in blutige Klumpen haut; selbst umgebaute Rasenmäherklingen kommen zum Einsatz.

Dabei kann man sie nicht als feste Ziele fixieren oder blocken, sondern muss relativ frei nach Sicht zuschlagen und wegrollen, so dass hektisch anmutendes, aber angenehm intensives und letztlich kontrollierbares Gemetzel entsteht. Wird man gepackt, gibt es kleine Reaktionstests, in denen man sich lösen und bei richtigem Timing einen Finisher ansetzen kann - was ebenfalls gar nicht so leicht ist. Je nachdem welche Fähigkeiten man aufwertet, entstehen auch längere Kombos oder man kann während des Zuschlagens noch eine Waffe abfeuern. Aber Vorsicht: Man wird im Handgemenge schnell überwältigt!

Deshalb lohnt es sich, sowohl Deacons drei Grundwerte Leben, Ausdauer, Konzentration als auch seine Fähigkeiten in den Bereichen Nahkampf, Fernkampf sowie Survival stückweise zu verbessern. Allerdings braucht er für Erstere die Spritzen aus den NERO-Laboren: Dahinter verbirgt sich die mysteriöse Organisation, deren Hubschrauber seine schwer verletzte Frau Sarah nur widerwillig in ein Flüchtlingscamp transportierte - dort steht jetzt Sarahs Grabstein, den Deacon immer wieder besucht.


Charakterentwicklung und Fähigkeiten

Ein wichtiger Zweig der auch über Rückblicke erzählten Story beschäftigt sich mit den unklaren Zielen von Nero, also muss Deacon immer wieder in ihre Labore einbrechen, wobei es auch kleine Rätseleinlagen sowie Vorbereitungen gibt: Mal fehlt
In den Höhlen muss man vorsichtig sein...
dem Generator der Saft, mal müssen Lautsprecher vor dem Eindringen deaktiviert werden, damit man nicht sofort von Freakern umzingelt wird. Trotzdem haben die Bend Studios in diesen Situationen einiges an Potenzial liegen lassen, denn sie sind viel zu einfach gelöst - das geht auch bei Safes so weit, dass die Kombination einen Raum weiter zu finden ist.

Aber nicht nur die in Labors erbeuteten Spritzen stärken Deacon:  Mit jedem Aufstieg bekommt er einen Punkt, den er auf Fähigkeiten verteilen darf - je mehr er in einem Bereich investiert, desto früher werden dort weitere in jeweils fünf Stufen freigeschaltet. So kann man sich theoretisch auf Nahkampf, Fernkampf oder Survival spezialisieren, wobei die Nützlichkeit sehr unterschiedlich ausfällt. Gerade zu Beginn hilft einem Durchschlagskraft natürlich eher als die Anzeige von Pflanzen auf der Karte. Schön ist zwar, dass manche neuen Fähigkeiten auch Steuerungszusätze bzw. Bewegungen mit sich bringen - es geht also nicht nur um erhöhte Statistiken. Trotzdem sind die Talentbäume auf lange Sicht nicht interessant genug.

Man kann von der Schrotflinte bis zur Handgranate auch für reichlich explosive Gefechte sorgen, zumal man Ölkanister & Co spektakulär in die Luft jagen kann. Zwar geht man nicht auf Knopfdruck in Deckung, aber lehnt sich in geduckter Haltung an, was sich sehr gut für geschütztes Feuer eignet; auch die Schulterausrichtung der Waffe lässt sich wechseln und man kann auf Knopfdruck den Fokus und damit eine zunächst nur sehr kurze Zeitlupe aktivieren, um Kopfschüsse zu landen. Oftmals wird man auch in Häuserkämpfe verwickelt, in denen eine erhöhte Position wichtig ist.  Für Spannung sorgt zudem, dass man hier nicht sicher ist: Die Freaker nutzen auch Leitern.

