Trover Saves the Universe - Test, Action-Adventure, OculusQuest, Switch, PlayStation4, PlayStationVR, PlayStation4Pro, HTCVive, XboxOne, OculusRift, VirtualReality, PC
„Spacist! Chairist! Racist!“ - diese Worte fallen auf dem Weg durch die Schließmuskel von Fleischland (die übrigens mit Nippeln geöffnet werden) im Sekundentakt. „Warum stapelst du Boxen? Wo ich herkomme ist sowas rassistisch!“, ätzt ein Standard-Scherge, als ich versuche, eine Leiter aus Kisten zu bauen. „Wieso schleimst du dich jetzt ausgerechnet beim Chairopean ein, Trover?“, bohrt kurze Zeit später unser Boss nach. Gute Frage. Schließlich ist gerade herausgekommen, dass mein geschätzter Partner gestern noch hemmungslos Sprüche über meinen Mangel an Mobilität geklopft hat. Das scheint eben so üblich zu sein bei seinem sportlichen Volk der Augenhöhlenmonster. Ich als Chairopean bin dagegen an den Weltraumrollstuhl gefesselt, während Trover vor meinen Augen durch das Action-Adventure hüpft und Gegner aufmischt.
That‘s spacist!
Auch abseits von Aufreger-Themen ist die Fluchrate exorbitant: „F-Worte“ habe ich irgendwann nicht mehr mitgezählt, weil ich sonst schnell im vierstelligen Bereich gelandet wäre. Es gibt sogar die Möglichkeit, eine zensierte Fassung zu starten, die aber um ein Vielfaches weniger lustig ausfallen dürfte. Fans von Rick and Morty dürften in etwa einschätzen können, auf welche Art von Humor sie sich einlassen. Grafisch protzen die glatten Oberflächen, Figuren und Hintergründe nicht gerade mit Details, trotzdem ist der Ekelfaktor gar nicht so niedrig - z.B. wenn Fiesling Glorkon seine sexuellen Vorlieben in minutiösen Details schildert. Noch unbehaglicher ist natürlich der Umstand, dass er in seinem Wahn das komplette Universum auslöschen könnte.
Zu viel Information!
Außerdem baut er dadurch eine telepathische Verbindung zu mir auf, mit der ich ihn durch die Levels steuere. Meine Rolle erinnert an die Beobachter aus Moss oder Ghost Giant. Auf meinem schwebenden Hightech-Stuhl kann ich nur ruckartig von Warp-Knoten zu Warp-Knoten zischen. Oder ich „schwuppse“ für einen besseren Überblick in drei Stufen in die Höhe. Ein sehr komfortables, übelkeitsarmes System, das mich als Spieler zudem schön ins Geschehen einbindet. Von dort aus steuere ich Trover mit dem Analogstick und den Knöpfen meines galaktischen Controllers, damit er mit seinem Lichtschwert auf allerlei grantige Gegner eindrischt.
Schade, dass sich seine einfachen Attacken und Kombos im Laufe des Spiels nur leicht aufrüsten lassen, z.B. mit einer Ausweichrolle. Ab und zu wird es auch nützlich, mit Hilfe der Telekinese ein paar fallen gelassene Waffen in die Gegnermeute zu schleudern. Allgemein wagen es die Entwickler nicht, dem Spieler komplexe Mechaniken zuzumuten: Ein paar Kisten-Puzzles hier, ein kleines Suchspiel mit Alien-Säuglingen dort – alles in allem durchaus unterhaltsam, aber nicht gerade übermäßig anspruchsvoll. Boxen werden direkt mit der präzisen Blick-Steuerung in Position gebracht. So gelangt man meist schnell zu sich streitenden Gegnern auf Burgzinnen oder platziert Findlinge in ein paar Wandnischen, damit Trover sie als Plattformen benutzen kann. Leider fühlt sich die Sprungsteuerung einen Deut weniger griffig präzise an als bei Astro Bot Rescue Mission oder Lucky's Tale, so dass man hier leichter mal vom Rand einer Plattform glitscht.
Spielerisch leichte Kost
Die spielerischen Aspekte an sich können also nur solide bis gut unterhalten, woran auch die schwache KI der variierenden Schergen Schuld ist: Sie rennen meist nur stupide auf Trover zu, statt auch mal zu flankieren oder andere Tricks zu starten. Erzählerisch erweist sich das Abenteuer aber als erstaunlich rührend. Hinter all dem Wahnsinn und lockerem Gelaber steckt eine Geschichte um die Freundschaft zwischen Trover und dem Spieler (bzw. dem Chairopean): Nachdem das violette Augenhöhlenmonster ein wenig auftaute und endlich mehr in seinem Abenteuer sah als nur einen Job mit einem fremden Partner, ist es mir richtig ans Herz gewachsen!
