Druidstone: The Secret of Menhir Forest - Test, Taktik & Strategie, PC

Druidstone: The Secret of Menhir Forest
17.05.2019, Jörg Luibl

Test: Druidstone: The Secret of Menhir Forest

Putzig, taktisch, knifflig

Das finnische Team von Ctrl Alt Ninja Ltd. besteht aus ehemaligen Legend-of-Grimrock-Entwicklern. Die haben zwar weiterhin ein Herz für klassische Fantasy, aber in Druidstone: The Secret of Menhir Forest inszenieren sie keinen Dungeon-Crawler, sondern epische Rundentaktik à la Fire Emblem Fates, Wargroove & Co. Inspiration dazu fanden sie in Klassikern wie Pool of Radiance, XCOM, FTL, aber auch in Brettspielen - das klingt doch gut. Für knapp 25 Euro sollt ihr auf dem Rechner für 15 bis 20 Stunden unterhalten werden. Mehr dazu im Test!

Meine Güte, sind diese Fellknäuel knuffig! Aber lasst euch von einigen niedlichen Figuren nicht täuschen: Druidstone sorgt schon auf dem zweiten der drei Schwierigkeitsgrade dafür, dass auch gewiefte Rundentaktiker ihre Haupthelden Aava, Leonhard und Oiko verlieren. Man sollte sich gut überlegen, welchen Ort man auf der hübsch illustrierten Weltkarte besucht. Innerhalb der Areale muss man in jeder Runde sehr clever und effizient mit seinem Trio agieren, da man meist in Unterzahl ist und die Feinde einige fiese Manöver parat haben.

Putzig, aber tödlich

Leider wirkt die Balance an einigen Stellen etwas unausgereift und es kommt früh zu Trial & Error. Wo man in Fire Emblem Fates oder Wargroove langsam bei steigendem Anspruch heran geführt wird, fühlt man sich hier manchmal in ein Korsett gezwängt, in dem jeder Zug sitzen muss - was bei Into the Breach eher motiviert, weil man viel mehr Möglichkeiten

Die Fantasy-Story wird über Textdialoge erzählt.
hat, um die Karten auf mehrere Arten zu meistern. Aber keine Bange: Dafür sind die Ziele abwechslungsreich und man braucht nur einen Überlebenden, um Missionen zu meistern. Selbst wenn alle sterben, kann man sie ohne permanente Verluste oder Strafen nochmals probieren, so dass kein allzu großer Frust aufkommt.

Dass man immer wieder gerne taktiert, liegt nicht nur an der ansehnlichen Kulisse, die ebenso bunte wie gut beleuchtete Schlachtfelder zeigt, in denen der Wald bei bewegtem Gras z.B. nahtlos in Gewölbe übergeht oder ganze Labyrinthe sichtbar werden, in die man hineinzoomen kann. Das Figurendesign verbindet Elemente aus westlicher und östlicher Fantasy, so dass es neben klassischen Skeletten, Rangern und Druiden auch pokémonhafte Kreaturen gibt - so trifft das Edle auf das Putzige. Aber unter dem kompeteten Artdesign verbirgt sich auch ein durchdachtes Spieldesign, das Taktik-Rollenspieler sowohl mit anspruchsvollen Geländemanövern als auch individueller Figurenentwicklung unterhält. Außerdem bemüht man sich um epische Tiefe.

Die Motivation für das Trio ist schnell zusammengefasst: Der Erzdruide ist verschwunden, der Wald wird von einer Seuche heimgesucht, was ist geschehen? Zwar sind einige Dialoge mitunter ganz witzig, die Welt wurde mit Bedacht konzipiert und

Die drei Helden werden frühzeitig unter Druck gesetzt. Aber das Vernichten der Gegner steht in dieser Mission nicht im Vordergrund: Können sie die putzigen Kreaturen retten, bevor alle drei tot sind?
wer sich darauf einlässt, wird trotz der einfach anmutenden Gut-Böse-Geschichte eingermaßen unterhalten - und sogar überrascht. Aber das Erzählerische ist nicht die große Stärke dieses Spiels, zumal es keine Sprachausgabe gibt und einfach zu viele Textfenster eingeblendet werden. Man klickt die Gespräche irgendwann schnell weg, damit es endlich weiter geht. Denn nicht bei der Lektüre, sondern beim Schachspiel in Wäldern und Katakomben entfaltet sich der Reiz dieses Fantasy-Taktik.

