eFootball PES 2020 - Test, Sport, PC, iPhone, iPad, PlayStation4, Android, XboxOne
Seit Jahren versucht sich Konami mit Lizenzen an das Vereinsangebot des übermächtigen FIFA heran zu robben. Die vielen Clubs und Ligen aus Südamerika können sich zumindest für Fußball-Liebhaber sehen lassen, während deutsche Fans mit drei Vereinen leben müssen: Bayern, Schalke und Leverkusen sind dabei, die Bundesliga fehlt. Dafür gibt es nicht nur die türkische, portugiesische und zwei englische Ligen, sondern neben der ersten auch die zweite spanische und italienische Liga.
Die alte Dame
Konami hat zudem eine Partnerschaft mit der UEFA geschlossen, die eFootball PES 2020 (ab 10,43€ bei
Aber dass Juventus Turin exklusiv in PES und nicht in FIFA 20 vertreten ist, ist sicher der bisher größte Erfolg für die Japaner - immerhin erlebt der italienische Serienmeister auch dank der Präsenz von Cristiano Ronaldo einen Aufschwung. Und der zweite Spitzname der "Bianconeri" passt dazu noch wunderbar zu Konamis Kick: Die alte Dame. Während ich laut darüber sinniere und in Erinnerungen schwelge, höre ich von den billigen Plätzen der auf FIFA konditionierten Kollegen "Also eine Fußball-Milf"...
PES war mal ein digitaler Star, der alle anderen Fußballspiele überstrahlte und bei uns Höchstwertungen einheimste. Das war pure spielmechanische Faszination, die FIFA lange erfolglos zu kopieren versuchte. Diese Euphorie ist verflogen,
zumal Updates zum Vollpreis in Zeiten von "Games as a Service" ebenso teuer wie anachronistisch wirken. Vielleicht kommt hinzu, dass dieser Sport im echten Leben mit der totalen Vermarktung, mafiöser Korruption und schlimmer Doppelmoral in der Außendarstellung einiges an Magie eingebüßt hat.Der moderne Fußball
Die alte Dame strahlt aber vor allem deshalb nicht mehr so, weil die Konkurrenz von EA näher an den Kern des Sports herangerückt ist - zumal die Japaner seit Jahren auf vielen Ebenen stagnierten und selbst mehr kopierten; vor allem hinsichtlich des Wettlaufs um Lizenzen, aber auch was das lukrative Geschäftsmodell der Mikrotransaktionen in myClub betrifft. Anstatt mehr auf die Fans zu hören, eigene Schwächen auszumerzen und selbst innovativ zu werden, ist man dem Umsatz von Ultimate Team hinterher gelaufen. Einiges an dieser Strategie ist verständlich, wenn man sich mit der Misere der jährlichen Sportspiel-Entwicklung beschäftigt, anderes wiederum nicht.
Trotz aller äußeren Umstände im Wettbewerb mit einem Goliath namens FIFA sowie der internen Stagnation, blitzte die alte Qualität auf dem Platz immer wieder auf. Nach diesem Pass in die Tiefe oder jenen cleveren Ballstafetten aus dem Mittelfeld heraus, die zu einem Doppelpass samt Lupfer im Strafraum führten, war die Schönheit vergangener Tage erkennbar, die Magie wieder spürbar. Vor allem im Spielaufbau inszenierte dieses PES seit Jahren en detail immer noch den taktischeren, in seinen technischen Abläufen filigraneren Fußball, bei dem kleine Manöver große Wirkung erzielen konnten.
