Super Neptunia RPG - Test, Rollenspiel, Switch, PlayStation4, PC

Super Neptunia RPG
05.07.2019, Jens Bischoff

Test: Super Neptunia RPG

Kampf gegen die 2D-Tyrannei

In Super Neptunia RPG (ab 30,73€ bei kaufen) schicken Compile Heart, die Artisan Studios, Idea Factory und Reef Entertainment Serien-Heldin Neptune alias Purple Heart in eine tyrannische 2D-Welt, die jeden technischen Fortschritt im Keim zu ersticken versucht. Wie uns der ideologische Kampf gegen 3D, VR und Co. gefallen hat, verrät der Test.

Als Neptune aufwacht, steht plötzlich ein fremder uniformierter Mann vor ihr, der 2D-Spielsteuern eintreiben will. Dabei weiß sie nicht einmal, wo sie sich überhaupt befindet, wie sie hierher kam und was sie hier macht.

Zweidimensionale Tyrannei: Neptune kämpft gegen ein Regime, das nur 2D-Spiele erlaubt.
Doch bevor sie sich weiter über generische NPCs und das Amnesie-Klischee in Spielen auslassen kann, fühlt sich der Steuerbeamte an eine verflossene Liebe erinnert und schickt Neptune zur örtlichen Steuerbehörde, wo sie mit offenen Armen empfangen und direkt angestellt wird.

Zweidimensionale Schreckensherrschaft

Steuern eintreiben ist allerdings so gar nicht ihr Ding und später erfährt sie auch noch, dass die Behörde Teil eines tyrannischen Regimes ist, das rigoros gegen jeden technologischen Fortschritt vorgeht, um seine 2D-Ideologie zu verteidigen. Doch es regt sich Widerstand in der Bevölkerung, wie ihr Freiheitskämpferin Chrome berichtet. Und so schließt sie sich zusammen mit Serienkameradinnen Noire, Blanc und Vert den Rebellen an, um für eine Zukunft ohne zweidimensionale Grenzen zu kämpfen.

Die an sich herrlich skurrile Rahmenhandlung kommt trotz süffisanter Gaming-Parodien und viel Selbstironie leider nie richtig in Fahrt. Auch Spielverlauf und Ziele sind oft zäh und schwammig. Hinzu kommt, dass die wahlweise englische oder japanische Vertonung viel zu selten erklingt, teils sogar mitten in einer Szene abbricht und es zwar französische, aber keine deutschen Untertitel gibt. Außerdem ist die Schrift zum Teil sehr klein geraten und vor allem im Handheld-Modus der Switch mitunter kaum lesbar.

Durchwachsene Inszenierung

Die 2D-Grafik ist hingegen durchaus ansehnlich, die Animationen allerdings durchwachsen und die Bildrate holprig. Zudem muss man immer wieder nervige Ladeunterbrechungen und Menüverzögerungen über sich ergehen lassen. Überhaupt wirken Technik und Inszenierung auf beiden Konsolen unausgereift, fast unfertig. Hier und da treten auch Grafik- und Anzeigefehler, Steuerungsaussetzer und andere Bugs auf.

Das formations- und ausrüstungsbasierte Kampfsystem weckt Erinnerungen an Valkyrie Profile.
Touch-Funktionalität gibt’s auf Switch auch keine, während PS4-Spielern trotz einer Altersfreigabe ab 12 Jahren wohl aufgrund von Sonys Richtlinien zur Regulierung von sexuell eindeutigen Spielinhalten (wir berichteten) zensierte Anime-Bildchen serviert werden.

Dabei ist das, was Switch-Spieler mehr zu sehen bekommen, eigentlich völlig harmlos. Da hätte man lieber mehr Zeit in die Qualitätssicherung oder zusätzliche Features investieren sollen. Immerhin vermisst man grundlegende Funktionen wie Angaben zum Punkteverbrauch von Skills, Belohnungshinweise nach Quest-Abschlüssen, Benachrichtigungen beim Meistern neuer Kampffertigkeiten oder eine Schnellspeicherfunktion. Spielunterbrechungen bzw. -sicherungen sind nur an den wenigen auch als Schnellreisepunkten nutzbaren Kristallen möglich, während sich der Schwierigkeitsgrad überhaupt nicht anpassen lässt.

