FIA European Truck Racing Championship - Test, Rennspiel, XboxOne, Switch, PlayStation4, PC, XboxOneX

FIA European Truck Racing Championship
29.07.2019, Michael Krosta

Test: FIA European Truck Racing Championship

Trucks als Rennmaschinen

Wer schon immer die flotten Renn- und Supersportwagen gegen tonnenschwere Racing Trucks eintauschen wollte, darf sich jetzt anschnallen: In FIA European Truck Racing hält sich der Geschwindigkeitsrausch zwar in Grenzen, aber für den Test haben wir hinter dem Steuer der Brummis trotzdem erbittert um Positionen gekämpft.

Dank der offiziellen FIA-Lizenz finden sich im Spiel nicht nur sämtliche Fahrer, Truck-Modelle und Teams. Auch die Rennstrecken aus dem realen Rennkalender, darunter der Nürburgring, Misano, Le Mans oder Zolder, sind als Schauplätze vertreten. Neben der lizenzierten ETRC (European Truck Racing Championship) haben die Entwickler von N-Racing die Auswahl zudem um eine fiktive World Series erweitert, durch die weitere Strecken wie der Circuit of the Americas, der Fuji Speedway oder Laguna Seca Einzug ins Spiel halten.

Offizielle Lizenz

Neben Einzel-Rennen und Zeitfahren lassen sich auch eigene Meisterschaften mit bis zu acht Pisten erstellen, in denen man komplette Rennwochenenden inklusive Training und Qualifikation (plus Super Pole) absolvieren und auch die Länge des Rennens einstellen darf. Doch selbst wenn man sich für kürzeste Variante ohne Training, lediglich einer Quali-Runde und einer Renndistanz von 25% (umgerechnet ca. 3 Runden) entscheidet, ziehen sich die Wochenenden wie Kaugummi. Das liegt zum einen am eher gemächlichen Tempo der Renn-Trucks, wodurch die Rundenzeiten in die Höhe schnellen. Zum anderen muss man pro Wochenende vier(!) Rennen und zwei Quali-Läufe absolvieren – puh! Vielleicht wäre es angesichts des Mammut-Programms sinnvoll gewesen, weitere Optionen zur Verkürzung anzubieten wie etwa maximal zwei oder gar nur ein Rennen pro Wochenende.

Ärgerlich und völlig unverständlich ist die Tatsache, dass der Spielstand im Rahmen der Meisterschaft nicht automatisch gesichert wird. Zieht man sich ins Hauptmenü zurück, geht folglich sämtlicher Fortschritt verloren. Was noch bescheuerter ist: Es gibt auch keine Option zum manuellen Speichern des Spielstands. Erwarten die Macher tatsächlich, dass man in diesem Modus alles in einem Rutsch durchzieht  - und das bei dermaßen zähen Rennwochenenden, die folglich ebenfalls kein Zwischenspeichern erlauben? Das ist doch frustrierender Wahnsinn! Was man sich hier bei den Wetter-Optionen gedacht hat, ist mir ebenfalls ein Rätsel: Im Rahmen der Meisterschaft hat man die Wahl zwischen klarer Himmel, Sonnenuntergang und nass, doch gilt diese Auswahl

Kennt man: Regen am Nürburgring.
dann für sämtliche Strecken und alle Sessions, die man sich in den Kalender gepackt hat. Verstehen muss man es nicht.

Speichern? Unmöglich!

Die Karriere ist davon zum Glück nicht betroffen. Hier darf man nach jeder Session zum Dashboard oder gar dem Hauptmenü zurückkehren, ohne Fortschrittsverluste befürchten zu müssen. Bevor man sich neben dem Rennenfahren auch mit Faktoren wie Teamverträgen und Tuning-Upgrades auseinandersetzen darf, führt der Weg zunächst in die Fahrschule. Genau wie beim guten, alten Gran Turismo warten hier 15 Prüfungen mit diversen Herausforderungen gegen die Uhr, die von Bremstests über Slalomfahren bis hin zu mechanischen Besonderheiten wie der Wasserkühlung reichen. Erst wenn man in allen Kapiteln mindestens die Bronze-Medaille erreicht hat, wird man für die Teilnahme an der Karriere zugelassen.