Zaubern à la Iniesta
Dieses Jahr fühlt sich das im offensiven Bereich, vor allem bei eigenem Ballbesitz in Strafraumnähe, noch eleganter an. Denn man kann dort - theoretisch - ein Spiel aufziehen wie Andrés Iniesta zu seinen besten Zeiten beim FC Barcelona. Zum einen gibt es die neuen Finesse-Dribblings über den rechten Analogstick. Zum anderen die neuen angetäuschten Pässe in den freien
Raum. Außerdem sorgt "Inspiration" in Bereichen wie kurze Pässe oder Dribblings als neue Fähigkeit besonderer Spieler dafür, dass sich die anderen auf diesen "Regisseur" oder "Star" einstellen und sich entsprechend positionieren: also von sich aus Platz machen, Gegner blockieren oder durchstarten.Dieses Feature klingt allerdings in der Theorie cooler als man es in der Praxis erlebt, denn letztlich geht es um andere Laufwege im Umkreis eines speziellen Spielers - alles läuft natürlich automatisiert. Trotzdem ist die Idee eine gute, dass sich die eigene KI auch situativ und nicht nur gruppentaktisch anders verhält. So viel Veränderung hat es jedenfalls lange nicht in PES gegeben. Umso unverständlicher ist es, dass Konami die Inspiration gar nicht und diese coolen Manöver lediglich in einem Video präsentiert - aber tatsächlich nicht in das Training integriert. Ich frage mich wirklich, wann man diesen Modus mal renoviert, wenn man selbst jetzt nicht die Gelegenheit nutzt. Was bekommt man dort beim Üben der Fähigkeiten oder frei auf dem Platz? Dieselben alten Manöver! Dieselben komplett umständlichen Menüwege mit ewig langen Tabellen, wenn man spezielle Bewegungen und Finten trainieren will - da steht dieses eFootball eher für excelFootball.
Also, wie funktioniert der Iniesta-Zauber? Sobald man den Ball hat, hat der rechte Stick mehr Macht über ihn: Erstens kann man ihn in eine Richtung gedrückt halten, so dass der Spieler bei sehr enger Ballführung volle Kontrolle hat. Kombiniert man das mit einem Richtungswechsel über den linken Analogstick oder das doppelte Drücken der Sprinttaste, kann man seine Gegner intuitiver umspielen.
Mehr Macht für den rechten Stick
Hinzu kommt eine No-Touch-Kontrolle, wenn man den rechten Analogstick nur einmal in eine Richtung antippt, denn so folgt
der Ball dem Spieler, ohne dass der den Fuß daran hat - sieht aus wie ein Köder. Der Vorteil: Kommt ein Verteidiger, kann man präziser passen oder dribbeln. Wie oft sieht man das in einem Online-Match? Fast gar nicht, denn der Druck auf den Ball ist dort so groß, dass man kaum Zeit zum Feinjustieren hat - zumal man das "schöne Spiel" und technische Experimente eher mit Kumpels erlebt, bei denen nicht immer nur der Sieg samt Pressing im Vordergrund steht.Noch etwas sorgt für Joga Bonito, für schönes Spiel: Zweitens gibt es nämlich die neue Pass-Finte, die man vor allem in der Nähe des Strafraums des Gegners einsetzen kann, um den Ball quasi durchzustecken. Nachdem man Schuss oder Pass aktiviert, muss man danach schnell Dreieck drücken und den Analogstick in die gewünschte Richtung bringen, um einen flachen Pass durch die Abwehrkette zu spielen, der idealerweise den einlaufenden Stürmer erreicht. Wenn das klappt, ist die Freude groß!
Wie fühlt sich der Fußball mit diesen Neuerungen auf dem Platz an? Wer PES 2019 kennt, muss ein wenig umdenken, denn das verlangsamte Spieltempo und die fehleranfälligeren Pässe verlangen mehr Konzentration. Das gefällt mir richtig gut, denn die aufmerksame Gegner-KI lässt nicht viel zu und Kurzpässe kommen selbst mit einem FC Barcelona und Tiki-Taka nicht schlafwandlerisch an den Mann. Zumal korrekte Zuspiele auch die eigene Position und das Tempo berücksichtigen, so dass man in Bewegung fehleranfälliger wird.