Jede Menge Optimierungsbedarf

Auch die Gegner kriechen nur mit universellem Symbolcharakter umher, ohne dass man ihre Gattung oder Anzahl irgendwie deuten könnte. Erst wenn es zum Kontakt kommt, den man mit einem präventiven Erstschlag samt Aktionsbonus auch selbst initiieren kann, sieht man, mit wem man es zu tun hat. Waffen-, Skill- oder Rüstungsanpassungen sind dann aber nicht mehr möglich. Immerhin kann man versuchen zu fliehen. Bei einem erneuten Kontakt bekommt man es aber meist mit völlig anderen Widersachern zu tun, so dass man sich jegliche Kampfvorbereitungen quasi sparen kann.

Das an Valkyrie Profile erinnernde ATB-Kampfsystem, bei dem sich automatisch Aktionspunkte ansammeln, mit denen bis zu vier Kampfteilnehmer vorher festgelegte Angriffe und Zauber auf Knopfdruck ausführen, verspricht dynamische Auseinandersetzungen.

Jedem Gruppenmitglied lassen sich bis zu vier positionsabhängige Aktionen zuteilen.
Durch Formationswechsel ändern sich die Aktionsmöglichkeiten, während das Ausnutzen von Schwachstellen mit verkürzten Wartezeiten belohnt wird. Wer gerade welche Aktion parat hat, wird allerdings nicht angezeigt und wenn die Gruppenzusammensetzung vor dem Kampf schon wieder durch ein Story-Ereignis durcheinandergewirbelt wurde, muss man sowieso auf gut Glück wählen.

Kämpfe mit angezogener Handbremse

Da im Kampf keine Anpassungen oder Auswechslungen möglich sind, laufen viele Gefechte aber sowieso auf zähes Niederknüppeln mit gelegentlichen Heilaktionen hinaus. Auch die mehrstufigen Break-Attacken laden in der Regel viel zu langsam auf, so dass die meisten Kämpfe längst vorbei sind, bevor auch nur die erste Ladungsstufe erreicht wurde. Später kann man aber zumindest auf leistungssteigernde Verwandlungen ausweichen oder verheerende Angriffsobjekte einsetzen.

Für Motivation sorgt auch das ausrüstungsabhängige Nutzen und Lernen von Kampffertigkeiten. So hat man je nach angelegter Ausrüstung Zugriff auf unterschiedliche Werteboni und Fähigkeiten. Und wer die Ausrüstung lange genug trägt, kann sich deren Merkmale dauerhaft aneignen.

Mit den passenden Fähigkeiten oder Hilfsmitteln kommt man an zuvor unerreichbare Objekte.
Der Pool an immer wieder neu verteilbaren Skill-Punkten ist allerdings begrenzt, so dass man in der Regel immer nur einen Teil seines erworbenen Potentials nutzen kann. Auch bei den einsetzbaren Kampfmanövern lassen sich je nach Gruppengröße und Formation maximal vier pro Charakter festlegen.

Kleider machen Leute

Das an klassische Jump'n'Runs angelehnte Erkunden der 2D-Schauplätze hat trotz einer der für mich nervigsten Hüpfpassagen der letzten Jahre ebenfalls seine Reize: Neben dem Annehmen von Quests und dem Aufspüren von Schätzen können auch spezielle Magiesteine gesammelt werden, die oft nur schwer oder mithilfe von Sonderaktionen zu erreichen sind. So lernt man im Spielverlauf das Beschwören eines Wackelpuddings, den man als Trampolin nutzen kann. Später sind auch Doppelsprünge möglich. An manchen Stellen kann man sich sogar gesonderten Sammelherausforderungen unter Zeitdruck stellen oder spezielle Jagdaufträge annehmen.

