Fade to Silence - Test, Survival & Crafting, PlayStation4, XboxOneX, PlayStation4Pro, PC, XboxOne
Ist das wirklich euer Ernst? Okay: Meine Spielfigur ist gestorben. Wieder einmal. Aber nicht jedes Mal war es meine Schuld. Ich kann auch nichts dafür, wenn euer Kampfsystem mit Ausdauerleiste, Block, Konter und Ausweichen gerne „Souls“ sein möchte, aber an der Oberfläche stecken bleibt und dazu noch Präzision vermissen lässt. Doch daran konnte ich mich gewöhnen. Nicht jedoch an die Tode, die durch Designprobleme oder die sporadisch unfair platzierte Gegner verursacht wurden. Doch selbst damit könnte man noch fertig werden. Aber wieso werden meine letzten sechs Stunden, in denen ich mit der Hauptfigur David in der eisigen Einsamkeit einer frostigen Postapokalypse ums Überleben gekämpft hat, vollkommen ausradiert? Wieso muss ich wieder komplett von vorne anfangen, mit den gleichen Aufgaben, der absolut identischen Spielwelt, den gleichen Gegnern, den gleichen Herausforderungen und vor allem auch den gleichen Tutorials?
Ernsthaft?
Bei Spielen mit zufällig generierten Elementen ergibt dies vielleicht noch einigermaßen Sinn. Doch bei einem von Hand geplanten Abenteuer? Man stelle sich einmal vor, dass man bei den hier in mancher Hinsicht Pate stehenden und wesentlich besser konzipierten Titeln von From Software nach dem vierten oder fünften oder sechsten Tod nicht am letzten Lagerfeuer erwacht, sondern komplett an den Start gesetzt wird. Ohne die Fortschritte, die man in der Zwischenzeit gemacht hat. Ohne die Ausrüstung, die man vielleicht bis hierhin sammeln konnte. Souls-Schöpfer Hidetaka Miyazaki konnte der Versuchung bislang widerstehen, den Spieler mit einem permanenten Tod zu bestrafen.
Irgendwie viel drin
Denn hinter allen Mankos finden sich durchaus interessante Elemente, die jedes für sich vielleicht weder bahnbrechend noch besonders originell sind, aber in ihrer Summe durchaus ein interessantes Gesamtbild ergeben, das mehr ist als seine Einzelteile. Nehmen wir z.B. die ausbaufähige Basis als Startpunkt bzw. Zufluchtsort, wenn man der Kälte oder den Gefahren entgehen möchte, die in der Spielwelt warten. Für den ersten Überlebenden, den man findet, ist noch genug Platz – weitere benötigen eine Hütte als Unterkunft. Doch dafür muss man nicht nur Rohstoffe sammeln oder z.B. die bis dahin Geretteten beauftragen, an „eroberten“ Erntegebieten Bäume zu fällen, Tiere zu jagen usw. so dass eine weitegehend autarke Versorgung sichergestellt ist, bei der man die Lagerbewohner nicht ständig bemuttern muss. Die Hütten müssen wie alle anderen Bauten (u.a. stehen auch weiterverarbeitende Betriebe wie Schmiedestationen etc. zur Verfügung) jedoch erst einmal errichtet werden – auch das erledigen die Überlebenden, die sich einem angeschlossen haben. Da diese jedoch auch mit Nahrung und Feuerholz zufrieden gestellt werden müssen, kommt ein leichtes taktisches Element in das Survival-Abenteuer: Soll man sich erst um Behausungen kümmern, die Produktionskreisläufe optimieren oder um die Beschaffung der wesentlichen Rohstoffe oder Nahrung kümmern?
