Dangerous Driving - Test, Rennspiel, XboxOne, PlayStation4Pro, PlayStation4, XboxOneX, PC

Dangerous Driving
11.04.2019, Mathias Oertel

Test: Dangerous Driving

Erinnerungen an Burnout

Dangerous Driving (ab 19,95€ bei kaufen) möchte in die Fußstapfen von Burnout Revenge treten. Und das ist ein hehres Unterfangen. Immerhin konnte der Arcade-Raser seinerzeit einen Platinaward einheimsen. Wenn man allerdings bedenkt, dass hinter den crashlastigen Rennen die ehemals führenden Köpfe von Criterion stecken, scheint dieses Vorhaben doch wieder realisierbar. Oder hat sich das Team von Three Fields Entertainment dabei doch verhoben? Im Test geben wir die Antwort.

Three Field Entertainment hat zuletzt mit der Danger-Zone-Serie in der eigenen Vergangenheit gewildert, als man noch bei Criterion beschäftigt und maßgeblich an der Entwicklung der Burnout-Serie beteiligt war – dem Inbegriff des spektakulären Arcade-Rennspiels. Die Variation der Crash-Kreuzungen aus Burnout konnten allerdings bei uns nur solide Wertungen erreichen: Teil 1 bekam 67% (zum Test), Teil 2 einen Prozentpunkt mehr (zum Test). Kritikpunkte waren jeweils ein merkwürdiges KI-Verhalten, eine trotz spürbarem Arcade-Fundament etwas schwammige Steuerung, ein nur rudimentäres Schadensmodell und gelegentliche Mikroruckler – alles Elemente, die man zu Criterion-Zeiten besser im Griff hatte. Nicht umsonst haben Burnout Revenge und Burnout 3 seinerzeit jeweils einen Platin-Award einheimsen können, während sich das letztes Jahr als Remaster erneut veröffentlichte Burnout Paradise bei seiner Premiere vor gut zehn Jahren noch Gold greifen konnte.

Burnout lässt grüßen

Angesichts dieses Entwicklungs-Portfolios ist es erstaunlich, wie spröde sich Dangerous Driving immer wieder präsentiert. Dabei hat Three Fields im Kern seine Hausaufgaben gemacht: In vielen Punkten erinnern die aggressiv geführten Auseinandersetzungen auf den

Die Kulisse geht in Ordnung. Die Crash-Sequenzen wirken zwar anfangs spektakulär, nutzen sich aber schnell ab und erreichen niemals die Intensität der Burnout-Serie.
vorgegebenen, durchaus ansprechend designten Kursen an die Rennspiele, mit denen Criterion seinerzeit den Markt nach Belieben dominierte. Sie sind schnell. Sie sind brachial. Und sie bieten spektakuläre Unfälle. Doch je mehr man sich mit Dangerous Driving beschäftigt, umso deutlicher wird, dass Three Fields mit einem deutlich schmaleren Budget auskommen musste als Criterion damals. Denn der Spaß, den die Boliden auf den Asphalt bringen, bleibt ebenso an der Oberfläche wie viele der Mechaniken, die man hier zitiert. Nehmen wir z.B. die Crash-Sequenzen. Wo die Unfälle bei Burnout eigentlich keinen kalt ließen, wenn sich das Metall der Karosserie für die Zuschauer in einer Zeitlupe beinahe schon schmerzhaft verformte, das Glas auf dem Teer verteilte oder einzelne Teile der Aufhängung abgetrennt wurden,  lassen einen die Karambolagen hier kalt. Sie werden bei weitem nicht so schick zelebriert, lassen auf Dauer Abwechslung vermissen und füllen einen längst nicht mehr so mit Adrenalin wie bei den Vorbildern aus den letzten Konsolen-Generationen. Das Konzept geht immer noch auf und ist als Motivationsbasis annähernd so stark wie damals. Doch mit der deutlich reduzierten Deformierung fehlt das Spektakuläre, das von den mitunter überhand nehmenden Partikeleffekten in keiner Form aufgefangen werden kann.