Der Weg nach oben

Die KI drängt einen gerne mal neben die Strecke.
Die Prüfungen mag man teilweise als zäh und überflüssig empfinden, aber sie erfüllen zumindest ihren Zweck, sich mit dem etwas eigenen Fahrverhalten der tonnenschweren Kolosse vertraut zu machen. Schon allein aufgrund ihres massiven Gewichts steuern sich die Trucks deutlich träger und sind langsamer als Rennwagen, besitzen trotz ihrer Größe aber einen erstaunlich kleinen Wendekreis und können auch schon mal mit dem Heck ausbrechen, wenn man es beim Herausbeschleunigen aus einer Kurve mit dem Gas übertreibt. Die größte Umgewöhnung erfordern aber die Bremsen: Hier muss man sehr früh vor den Kurven in die Eisen gehen, um nicht aufgrund des massiven Untersteuerns von der Piste zu fliegen. In diesem Zusammenhang ist auch die Bremstemperatur von enormer Bedeutung, die rasant in die Höhe schnellt, sobald man auf das Pedal steigt. Um Überhitzungen zu vermeiden, kann man sie auf Knopfdruck mit Wasser kühlen – eine Mechanik, auf die man auch ständig von der penetranten Dame im grottenschlechten Boxenfunk hingewiesen wird, die z.B. auch beim Start von der Pole zum Positionsgewinn gratuliert oder zehn Meter vor der Zielflagge bei deutlicher Führung anmerkt, dass man den aktuellen Platz wahrscheinlich behalten dürfte. Was für ein Quatsch! Immerhin ist der Wasservorrat in Relation zur Rundenanzahl skaliert und die Kühlungsmechanik optional. Da sie den Rennen aber eine leichte strategische Komponente hinzufügt, würde ich die Aktivierung empfehlen. Bis auf ein automatisches Getriebe und eine dynamische Ideallinie werden keine Fahrhilfen angeboten.

Vor den Rennen darf man in der Garage am Setup herumschrauben. Neben drei Voreinstellungen (Ausgewogen, Kurvenfahren, Stabilität) kann man Faktoren wie die Bremsbalance, Aufhängung, Stoßdämpfen und Stabilisatoren auch nach eigenen Wünschen für beide Achsen in einhundert Schritten getrennt anpassen. Eine Speicherfunktion für eigene Setups sucht man allerdings vergeblich.

Diverse Setup-Einstellungen

Im Rennverlauf fallen bei der KI vor allem zwei Dinge auf: Zum einen verhält sie sich in Positionsduellen ziemlich rabiat und drängt die bis zu elf Konkurrenten gerne rücksichtslos von der Strecke – ein Glück, dass das optionale Schadensmodell bis auf den nervigen Spinnennetz-Effekt auf Scheiben schon nach kleinsten Berührungen kaum Auswirkungen hat und die Trucks hart im Nehmen sind. Zum anderen scheinen manche KI-Piloten angesichts der Schlangenlinien selbst beim Geradeausfahren Probleme zu haben, fliegen in Kurven regelmäßig ab oder hängen in einer Seitenbande fest, um irgendwann wie von Geisterhand zurück auf die Strecke gebeamt zu werden – eine Funktion, die man als Spieler übrigens genauso wenig bekommt wie ein Zurückspulen nach Fehlern. Zur Auswahl stehen fünf KI-Stufen von „supereinfach“ bis „Experte“, wobei man selbst auf der höchsten Stufe noch relativ leicht als Sieger hervorgeht, weil die mitunter beachtlichen KI-Rundenzeiten in der Qualifikation im Rennen spürbar langsamer ausfallen. Zwischenzeiten bekommt man leider keine zu sehen und für Abstände zu den Verfolgern muss man sich umständlich ins Pause-Menü begeben. Von Strafen scheinen die anderen Piloten im Gegensatz zum Spieler verschont zu bleiben, auch wenn sie bei ihren Abflügen ständig die Begrenzungspfosten abräumen, wofür man als Spieler eine Zeitstrafe aufgebrummt bekommt. Wie hoch diese ausfällt und ob überhaupt eingegriffen wird, scheint dagegen purer Zufall zu sein. Mal kommt man mit einem blauen Auge davon und beim nächsten Mal gibt es plötzlich für eine ähnliche oder sogar harmlosere Situation eine saftige Strafe von 30 Sekunden.   

