Fade to Silence - Test, Survival & Crafting, PlayStation4, XboxOneX, PlayStation4Pro, PC, XboxOne

Fade to Silence
24.05.2019, Mathias Oertel

Test: Fade to Silence

Überlebenskampf mit Hindernissen

Das Offenburger Studio Black Forest Games hat sich mit der Neuinterpretation von Giana Sisters sowie Rogue Stormers die Entwicklungshörner abgestoßen. Mit dem aktuellen Projekt Fade to Silence (ab 6,19€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) wandelt das mittlerweile zu THQ Nordic gehörende Team auf ambitionierten Pfaden. Knallharter Überlebenskampf in einer offenen Frost-Apokalypse ist ja doch ein gutes Stück entfernt von der seitwärts scrollenden Action, die bislang im Portfolio zu finden war. Ob sich das Risiko gelohnt hat, klären wir im Test.

Ist das wirklich euer Ernst? Okay: Meine Spielfigur ist gestorben. Wieder einmal. Aber nicht jedes Mal war es meine Schuld. Ich kann auch nichts dafür, wenn euer Kampfsystem mit Ausdauerleiste, Block, Konter und Ausweichen gerne „Souls“ sein möchte, aber an der Oberfläche stecken bleibt und dazu noch Präzision vermissen lässt. Doch daran konnte ich mich gewöhnen. Nicht jedoch an die Tode, die durch Designprobleme oder die sporadisch unfair platzierte Gegner verursacht wurden. Doch selbst damit könnte man noch fertig werden. Aber wieso werden meine letzten sechs Stunden, in denen ich mit der Hauptfigur David in der eisigen Einsamkeit einer frostigen Postapokalypse ums Überleben gekämpft hat, vollkommen ausradiert? Wieso muss ich wieder komplett von vorne anfangen, mit den gleichen Aufgaben, der absolut identischen Spielwelt, den gleichen Gegnern, den gleichen Herausforderungen und vor allem auch den gleichen Tutorials?

Ernsthaft?

Bei Spielen mit zufällig generierten Elementen ergibt dies vielleicht noch einigermaßen Sinn. Doch bei einem von Hand geplanten Abenteuer? Man stelle sich einmal vor, dass man bei den hier in mancher Hinsicht Pate stehenden und wesentlich besser konzipierten Titeln von From Software nach dem vierten oder fünften oder sechsten Tod nicht am letzten Lagerfeuer erwacht, sondern komplett an den Start gesetzt wird. Ohne die Fortschritte, die man in der Zwischenzeit gemacht hat. Ohne die Ausrüstung, die man vielleicht bis hierhin sammeln konnte. Souls-Schöpfer Hidetaka Miyazaki konnte der Versuchung bislang widerstehen, den Spieler mit einem permanenten Tod zu bestrafen.

Die Kulisse bietet immer wieder ansehnliche Umgebungen. Das Figurendesign wurde jedoch ähnlich oberflächlich gehandhabt wie viele andere Elemente.
Und ihr möchtet mit Fade to Silence wirklich „souliger“ sein als die Souls-Serie? Das ginge nur, wenn die restlichen Inhalte durchweg mit Qualität überzeugen würden. Doch wohin man auch schaut, bleibt vieles oberflächlich, in mancher Hinsicht sogar generisch. Dabei habe ich grundsätzlich sogar Spaß mit diesem Abenteuer, das einschlägige Survival-Elemente wie Ressourcen-Sammlung, Bedürfnis nach Schlaf oder Nahrung, Schutz vor Kälte usw. mit Basisaufbau, rudimentärem Gruppen-Management sowie Anflügen von Lovecraft’schem Horror mischt, der sich im gelungenen Gegnerdesign bemerkbar macht. Auch Kampf und die Erforschung der weitgehend offenen und durchaus großen Spielwelt kommen nicht zu kurz. Und dennoch wirkt vieles wie Stückwerk, zusammengehalten durch eine Geschichte, in der das Mysterium der Apokalpysen-Ursache zu unspektakulär inszeniert wird, als dass es als gelungene Motivationsgrundlage dienen könnte.

Irgendwie viel drin

Das Kampfsystem orientiert sich an den Mechaniken, die From Software in vielen seiner letzten Titel genutzt hat.
Immerhin: Man kann das Problem des Permatods, der durch zusätzliche freischaltbare Versuche hinausgezögert werden kann, umgehen, indem man zum Spielstart nicht „Überleben“, sondern „Erkundungstour“ wählt. Die Überlebensbedürfnisse werden hier reduziert, die Gegner haben eine (teils nur marginal) reduzierte Lebensenergie. Die Überlebenden, die man findet, sind in diesem Modus ebenfalls strapazierfähiger und ganz wichtig: Man hat unendliche Leben zur Verfügung. Im Gegenzug kann man in diesem Modus allerdings keine Errungenschaften oder Trophäen freischalten. Und man muss sich auf eine Variante festlegen, da Fade to Silence nur einen einzigen Speicherplatz bietet. Dass man dem Spieler keine Option für Schnellspeicherung etc. bietet, ist akzeptabel und mit dem Survival-Gedanken komplett vereinbar. Doch wieso kann man nicht einen Spielstand für Erkundungstour und einen für Überleben anlegen? So könnte man sich in einem Modus an die Probleme mit Mechanik und Spieldesign gewöhnen und in dem anderen mit einer ordentlichen (wenngleich natürlich weiterhin über alle Stränge schlagenden) Herausforderung ums Überleben kämpfen.

