Shakedown: Hawaii - Test, Action-Adventure, PC, 3DS, Wii_U, Switch, PS_Vita, PlayStation4, PlayStation5, Wii

Shakedown: Hawaii
10.05.2019, Mathias Oertel

Test: Shakedown: Hawaii

Das GTA der SNES-Ära

Gut Ding will Weile haben. Dies dürfte das Motto des Teams von Vblank Entertainment sein. Immerhin ist ihr letztes Spiel Retro City Rampage vor fast sieben Jahren erschienen. Doch wenn in ihrem neuen Projekt Shakedown Hawaii ebenso viel Herzblut steckt wie in der 8-Bit-Hommage an das allererste Grand Theft Auto, dürften Anhänger von offenen Welten und Pixelkunst wieder zahlreiche Stunden guter Unterhaltung erleben. Wir haben uns für einen Action-Urlaub auf die amerikanische Pazifikinsel begeben – mehr dazu im Test.

Als Geschäftsführer und Inhaber eines profitablen Unternehmens lässt es sich leben. Man lässt seine Angestellten für sich arbeiten, schreibt seine Memoiren, lebt fortan von den Tantiemen und macht es sich zuhause gemütlich. Doch als eines Tages der CEO von Feeble Multinational erfährt, dass seine Firma kurz vor dem Kollaps steht, da man quasi in den 80er Jahren steckengeblieben ist (als er sich zurückgezogen hat) und damit alle modernen gesellschaftlichen Errungenschaften wie z.B. Social Media usw. verschlafen hat, rafft er sich nochmal auf. Er muss seine Firma retten. Koste es, was es wolle. Egal, welche Regeln man brechen oder neu schreiben muss.

Der amerikanische Traum

Auf dem Papier könnte dies die Basis für eine trockene Wirtschafts- bzw. Aufbaustrategie à la Transport Tycoon, Pizza Connection & Co sein. Doch Vblank Entertainment nutzt dieses Szenario als Basis für eine mechanisch gleichermaßen konsequente wie stringente Fortsetzung von Retro City Rampage. Wir erinnern uns: Die Action in offener 8-Bit-Pixel-Welt orientierte sich mit ihrer 2D-Vogelperspektive am Ur-Grand-Theft-Auto und reicherte dies mit kurzweiligen Missionen, teils absurden Minispielen sowie einer witzigen Zeitreise-Geschichte an, die sich vor allem die Pop-Kultur als Ziel ihrer Gags ausgesucht hatte.

In Shakedown Hawaii ergibt sich der Wortwitz der weiterhin nur als Text dargestellten Dialoge in erster Linie aus dem anachronistischen Denken des in die Jahre gekommenen Geschäftsführers, den man hauptsächlich steuert. Er schwört auf VHS, hält Streaming für eine kurzlebige Modeerscheinung und weiß mit Energy Drinks ebenso wenig anzufangen wie mit Bestellungen im Internet, Kaffeehäusern, in denen die Gäste bereit sind, überteuerte Preise für Milchmixgetränke zu zahlen

Die Action orientiert sich an den klassischen GTA-Spielen und transportiert sie visuell in die SNES- bzw. Mega-Drive-Ära.
oder diesen komischen Videospielen, mit denen sich sein schon längst erwachsener Sohn die Zeit vertreibt – den man übrigens auch hier und da steuert. Es gibt auch noch eine dritte spielbare Figur. Doch der „Problemlöser“ wird meist nur eingesetzt, wenn man irgendwelchen Kartellen ihre Rohstoffe oder Informationen abnehmen muss – natürlich, nachdem man die Pixelfiguren durchsiebt hat.

Wirtschafts-Witz

Insofern man nicht die letzten zehn Jahre unter irgendeinem Stein sein Dasein fristete, wird man in den teils clever geschriebenen Texten aber nicht nur erneut haufenweise Anspielungen auf Begleiterscheinungen des modernen Lebens finden. Jedes Mal, wenn man mit einer neuen Geschäftsidee konfrontiert wird, werden subtile Spitzen auf das amerikanische Wirtschaftsdenken sowie –Kriminalität verteilt. Diese zünden zwar nicht immer, sorgen aber dennoch für eine sehr lockere Grundstimmung, während man versucht, die recht große Stadt mit all ihren Profitmöglichkeiten unter seine Fittiche zu bringen. Es tut Shakedown gut, dass man sich erzählerisch nicht ernst nimmt und sich auch für den einen oder anderen platten Gag nicht zu schade ist.