Kein stumpfes Geballer

Die Bend Studios inszenieren also kein stumpfes Geballer in offener Welt, sondern ein martialisches Abenteuer, das das Schleichen, Erkunden sowie Haushalten belohnt: Wenn ich mich von hinten oder aus einem Gebüsch einem Feind nähere,

Viele Gebäude kann man erkunden.
kann ich sofort zum cool animierten Todeshieb mit dem Messer ansetzen. Wenn ich die Augen bei der Infiltration eines Camps offen halte, kann ich Stolper- sowie Bärfenfallen entschärfen. Sind einzelne Feinde zu nah oder zu verstreut, kann man sie mit einem Steinwurf oder einem Attraktor gezielt irgendwo hinlocken. Und auch Munition gibt es nicht ohne Ende: Man muss immer wieder Polizei-Autos plündern oder Beute in Gebäuden sammeln.

Apropos: Zwar darf man jedes gefundene Gewehr oder jede Pistole einsetzen, aber die sind meist gewöhnlich und haben wenig Munition, so dass man sich keine endlosen Feuerstöße leisten kann. Außerdem darf man sie nicht in seinem Waffenschrank lagern - das geht nur mit denen, die man offiziell beim Händler gekauft hat. Und da bekommt man die wirklich durchschlagskräftigen erst, wenn man genug Vertrauen erworben hat. Das ist zwar eine künstliche Beschränkung, aber damit regulieren die Bend Studios zumindest den zu frühen Überschuss.

Das Fahrgefühl ist arcadig, aber auch wenn man mit dem Motorrad auf dem Highway ordentlich Gas geben, in Kurven driften, über Schanzen springen und aus voller Fahrt auch gezielt auf Reifen feuern kann, um feindliche Biker zu stoppen, sorgt nicht nur der Spritverbrauch immer wieder für Entschleunigung. Das teilweise schwer zu durchfahrende Gelände kommt auch hinzu. Die monumentalen Höhlen lassen sich gar nicht auf dem Sattel erkunden und vor den finsteren Tunneln muss Deacon erstmal anhalten, denn sie sind meist voll gestopft mit liegen gebliebenen Autos und Freakern. Also heißt es absteigen, Waffe zücken, Licht an und den Weg frei machen, indem man die quer stehenden Kisten zur Seite schiebt.

Unheimliche Entschleunigung

Und genau in diesen Momenten ist Deacon natürlich verwundbar, so dass ebenso unheimliche wie spannende Situationen entstehen, wenn die Freaker plötzlich von der Lampe oder Geräuschen angelockt aus dem Dunkeln auftauchen - zumal die

Kann man Copeland trauen? Nur in seinem Lager lässt sich das Bike richtig aufrüsten.
Tunnel manchmal noch Notausgänge oder Zusatzräume haben. Ballert er ohne Schalldämpfer drauflos, wird er in dieser Enge überrannt, also muss er leise töten. Dafür eignet sich übrigens auch die aufrüstbare Armbrust, aber man benötigt gezielte Kopftreffer und muss dafür etwas höher anhalten. Wenn man das Licht am Ende eines Tunnels erreicht, kann man im Licht erstmal durchatmen.

Zumal sich dieses Oregon sehen lassen kann. Der pazifische Nordwesten der USA wird landschaftlich markant dargestellt, so dass man Wälder, Seen und Gebirge mit weitgehend authentischen Landmarken und realen Sehenswürdigkeiten durchstreift. Hinzu kommt das eindrucksvolle Wetter, das vom Wind gepeitschte Pflanzen sowie Regen und Schnee mit tollen Partikeleffekten zeigt. Und wenn Deacon in einen See springt, erkennt man das an seinen

Aus dem Gebüsch heraus kann man zu Todeshieben ansetzen.
durchnässten Klamotten. Man erreicht zwar hinsichtlich der Vielfalt, der Tierwelt, der Sichtweite und des Lichts nicht das Niveau eines Red Dead Redemption 2, aber dieses Days Gone sieht gut aus.

Schöner pazifischer Nordwesten

Allerdings gibt es lediglich kleine Siedlungen und keine Städte wie etwa Salem oder Portland. Außerdem muss man en detail nicht nur bei der Animation der Tiere, sondern auch bei Texturen einige Abstriche machen sowie mit dem gelegentlichen Rollraseneffekt leben, der plötzlich Objekte in naher Distanz einblendet - ein Uncharted 4 ist grafisch ein ganz anderes Kaliber. Auch wenn die Bend Studios zur Sonyfamilie gehören, nutzen sie ja nicht das technische Fundament von Naughty Dog, sondern die Unreal Engine 4. Dafür erreichen sie hinsichtlich Mimik und Gestik in Dialogen dank des gewohnt hochwertigen Motion Capturing eine sehr gute Qualität.