Die Rennen werden dominiert von hoher Geschwindigkeit und teils vollkommen hanebüchener Gummiband-KI.
Vielleicht auch, weil Criterion sich damals die Grafikengine auf den Leib schrieb und bis zum letzten auszureizen schien. Renderware hieß das Zauberwort, wurde später u.a. von Rockstar bei GTA 3 bis GTA San Andreas verwendet und ist nach der Übernahme von Criterion durch EA in Teilen in der mittlerweile verwendeten Frostbite-Engine aufgegangen – mehr Infos dazu findet ihr in unserem Special „Criterion im Wandel der Zeit“. Für Dangerous Driving nutzt Three Fields Unreal-Technologie. Und hat selbst bei der Geschwindigkeit schon Probleme. Während das prinzipielle Speed-Gefühl ansprechend ist und einen bei Beinahe-Zusammenstößen mit zivilen Fahrzeugen den Kopf beinahe so intensiv einziehen lässt wie Renderware in der guten alten Zeit, sorgen Mikro-Ruckler und mitunter fiese Bildrateneinbrüche für Abzüge in der B-Note. Denn angesichts der zwar soliden, aber in keiner Form herausragenden Kulisse sollte dies mit der linearen Streckenführung nicht passieren. Zumal man auf den Premium-Konsolen auch nicht mit voller 4K-Auflösung arbeitet. Auf der PS4 Pro ist man mit 1080p bei 60 Bildern pro Sekunde unterwegs. Auf der Xbox One X schafft man immerhin noch 1440p, ebenfalls mit 60 Bildern. Die Standardsysteme sind jeweils mit 1080p und 30 Bildern mit von der Partie, was sich aber letztlich nur geringfügig auswirkt.

Die gute alte Zeit

Klar sind die 60 Bilder, im Rahmen derer man auf PS4 Pro und One X die Boliden kontrolliert, unter dem Strich responsiver - die Eingaben werden hier einen Tick genauer umgesetzt. Doch ähnlich wie schon bei Danger Zone hat man im Gegensatz zu sämtlichen Burnouts weder auf den Standard- noch den Premium-Konsolen niemals das Gefühl der kompletten Kontrolle über das Fahrzeug. Beim „normalen“ Fahren etwas zu empfindlich, beim Driften hingegen zu schwammig, gewöhnt man sich zwar nach kurzer Zeit an diese Mankos und kann gegenwirken. Doch hier wird abermals deutlich, wie punktgenau Criterion damals die Burnouts entwickelt hat und wie schwierig es auch aus heutiger Sicht ist, dieses Fahrgefühl wieder auf die virtuelle Straße zu bringen.  Und darunter leiden natürlich auch die gut gemeinten sowie erneut die „alte“ Zeit zitierenden Spielmodi.

Denn gleichgültig ob man in Heatwave versucht, seinen Turbo-Boost durchgängig zu benutzen, in „Face-Off“ nach einem Duell die Karre des Gegners in seine Garage stellt, in Survival oder Shakedown gegen die Zeit rast oder in Road Rage die Kontrahenten mit Takedowns von der Straße rammt: Sowohl diese als auch die übrigen Renn-Varianten leiden unter der gewöhnungsbedürftigen Steuerung, an die man sich aber immerhin gewöhnen kann. In keiner Form gewöhnen kann ich mich an die unakzeptable Gummiband-KI. Dass ein derartiges Verhalten in Arcade-Racern eingesetzt wird, um Spannung zu garantieren, kann ich hinnehmen. Doch dass in einem Event z.B. in einem Zeitraum von etwa zehn Sekunden ein fünfsekündiger Vorsprung  zu einem achtsekündigen Rückstand wird, nur damit der KI-Fahrer ein paar hundert Meter vor der Ziellinie stehen bleibt, um mich passieren zu lassen, stört enorm. Gleiches gilt für Fahrer, die man per Takedown abschießt, die aber trotzdem nur wenige Sekunden später wieder neben einem fahren oder in einem unmöglichen Affenzahn an einem vorbei schießen. Wenn alles funktioniert, kann man mit Dangerous Driving durchaus Spaß haben. Doch der Motivations-Motor kommt zu häufig bedingt durch sich summierende Kleinigkeiten ins Stottern.