So weit man sich erzählerisch von Retro City Rampage entfernt, so nah liegt man mechanisch am älteren Familienmitglied: Man ist entweder zu Fuß oder mit einem der zahlreichen fahrbaren Untersätze in der komplett offenen Metropole unterwegs, um sich entweder das nötige Kleingeld für den Erwerb unterschiedlicher Unternehmen zu beschaffen. Und es gibt wahrlich genug Unternehmen oder zwielichtige Beschäftigungen, die man sich aneignen kann: Es warten über 120 Story-Missionen, knapp 400 Möglichkeiten, seinen Immobilienvorrat aufzustocken, über 80 Geschäfte, die man mit Gewalt in dieser oder jener Form zu einer „dauerhaften“ Umsatzspende überzeugen kann und fast 30 Herausforderungen. Und wie es sich für eine offene Welt gehört, kann man tun und lassen, was man will. Und das natürlich im eigenen Tempo und je nachdem, wie viel Zeit man zur Verfügung hat. Allerdings fällt auf, dass sich das prinzipielle Missionsdesign recht früh wiederholt: Man geht oder fährt irgendwohin, zerstört etwas, tötet Gegner oder erweitert sein Imperium durch Käufe.

Wirtschafts-GTA

Allerdings findet man auch immer wieder Überraschungen. Das können z.B. Plattformsequenzen sein, in denen man nicht nur Abgründe überwinden, sondern ggf. auch beweglichen Fallen ausweichen muss. Und bei den „feindlichen“ Übernahmen darf man sich auch nicht sicher fühlen, was auf einen zu kommt. Mal ergibt sich der Ladenbesitzer ohne Gegenwehr seinem Schicksal und „fusioniert“ mit Feeble Multinational. Dann wiederum muss man erst die Ladeneinrichtung zertrümmern, bevor er sich einem anschließt. Ein wieder anderes Mal tauchte auf einmal eine ganze Bande mit über einem Dutzend Gegner auf, die einen ganz schön fordern. Und in einem Schönheitssalon konnte die Besitzerin davon überzeugt werden, dass sie Schutz benötigt, indem man die Toiletten verstopfte und für eine Überschwemmung sorgte! Man kann erneut unterhaltsame Mini-Spiele und natürlich auch das eine oder andere Geheimnis finden, während man die Inselmetropole zu einem riesigen Umsatz-Spielplatz ausbaut.

Die Wirtschaftselemente bleiben oberflächlich.
Dadurch und durch die letztlich recht kurze Zeit, die man auf jede Aufgabe aufwendet, wird die Missionsredundanz allerdings auf ein akzeptables Niveau heruntergestuft – meist dauern die Story-Quests zwischen fünf und zehn Minuten. Es gibt zwar auch Abweichungen nach oben, doch Shakedown Hawaii ist ein eigentlich ideales Spiel für zwischendurch: Ein schneller Einstieg, dazu eine knackige, angenehm direkte Steuerung auf allen Systemen sorgen für kurzweilige Unterhaltung – und ansehnlich ist sie auch noch. Hing der Quasi-Vorgänger Retro City Rampage in der Ära von NES und Master System, zeigt sich Hawaii als ansehnliche 16-Bit-Pixelkunst, die in Zeiten von Mini-SNES, Sega Mega Drive Collection oder dem angekündigten Mega Drive Mini beinahe schon zeitgemäß wirkt. Farbpalette und Effekte erinnern ebenso an Nintendos 16-Bitter wie die Zwischensequenzen oder die Musik, die aber letztlich nicht ganz so wuchtig tönt wie einschlägige Mega-Drive-Klassiker. Ungeachtet dessen zieht Vblank hier alle Register, um Retrofans mit der audiovisuellen Gestaltung zu begeistern.  

