Earth Defense Force: Iron Rain - Test, Shooter, PlayStation4Pro, PC, PlayStation4

Earth Defense Force: Iron Rain
12.04.2019, Mathias Oertel

Test: Earth Defense Force: Iron Rain

Für immer EDF!

Wenn man von Trash-Spielen spricht, landet man schnell bei Onechanbara. Und natürlich der simpel gestrickten, aber dennoch motivierenden Kammerjäger-Action Earth Defense Force. Nachdem die Serie gut 15 Jahre von Sandlot gehegt und gepflegt wurde, während man ständig damit kokettierte, technisch herrlich rückständig zu sein, geht für Earth Defense Force: Iron Rain ein neues Team an den Start. Ob die Riesenameisen und Megarobotor in den Händen der WWE- und UFC-Macher von Yuke’s gut aufgehoben sind, klären wir im Test.

Man traut seinen Augen kaum, wenn man Earth Defense Force Iron Rain startet: Die Kulisse sieht ja tatsächlich aus wie bei ordentlichen Action-Spielen auf der PS3! Dazu muss man allerdings sagen, dass dies durchweg löblich gemeint ist. Denn die Titel vorher, inkl. des Ende letzten Jahres veröffentlichten Earth Defence Force 5 (dessen Test wir leider aus zeitlichen Gründen nicht geschafft haben), könnte man auf den ersten Blick fast schon für PS2-Spiele halten. Sandlot Games, das die Serie von ihren Anfängen begleitet hat, machte nie einen Hehl daraus, dass man stilistisch ganz bewusst ein altbackenes Design wählte, das zusammen mit den horrenden Gegnermassen, der zerstörbaren Umgebung und den absurden Drehbüchern quasi eine Hommage an Monster- und Katastrophenfilme der 50er und 60er Jahre darstellte. Nur, dass diese Hommage mit einer großen Prise Starship Troopers angereichert wurde, bevor man alles durch den Wolf drehte, um die EDF in den Kampf zu schicken. Zwar wurde das verantwortliche Team für Earth Defense Force Iron Rain ausgetauscht und der Grafikmotor spür- und sichtbar auf Unreal-Technologie ausgetauscht. Doch auch die Neuverantwortlichen von Yuke’s (das Studio hat u.a. für THQ an WWE- und UFC-Spielen gearbeitet) halten am Trash-Kern fest, der die Serie seit ihrer Erstveröffentlichung ausgezeichnet hat.

Endlich in der Vergangenheit angekommen

Ähnlich der Musou-Action von Tecmo Koei lässt man dabei keine Grauzone zu, wenn es um Beliebtheit geht – entweder man mag es oder man findet es lächerlich. Und daran wird sich auch mit dieser Variante nichts ändern. An der Oberfläche hat man zwar ein paar Mechaniken ausgetauscht oder weggelassen und ein paar andere modifiziert. Doch alles läuft weiterhin auf

Riesige Insekten, UFOs, gigantische Roboter und vieles mehr: Die EDF ist erneut im motivierenden Dauereinsatz.

Eines hinaus: Man ist in der Rolle eines von vier Spezialisten (Wechsel ist vor jeder Mission möglich) mit einem Trupp durchaus passabel mitkämpfender Kameraden auf überschaubaren Schlachtfeldern unterwegs, um immer stärkere sowie zahlreichere Gegnerhorden zumeist  insektoiden oder mechanoiden Ursprungs mit immer besseren Waffen zurückzuschlagen. Das ist Earth Defense Force. Das war es schon immer. Und das wird es hoffentlich auch in zehn Jahren immer noch sein. Für viele Action-Feinschmecker ist die leicht eintönige Jagd auf Feuerbälle verschießende Käfer, Säure versprühende Ameisen, ekelhaft aussehende Riesenspinnen, Skorpione und allerlei anderes organisches, aber auch anorganisches Getier quasi ein Spiel gewordener Film von Uwe Boll. Doch wo der deutschstämmige Regisseur tatsächlich davon überzeugt zu sein scheint, dass seine Projekte sowohl inhaltlich als auch dramaturgisch und technisch über alle Zweifel erhaben sind, geht Earth Defense Force spätestens seit dem 360-Ableger Earth Defense Force 2017 aus dem Jahre 2007 sehr selbstironisch mit sich ins Gericht.

Es möchte gar nichts anderes sein als simple Schulterperspektiven-Action, bei der man den Kopf ausschalten kann (ja sogar muss), wenn man die Jagd auf die Invasoren aus dem All beginnt. Story und Dialoge sind hanebüchen sowie vollkommen überzogen, aber gewinnen dadurch einen gewissen Charme und Humor. Die Action ist im Kern bieder, lebt aber von den Gruppen riesiger Gegner, die beim Tod weder physikalisch noch sonstwie korrekt ihr Leben aushauchen und schließlich einfach verschwinden. Klar wäre es cooler, wenn man zum Abschluss einen Abschnitts nicht nur durch Hausruinen laufen, sondern auch einen riesigen Chitin-Haufen waten dürfte. Doch in dieser eigentlich unterwältigenden Einfachheit liegt für die Fans der Erdverteidiger der Reiz. Nach einer erfolgreichen Mission werden neue Waffen, frische Verbrauchsgüter wie Gesundheitspacks oder mechanische Helfer (z.B. Geschütztürme) oder visuelle Personalisierungsoptionen freigeschaltet. Diese müssen vor der ersten Benutzung allerdings meist noch gegen Spielwährung oder verschiedenfarbige Kristalle freigeschaltet werden, die man ebenfalls von besiegten Gegnern ernten darf. Und man sollte beachten, dass jeder im Einsatz

Die Kulisse hat sich endlich von ihrer auch zuletzt noch an die PS2 erinnernden Vergangenheit gelöst.