Die Demo war gestern
Das ist gut für die Spieltiefe, denn wer sich damit auseinander setzt, wird ein sehr befriedigendes Aufbauspiel aufziehen können. Zumal die neue Stadionkamera das Erlebnis mit etwas dynamischeren Perspektiven einfängt - mit dem kleinen
Nachteil, dass der Ball führende Spieler schon mal aus ihrem Blick verschwindet. Wer das nicht mag, kann natürlich die alte Weitwinkel oder andere aktivieren.Aber falls ihr die Demo gespielt habt: Die finale Version fühlt sich in einigen Bereichen komplett anders an. Vor allem hinsichtlich der Schiris, Fouls und Kollisionen erinnert das, was da an Umrennen und Wegstoßen auf dem Rasen passiert, teilweise an Rugby. Das ist natürlich übertrieben, aber wurde in der Demo noch zu kleinlich gepfiffen, wird hier zu viel laufen gelassen. So wirkt das allgemeine Tempo auch wieder erhöht, der Spielfluss jedoch brüchiger, weil der Ball gefühlt viel schneller hin und her wechselt.
Unterm Strich ist mir das zwar lieber, weil es weniger Unterbrechungen gibt und ein gewisses Chaos auch zum Fußball gehört. Aber nachvollziehbare Pfiffe gegen klare Fouls wären mir noch lieber gewesen. Nicht falsch verstehen: Das ist nicht fatal, dass
da weniger gepfiffen wird, es gibt auch mal bessere Schiedsrichter, aber es fällt auf lange Strecke deutlich auf. Überhaupt hat Konami in diesem Jahr scheinbar ein Problem mit der Balance.Probleme mit der Balance
Dieser Fußball wirkt so körperbetont wie noch nie in der PES-Historie: Größe und Gewicht spielen eine wichtige Rolle, denn da wird abgedrängt, getaumelt und blockiert, da gibt es einen Aufpraller und Abpraller nach dem anderen. Wer in die Schussbahn gerät und den Ball in den Bauch bekommt, sackt in sich zusammen. Das sorgt sowohl für einige tolle realistische Szenen, wenn ein Riese wie Lukaku einen Kimmich einfach wegschiebt, aber auch für einiges an Slapstick beim Zusammenprall - vor allem, weil sich neben den Körpern auch der Ball physikalisch frei nach Einfalls- und Ausfallswinkel bewegt.
In der Spielrealität ist das zwar unheimlich befriedigend, weil auch die Gegner-KI dadurch "menschlicher" wirkt, wenn z.B. die Pille beim tödlichen Pass von den Hacken des Stürmers abprallt und nicht wie von Geisterhand am Fuß klebt - auch der Computer muss also mit den realistischen Kollisionen kämpfen. Allerdings habe ich auch nie so viele schmerzhafte Eigentore gesehen, weil der Ball eben vom Schienbein über die Linie rollt. Und es gab so viele Szenen, in den ein irgendwo abgeprallter Ball einfach nicht vom nächst stehenden Spieler aufgenommen wurde, owbohl der nur einen Meter daneben steht - man musste manuell wechseln und hin, was zu einigen Brüchen im Spielfluss führt.
Eigentore und Standards
Und obwohl man meinen könnte, dass bei all der Freiheit gerade Ecken im voll besetzten Strafraum für Chaos und mehr
Tore sorgen sollten, wird man überraschend feststellen, dass rein statistisch weniger nach Ecken eingenetzt wird - ich habe jedenfalls noch nie so wenig Tore erzielt oder bekommen, sowohl online als auch offline. Ich habe alle Ecken-Taktiken in zig Varianten von lang bis kurz durch, aber ich bekomme kaum Tore zu sehen, so dass hier eine gewisse Statik statt Spannung entsteht.Moment, es gibt eine Ausnahme bei Standards: Freistöße sind eine Waffe. Zum einen verwandelt die Gegner-KI die direkten Schüsse in Strafraumnähe häufiger. Zum anderen kann man immerhin auch selbst wesentlich einfacher mit einem guten Schützen à la Paco Alcacer oder Kevin deBruyne einnetzen.
