Everybody's Golf VR - Test, Sport, PlayStation4Pro, PlayStation4, PlayStationVR, VirtualReality

Everybody's Golf VR
25.07.2019, Benjamin Schmädig

Test: Everybody's Golf VR

Ein wenig VR - noch weniger Golf

Golfen mit VR-Headset: Das mag bei diesen Temperaturen nicht die angenehmste Vorstellung sein, aber immerhin geht es hier um Everybody’s Golf, eine der langlebigsten Sportspiel-Serien, die Anspruch und Unterhaltung meist hervorragend vereint. Auch wenn unser Test des im Mai veröffentlichten Spiels mit etwas Verspätung erscheint, waren wir dennoch sehr gespannt darauf, gemeinsam mit Dinosauriern am Tee zu stehen!

Das Enttäuschende vorweg: Inhaltlich steckt hier nicht viel drin. Drei Kurse, auf denen man einsam um Punkte spielt – das war’s. Es gibt weder Kontrahenten noch nimmt man an Turnieren teil, erlebt eine Karriere, entwickelt die eigenen Fähigkeiten oder sonst irgendetwas. Man misst sich auch nicht mit menschlichen Spielern und obwohl eigene Bestmarken in Online-Highscorelisten eingetragen werden, darf man nicht einmal eigene Leistungen mit denen von Freunden vergleichen.

Kleiner DLC zum Mid-Price

Im Grunde fehlt hier alles, was ein komplettes Spiel ausmacht, und tatsächlich frage ich mich, was den nicht gerade kleinen Preis rechtfertigt. Andere VR-Experimente mit ähnlichem Umfang werden als kostenlose Erweiterungen angeboten, manche machen gar das komplette Spiel in VR spielbar. Für normalerweise knapp 30 Euro (als aktuelles Angebot knapp 20) möchte ich jedenfalls nicht nur ziellos Punkte erspielen, sondern hätte mir mindestens einen motivierenden Wettkampf-Modus gewünscht.

Zumal auch die VR-Einbindung selbst Wünsche offenlässt. Erstens bewegt sich die Umgebung beim Umsehen selbstständig hin und her, was in der virtuellen Realität Unwohlsein verursachen sowie desorientierend wirken kann und für mich ein Grund ist, Everybody’s Golf VR nicht im Stehen zu spielen. Der

Visuell sind die Kulissen durchaus lebendig - interagieren kann man mit ihnen aber nicht.
Effekt ist zwar hauptsächlich in der Lobby beobachtbar, also dem Hauptmenü, aber das reicht schon.

VR-Erlebnis ohne Immersion

Weiterhin verzichtet Entwickler Clap Hanz auf etliche Möglichkeiten, mit VR-typischen Aktionen ein umfassendes Erlebnis zu schaffen. Man darf z.B. den Stift auf dem Tresen der Lobby nicht anfassen. Man geht auch nicht in die Hocke, um mit der Hand virtuelles Gras zu greifen und es anschließend loszulassen, um die Windstärke abzuschätzen – ein profaner Tastendruck erledigt stattdessen, was eine immersive Interaktion hätte sein können.

Zu allem Überfluss gehört Everybody’s Golf zu jenen Titeln, in denen man die Blickrichtung nicht frei wählen darf, sondern dazu gezwungen wird, direkt in Richtung des Referenzpunkts, also die PlayStation-Kamera zu schauen. Dabei ist Golfen ohnehin nicht das am besten für PSVR geeignete Genre, da sich Kopf und Schläger in relativ weiter Entfernung voneinander befinden. Das Blickfeld der Kamera ist im Vergleich zu den Sensoren anderer VR-Hardware aber relativ klein, sodass ich mich zumindest ungewohnt weit weg von der Kamera stellen bzw. setzen muss. Rücke ich näher heran, verliert die Kamera den Schläger ständig aus dem „Blick“ - und ich als Spieler damit die Kontrolle.

Als sehr unangenehm empfinde ich außerdem das auffällig häufige Verletzen der Intimzone, wenn ein Caddy oder die Empfangsdame der Lobby extrem nah an mich herankommen. Wozu gibt es diese unbequemen Situationen? Und warum muss man sich gelegentlich nicht abzubrechende Monologe der Caddys anhören, die mehr vom Spiel ablenken als in irgendeiner Form zu unterhalten?

Bleib mir fern!