Auch wenn es einige spielmechanische Ähnlichkeiten zur Uncharted-Reihe gibt, vor allem beim Infiltrieren von Banditen-Lagern samt vorheriger Markierung oder Todeshieben aus dem Gebüsch, erreicht das Figurenverhalten im Kampf nicht die Qualität, die man im vierten Teil von Naughty Dog beobachten konnte. Zwar gibt es unterschiedliche Alarm-Zustände, die zu anderem Suchverhalten führen, aber die menschlichen Feinde sind recht verzeihlich, flankieren nur halbherzig und sind teilweise blind für den Meter vor ihnen. So kann man mehrere Feinde hintereinander in einem Gebüsch töten.

Schwaches Figurenverhalten

Gut gefallen mir die unterschiedlichen Verhaltensmuster bei den Freakern, die sie von Zombies unterscheiden. Es gibt ja

Die Story wird auch über Rückblicke erzählt.
mehrere Arten, die alle etwas anders agieren: Die Schwärmer sind lichtempfindlich und wirken wie verstörte Hunde, die eine Witterung aufnehmen wollen, während sie scheinbar wahllos mal in diese oder jene Richtung schnüffeln. Falls sie einen sehen, stürmen sie los. Die Krabbler hingegen, die an Kinder erinnern, halten sich vornehmlich auf Dächern auf, gehen in die Defensive und lassen sich sogar verschrecken. Falls sie einen sehen, halten sie sich erstmal zurück und greifen erst an, wenn sie eine Schwäche entdecken. Ich hatte zunächst Hemmungen, sie zu töten - die Story hat übrigens eine Erklärung dafür, warum Deacon auch bei ihnen keine Skrupel mehr kennt.

Zudem entscheidet die Tageszeit über das Verhalten: Wer die Nester der Freaker bei Tageslicht mit Molotows ausräuchert, hat zwar mit weniger Bewachern drumherum zu tun, aber muss mit mehr aggressiven Freakern rechnen, die aus dem Nest heraus stürmen. Days Gone einige böse Überraschungen zu bieten, die die Gegner-KI zumindest situativ aufwerten. Die Ripper versuchen es aus der Distanz mit Psychoterror, indem sie einen zum Aufgeben anstacheln.

Böse Überraschungen

Dann ist da z.B. die defensive Absicherung der Drifter: Wenn man nicht aufpasst, tritt man in eine ihrer Fallen und wird

Wenn man zu viele Freaker anlockt, wird es kritisch...
vielleicht an einem Baum hochgezogen, landet dann in ihrem Lager als Gefangener. Und auf dem Bike ist man übrigens nicht sicher vor den Freakern. Ja, man kann sie auch mit der Maschine überfahren oder auf sie schießen, aber die schmeißen sich schon mal bei voller Fahrt auf einen, so dass man sich plötzlich umzingelt und verletzt im Nahkampf befindet. Also muss man direkt ausweichen und einen Verband anlegen, wobei die Zeit übrigens nicht angehalten wird.

Das "Survival-Rad" lässt sich ansonsten intuitiv bedienen, indem ich dort mit ein, zwei Klicks aus vorhandenen Rohstoffen z.B. neue Bandagen, Bolzen oder Schalldämpfer anfertige und sie auch direkt anlege. Zwar wirkt das Menüdesign etwas steril, aber auch die Steuerung über das Touchpad mit dem Wischen nach oben, unten, rechts oder links führt einen elegant und direkt in die Bereiche Karte, Story, Fähigkeiten oder Inventar. Zwar gibt es auch Sammelbereiche, etwa für die überall verstreuten Tafeln von Denkmälern, aber diese halten sich eher dezent im Hintergrund, bringen keine Erfahrung und man kann sie komplett ignorieren.