Aufs Wesentliche reduzierter Spaß

verwendete Gegenstand die Endwertung und damit die ausgeschüttete Geld-Belohnung beeinflusst. Dann geht es zur nächsten Mission, in der eine meist noch haarsträubendere und in manchen Momenten sogar extrem tödliche Zusammenstellung von Gegnern wartet, auf die man sich erst einmal einstellen oder seine Ausrüstung anpassen muss.

Und diese simple Motivations-Schleife aus Beute-Sammlung, Ausrüstungs-Optimierung, minimaler Figuren-Entwicklung und der nächsten Mission reicht, um sich immer wieder mit Earth Defense Force Iron Rain beschäftigen zu wollen. Insbesondere wenn man einfach mal den Kopf mit der in ihrem Minimalismus höchst effizienten „Fire-and-Forget“-Action freibekommen möchte. Klar ist aber auch: Langfristig bietet EDF auch mit Iron Rain auf Dauer zu wenig, um sich gegen die Hochglanz-Looter-Shooter wie Borderlands, The Division und Co durchsetzen zu können. Zumal man mit den großen Gegnern und der manchmal etwas schwammig reagierenden Steuerung auch in Situationen geraten kann, in denen die Kamera hilflos überfordert ist – was zumeist in einem Bildschirmtod endet, der von langwierigen Ladezeiten und einem kompletten Levelneustart begleitet wird. Kontrollpunkte sind in der Welt der Earth Defense Force verpönt. Dafür darf man allerdings auch zahlreiche Fahrzeuge nutzen, angefangen von zivilen Autos, um schnell größere Distanzen zu überbücken, bis hin zu bewaffneten Panzern, die selbst gefährliche Gegnertrupps ausschalten. Dass man sowohl zu zweit am Splitscreen als auch mit bis zu sechs Spielern online den Invasoren den kooperativen Kampf ansagen und so versuchen kann, minimale Flankierungstaktiken zu nutzen, wertet Earth Defense Force Iron Rain zusätzlich auf. Wer lieber andere Spieler herausfordern möchte, kann dies mit der Kristalljagd, bei der acht Spieler in Teams gegeneinander antreten.

Fazit

Fans der Serie werden sich verwundert die Augen reiben: Im Vorspann zeichnet statt des langjährigen Entwicklers Sandlot das Team von Yuke’s (WWE/UFC zu alten THQ-Zeiten) verantwortlich. Und das hat sich für Unreal-Technologie als Grafikmotor entschieden. Damit sehen die Auftritte der Erdverteidiger gegen Riesenameisen, Spinnen und anderes Getier zwar immer noch nicht ganz zeitgemäß aus, schütteln aber zumindest ihre bis zuletzt eher an PS2-Zeiten erinnernde Vergangenheit ab. Mechanisch hält aber auch das neue Team an alten Stärken fest: Die Schleife aus Kämpfen gegen immer stärke werdende Gruppen aus Insekten und  Roboterwesen, der nachfolgenden Belohnung mit neuen Waffen und Gimmicks bietet ein grundsolides Motivationsfundament. Und je mehr man mit dem absurden Humor und den Anspielungen auf Monster-Filme der 50er oder 60er Jahre anfangen kann, desto höher steigt das Spaßbarometer – noch mehr, wenn man kooperativ gegen die Invasoren antritt. Neben Onechanbara ist und bleibt Earth Defense Force eine polarisierende Konstante, wenn es darum geht, „stilvollen“ Spieletrash auf die Bildschirme zu bringen. EDF!

Pro

  • EDF. EDF. EDF. EDF.
  • simple Motivationsschleife aus Kampf sowie neuer Ausrüstung
  • unterschiedliche Anzüge mit Auswirkungen auf Mechanik
  • zerstörbare Umgebungen
  • passables Gegner-Arsenal
  • Fahrzeugnutzung
  • kooperativ spielbar (Splitscren/Online)
  • angenehm selbstironische Inszenierung

Kontra

  • visuell altbacken
  • Steuerung mitunter schwammig
  • Kamera manchmal überfordert
  • wankelmütige Kameraden-KI
  • redundante Missionen

Wertung

PlayStation4

Aufs Wesentliche reduzierte Baller-Action mit riesigen Insekten, Monstern sowie Robotern. Die einfache Motivationsschleife aus Kampfmission und besserer Ausrüstung für die nächste Aufgabe funktioniert so gut wie eh und je.

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  • Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.
  • Season Pass, dessen Inhalte keine bzw. nur minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.