Könnte man ihnen wenigstens den Tee zuwerfen. Oder würden sie sich doch beschweren, wenn man sich von ihnen wegdreht. Oder einfach irgendetwas tun, das mit Interaktion und Immersion zu tun hat – beides nicht komplett unwichtige Teile einer VR-Erfahrung. Gerade für einen Ableger, in dessen Hauptserie die Reaktionen der Caddies viel zu einem lebendigen Umfeld beitragen, hätte das der nächste Schritt sein müssen. Stattdessen muss man hier alle paar Löcher ein erschreckend spaßfreies „Event“ ansehen, in dem die Caddys mal über einen Baumstamm balancieren oder sich ein anderes Mal vor einer Spinne fürchten, auf jeden Fall aber den Spielfluss unterbrechen.

Und so schlägt man ein paar Löcher, geht zurück ins Menü, schlägt ein paar Löcher mehr, wechselt wieder ins Menü, ärgert sich über den mageren Inhalt… stellt gleichzeitig aber auch fest, dass Clap Hanz zumindest das zentrale Golfen tatsächlich auf gelungene Weise in die digitale Wirklichkeit übertragen hat. So ärgerlich es etwa ist, dass ich darauf zurückgreifen muss, so dankbar bin ich doch dafür, dass Everybody’s Golf überhaupt im Sitzen spielbar ist. Es handelt sich ja nicht nur um eine Notlösung, sondern wird in den Optionen eingestellt, da sich beim Sitzen und beim Stehen Kleinigkeiten unterscheiden. Man gibt sogar die eigene Körpergröße an, damit die Höhe der Perspektive über dem Boden stimmt.

Überzeugendes Golfen?

Nicht zuletzt hat man die Wahl zwischen Move-Controller und Dual-Shock, wobei Move einen Schläger natürlich am besten nachahmt. Ich bin allerdings überrascht davon, wie gut das Ausholen und Schlagen mit Gamepad funktioniert. Immerhin führt

Falls ihr unsicher seid, ob Everybody's Golf VR (ab 28,90€ bei kaufen) etwas für euch ist: Sony bietet eine Demo zum Download an, mit der ihr auf dem Übungsplatz schon mal trainieren könnt.
man auch damit an der Realität angelehnte, wenn auch stark verkürzte Bewegungen aus. Daher reicht fast immer ein schnelles Drehen des Handgelenks - eine durchaus bedauerliche Vereinfachung, da dadurch ein Teil des realen Golfgefühls verlorengeht. Doch da will Everybody’s Golf auch gar nicht hin. Doch wenn ich mich schon mal mit einem virtuellen Schläger an den Tee stelle, dann soll sich das auch „richtig“ anfühlen.

Interessanterweise war das schon bei EAs Tiger-Woods-Titeln der Fall, in denen ebenfalls Move zum Einsatz kam, während die gleichzeitig erschienenen Wii-Versionen eine höhere Präzision bzw. Stärke beim Schlagen erforderten. Womöglich handelt es sich also um eine technische Einschränkung der Move-Technik. So oder so

Spannend: Caddys beim Balancieren zuzusehen, statt Golf zu spielen.
braucht es eine Menge Übung, den Ball nicht nur mittig zu treffen (andernfalls verpasst man ihm seitlichen Spin), sondern ihn auf dem Green auch weder zu hart noch zu schwach anzuschieben. Deshalb ist es praktisch, dass man wahlweise Schläger nutzt, mit denen man zwar keine Entfernungsrekorde setzt, die Ungenauigkeiten allerdings sehr großzügig verzeihen.

Wenig Drive im Move

Bedauerlich ist zusätzlich, dass manche Tastenbelegung relativ umständliche Handgriffe erfordert, gleichzeitig aber auch nicht perfekt an das neue Format angepasst scheint. Das Umschalten zwischen beliebig vielen Übungsschwüngen und dem endgültigen Schlag geschieht etwa nicht über den Abzug an der Unterseite des Controllers, sondern eine Taste, für die man leicht umgreifen muss. Dadurch geht ein Teil der gerade einstudierten Bewegung direkt vor dem Schlag wieder verloren und den Sinn des Übens infrage stellt.