Was den Bend Studios trotz einiger Ansätze nicht gelungen ist, sind Fauna und Jagd. Ich erwarte in diesem eher apokalyptischen Szenario nicht, dass Oregon als Biber-Staat seinem Spitznamen gerecht wird und mir à la Red Dead Redemption 2 eine ebenso üppige wie zumindet in Ansätzen authentische Tierwelt zeigt. Aber die wenigen Lebewesen bewegen und verhalten sich nicht natürlich - ja, das Rotwild schreckt auf und flüchtet, aber meist viel zu spät oder in seltsamen Routen. Und vor allem die Wölfe hat es mal wieder böse erwischt. Sie agieren nicht im Rudel oder gar wie ausdauernde Beutejäger, sondern wie blöde Killer, die einen auch mal direkt auf dem Bike angreifen. So werden sie zu weiteren Gegnern degradiert, die man zur Not mit der Machete niedermäht. Ganz schlimm ist leider auch der Auftritt eines mächtigen Grizzleys als Boss mit Lebensleiste. Schade, dass man das so primitiv darstellen muss. Besser wäre es gewesen, die Seuche auch an ihne so darzustellen, dass sie z.B. als mutierte oder kranke Tiere zu erkennen sind.

Ernüchtrende Fauna und Jagd

Nester zerstört man mit Molotow-Cocktails, aber danach stürmen meist Freaker heraus.
Überhaupt macht die Jagd nicht so viel Laune. Einigermaßen authentisch ist noch, dass angeschossene Tiere erstmal fliehen und dass man irgendwann ihren Kadaver finden kann. Auch der Einsatz der Überlebenssicht ist theoretisch sinnvoll. Deacon kann eine fokussierte Sicht aktivieren, die ihm z.B. auch Spuren anzeigt - dabei wird der Rumble-Effekt am Gamepad stärker, je näher ich ihnen bin. Außerdem kann ich bei speziellen Funden eine Art geisterhaften Rückblick zu sehen, nachdem ich Kot etc. untersucht habe.

Das ist erinnert ein wenig an das in Demon's Souls eingeführte System und es ist durchaus eine gute Idee - denn so müsste man sich an der dort angezeigten Richtung orientieren. Aber weil man sich eben nicht nur das Bild einprägen muss, sondern auch direkt Lupen am Boden sieht und Fußspuren sogar in der Minikarte angezeigt werden, verliert sich das im Ansatz aufkommende Pfadfindergefühl . Es gibt leider keinen Immersive-Modus, wie ich noch in der Vorschauversion gehofft hatte, der etwaige optischen Hilfen abschaltet. Diesen Service, liefern die Bend Studios ärgerlicher Weise erst im Juni mit dem ersten kostenlosen DLC in Form eines vierten Schwierigkeitsgrades nach, bei dem Karten und Markierungen ausgeblendet werden und sowohl Schnellreise als auch Überlebenssicht fehlen.

Fazit

Glückwunsch nach Oregon! Mit Days Gone haben sich die Bend Studios innerhalb der Sony-Familie weiter entwickelt - was angesichts der Award-Schmieden von Naughty Dog bis Sony Santa Monica, aber auch des gewählten Themas nicht leicht war. Das ist zwar kein herausragendes, aber ein gut erzähltes, abwechslungsreiches und stimmungsvoll inszeniertes Abenteuer in offener Welt. Vor allem der Spielrhythmus gefällt mir, denn es gibt immer wieder Phasen der Entschleunigung in diesem martialischen Szenario mit seinen brutalen Nahkämpfen und brennenden Freaker-Nestern. Das ist kein hektischer Shooter und keine Sammelorgie, sondern eine Mischung aus Erkundung, Horror, Stealth und Survival light in teilweise wunderschöner Landschaft. Selbst wenn keiner der Bereiche brilliert, die Tierwelt sowie Jagd ernüchtert und einige KI-Defizite hinzu kommen, gibt es abgesehen vom aufrüstbaren Bike auch genug andere frische Akzente, böse Überraschungen und interessante Storywendungen. Ich wurde über 30 Stunden gut unterhalten.