Solides Ideen-Paket
Vor allem in der Anfangsphase läuft zwar vieles darauf hinaus, dass man Mittel und Wege findet, wie man seine Ausflüge, die einen zwangsläufig zunehmend weiter von der Basis wegführen, so gefahrlos wie möglich gestalten kann. Mit späteren Komfortfunktionen wie einem Teleport (der auch der übersinnlichen Komponente geschuldet ist) oder einem Hundeschlitten, für dessen Gespann man erst einmal Wölfe finden muss und der sich schrecklich steuern lässt, warten nach ein paar Stunden wertige Belohnungen für die immer mutigeren Wanderungen ins Unbekannte. Dieses Konzept von Risiko und entsprechendem Ertrag setzt sich auch in den anderen Gebieten fort, in denen man den albtraumhaften Kreaturen aus dem Weg geht oder sie mit Waffengewalt aus dem Weg räumt. Das Crafting-System ist überschaubar und weitgehend auf das Wesentliche beschränkt, sorgt aber vor allem mit fortgeschrittenen Basis-Strukturen für ein ordentliches Arsenal an Gegenständen, die man ggf. auch unterwegs herstellen kann. Über bestimmte Aktionen lässt sich das Vertrauenslevel der Überlebenden steigern – was nicht nur zu Effizienz, sondern auch dem einen oder anderen persönlichen Gespräch führen kann. Schade ist allerdings,
dass sowohl das Drehbuch als auch die Sprecher (sowohl im Englischen als auch in der sauberen deutschen Version) eher unterdurchschnittliche Eindrücke hinterlassen. Denn dadurch wird der Fokus umso stärker auf die mechanischen Elemente gelegt, die nur in Ausnahmefällen gerade mal durchschnittliche Werte erreichen.Und in keinem Bereich wird dies so deutlich wie der Kampfmechanik. Natürlich: Bei dem Versuch, From Softwares minimalistisches, aber dennoch mit Feinheiten gespicktes Kampfsystem zu emulieren, sind schon ganz andere krachend auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Doch wenn man sich schon mit der Ausdauerleiste, dem schwachen sowie starken Angriff, der Ausweichrolle und der Blocktaste, die mit richtigem Timing ein Konterfenster öffnet, so stark an dem Vorbild orientiert, werden Schnitzer und Probleme (so klein sie auch sein mögen) wie unter dem Mikroskop vorgeführt. Insbesondere wenn sie den Zeitraum betreffen, in dem die Eingaben an Maus und Tastatur oder dem Gamepad umgesetzt werden. Und diese Trägheit, die vor allem bei den Ausweichbewegungen spürbare Auswirkungen hat, sorgt ein ums andere Mal für Probleme. Zumindest, bis man sich eine Minimaltaktik für die einzelnen Gegnertypen zurechtgelegt hat. Und selbst dann kann man nie wirklich sicher sein, dass die Kombo, die Abwehr oder der rettende Sprung zur Seite so ausgeführt werden, wie es eigentlich wünschenswert wäre.
Souls auf Eis
Fazit
Einige ärgerliche Designentscheidungen machen es mir wirklich schwer, Fade to Silence zu mögen. Konzeptionell ist das Survival-Abenteuer mit seinen Erkundungsreizen, dem Basisbau samt Ressourcen-Verwaltung, rudimentärem Party-Management, dem von Dark Souls inspiriertem Kampf sowie der geheimnisvollen Geschichte durchaus reizvoll. Doch je weiter man in die Geschichte und die Spielwelt vordringt, umso stärker fallen einem die Oberflächlichkeiten und Defizite auf, die eigentlich jeden Aspekt durchdringen - vom Kampf bis zur Charakterzeichnung, den Dialogen und der Geschichte. Und wenn mal Spielspaß aufkommt, sinkt er wieder mit jedem durch unfaire Gegnerplatzierung oder die träge Kampfsteuerung verursachten Bildschirmtod. Vor allem im Überlebens-Modus wird meine Geduld überstrapaziert: Dass man den Spieler dort mit Konsequenzen konfrontieren möchte, ist prinzipiell gut. Doch dass nach einer bestimmten Anzahl von Toden und im schlimmsten Fall nach zig investierten Stunden annähernd der komplette Fortschritt genullt wird und man die sich nie verändernde Karte neu erkunden muss, während man die schon längst erledigten (und nicht gerade motivierenden) Aufgaben erneut erfüllt, sorgt für Frust, der weit über das Prinzip der Soulsreihe hinaus geht. Zwar kann man alternativ mit der toleranteren „Erkundung“ ohne Dauertod spielen, aber es gibt nur einen Spielstand! Zusammen mit den technischen Schwächen sorgt das theoretisch interessante Survival-Abenteuer von Black Forest Games für Ernüchterung.
Pro
- konzeptionell interessante Mischung aus Überlebenskampf, Basisbau und Action-Adventure
- träge Kampfsteuerung
- oberflächliche, aber gut verzahnte Survival-Elemente
- gelungenes Gegnerdesign
- ansehnliche halboffene Welt
- ordentliche Erkundungsreize
- kooperatives Spiel möglich (sobald Gefährten vorhanden sind)
Kontra
- Permadeath im Überlebens-Modus frustriert statt zu motivieren
- Kampfsystem versucht vergeblich, Projekte von From Software zu emulieren
- technisch saubere, aber inhaltlich schwache Sprachausgabe
- schwaches Charakterdesign
- unfaire Momente sorgen für unnötige Bildschirmtode
- im Erkundungsmodus werden keine Trophäen, Errungenschaften etc. vergeben
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt keine Käufe.
- Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.