Rabiate KI mit hoher Fehlerquote

Technisch erinnert der Titel an die vorherige Konsolengeneration und wirkt nicht nur hinsichtlich der Menügestaltung, sondern auch bei der grafischen Darstellung ziemlich altbacken. Das gilt nicht nur für die leblos inszenierten Schauplätze mit ihrem ausgeprägten Kantenflimmern, sondern auch die mäßigen Fahrzeugmodelle, von deren durchschnittlicher Qualität man sich auch im Showroom überzeugen darf. Auf dem PC bleibt die

Das Strafsystem gleicht einer Lotterie.
Bildrate immerhin stabil, doch auf der One X kam es hin und wieder zu ärgerlichen Einbrüchen, die mitunter bis zu einem mehrsekündigen Einfrieren des Bildes führten.

Technik von vorgestern

Mehrspieler-Modi gibt es ebenfalls, aber mangels Mitspielern können wir im Test nicht viel dazu sagen. Man kann zwar versuchen, nach öffentlichen Spielen zu suchen oder schnell einem Rennen beizutreten, wird dabei in der Regel aber keinen Erfolg haben. Alternativ legt man selbst eine Lobby an und hat dabei die Auswahl zwischen dem Absolvieren eines Einzelrennens oder eines Rennwochenendes mit allen Sessions, wobei man in den Optionen neben dem KI-Niveau, Wetter und Strafsystem lediglich die Rennlänge, nicht aber die Länge der einzelnen Sitzungen individuell anpassen darf. Aber da man abseits von Freunden online ohnehin keine Mitspieler finden dürfte, ist es ein kleiner Trost, dass neben den Online-Rennen für bis zu acht Teilnehmer auch lokale Duelle am geteilten Bildschirm für zwei Fahrer möglich sind. Zudem gibt es neben dem Zeitfahren mit Online-Ranglisten und ziemlich intransparenten Geisterwagen auch wöchentliche Herausforderungen, an denen man teilnehmen kann.

Fazit

FIA European Truck Racing ist ein Spiel für die Motorsport-Nische! Aber für Fans der Renn-Brummis dürfte der Titel von Big Ben und N-Racing durchaus einen Blick wert sein. Das Fahrverhalten geht in Ordnung, tendiert aber eher zum Arcade-Bereich und präsentiert sich nicht besonders anspruchsvoll, auch wenn die nötige Kühlung der schnell überhitzen Bremsen für einen kleinen Taktik-Hauch sorgen. Gleiches gilt für die aggressive, aber fehleranfällige KI, die auf den schwersten Stufen in der Qualifikation zwar ein ordentliches Tempo vorlegt, aber im Rennen eher mit angezogener Bremse fährt und nur am Start von einer seltsam überlegenen Beschleunigung profitiert. Die spröde präsentierte Karriere ist leider kaum der Rede wert und mangels Detailanpassungen können Rennwochenenden aufgrund der Länge zu einer ziemlich zähen Angelegenheit werden. Die eigenen Meisterschaften mutieren aufgrund der fehlenden Speicheroption sogar zu einem Totalschaden, begleitet von fragwürdigen Wetteroptionen und einem launischen Strafsystem. Technisch wird auf dem PC höchstens Mittelmaß erreicht, während auf der Xbox One X neben leichten Einbrüchen der Bildrate vor allem das vereinzelte Einfrieren des Bildschirms mitten im Rennen die Wertung weiter nach unten zieht. Abgesehen von den technischen Problemen ist es daher schon ziemlich dreist, hier den Vollpreis anzusetzen...

