Bloodstained: Ritual of the Night - Test, Action-Adventure, Switch, XboxOne, iPhone, PC, PlayStation4Pro, Android, PlayStation4, iPad, XboxOneX

Bloodstained: Ritual of the Night
21.06.2019, Mathias Oertel

Test: Bloodstained: Ritual of the Night

Endlich ein neues Castlevania

Es war eines der erfolgreichsten Kickstarter-Projekte im Videospielbereich. Mit Bloodstained: Ritual of the Night (ab 18,61€ bei kaufen) schien Entwickler-Urgestein Koji Igarashi genau den Nerv der Fans getroffen zu haben, die ein Spiel im Stil des Klassikers Castlevania: Symphony of the Night wollten – ein Titel, an dem Igarashi ebenfalls federführend beteiligt war. Nach haufenweise erreichten Zusatzzielen, allerdings auch einigen Problemen und massiven Verschiebungen ist der Titel jetzt erhältlich. Ist Bloodstained das moderne „IgaVania“, das alle erwartet haben? Die Antwort verraten wir im Test.

Über 65.000 begeisterte Backer haben Koji Igarashi über fünfeinhalb Millionen Dollar zur Verfügung gestellt, damit er sein Projekt Bloodstained: Ritual of the Night vollenden kann. Eine stolze Summe, mit der auch sämtliche Zusatzziele erreicht wurden, wie u.a. das Engagement von David Hayter (Metal Gear Solid) als Stimme einer Figur. Und Igarashi-San, der vor allem mit Castlevania: Symphony of the Night (zum Klassiker) einen Teil der Wortschöpfung MetroidVania für ein Subgenre des Action-Adventures definierte (wobei seine Fans den Begriff „IgaVania“ bevorzugen) liefert bis auf die mittlerweile eingestampften Vita- und Wii-U-Fassungen genau das ab, was er ausgelobt hatte: Bis auf den Namen ist Bloodstained genau das Castlevania, auf das die Fans bei Konami vergeblich hoffen. Die Hauptfigur ist zwar weiblich und statt Dracula wartet mit Gebel ein Protagonist, der wie die Heldin Miriam das Ergebnis von Alchemie-Experimenten ist. Aber Angefangen von der Karte, für die sogar das gleiche Farbschema wie in Symphony of the Night gewählt wurde über die Speicherräume bis hin zu dem Öffnen neuer Gebiete mit hinzugewonnen Fähigkeiten oder den Kämpfen in den sich stets neu auffüllenden Arealen bietet Bloodstained genau das Spielerlebnis, das sich die Fans gewünscht haben.

Wie angepriesen

Die vor allem zu Beginn etwas spröden Kämpfe bekommen durch freigeschaltete Spezialfähigkeiten sowie die entdecken Sonderangriffe der einzelnen Waffen Dynamik.
Doch vor allem die ersten ein bis zwei Stunden sind trotz komplett vertonter Dialoge im Visual-Novel-Stil, einer passablen Figurenzeichnung sowie einem interessanten Artdesign eher spröde. Und das, obwohl man sich als Castlevania-Veteran sofort heimisch fühlt und jeden Moment erwartet, dass ein Belmont oder Dracula höchstpersönlich um die Ecke kommt. Doch manchmal steht Bloodstained die Nähe zu den Klassikern auch im Weg. Wie z.B. beim Grind, der vor allem in der Anfangsphase nötig ist, um die Figur auf eine neue Stufe zu hieven, mit der sich ihre Fähigkeiten automatisch steigern und sie durchschlagskräftiger wird. Insbesondere, da das Kampfsystem zu Beginn einen sperrigen Eindruck hinterlässt, den es nie ganz hinter sich lassen kann. Je nach ausgerüsteter Waffe benötigt die Ausführung des Schlages unterschiedlich lang. Ist man mit schwerem Gerät unterwegs, dauert die Bewegung z.B. gefühlt eine Ewigkeit, während Dolche deutlich schnellere Angriffe erlauben. Da es wie auch bei allen anderen Schlag-, Hieb- oder Stichwaffen nur jeweils eine Animation pro Attacke gibt, wird man dieser Angriffsschleifen aber schnell überdrüssig. Insbesondere auch, da Miriam in den Kämpfen zu häufig unartikuliert schreit – was sich wie eine Mischung aus gequälter Micky Maus und einer Krähe anhört.