Pro

  • angenehm langsamer Spiel-Rhythmus
  • Erkundung und Kämpfe mit Stealth-Flair
  • Survival light mit knapper Munition
  • Fallen entschärfen, mit Ködern locken
  • sehr wuchtige Nahkämpfe
  • gut inszenierte Dialog-Szenen
  • Mimik, Gestik & Co auf hohem Niveau
  • Crafting für Bolzen, Verbände, Molotows etc.
  • Charakterentwicklung über Werte & Fähigkeiten
  • Vertrauen aufbauen für mehr Waren
  • kleine Entscheidungen mit Konsequenzen
  • Schnellreise erst nach Nest-Säuberung
  • kein frühzeitiger Waffen-Überschuss
  • drei Schwierigkeitsgrade
  • komplett auf Deutsch; sehr gute Lokalisierung
  • Spielzeit: 30 Stunden plus X

Kontra

  • Defizite im KI-Verhalten humaner Gegner
  • schwache bis primitive Darstellung von Tieren
  • langweilige Jagdmissionen
  • verschenktes Potenzial bei der Spurensuche
  • kein Abschalten von Hilfen (Ziele, Schnellreise etc.)
  • einige Texturnachlader und Rollrasen
  • lange Ladezeit vor Spielstart

Wertung

PlayStation4

Selbst wenn keiner der Bereiche brilliert: Days Gone inszeniert eine gute Mischung aus Erkundung, Horror, Stealth und Survival light in teilweise wunderschöner Landschaft.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt keine Käufe.
  • Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.
Kommentare
TR2013

Habe das Spiel jetzt auf Easy (mein erster echter Konsolen-Shooter) und Platinum durch und möchte eigentlich bald neu starten. New Game + finde ich nicht reizvoll. Der Weg ist das Ziel, ich hab den Sinn des Modus nie für mich entdecken können.

Ich Frage mich aber welcher Schwierigkeitsgrad der richtige ist. Absolut dumm, dass im Spiel keine Beschreibung der Unterschiede vorhanden ist. Die Infos online sind auch nur so lala. Einmal steht, dass man ihn immer wechseln kann, einmal, dass das nur zwischen leicht und Mittel geht. Einmal steht, dass Hard bereits das HUD versteckt und dann, dass das erste bei Survival passiert. Auto AIM einmal ab Hard, dann wieder erst ab Hard II aus...

Ist es als Entwickler wirklich so schwer zu beschreiben was mit HUD, Auto AIM, usw. passiert?

vor 3 Jahren
TR2013

Habe das Spiel nach rund einem Monat durch. (zwischendurch Uncharted 3 und GoW gespielt)
Rund 75 Spielstunden.

Ich hab ja schon gelesen, dass die Spieler sehr unterschiedliche Erfahrungen mit Days Gone machten. Für mich persönlich liegt es ganz weit vorne und verdient sich in meinem Persönlichen Ranking eine 10/10 gleichauf mit Tomb Raider 2013 und Witcher 3.

Witcher 3 und Tomb Raider waren mit Days Gone die einzigen Spiele, wo ich schon beim ersten Durchlauf wusste, dass ich sie ein zweites Mal angehen werde.

Ich freu mich auf ein zweites Mal mit höherem Schwierigkeitsgrad. Ich mag die Stimmung, die Story, die Charaktere, Skills&Equipment und die Aufgaben.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
TR2013

1.) Meine Wertung des Spiels auf der PS5 nach bisher 15 Stunden: Super! Bin schon lang nicht mehr so in Geschiche und Gameplay eingetaucht.

2.) Frage: Ich finde die kleinen Horden in der ersten Region nicht. Deren Tages-Aufenthalte sind immer leer:
- Horse Lake
- O Leary Mountain
- Little Bear Lake
Deren Höhlen und auch das alte Häuschen sind tagsüber leer und in der Umgebung finde ich sie auch nicht. Wie ist das Möglich? Bin ich in der Story noch nicht weit genug fortgeschritten? Kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass es daran liegt.

vor 3 Jahren
Eirulan

Ah okay, vielen Dank

vor 3 Jahren
Peter__Piper

Hey, ich spiel das Spiel erst jetzt, bin noch recht am Anfang... Sorry für die vlt blöde Frage, aber ich komm selbst mit Recherche nicht auf die Lösung :
Wie kriege ich neu gefundene Waffen in den Waffenschrank? Es gibt da keine Option, die einzulagern...
Wenn ich eine andere nehme, ist sie weg.
LG
Du kannst neue Waffen für den Waffenschrank nur in "Städten" beim Händler kaufen.
Alle anderen Waffen sind nur fire & forget.
Im Waffenschrank sind Sie aber dann quasie unendlich verfügbar.

vor 3 Jahren