Fazit

Hätte Clap Hanz ein vollwertiges Spiel aus Everybody’s Golf VR gemacht, würde ich glatt dranbleiben! Trotz kleiner Schwächen funktioniert das Schlagen und Putten nämlich einwandfrei, ahmt das Golfen zwar nicht im Sinne einer Simulation nach, ist aber sowohl sitzend als auch stehend – Tradition verpflichtet eben – unterhaltsamer Arcade-Sport. In jeder anderen Beziehung fehlt es hier allerding an allen Ecken und Enden. Es gibt weder Kontrahenten noch eine Karriere oder Online-Wettbewerbe. Nicht einmal das Vergleichen eigener Bestmarken mit denen von Freunden ist möglich. Seltsam auch, dass das komplette Drumherum weit von der quirligen Spritzigkeit der Hauptserie entfernt ist. Man interagiert weder mit der Kulisse noch mit den Caddys auf VR-typische Weise, schaut Letzteren aber beim Abspielen langweiliger Theaterstückchen zu, während man eigentlich Golfen möchte. Hinzu kommen weitere Ärgernisse wie eine sich selbstständig bewegende Kulisse im Hauptmenü sowie andere Kleinigkeiten, die in einem VR-Titel nicht vorkommen sollten. Es ist jammerschade, aber unterm Strich ist dieser Abstecher in die virtuelle Welt nur eine höchst unbefriedigende Tech-Demo!

Pro

  • sowohl sitzend als auch stehend spielbar
  • weitgehend überzeugend nachgeahmtes Golfen mit Dual-Shock oder Move
  • wahlweise weniger starke, dafür Fehler verzeihende Schläger

Kontra

  • sich selbstständig bewegende Kulisse, besonders im Hauptmenü
  • keine VR-typischen Interaktionen mit Umgebung oder Figuren, sondern klassisches Tastendrücken
  • Headset muss direkt auf Kamera ausgerichtet sein
  • keine Karriere, Turniere, Meisterschaften, Charakterentwicklung, kein Vergleich von erzielten Punkten mit Freunden
  • Caddys kommen mitunter unangenehm nah an Intimzone heran oder herein
  • spaßfreie, nicht abzubrechende Filmszenen unterbrechen Spielfluss
  • keine Möglichkeit zum Senken bzw. Einstellen der Lautstärke

Wertung

PlayStationVR

Inhaltlich extrem enttäuschendes VR-Golfen mit überzeugender Physik, aber insgesamt schwacher VR-Einbindung.

VirtualReality

Inhaltlich extrem enttäuschendes VR-Golfen mit überzeugender Physik, aber insgesamt schwacher VR-Einbindung.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Zusätzliche Caddys und Kostüme sind zum Kauf erhältlich.
  • Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.
  • Man kann die Spielzeit über Käufe nicht verkürzen, kein Pay-to-Shortcut.
  • Man kann sich keine Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, kein Pay-to-win.
  • Käufe haben keine Auswirkungen auf das Spieldesign.
Kommentare
DonPromillo1984

Hier wurden SPIELE bewertet. Und beide haben fast das selbe schlechte Ergebnis, wobei eins wirtlich rotz und das andere GRANDIOS ist. Was gibt es daran nicht zu verstehen?

vor 5 Jahren
Akabei

Der Vergleich ist trotzdem unsinnig.
Weil?

Wenn beide ähnlich sind bedeutet doch das, dass beide ungefähr gleich gut sind oder nicht?
Ganz davon ab, dass ich Quervergleiche im Allgemeinen für Unsinn halte, in deinem Beispiel sind sich die beiden Spiele nicht einmal im Ansatz ähnlich.

Da kann man sich genau so gut über die Bewertung eines Kühlschranks aufregen, weil man meint, dass drei Monate vorher die Lieblings-Kaffeemaschine zu schlecht bewertet wurde.

Kann man natürlich machen, ist ein freies Land. Irgendeinen Sinn kann ich in so einer Aktion aber nicht erkennen.

vor 5 Jahren
TheoFleury

Ja überteuertes VR lohnt sich sicherlich....Jedes aktuelle AAA Spiel unterstützt es und es ist der letzte Shit .... Empfinde persönlich nur gähnende Leere inzwischen. .VR...GÄHN.... RE7 ? Ja da war mal was...Und selbst das wirkte eher technisch amateurhaft in verbindung mit VR...

Für mich persönlich die größte technische Enttäuschung in der Spielebranche....genauso eine Enttäuschung wie der 3 D Kram für den sich niemand mehr wirklich interessiert anno 2019....Aber feiert ihr es nur weiter ab Sehr glaubwürdige Geschichte für die ganzen naiven Kids da draußen.

Zuletzt bearbeitet vor 5 Jahren

vor 5 Jahren
DonPromillo1984

Der Vergleich ist trotzdem unsinnig.
Weil?

Wenn beide ähnlich sind bedeutet doch das, dass beide ungefähr gleich gut sind oder nicht?

vor 5 Jahren
Skippofiler22

Ich dachte zuerst, das wäre ein lizensiertes Rennspiel mit bestimmten Autos aus Wolfsburg.

vor 5 Jahren