Man kann die Auseinandersetzungen auch unterstützt von einem Begleiter (mit eigenem Levelsystem) erleben.
Dabei hat Igarashi-San zahlreiche Systeme eingebaut, mit denen das CastleVania-Prinzip deutlich aufgewertet wird – und die sich schließlich auch auf die Auseinandersetzungen auswirken. Doch bis man diese alle erfasst hat und sinnvoll einzusetzen versteht, was zu einem deutlichen Motivationsanstieg führt, wird man immer wieder an die Frustgrenze geführt. Nicht zuletzt auch, weil vieles abermals auf Grind setzt. Das mächtige Alchemie-System zur Herstellung von Essen, Waffen, Rüstung, Heiltränken etc. benötigt z.B. Rohstoffe - und das nicht zu knapp. Die wiederum gibt es in entsprechender Summe natürlich nur, wenn man immer und immer wieder die gleichen Gegner weghaut. Dass damit so ganz nebenbei auch die Figur kontinuierlich aufsteigt, ist zwar ein angenehmer Nebeneffekt. Doch letztlich ist vor allem die Aussicht, sich nahezu jede der zig im Spiel verfügbaren Waffen schmieden zu können, dafür verantwortlich, dass man die Beutejagd ein ums andere Mal auf sich nimmt. Insbesondere wenn man nicht das Glück hat, die gewünschte Ausrüstung in einer der häufig schwer zugänglichen Truhen zu finden oder als Belohnung für die Nebenmissionen zu erhalten, die in erster Linie aus Hol- und Bringdiensten bzw. Tötungs-Missionen bestehen.

Komplexer als erwartet

Und erst mit den Scherben sowie den Spezialfähigkeiten, die jede Waffenart mit sich bringt und die mit Prügelspiel-ähnlichen Eingaben wie z.B. Viertelkreis plus Angriff oder Doppelbewegung plus Angriff aufgerufen werden, gewinnen die Gefechte an Dynamik. Ausnahmslos jeder Gegner kann eine dieser Scherben fallen lassen. Diese wird dann von Miriam absorbiert, so dass man ab diesem Moment auf frische aktive oder passive vom jeweiligen „Spenderfeind“ abhängige Fähigkeiten, Begleiter (mit eigenem Levelaufstieg) und vieles mehr zugreifen sowie aufrüsten kann. Die Crux: Man muss wie bei den Waffen eine Auswahl treffen, was man im Gefecht einsetzt. Und das kann angesichts der Anfälligkeiten der Feinde, die man in der umfangreichen Enzyklopädie einsehen kann, sehr schnell zu Momenten führen, in denen man sich gefühlt länger  im Inventar aufhält als im Kampf, um seine Ausrüstung zu optimieren. Später darf man zwar auch Schnelltasten mit seinen favorisierten Waffen- und Scherben-Kombinationen belegen. Doch auch hier wird man irgendwann an seine Grenzen geführt, da die clever miteinander verbundenen Systeme komplexer sind, als sie anfänglich scheinen und die Schnelltasten-Plätze nur langsam erweitert werden. Zudem sollte man sich in den abwechslungsreichen Gebieten stets neu orientieren, welche Aktionen man ausrüsten bzw. in der Hinterhand haben sollte. Dadurch wird die Kampfdynamik immer wieder empfindlich unterbrochen und es hätte auch nicht geschadet, wenn Bloodstained einem Vorschläge machen würde, welche Waffen oder Scherben man für die wartende Herausforderung ausrüsten sollte. Man ist hier jedoch auf seine eigenen Experimente angewiesen.