Willkommen in der SNES-Ära

Auch die Zwischensequenzen wurden konsequent im 16-Bit-Stil umgesetzt.
Und so ganz ohne Wirtschaftsaspekte will man die Klein- und Großgangster auch nicht von der Angel lassen. Mikromanagement bei den Geschäften sucht man zwar vergeblich. Doch man kann z.B. nach der Übernahme bestimmter Unternehmenszweige seine anderen Umsatzquellen aufwerten und so die Profite steigern oder über Angestellte Optimierungen vornehmen. Damit bekommt die sauber inszenierte Action zwar keinen wirtschafts-strategischen Unterbau, doch als sich durch alle Elemente ziehende Mechanik ist dies durchaus brauchbar und sorgt dafür, dass Shakedown Hawaii letztlich doch etwas mehr ist als simpel gestrickte Arcade-Ballereien. Doch hier hat die offene Welt noch am meisten Nachholbedarf. Man könnte die Wirtschaftsaspekte noch stärker mit der Action verzahnen, um Wechselwirkungen herzustellen. In dieser Form bleibt alles sehr oberflächlich und dient meist nur dazu, um die nächste Mission einzuleiten.

Fazit

Okay: Vblank lässt sich wirklich sehr viel Zeit mit der Entwicklung ihrer Spiele – zwischen der Erstveröffentlichung des Quasi-Vorgängers Retro City Rampage und Shakedown Hawaii liegen satte sieben Jahre. Doch auch wenn die Action in einer offenen Retro-Welt, die erneut auf dem Konzept der ersten beiden Grand Theft Autos aufbaut, in keinem Punkt herausragend ist, spürt man das Herzblut und die Leidenschaft, die in die Entwicklung geflossen sind. Die Kulisse, die den Sprung von 8-Bit in Retro City auf Shakedowns 16-Bit bravourös geschafft hat, wirkt wie aus einem Guss und hinterlässt einen durchweg charmanten Eindruck. Die Action geht sowohl bei der Fahrzeugkontrolle als auch den Feuergefechten locker von der Hand, wobei die Missionen zu früh von Wiederholungen geplagt werden. Man findet zwar immer wieder überraschende Ausnahmen vom „Fahre zu Ort X und räume dort mit Waffengewalt auf“-Einerlei, doch diese begegnen einem letztlich zu selten. Die Wirtschaftsebene mit dem Erwerb von Unternehmen und Geschäften ist eine gut gemeinte Ergänzung und hilft, die Geschichte mit ihrem sympathischen Humor voranzubringen. Doch sie bleibt zu oberflächlich. Auch wenn man wie hier auf Mikromanagement verzichtet, hätte man mehr machen können, um die legalen und illegalen Umsatzbringer besser mit der Action zu verzahnen. Zwar schafft man es trotz visuellen Fortschritts und interessanter Ansätze nicht, sich an Retro City Rampage vorbei zu schieben. Doch die kurzweilige Action bietet durchweg gute Unterhaltung.

Pro

  • sehr gutes sowie stimmiges 16-Bit-Design
  • direkte, gut reagierende Steuerung
  • haufenweise Missionen, Herausforderungen
  • sympathischer Humor
  • ansprechend große offene 2D-Spielwelt
  • unterhaltsame Nebenmissionen

Kontra

  • zu wenig Missions-Variation
  • nur oberflächliche Wirtschafts-Elemente
  • Story und Action mitunter ohne Verbindung

Wertung

Switch

Durchweg unterhaltsame Action im Stile der ersten GTA-Spiele, eingebunden in eine sympathische 16-Bit-Pixelkulisse. Die Wirtschafts-Elemente sind gut gemeint, aber letztlich nicht gut mit der Action verbunden.

PlayStation4

Durchweg unterhaltsame Action im Stile der ersten GTA-Spiele, eingebunden in eine sympathische 16-Bit-Pixelkulisse. Die Wirtschafts-Elemente sind gut gemeint, aber letztlich nicht gut mit der Action verbunden.

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