Lotus Challenge - Test, Rennspiel, XBox, PlayStation2

Lotus Challenge
26.11.2001, Jens Bischoff

Test: Lotus Challenge

Einmal selbst einen Lotus zu fahren ist für viele Autonarren sicher ein Wunschtraum. Doch da die britischen Nobelkarossen für Normalsterbliche kaum erschwinglich sind, bietet Virgin mit Lotus Challenge (ab 45,89€ bei kaufen) jetzt wenigstens die Möglichkeit, ins virtuelle Cockpit eines Esprit oder Elise zu steigen und die Reifen qualmen zu lassen. Sogar eine Karriere als Lotus-Testfahrer ist mit dem PS2-Racer möglich. Wir sind die 128Bit-Boliden jedenfalls ausführlich Probe gefahren, um Euch den dazugehörigen Test präsentieren zu können.

Einen Lotus-Racer gab es mit Lotus Turbo Challenge schon auf dem guten alten Amiga. Mit diesem hat Virgins Lotus Challenge allerdings nicht mehr viel gemein. Virgins Fuhrpark umfasst insgesamt 38 Modelle und Prototypen, welche über vierzig Jahre Automobilgeschichte made by Lotus präsentieren - von der Le-Mans-Legende Eleven S2 über die Toppseller Esprit und Elise bis hin zu modernen Formel-1-Boliden oder dem Exige.

Bemerkenswerter Fuhrpark

Schade nur, dass sich an keinem der Fahrzeuge selbst Hand anlegen lässt, denn weder Tuning-Kits noch Setup-Einstellungen lassen sich vom Spieler verändern. Einzig bei der Lackierung darf man ein Wörtchen mitreden. Dafür bietet Lotus Challenge ein für einen Lizenz-Raser recht ungewöhnliches Feature: ein realistisches Schadensmodell, das selbst bei Überschlägen nicht die Handbremse zieht - meistens sehen Autohersteller solche Crashs und verbeulte Karosserien nämlich gar nicht gerne.

Was man als Spieler hingegen nicht gerne sieht, sind die optisch leider äußerst schwachen Streckengrafiken, die mit Weichzeichner-Effekten à la The Bouncer auch noch recht verwaschen wirken. Die Boliden selbst können sich hingegen durchaus sehen lassen - das Schadensmodell kommt optisch gut rüber und wirkt sich auf Wunsch auch auf das Fahrverhalten aus. Dank Environment- und Reflection-Mapping machen die Lotus-Schlitten aber auch im verbeulten Zustand noch eine gute Figur.

Licht und Schatten

Hervorzuheben sind auch die gelungenen Blendeffekte bei tief stehender Sonne, die sich selbst vor einem Gran Turismo 3 nicht zu verstecken brauchen. Das Licht der Autoscheinwerfer ist hingegen nur optisches Blendwerk - nächtliche Straßen werden dadurch keinen Deut erhellt. Allgemein ist die Optik sowieso eher schlicht und unspektakulär. Vor allem die geringe Sichtweite und der zähe Spielfluss kosten in diesem Bereich wertvolle Punkte.

Akustisch kocht das Geschehen auch eher auf Sparflamme. Zwar können die authentischen Motorengeräusche prinzipiell überzeugen, aber irgendwie fehlt hier der letzte Biss, denn selbst in der Cockpit-Perspektive eines Wagens ohne Verdeck klingt der Motor meilenweit entfernt. Die musikalischen Trance- und Ambient-Klänge von Hybrid sind ebenfalls viel zu zahm, um stimmige Renn-Atmosphäre aufkommen zu lassen und die deutschen Synchronstimmen wirken auch nicht gerade professionell.

Beim Gameplay feiert Lotus Challenge sogar eine Premiere: die zirkuläre Pad-Steuerung. Wie bei einem Lenkrad müsst Ihr, wenn Ihr diese Konfiguration wählt, den linken Analogstick bei Lenkmanövern kreisförmig bewegen. Dadurch lassen sich die Boliden nicht nur realistischer, sondern auch gefühlvoller steuern. Darüber hinaus kommen aber auch Standard- und Force-Feedback-Lenkräder zum Einsatz.

Originelle Features

Bei den Spielmodi habt Ihr die Wahl zwischen Zeitfahren, Einzelrennen, Meisterschaft und Herausforderung. Einzelrennen können auch zu zweit via Splitscreen ausgetragen werden - auf die sonst üblichen fünf CPU-Fahrer muss man dann allerdings verzichten. Solisten freuen sich hingegen über sieben verschiedene Meisterschaftsklassen und den abwechslungsreichen Herausforderungsmodus, wo man eine Karriere als Lotus-Testfahrer durchläuft und neben Wettkämpfen auch witzige Einlagen wie die Aufnahme von Werbespotts, ein unorthodoxes Elfmeterschießen oder das Auslösen von Radarfallen auf der Tagesordnung stehen.

Ansonsten freuen sich Anfänger über zuschaltbare Fahrhilfen wie ABS, eine Traktionskontrolle oder den Lenkassistenten und selbst die KI der CPU-Fahrer lässt sich an die eigenen Fahrkünste anpassen. Negativ machen sich hingegen die fehlenden Angaben der Fahrzeugeigenschaften sowie das Fehlen einer während des Rennens aktiven Streckenkarte mit genauen Positionsangaben der Gegner bemerkbar - auch einen Rückspiegel gibt es keinen. Besonders enttäuschend ist auch die mickrige Lotus-Chronik, die lieblos und aufgesetzt wirkt, was der edle Traditionshersteller in dieser Form wirklich nicht verdient hat.

Pro:

  • zuschaltbare Fahrhilfen


  • umfangreicher Fuhrpark


  • innovative Pad-Steuerung


  • nette Blend- & Spiegeleffekte


  • realistisches Schadensmodell


  • abwechslungsreicher Karrieremodus


  • Kontra:

  • zäher Spielfluss


  • dürftige Präsentation


  • schwache Streckenoptik


  • keine Tuning- oder Setup-Möglichkeiten


  • keine Angaben zu Fahrzeugeigenschaften


  • fehlende Streckenkarte & Positionsanzeigen


  • Vergleichbar mit:

    Gran Turismo 3, Le Mans, Tokyo Xtreme Racer, Supercar Street Challenge, Ridge Racer V

    Fazit

    Virgins Lotus Challenge ist sicher nicht das, worauf Fans der legendären Autoschmiede gewartet haben, aber interessant ist der Lizenz-Racer auf jeden Fall. Wo bekommt man schon fast vierzig auf Hochglanz polierte Lotus-Schlitten mit realistischer Fahrphysik und authentischem Schadensmodell geboten, die allesamt liebevoll gestaltet wurden? Zudem wird man mit einer abwechslungsreichen Karriere als Testfahrer samt zirkulärer Pad-Steuerung und zuschaltbarer Fahrhilfen verwöhnt. Doch der zähe Spielfluss, die magere Präsentation und eine wenig ansehnliche Streckenoptik werden der Lotus-Lizenz genauso wenig gerecht wie fehlende Tuning- oder Setup-Möglichkeiten. So mangelt es für eine Simulation klar an Umfang und Tiefgang und für einen Arcade-Racer mangelt es Lotus Challenge schlicht an Action und Rasanz.

    Wertung

    PlayStation2