Taktik-Abenteuer mit Story

Schon in den ersten Missionen geht es vielfältig mit den drei Helden (weitere kommen hinzu) zur Sache, denn sie alle haben andere Reichweiten, Stärken und Fähigkeiten. Aava ist zu Beginn Bogenschützin, Leonhard ein Schwertkämpfer und Oiko ein Priester mit arkanen Möglichkeiten. Neben Nah- und Fernkampf sowie Magie kommen einige coole Manöver hinzu, die z.B. für Rundumangriffe, Verschiebungen oder Teleportationen sorgen. So kann man einen weit entfernten Feind z.B. erst mit dem Bogen verletzen, dann zu sich beamen und dort mit dem Schwert des Rangers töten. Schade ist zwar, dass es keine relevanten Höhenunterscheide gibt, aber dabei muss man sich vorsichtig bewegen, denn so manches Feld birgt Nachteile. Und wer in seinem Zug einfach so an einem Feind vorbeizieht, wird sofort angegriffen - in eine ähnliche antizipierende Haltung kann man auch selbst mit seinem Ranger gehen.

Überhaupt ist die Route sowie Positionierung wichtig, so dass man die im Vorfeld angezeigten Radien zu schätzen weiß, die einem genau zeigen, wo man verwundbar ist oder ob eine Sichtlinie zum Ziel für den Pfeil oder Zauber vorhanden ist. Trotzdem hat die Visualisierung der Statistiken einige Lücken, so dass man öfter mal hin und her klickt oder die Undo-Funktion nutzt: Die Fernkampf-Reichweiten mancher Feinde werden z.B. nicht angezeigt, außerdem wird er eigene Schaden nicht rechts aufgelistet, wenn man über die Fähigkeiten-Icons manövriert.

Der Weg zum Ziel

Für Spannung sorgen blinkende Felder, die anzeigen, dass dort bald Verstärkung eintrifft. Das Taktieren erinnert manchmal

Helden steigen auf, außerdem kann man Fähigkeiten individualisieren.
entfernt an Into the Breach, aber erreicht nicht dessen Möglichkeiten, zumal das angesprochene Trial&Error nerven kann. Aber nicht nur die Feinde, auch das interaktive, angenehm abwechslungsreiche Leveldesign trägt zur Knobelei im Gelände bei.

Es gibt nicht nur Schatzkisten oder Sträucher mit Heilkraft, sondern auch Zauberpodeste, an denen man temporär eine Fähigkeit stärken kann. Oder Hebel und Bodenplatten, die Türen öffnen oder Mechanismen auslösen; wenn später Fallen & Co in labyrinthischen Verliesen hinzu kommen, fühlt man sich am ehesten an Legend of Grimrock erinnert. Hinzu kommen verseuchte Nester, die erst ein paar Runden pulsieren und dann, falls man sie nicht vorher vernichtet, den kompletten Level in eine Horrorvariante mit düsteren Kreaturen verwandeln.

Eine weitere Stärke ist das Missionsdesign, das nie generisch, sondern immer frisch wirkt: Es geht fast nie darum, alle Feinde zu töten, sondern immer um spezielle Ziele wie etwa das Sammeln von Artefakten, das Retten von Unschuldigen, das

Auf der schönen Weltkarte wählt man einzelne Missionen.
Eskortieren von Leuten, Zerstören von Nestern oder Erreichen des Ausgangs. Zwar zehren die frühen Tode der eigenen Helden und die ständige Unterzahl an der Geduld, aber man kann trotz personeller Unterlegenheit die Missionsziele erreichen und wird nicht in langwierige Abnutzungskämpfe verwickelt. Hinzu kommen Aufgaben, die sich nahezu komplett auf das Knobeln ohne Kampf beschränken.