Freistöße und Fernschüsse als Waffe
Für die Neuerungen wurde die Steuerungsbelegung angepasst, so dass man z.B. mit R2 kein enges Ballführen mehr auslöst, das ja jetzt auf dem rechten Analogstick liegt, wohl aber noch den geschlenzten Schuss. Aber es bleiben offene Wünsche: Obwohl man öfter das Abschirmen des Balles sieht, wird es kontextsensitiv und nicht manuell ausgelöst.
Offene Wünsche
Überhaupt sollte Konami einige Automatismen überdenken. So sehr ich die individuellen technischen Fähigkeiten in ihrer
Fülle mag, die situativ ausgelöst werden: Ich will selbst entscheiden, ob ich den Ball mit dem Körper abschirme, einen Kopfball nach unten aufsetzen lasse oder einen Schuss mit senkender Flugbahn einleite. Warum kann ich mir stattdessen mit fast jedem Spieler den Ball artistisch per Hacke über den Kopf spielen? Da stimmen die Prioritäten im technischen Bereich nicht immer.Übrigens: Doppel-X leitet in der Abwehr jetzt ein taktisches Foul ein - jedenfalls von hinten. Aber gleichzeitig aktiviert es noch das härtere Einsteigen von vorne, was zu Missverständnissen führen kann, weil es kaum effizient ist und die Gefahr birgt, dass abgepfiffen wird. Was passiert? Man lässt es als defensives Mittel am besten ganz weg.
In der Defensive scheint man mit manuellen Tacklings weniger erfolgreich als damit, dass man sich einfach passiv mit dem ausgewählten Spieler zurückzieht und über die automatische Kontrolle des Pressings den Ball zurückerobert; zusammen mit der richtigen defensiven Taktik erledigt die eigene KI das auch recht zuverlässig. Man kann sich fast darauf verlassen, dass ein Piqué, ohne dass man sein Einsteigen selbst richtig timt, den Ball im Zweikampf gewinnt. Aber da fühlt man sich dann eher wie ein Zuschauer.
Ich habe mich richtig gefreut, als Konami ankündigte, dass man die Meister-Liga erneuern will. Über viele Jahre war das der Spielmodus, der mich am längsten unterhalten konnte, weil er Fußball, Spieler-Entwicklung und Management inklusive Transfers auf angenehme Weise verzahnte. Dann strich Konami die Online-Verknüpfung, ließ den Modus versauern und unterstützte nur noch myClub. Dabei steckt die Magie dieses Spiels genau in dieser Meister-Liga, die ja Fußball und Rollenspiel mit zig Werten und Talenten verbindet.
Meister-Liga 1.1
Leider wich meine Vorfreude darauf schnell der Ernüchterung. Nicht etwa, weil ich meine Meister-Liga neu anfangen musste,
weil Konami erst zwei Tage nach offiziellem Release per Patch die offiziellen Kader aktualisierte - rückwirkend konnte man diese leider nicht auf seinen Spielstand übertragen. Wieso kann man das nicht direkt zum Start gewährleisten? Und wieso gab es fünf Tage nach Release weder Online-Turniere noch die neuen Matchdays? Dort soll es möglich sein, mit seiner Lieblingsmannschaft in wöchentlichen Partien gegen die größten Rivalen anzutreten. Gerade mit dem "eFootball" im Namen wirkt das Fehlen zum Start fast peinlich.Aber wichtiger als diese seltsame Veröffentlichungspolitik ist natürlich der Inhalt, vor allem in der Meister-Liga. Und da lässt die Inszenierung, trotz einiger lobenswerter Ansätze wie Multiple-Chopice-Dialoge, endlich authentischer Finanzen oder Freude und Wut des Trainers am
Spielfeldrand, zu wünschen übrig - für einen Neustart ist das einfach viel zu wenig. Auch wenn die Vereinsführung nach Niederlagen strenger wird, man also durchaus je nach Gesagtem und Ergebnissen Konsequenzen spürt: Man hat das Gefühl, dass man hier nur das Nötigste investiert hat, um sich einen frischen Anstrich zu geben.Neue Regie, alte Statik
Was bringt mir ein animierter Lothar Matthäus mit "Entscheidungen" in manchen Dialogen, wenn seine in "Kapiteln" erzählte Karriere auf lange Sicht so fade, teilweise abseits der Realität präsentiert wird? Warum hat man die Chance nicht genutzt, die Trainer-Karriere auch mit einem Co-Trainer, Physio etc. oder Rivalen persönlicher zu gestalten? Warum gibt es immer noch den Bug, dass es tatsächlich keine Ergebnisse von 2:1 oder 3:2 in den Spielen der KI-Clubs gibt? Aber der Reihe nach.