Denn hinter allen Mankos finden sich durchaus interessante Elemente, die jedes für sich vielleicht weder bahnbrechend noch besonders originell sind, aber in ihrer Summe durchaus ein interessantes Gesamtbild ergeben, das mehr ist als seine Einzelteile. Nehmen wir z.B. die ausbaufähige Basis als Startpunkt bzw. Zufluchtsort, wenn man der Kälte oder den Gefahren entgehen möchte, die in der Spielwelt warten. Für den ersten Überlebenden, den man findet, ist noch genug Platz – weitere benötigen eine Hütte als Unterkunft. Doch dafür muss man nicht nur Rohstoffe sammeln oder z.B. die bis dahin Geretteten beauftragen, an „eroberten“ Erntegebieten Bäume zu fällen, Tiere zu jagen usw. so dass eine weitegehend autarke Versorgung sichergestellt ist, bei der man die Lagerbewohner nicht ständig bemuttern muss. Die Hütten müssen wie alle anderen Bauten (u.a. stehen auch weiterverarbeitende Betriebe wie Schmiedestationen etc. zur Verfügung) jedoch erst einmal errichtet werden – auch das erledigen die Überlebenden, die sich einem angeschlossen haben. Da diese jedoch auch mit Nahrung und Feuerholz zufrieden gestellt werden müssen, kommt ein leichtes taktisches Element in das Survival-Abenteuer: Soll man sich erst um Behausungen kümmern, die Produktionskreisläufe optimieren oder  um die Beschaffung der wesentlichen Rohstoffe oder Nahrung kümmern?

Solides Ideen-Paket

Vor allem in der Anfangsphase läuft zwar vieles darauf hinaus, dass man Mittel und Wege findet, wie man seine Ausflüge, die einen zwangsläufig zunehmend weiter von der Basis wegführen, so gefahrlos wie möglich gestalten kann. Mit späteren Komfortfunktionen wie einem Teleport (der auch der übersinnlichen Komponente geschuldet ist) oder einem Hundeschlitten, für dessen Gespann man erst einmal Wölfe finden muss und der sich schrecklich steuern lässt, warten nach ein paar Stunden wertige Belohnungen für die immer mutigeren Wanderungen ins Unbekannte. Dieses Konzept von Risiko und entsprechendem Ertrag  setzt sich auch in den anderen Gebieten fort, in denen man den  albtraumhaften Kreaturen aus dem Weg geht oder sie mit Waffengewalt aus dem Weg räumt. Das Crafting-System ist überschaubar und weitgehend auf das Wesentliche beschränkt, sorgt aber vor allem mit fortgeschrittenen Basis-Strukturen für ein ordentliches Arsenal an Gegenständen, die man ggf. auch unterwegs herstellen kann. Über bestimmte Aktionen lässt sich das Vertrauenslevel der Überlebenden steigern – was nicht nur zu Effizienz, sondern auch dem einen oder anderen persönlichen Gespräch führen kann. Schade ist allerdings,

Die Zwischensequenzen sind stilistisch interessant. Die Story hingegen ist häufig uninteressant und in einigen Momenten unnötig wirr.
dass sowohl das Drehbuch als auch die Sprecher (sowohl im Englischen als auch in der sauberen deutschen Version) eher unterdurchschnittliche Eindrücke hinterlassen. Denn dadurch wird der Fokus umso stärker auf die mechanischen Elemente gelegt, die nur in Ausnahmefällen gerade mal durchschnittliche Werte erreichen.

Und in keinem Bereich wird dies so deutlich wie der Kampfmechanik. Natürlich: Bei dem Versuch, From Softwares minimalistisches, aber dennoch mit Feinheiten gespicktes Kampfsystem zu emulieren, sind schon ganz andere krachend auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Doch wenn man sich schon mit der Ausdauerleiste, dem schwachen sowie starken Angriff, der Ausweichrolle und der Blocktaste, die mit richtigem Timing ein Konterfenster öffnet, so stark an dem Vorbild orientiert, werden Schnitzer und Probleme (so klein sie auch sein mögen) wie unter dem Mikroskop vorgeführt. Insbesondere wenn sie den Zeitraum betreffen, in dem die Eingaben an Maus und Tastatur oder dem Gamepad umgesetzt werden. Und diese Trägheit, die vor allem bei den Ausweichbewegungen spürbare Auswirkungen hat, sorgt ein ums andere Mal für Probleme. Zumindest, bis man sich eine Minimaltaktik für die einzelnen Gegnertypen zurechtgelegt hat. Und selbst dann kann man nie wirklich sicher sein, dass die Kombo, die Abwehr oder der rettende Sprung zur Seite so ausgeführt werden, wie es eigentlich wünschenswert wäre.