Das Fundament ist brüchig

Das Geschwindigkeitsgefühl ist ansprechend.
Nicht einmal die Akustik, ebenfalls traditionell eine Stärke von Burnout, erreicht die alte Klasse. Den Unfällen fehlt auch die klanglich die Wucht. Die Motorengeräusche klingen selbst bei den High-Performance-Vehikeln wie getunte Benzin-Rasenmäher. Und die Musik begrüßt einen nach dem Hauptmenü, in dem man mit Southern Rock begrüßt wird, erst einmal mit eiskaltem Schweigen - der dadurch auf die Antriebsaggregate gelegte Fokus ist nicht hilfreich. Dass erst ein Blick in das Optionsmenü offenbart, dass die Musik auf der Straße nur über ein Premium-Konto von Spotify befeuert werden kann, ist in zweierlei Hinsicht ein Unding. Erstens: Man hätte auch darauf hinweisen können. Und zweitens: Was, wenn man tatsächlich zu den Spielern gehört, die kein Premium-Account für den Musik-Streamingdienst haben? Dass auch dies als Zeichen des knappen Budgets gesehen werden kann, das Three Fields Entertainment zur Verfügung stand und das offensichtlich das Feintuning in allen Bereichen unmöglich machte, ist bezeichnend.

Fazit

Dass die Erwartungen an Dangerous Driving recht hoch sind, liegt in der Natur der Dinge. Immerhin kommt der geistige Nachfolger der klassischen Burnout-Rennspiele von Three Fields Entertainment. Und dahinter stehen mit Alex Ward, Fiona Sperry und Paul Ross drei hochrangige Urgesteine von Criterion, den ursprünglichen Entwicklern von Burnout. Und angesichts dieses Stammbaums ist Dangerous Driving eine Enttäuschung. Man findet zwar überall Elemente, die die Hochgeschwindigkeitsrennspiele seinerzeit auszeichneten und die erfolgreich dafür sorgen, dass der Burnout-Wind immer wieder über den Asphalt jagt. Dem stehen jedoch an zu vielen Stellen mechanische oder technische Mankos gegenüber. An die Steuerung, die sich in einen selbst für Arcade-Verhältnisse unbequemen Spagat zwischen beim Drift schwammigem, ansonsten aber zu empfindlichen Fahrverhalten äußert, kann man sich noch gewöhnen. Doch die gemessen am Urahn schwach inszenierten Crash-Sequenzen, die zu frustrierenden Aussetzern neigende Gummiband-KI sowie die magere Akustik, bei der man Musik während der PS-Duelle nur mit einem Premium-Spotify-Konto genießen darf, bremsen die Motivation immer wieder aus. In seinen besten Momenten ist Dangerous Driving eine gelungene Hommage an die Serie, die in der vorletzten Konsolengeneration den Arcade-Racer fast im Alleingang dominierte. Doch diese Augenblicke sind rar. Viel häufiger wirkt das Rennspiel wie ein unfertiges Projekt, dem Geld und Zeit fehlte, um es zu polieren und wirklich zu dem Burnout-Erben werden zu lassen, der es hätte sein können.

Pro

  • spiritueller Nachfolger der Burnout-Serie
  • prickelnde Hochgeschwindigkeit
  • abwechslungsreiche Modi
  • saubere Kulisse...
  • knapp 30 Fahrzeuge
  • sieben abwechslungsreiche Umgebungen

Kontra

  • schwache Akustik
  • unspektakuläre Crash-Sequenzen
  • teils herbe KI-Macken
  • ... die aber nicht frei von Mikrorucklern ist
  • Musik im Spiel nur über Premium-Spotify-Konto
  • immer wieder unsaubere Steuerung

Wertung

XboxOne

Der Geist der alten Burnout-Serie weht immer wieder über den Asphalt. Doch bevor der Spaß-Turbo zünden kann, wird die Hochgeschwindigkeits-Raserei immer wieder durch spröde Präsentation oder KI-Probleme ausgebremst.

PlayStation4

Der Geist der alten Burnout-Serie weht immer wieder über den Asphalt. Doch bevor der Spaß-Turbo zünden kann, wird die Hochgeschwindigkeits-Raserei immer wieder durch spröde Präsentation oder KI-Probleme ausgebremst.