Nachdem man sich für einen von 16 Trainern von Johan Cruyff über Zico bis Maradona entschieden hat, wirkt das zwar endlich personalisierter, wenn einem die Vereinsmanager die Räume, Gelände & Co zeigen und die Saisonziele festgelegt werden: Wählt man ein statistisch weit oben rangierendes Team wie den FC Fulham aus der zweiten englischen Liga, ist der Aufstieg quasi Pflicht, aber man kann seinem Arbeitgeber den Titel versprechen oder eher defensiv rangehen.
Von Matthäus bis Zico
Wählt man das originale PES United aus der fiktiven Liga, kann man auch einen Vertrag mit einem angestrebten Platz unter den ersten Sechs unterzeichnen. Apropos: Es ist unheimlich schade, dass Konami hier wieder dieselben Spieler von Hettich bis
Giorza aufstellt, deren Stärken, Schwächen und Entwicklungen man ja schon kennt, anstatt zumindest mal optional eine neue Mannschaft aus Unbekannten anzubieten, damit man mal wieder neugierig starten kann!Egal mit welchem Team man die Meister-Liga startet: Auf den Pressekonferenzen kann man aus Antworten wählen, welchen Fußball man spielen lassen will, ob man seinen Stil durchdrücken oder auf die Spieler hören oder ob man diesen oder jenen Spieler einsetzen wird. Dass gerade zu Beginn der Saison eher Allgemeines als Konkretes palavert wird, ist ja normal. Nur vermisst man später so vieles von dem, was eben auch zum Alltag eines Trainers bzw. Managers gehört. Anstatt dass man mal wirklich auf aktuelle taktische Spielstile wie Ballbesitz oder Konter, auf Pressing oder hoch stehende Abwehr eingehen kann, bleibt es bei Floskeln über "sauberen" oder "spektakulären" Fußball. Es wird auch nicht wie in einer echten Pressekonferenz nachgefragt, so dass diese visuell realistisch inszenierten Situationen inhaltlich vollkommen unrealistisch wirken.
Pressekonferenzen mit Entscheidungen
Trotzdem gibt es auch Verbesserungen: Immerhin wird das jeweilige Derby jetzt stufenweise vorbereitet. Man wird auf die Relevanz hingewiesen, man soll die wichtigen Spieler schonen und im Stadion bemerkt man tatsächlich, dass Zuschauer und Gegner-KI viel leidenschaftlicher bzw. verbissener mit höherer Foulrate zu Werke gehen. Hier hat man endlich das Gefühl von
mehr emotionaler Rivalität auf dem Platz. Aber nach dem Derby passiert zwischen Trainer und Management...nichts! Es gibt kein direktes Feedback wie etwa eine freudige Umarmung der Vereinsmanager. Oder irgendeine besondere Reaktion der Fans.Spannung vor dem Derby
Die Meister-Liga wirkt ohne Sprachausgabe, angesichts steifer Texte und einer kalten Regie immer noch zu künstlich. Nicht nur weil alle Trainer exakt dasselbe sagen und machen, sondern weil man das Relevante nicht entscheiden kann: Man kann keine Kabinenansprache aus einer Auswahl halten, es gibt auch keine Rivalen als Trainer oder irgendeine andere emotionale Komponente, die mir auf lange Sicht eine Bindung ermöglicht.