Fazit

Super Neptunia RPG entführt in eine ebenso charmante wie skurrile 2D-Welt, die sich gegen jeglichen Fortschritt wie 3D- oder VR-Technik sträubt. Auch Serien-Heldin Neptune hat sich in einen 2D-Charakter zurückverwandelt. Doch zusammen mit ihren Kameradinnen Noire, Blanc, Vert sowie Neuzugang Chrome bietet sie der 2D-Tyrannei die Stirn. Der typische Humor kommt dabei nicht zu kurz, während die an Valkyrie Profile erinnernden ATB-Kämpfe mit formations- und ausrüstungsspezifischen Fähigkeiten angenehm flexibel sind. Technik, Handhabung und Inszenierung sind allerdings durchwachsen, der Spielverlauf mitunter zäh und undurchsichtig, die Schrift vor allem im Handheld-Modus der Switch oft zu klein. Auch Touch-Funktionalität, durchgehende Sprachausgabe oder eine deutsche Lokalisierung sucht man vergeblich, während PS4-Spieler trotz einer USK-Freigabe ab 12 Jahren durch plattformspezifische Zensuren bevormundet werden.

Pro

  • humorvolle Präsentation
  • flexible Formationskämpfe im ATB-Stil
  • durch Ausrüstung nutz- und erlernbare Fähigkeiten

Kontra

  • durchwachsene Technik, Handhabung und Inszenierung
  • zum Teil zäher und undurchsichtiger Spielverlauf
  • mitunter sehr kleine Schrift (vor allem im Handheld-Modus der Switch)
  • keine durchgehende Vertonung
  • keine deutsche Lokalisierung

Wertung

Switch

Durchwachsenes 2D-Rollenspiel mit ATB-Kampfsystem und mangelnder Handheld-Anpassung.

PlayStation4

Durchwachsenes und leicht zensiertes 2D-Rollenspiel mit ATB-Kampfsystem.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt Käufe für Fähigkeiten, Karten, Figuren, Waffen, Geld, XP oder Spielmodi.
Kommentare
Sir Richfield

Hat zwar nicht die Hyperdimension-Charaktere, aber von Compile Heart/Idea Factory gibt es mit Mary Skelter einen Dungeon-Crawler, der wohl ganz solide sein soll.
Hab's mal angespielt, aber es holt mich irgendwie nicht ab.
Ist aber auch gut möglich, dass Refrain einfach nur zur rechten Zeit am rechten Ort war. Ich mach mir nämlich sonst auch nichts (mehr) aus so "einfachen" Dungeon Crawlern.

Trotzdem, vielen Dank für den Tipp.

vor 5 Jahren
Sir Richfield

Danke, mein Google-Fu war schwach, fand nur die "ernsthafte" Version dieses Tests.
(Und, naja, zwischen zwei Dokument "renderings" ist nicht sooo viel Zeit. *Hust*)

Hoppla... naja, Gamer, Player, wo ist der Unterschied?

vor 5 Jahren
Sir Richfield

Armer Tester. Muss er sich mit dem bekannten low Quality JRPG Mist rumplagen, statt einen Test zu FF XIV Shadowbringer zu erstellen, mit der wohl besten SP Erfahrung in einem FF seit Teil 10.
Ich will jetzt nicht für Jens sprechen, aber ich kann mir vorstellen, dass Super Neptunia RPG mal eben zu Zocken und zu bewerten, deutlich einfacher und nervenschonender sein kann, als so ein Brett wie FF zu bewerten.

Hmpf, ich wollte jetzt EDF 2025 als Beispiel nehmen. War das nicht hier, wo der gesamte Test aus "EDF! EDF! EDF!" bestand? Und damit (für die Zielgruppe) alles schon gesagt war?

vor 5 Jahren
4P|Jens

@Cheraa: Hehe, danke. Aber LePie hat recht, aus FF14 bin ich einfach schon zu lange draußen, um es in einem angemessenen Zeitrahmen vernünftig beurteilen zu können... Mein letzter Besuch war noch zu Heavensward-Zeiten

vor 5 Jahren