Missionsdesign und Entwicklung

Last but not least motiviert die Aufrüstung und Entwicklung der Helden. Zum einen kann man bei einem Händler gegen Gold neue Waffen, Rüstungen & Co kaufen, zum anderen kann man mit Edelsteinen seine Fähigkeiten gezielt verstärken, so dass man sich wie in einem Trading-Card-Game mit der Zeit ein eigenes Deck erstellt. Egal ob Bogen, Feuerball oder Rüstungszauber: Nahezu alles wird in Form von Karten dargestellt, die freie Slots anzeigen. Besetzt man diese, kann man ihre Effizienz oder die Anzahl der Benutzung über Edelsteine erhöhen. Schließlich steigen die Helden auch auf, so dass man nicht nur Charakterwerte wie die Lebenspunkte, sondern auch weitere Fähigkeiten bzw. Karten erwerben kann, um sein Arsenal zu erweitern.

Fazit

Druidstone: The Secret of Menhir Forest ist ein kompetentes und kniffliges Taktik-Rollenspiel. Dass hier ehemalige Entwickler von Legend of Grimrock verantwortlich zeichnen, merkt man spätestens, wenn man mit seinen drei Helden in den labyrinthischen Katakomben voller Fallen unterwegs ist. Der Fantasystil mischt auf charmante Art sowohl das Epische westlicher als auch das Putzige fernöstlicher Tradition. Zwar kann die Story in Ansätzen neugierig machen, aber die vielen Textdialoge ermüden auf Dauer und es gibt keine deutsche Lokalisierung. Level- und Missionsdesign sind jedoch richtig gut, zumal nicht das Vernichten aller Feinde, sondern eher das Knobeln für das Erledigen der Ziele im Vordergrund steht - das erinnert entfernt an Into the Breach. Schon auf dem normalen Schwierigkeitsgrad muss man clever taktieren, wobei die Balance manchmal zu wünschen übrig lässt und der Spielspaß früh von Trial&Error ausgebremst wird. Aber man kann alles komfortabel wiederholen, es gibt keine permanenten Verluste, außerdem motivieren Charakter- und Fähigkeitenentwicklung auf lange Sicht. Unterm Strich ein ebenso ansehnliches wie anspruchsvolles rundenbasiertes Abenteuer, das für knapp 25 Euro richtig gut unterhält.

Pro

  • anspruchsvolles Taktik-Rollenspiel
  • ansehnliche Kulissen, putzige Figuren
  • viele coole Fähigkeiten und Interaktionen
  • gutes und abwechslungsreiches Missionsdesign
  • Helden individuell aufrüsten und entwickeln
  • drei Schwierigkeitsgrade; faires Speichersystem
  • Editor für eigene Szenarien

Kontra

  • einiges an Trial&Error
  • zu viele passive Dialogszenen
  • manchmal Probleme mit der Balance
  • keine Höhenunterschiede, Kamera nicht drehbar
  • man vermisst ein paar hilfreiche Anzeigen
  • nur englische Texte, keine Sprachausgabe

Wertung

PC

Ansehnliches und anspruchsvolles Taktik-Rollenspiel der Legend-of-Grimrock-Macher.

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Kommentare
MaxDetroit

Habe es als Fan von Legend of Grimrock 2 über die Feiertage durchgezockt. Das Spiel ist eine kleine vergessene taktische Perle und sollte mehr Aufmerksamkeit bekommen. Gerade der Schwierigkeitsgrad ist fair und sehr fordernd und man muss immer versuchen auf das 'Mission-Objective' hin zu spielen und nicht einfach planlos alles umzuhauen. Die Environments sind sehr ansehnlich und die Level sind mit viel Liebe für's Detail hin gestaltet. Einzig die Story ist ein wenig langwierig hier und da, aber hat teilweise lustige Dialoge in einem sich nicht all zu ernst nehmenden Fantasy-Setting. Mutant Year Zero habe ich dieses Jahr auch gezockt und fand das nicht annähernd so spannend und fordernd wie Druidstone, aber das ist sicherlich Geschmackssache. Trotzdem, meine Empfehlung an Rundenstrategie Fans, die mal eine kleine feine Herausforderung suchen, geht von mir auf jeden Fall raus. Schönes Spiel.

vor 4 Jahren