Stattdessen muss man sich in der zweiten englischen Liga nach ein paar Siegen mit einem weltfremden Angebot von Real Madrid als Trainer beschäftigen und im "Pressefenster", in dem einige aktuelle Ereignisse oder Meinungen von Spielern
gezeigt werden, wird der gerade zum Profi ernannte Ersatztorhüter (!) als großes Thema sowie Hoffnung zelebriert.Real Madrid calling
Und falls es mal realistischer wird, wenn es um Gerüchte von Spielerabgängen geht, kann man sie nicht selbst dazu befragen. Apropos Realismus: Endlich passen die in Yen oder Euro darstellbaren Finanzen hinsichtlich der Ablösesummen und Gehälter einigermaßen zur Realität, so dass es sich zumindest im ökonomischen Bereich bei den Transfers authentischer anfühlt. Aber statt Sponsoren-Logos anpassen zu dürfen (wer braucht sowas als Trainer?), hätte ich viel lieber mehr Personalisierungen und Spannung erlebt.
Auch hinsichtlich des Designs bleibt man an der Oberfläche: Zwar freut man sich über die modernisierten Menüs, die jeweils in den Vereinsfarben gehalten sind, aber auch die lassen zu wünschen übrig: Warum kommt man von Nachrichten nicht direkt zum Thema wie etwa dem dort erwähnten Transfer oder dem Training? Warum muss ich so lange nach Torschützen und Scorern oder Ergebnissen anderer Teams suchen? Hier lässt Konami viel Potenzial liegen.
Verschenktes Potenzial
Immerhin werden Veteranen feststellen, dass die Gegner-KI zugelegt hat und Schwächen besser ausnutzt, so dass man mit seiner Mannschaft, deren Team-Chemie etwa bei 50 bis 60 liegt, einige Probleme hat - zumal die eigene Fehlerquote beim Passen höher ausfällt. Ich spiele mit Passhilfe-Stufe 1 und habe den Schwierigkeitsgrad im Vergleich zu PES 2019 von Superstar auf Top-Spieler herunter geschraubt.
Gute bis seltsame Gegner-KI
Aber man darf nicht vergessen, dass dieser Anspruch zum Reifeprozess der Meister-Liga gehört: Erreichte meine Team-Chemie erstmal mittlere 70, habe ich den Schwierigkeitsgrad wieder höher gestellt, denn sonst kontrolliert man die meisten Partien. Allerdings fallen auch in der Meister-Liga seltsame Tore: Wenn ein Zweitliga-Kicker namens L. Taylor von Charlton mit einem Standard-Wert von 64 zwei (!) direkte Freistöße hintereinander (!!) sofort verwandelt, dann ist ihm der Fußballgott sehr wohlgesonnen - oder die Balance stimmt nicht.
Während man in der Meister-Liga bei aller Kritik zumindest Fortschritte erkennt, fühlt man sich im Karriere-Modus wie im falschen Film. Konami hat tatsächlich nichts verbessert, so dass man eine komplett sterile Laufbahn erlebt, die weder emotionales noch fußballtaktisches Feedback in seiner minimalen Form gibt. Ein Gespräch mit dem Trainer über die eigene
Rolle im Spiel? Direkte visuelle Kritik oder Lob beim Spielen? Eine Aufarbeitung der individuellen Leistung nach dem Spiel? Alles Fehlanzeige. Wer soll sich das bitte antun? Dass man diesen komplett veralteten Modus in der Form immer noch anbietet, ist Realsatire.Also bleiben einem abseits der Meister-Liga die typischen Online-Wettbewerbe wie der Aufstieg in Ligen, die man ebenfalls seit Jahren kennt. Und nicht nur aufgrund des neuen Namens hat man unterm Strich das Gefühl, dass sich Konami in erster Linie um das Geschäft mit dem E-Sport kümmern wird als wirklich substanziell all das zu renovieren, was längst überfällig ist. Dafür spricht auch der Ausblick auf die Euro: Da werden sich in einer Online-Qualifikationsrunde die besten 16 Mannschaften für ein Event in London qualifizieren. Das Finale der "UEFA eEURO 2020" soll dann zwischen den Halbfinalspielen und dem Finale des realen Wettbewerbs stattfinden - da man das weltweit live ansehen kann, erhofft man sich natürlich einen Werbe-Effekt...