Trash-Talk nonstop
Auch aus Roilands grenzgenialem Sinn für Inprovisation ergeben sich alle möglichen Metaphern und bizarren Momente – z.B. wenn der vom schlechten Gewissen geplagte Trover versucht, sich beim Spieler einzuschleimen: Auch er habe schließlich schon einmal Sex mit einem Chairopean gehabt - und es habe ihm sogar gefallen! Im Grunde ist es nur Unsicherheit, die Trover zwischen dem traditionellen „Chairismus“ seiner Kneipenkumpels und übertriebener politischer Korrektheit schwanken lässt. Interessant ist auch, wie beiläufig die Autoren immer wieder Details über bizarre gesellschaftliche Hintergründe einstreuen: In dieser Ecke des Universums werden offenbar vor allem ältere Personen als sexuell begehrenswert betrachtet, so dass man nebenbei immer wieder von marodierenden Zuhälter-Gangs hört, die komplette Seniorenresidenzen ausbeuten.
Gar nicht so unwichtig
Auf der Jagd nach dem Fiesling Glorkon trifft man auf jede Menge seiner Klone in unterschiedlich albernen Kostümen sowie andere herrlich obskure Figuren wie der altehrwürdige Rat der allwissenden „Abstainers“. Ihr Design wirkt zwar schrecklich billig (wie Glorkon, nur in anderen Farben), im Gegenzug haben sich ihre Autoren aber einige äußerst alberne Dialogzeilen ausgedacht. Bleibt nach einem Gespräch mit ihnen ruhig noch ein Weilchen stehen, bevor ihr zum Telepod-Transporter zurückkehrt!
In diesem Spiel klingen zwar fast alle Stimmen wie Rick und Morty, doch selbst das nutzt ihr Sprecher Roiland immer wieder dafür, sich selbst auf die Schippe zu nehmen. Sogar unwichtige Standard-Gegner zanken sich hier in minutenlangen Dialogen über ihren Alltag als Klone, ihre heimlichen Techtelmechtel oder philosophische Fragen. Oder sie beleidigen einfach endlos den Spieler! Wer sich all das nicht unterm VR-Headset geben will oder kann, darf das Abenteuer übrigens auch auf einer gewöhnlichen PS4 (Pro) und einem Fernseher bestreiten. Dann wirken allerdings die Perspektiven und Proportionen reichlich seltsam.
Bist du es, Rick?
Fazit
Was für ein Trip! Als ich mit Trover rettet das Universum fertig war, fühlte ich mich inspiriert, überrascht und angeekelt - vor allem aber richtig gut unterhalten! Unter spielmechanischen Gesichtspunkten sind die einfach gestrickten Kämpfe und Rätsel meist nur solider Durchschnitt. Doch Erzählung, Bosskämpfe und der völlig überdrehte, respektlose Humor bringen Roilands kompletten Wahnwitz zum Vorschein, den ich auch an Rick & Morty liebe! Ich fühlte mich wie in einem interaktiven VR-Cartoon, in dem ich clever ins bizarre Geschehen einbezogen werde - sei es dadurch, dass ich immer wieder direkt von verschrobenen Kreaturen angesprochen werde, telekinetische Puzzles löse oder brenzlige Entscheidungen treffen muss. Auch wenn es spielerisch nicht ganz für Gold reicht also eine klare Empfehlung für Freunde bizarrer interaktiver Unterhaltung!
Pro
- völlig bescheuerte Geschichte
- überdrehte bizarre Dialoge
- Unterhaltungen wirken trotzdem sehr authentisch
- komplett respektlos und humoristisch inkorrekt
- viele selbstironische, popkulturelle Seitenhiebe
- selbst Standard-Gegner führen ewige philosophische Diskussionen
- überaus eklige Aliens und Welten
- abgespaceter experimenteller Electro-Soundtrack
- lustige Bosskampf-Ideen
- tolle Einbeziehung des Spielers erinnert an Astro Bot
- rührende Anfreundung zwischen den beiden Protagonisten
Kontra
- Kampfsystem bleibt auf Dauer zu simpel
- nur wenige Rätsel-Mechaniken wie Telekinetik
- strunzdumme KI
- arschglatte Figuren und Oberflächen meist kaum texturiert
- fast alle Figuren klingen wie Rick und Morty
- nur englisch vertont