Apropos Vorschläge: Im Camp, in dem man auch das Alchemielabor und eine Händlerin findet, kriegt man zwar ab und an Hinweise auf das nächste Gebiet

Diese Gegner stellen nur anfänglich eine Gefahr dar. Mit etwas Grind und der richtigen Ausrüstung wird er bald zu "Kanonenfutter"
oder den nächsten Boss, den man aufsuchen sollte. Wie man allerdings dahin kommt, wird nicht verraten. Insofern sollte man auch hier etwas Frustresistenz mitbringen, wenn man von Teleportpunkt zu Teleportpunkt springt, sich von dort zu den Gebieten aufmacht, die man noch nicht komplett erforscht hat und hofft, dass einem die jüngst hinzugewonnen Bewegungsmöglichkeiten wie Doppelsprung usw. helfen, den Ausgang zum nächsten Ziel zu erreichen. Insbesondere, wenn man angesichts des durchaus fordernden Schwierigkeitsgrads nicht häufig speichert. Es kann durchaus frustrieren, wenn die letzten 20 Minuten inkl. aller entdeckter Scherben, aufgedeckter Karte, möglicher Levelaufstiege und anderer bis dahin gefundener Annehmlichkeiten mit dem Tod der Spielfigur ausgelöscht werden und man nach dem Ableben beim letzten Speichern aufwacht.

Das Ziel ist wo?

Mitunter lässt sich das gar nicht vermeiden, wenn man schlichtweg das nächste sichere Speicherzimmer einfach nicht findet und der Rückweg zum letzten Speicherpunkt durch die Monster erschwert wird, die beim Neubetreten eines „Zimmers“ wieder auftauchen, während man seine letzten Heiltränke bereits verbraucht hat. Gelegenheitsspieler und Neueinsteiger, die keine wohligen Erinnerungen an die gute alte Castlevania-Zeit haben und dementsprechend nicht wissen, nach welchen Retro-Gesetzmäßigkeiten Bloodstained funktioniert, müssen mehrere Hürden überwinden, bevor sie den Spaß daran entdecken, die Geheimnisse der weit verzweigten Karte zu entschlüsseln - was für die meisten mindestens zehn bis zwölf Stunden bis zum ersten der multiplen Enden beanspruchen dürfte. Komplettierer können diese Zeit mindestens verdoppeln.

Doch Motivation, sich diesem fordernden Spaß zu stellen und es mit den verwinkelten Gebieten, den mitunter knackigen Sprungpassagen sowie den fordernden Bossen aufzunehmen, wird genug aufgebaut. Nicht nur, wenn man sich mit dem zunehmend dynamischeren Kampfsystem auseinandersetzt, das seine spröde Anfangsphase zwar nie komplett hinter sich, aber diese mittelfristig dennoch vergessen lassen kann. Auch die Technik hat ihren Anteil daran. Das knallbunte Artdesign mit seinem Comicansatz hat es mir angetan – auch wenn man bis auf das gelungene Gegnerdesign markante Momente im

Sowohl im potenten Alchemielabor als auch beim Händler warten unzählige Optionen, seine Figur zu optimieren.
Levelaufbau eher spärlich vorfindet. Zusätzlich trifft man in seltenen Momenten auf kleine Bildratenstörungen, die einen bei der verwendeten Unreal-Engine eher überraschen. Und auch die sporadischen Aussetzer der Kollisionsabfrage, die sich aber nur selten massiv auf die Plattformsequenzen auswirken, stören, ohne den Spaß ins Wanken bringen zu können.

Hin- und hergerissen

Schön auch, dass man Bloodstained am PC dank passabler Optionen auch auf vergleichsweise schwacher Hardware zum Laufen bekommt, ohne allzu gravierende visuelle Einbußen hinnehmen zu müssen. Abseits der Schreie von Miriam, die man aber schließlich gar nicht mehr wahrnimmt und quasi ausfiltert, lebt die akustische Seite von Ritual of the Night hauptsächlich von den stimmungsvollen Musikkompositionen. Diese stammen in erster Linie aus den Federn von Michiru Yamana sowie Ippo Yamada, die u.a. für den Skullgirls-Soundtrack oder zahlreiche Capcom-Titel verantwortlich zeichnen. Mit den getragenen Melodien weht wie auch bei den Mechaniken stets ein Castlevania-Wind durch Bloodstained, der einem letztlich immer wieder ein angenehm nostalgisches Gefühl vermittelt.