FIA European Truck Racing ist ein Spiel für die Motorsport-Nische! Aber für Fans der Renn-Brummis dürfte der Titel von Big Ben und N-Racing durchaus interessant sein. Das Fahrverhalten geht in Ordnung, tendiert aber eher zum Arcade-Bereich und präsentiert sich nicht besonders anspruchsvoll, auch wenn die nötige Kühlung der schnell überhitzen Bremsen für einen kleinen Taktik-Hauch sorgen. Gleiches gilt für die aggressive, aber fehleranfällige KI, die auf den schwersten Stufen in der Qualifikation zwar ein ordentliches Tempo vorlegt, aber im Rennen eher mit angezogener Bremse fährt und nur am Start von einer seltsam überlegenen Beschleunigung profitiert. Die spröde präsentierte Karriere ist leider kaum der Rede wert und mangels Detailanpassungen können Rennwochenenden aufgrund der Länge zu einer ziemlich zähen Angelegenheit werden. Die eigenen Meisterschaften mutieren aufgrund der fehlenden Speicheroption sogar zu einem Totalschaden, begleitet von fragwürdigen Wetteroptionen und einem launischen Strafsystem. Technisch wird auf dem PC höchstens Mittelmaß erreicht, während auf der Xbox One X neben leichten Einbrüchen der Bildrate vor allem das vereinzelte Einfrieren des Bildschirms mitten im Rennen die Wertung weiter nach unten zieht.

Pro

  • offizielle Lizenz mit Fahrern, Herstellern und Strecken
  • verschiedene Witterungsbedingungen
  • Kühlen der Bremse als optionales Spielelement
  • leichte Anpassungen an Rennwochenenden möglich
  • eigener Meisterschaftskalender möglich
  • Setup-Einstellungen (inkl. Vorlagen)
  • leichte Tuning-Ansätze in Karriere
  • Rennen am geteilten Bildschirm möglich
  • Wasser-Vorrat für Kühlung wird skaliert

Kontra

  • rabiate und gleichzeitig dämliche KI
  • nerviger, dummer und redundanter Boxenfunk
  • kein (Zwischen-)Speichern bei eigenen Meisterschaften möglich
  • zähe Rennwochenenden (selbst bei verkürzten Varianten)
  • magere Präsentation (inkl. peinlicher Siegerehrung)
  • grafisch altbacken
  • keine Speicheroption für eigene Setups
  • spröde Karriere
  • Zeit-Abstände nur über Pause-Menü
  • keine Zwischenzeiten (nicht mal beim Zeitfahren)
  • Ghost-Fahrzeug nicht transparent
  • launisches Strafsystem
  • nur maximal acht Spieler ( KI) bei Online-Rennen
  • Bild friert stellenweise für mehrere Sekunden ein (Xbox One X)
  • KI wird nach Abflügen auf die Strecke zurück gebeamt

Wertung

XboxOne

Mit Freezes und Einbrüchen bei der Bildrate schneidet das Truck-Racing auf der Microsoft-Konsole technisch noch schwächer ab.

PC

Trotz der vielen Mängel könnte das offizielle Spiel zur FIA-Serie für eingefleischte Fans durchaus einen Blick wert sein - alle anderen machen besser einen großen Bogen um die Renn-Brummis.

Echtgeldtransaktionen

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Kommentare
LouisLoiselle

In Automobilista gibts diese Truck Rennen auch, ich vermute für Sim-Fans sind die dann eher geeignet, wenn man sich für die Thematik interessiert?

vor 5 Jahren
TheoFleury

Würde mich schon interessieren. Ist die Steuerung mit Controller gut? Leider scheint ja der Karrieremodus nicht besonders zu sein. Das muss ich mir mal genauer anschauen. Aber mein siebter Sinn sagt mir "Kauf es wenn's preislich verfällt"

vor 5 Jahren