Souls auf Eis

Beim Gegnerdesign hat Black Forest Games einige interessante Albträume geschaffen.
Und wenn durch solche Designprobleme das letzte Leben ausgehaucht wird und man mehrere Stunden vollkommen umsonst investiert hat, weil man im „Überlebens“-Modus wieder nahezu bei Null anfängt und die ohnehin identische Karte komplett neu erkunden muss, ist der Frust sehr hoch. Ideal wäre eine Mischung aus beiden Modi gewesen: Das prinzipielle Anforderungsprofil wie beim Überleben, aber dafür unendliche Leben und meinethalben ein Auffüllen der Gegner, wenn man das Zeitliche segnet. Aber in dieser Form wirkt es halbgar und hält einen eher davon ab, auf Dauer in das Spiel eintauchen zu wollen. Halbgar gilt übrigens auch für die Kulisse, bei der man sich für Unreal-Technologie als Motor entschieden hat. Während die Umgebung einen sehr soliden Eindruck hinterlässt und sowohl Wettereffekte als auch das Gegnerdesign richtig gut sind, bleiben die menschlichen Hauptfiguren erschreckend leblos. Sie wirken beinahe wie ein Relikt aus der letzten Technik-Generation. Die Mimik ist hölzern, die Animationen sind weitgehend sauber, aber lieblos. Dass es einem so natürlich zusätzlich zu den Spieldesign- oder Drehbuch-Problemen schwer fällt, eine „positive“ Beziehung zu ihnen aufzubauen, ist zwangsläufig und wird auch dadurch nicht abgemildert, dass ein zweiter Spieler beim Überleben helfen kann, sobald Kameraden freigeschaltet sind.

Fazit

Einige ärgerliche Designentscheidungen machen es mir wirklich schwer, Fade to Silence zu mögen. Konzeptionell ist das Survival-Abenteuer mit seinen Erkundungsreizen, dem Basisbau samt Ressourcen-Verwaltung, rudimentärem Party-Management, dem von Dark Souls inspiriertem Kampf sowie der geheimnisvollen Geschichte durchaus reizvoll. Doch je weiter man in die Geschichte und die Spielwelt vordringt, umso stärker fallen einem die Oberflächlichkeiten und Defizite auf, die eigentlich jeden Aspekt durchdringen - vom Kampf bis zur Charakterzeichnung, den Dialogen und der Geschichte. Und wenn mal Spielspaß aufkommt, sinkt er wieder mit jedem durch unfaire Gegnerplatzierung oder die träge Kampfsteuerung verursachten Bildschirmtod. Vor allem im Überlebens-Modus wird meine Geduld überstrapaziert: Dass man den Spieler dort mit Konsequenzen konfrontieren möchte, ist prinzipiell gut. Doch dass nach einer bestimmten Anzahl von Toden und im schlimmsten Fall nach zig investierten Stunden annähernd der komplette Fortschritt genullt wird und man die sich nie verändernde Karte neu erkunden muss, während man die schon längst erledigten (und nicht gerade motivierenden) Aufgaben erneut erfüllt, sorgt für Frust, der weit über das Prinzip der Soulsreihe hinaus geht. Zwar kann man alternativ mit der toleranteren „Erkundung“ ohne Dauertod spielen, aber es gibt nur einen Spielstand! Zusammen mit den technischen Schwächen sorgt das theoretisch interessante Survival-Abenteuer von Black Forest Games für Ernüchterung.

Pro

  • konzeptionell interessante Mischung aus Überlebenskampf, Basisbau und Action-Adventure
  • träge Kampfsteuerung
  • oberflächliche, aber gut verzahnte Survival-Elemente
  • gelungenes Gegnerdesign
  • ansehnliche halboffene Welt
  • ordentliche Erkundungsreize
  • kooperatives Spiel möglich (sobald Gefährten vorhanden sind)

Kontra

  • Permadeath im Überlebens-Modus frustriert statt zu motivieren
  • Kampfsystem versucht vergeblich, Projekte von From Software zu emulieren
  • technisch saubere, aber inhaltlich schwache Sprachausgabe
  • schwaches Charakterdesign
  • unfaire Momente sorgen für unnötige Bildschirmtode
  • im Erkundungsmodus werden keine Trophäen, Errungenschaften etc. vergeben

Wertung

PlayStation4

Nerviger Dauertod, hakelige Kämpfe und technische sowie inhaltliche Defizite sorgen für Ernüchterung in diesem Survival-Abenteuer.

PC

Nerviger Dauertod, hakelige Kämpfe und technische sowie inhaltliche Defizite sorgen für Ernüchterung in diesem Survival-Abenteuer.

XboxOne

Nerviger Dauertod, hakelige Kämpfe und technische sowie inhaltliche Defizite sorgen für Ernüchterung in diesem Survival-Abenteuer.

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