Fazit

Für alle, die auf ein neues Spiel warten, das den Geist des Klassikers Castlevania: Symphony of the Night erfasst und mit interessanten Ideen in die Gegenwart transportiert, dürfte Bloodstained: Ritual of the Night die Erfüllung ihrer Träume sein. Dementsprechend werden sich Veteranen, deren Wünsche von Konami nicht erhört werden, auch nicht vom hohen Schwierigkeitsgrad, dem vor allem in der Anfangsphase sperrigen Kampf oder den erstaunlich komplexen, aber gut miteinander verzahnten Spielsystemen abschrecken lassen. Doch für Neueinsteiger und MetroidVania-Neugierige dürfte Bloodstained trotz aller Neuerungen mechanisch mitunter einen Schritt zu weit in die Vergangenheit gehen und steht sich mit seinen Ambitionen in diesen Momenten selbst im Weg. Technisch größtenteils sauber, aber nicht über alle Zweifel erhaben, ist Ritual of the Night allerdings auf den Punkt das, was Kult-Designer Koji Igarashi bei der höchst erfolgreichen Kickstarter-Kampagne ausgelobt und versprochen hat: Ein forderndes Action-Adventure mit einer riesigen Karte, einer in diesem Genre bislang unerreichten Vielfalt an Angriffs- bzw. Personalisierungsoptionen, abwechslungsreichen Gegnern, vielen Geheimnissen und knackigen Bossen. Also genau das, was ein modernes Castlevania mitbringen sollte. Dass dieses Konzept per se mit einem leicht altbackenen Gefühl einhergeht, lässt sich leider nicht vermeiden, dürfte aber von Igarashi-San beabsichtigt sein, der mit Bloodstained unterstreicht, wieso seine Fans ihn zu Recht als Schöpfer von „IgaVania“ feiern.

Pro

  • die Handschrift von Koji Igarashi, eines der Paten des MetroidVania-Subgenres, ist permanent spürbar
  • gute englische Sprachausgabe u.a. von David Hayter (Metal Gear Solid)
  • klassische Mechanik ergänzt um zahlreiche frische Elemente
  • größtenteils sauber übersetzte deutsche Texte
  • haufenweise Ausrüstungs-Gegenstände, u.a. hunderte Waffen und Scherben für Angriffe/Fähigkeiten
  • jeder Gegner kann neue Fähigkeiten für die Hauptfigur freischalten
  • umfangreiches Alchemie-System zur Herstellung bzw. Verbesserung von Gegenständen
  • gehobener Schwierigkeitsgrad
  • ordentliches Artdesign mit Comic-Ansätzen und gelungenen Gegnern
  • passable Bosskämpfe
  • stimmungsvolle Musikuntermalung
  • geringer Hardware-Bedarf (PC)

Kontra

  • sperriger Kampf mit anfänglich nur wenigen Optionen
  • gelegentlich technisch unsauber (seltene Bildrateneinbrüche, Kollisionsabfrage)
  • abseits der Gegner kaum markante Elemente
  • nur Standard-Nebenmissionen (Hol-/Bringdienste, Kill-Quest)
  • trotz Schnelltasten kompliziertes Umschalten zwischen Ausrüstungssets
  • mitunter verwirrende Queststrukturen mit unklaren Zielen
  • komplexes Zusammenspiel verschiedener Systeme wird nicht gut erklärt
  • gelegentlich frustrierende Design-Entscheidungen

Wertung

XboxOne

Ritual of the Night ist genau das, was Koji Igarashi auf Kickstarter ausgelobt hat: Ein moderner MetroidVania-Vertreter, der klassische Elemente mit neuen Ideen verknüpft. Mitunter zwar etwas zu sperrig, aber ein durchweg unterhaltsamer Abstecher in eine vergangene Spiele-Ära.

PC

Ritual of the Night ist genau das, was Koji Igarashi auf Kickstarter ausgelobt hat: Ein moderner MetroidVania-Vertreter, der klassische Elemente mit neuen Ideen verknüpft. Mitunter zwar etwas zu sperrig, aber ein durchweg unterhaltsamer Abstecher in eine vergangene Spiele-Ära.

PlayStation4

Ritual of the Night ist genau das, was Koji Igarashi auf Kickstarter ausgelobt hat: Ein moderner MetroidVania-Vertreter, der klassische Elemente mit neuen Ideen verknüpft. Mitunter zwar etwas zu sperrig, aber ein durchweg unterhaltsamer Abstecher in eine vergangene Spiele-Ära.

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