Man startet mit der alten Meister-Liga-Mannschaft, um dann die ersten zufälligen Spieler wie in einer Lotterie zu ziehen - ich hatte übrigens sofort Pepe und Messi. Wahnsinn, oder? Die packt man dann in seine No-Name-Truppe mit der schlechten Team-Chemie, um sie stückweise über Trainer, Scouts, Spiele & Co zu verbessern. Ich musste das nach ein paar Spielen ausmachen, weil es einfach nur nervig ist, dass man als Erwachsener im Jahr 2019 mit dieser peinlichen Beutekisten-Dramaturgie konfrontiert wird statt mit ernsthaftem Sportspiel-Management. Bei Konami ärgert mich das umso mehr, weil die spielmechanische Substanz und das ausgeklügelte Rollenspielsystem mit den vielen Fähigkeiten, Teamrollen und Inspiration für einen simulativeren Ansatz bestens geeignet wäre. Das gab es ja mal, 2006 auf der PS2: Pro Evolution Soccer Management.
Fazit
Konami hat die Erwartung mit dem veränderten Namen eFootball PES 2020 sowie eigenen Versprechen im Vorfeld selbst geschürt. Und ja, es gibt auf den ersten Blick so viele Neuerungen wie seit Jahren nicht mehr. Aber auf den zweiten Blick fehlt es überall an Konsequenz sowie Balance: Man veröffentlicht eine Demo mit viel zu peniblen Pfiffen und verändert dann das Schiedsrichter-Verhalten ins andere Extrem, zumal sich die finale Version chaotischer anfühlt. Man sorgt mit Manövern à la Iniesta theoretisch für mehr Eleganz, aber lässt auf dem Rasen über die eigentlich lobenswerte Körperlichkeit auch fast Rugby zu. Man integriert Feinheiten wie Inspiration, Finesse-Dribblings und neue tödliche Pässe, aber sie tauchen nicht einmal im Fähigkeiten-Training auf, das genauso veraltet ist wie die schreckliche Karriere für Spieler - die sollte nicht "Werde zur Legende", sondern "Erlebe die Langeweile" heißen. Man verbessert die Gegner-KI, die faszinierender Weise menschliche Fehler macht, aber während Ecken komplett ungefährlich wirken, sind plötzlich direkte Freistöße der KI gefühlt immer drin. Vor allem die "Erneuerung der Meister-Liga" ist angesichts der oberflächlichen Anpassungen eine Übertreibung, denn die Freude über einen animierten Zico oder Lothar Matthäus mit Multiple-Choice-Antworten weicht bald der Ernüchterung. Konami hat sich hinsichtlich der Abbildung eines Trainer-Alltags weder inhaltliche noch fußballtaktische Gedanken gemacht: Das ist immer noch sterile Sportspiel-Dramaturgie. Selbst uralte Defizite wie das komplette (!) Fehlen von Ergebnissen 2:1 oder 3:2 wurden nicht ausgemerzt. Und warum ich myClub mit seinem Glücksspielcharakter und Echtgeldeinsatz ebenso verabscheue wie Ultimate Team von FIFA, habe ich oft genug erläutert. Also bleibt wie immer das, was man mit seinem Kumpel online oder auf der Couch erleben kann: Wie jedes Jahr blitzt die Magie auf dem Platz auf, wenn der Ball rollt - vor allem im Aufbauspiel, das von weniger Tempo und noch mehr Konzentration im Passen profitiert. Macht das Laune? Oh ja. In ihren besten Momenten zeigt die alte Dame, warum sie mal so begeisterte. Das ist en detail ein überaus filigranes, ansehnlich animiertes und befriedigendes Sportspiel. Aber der neue Name wird den vielen Altlasten und verschenkten Potenzialen nicht gerecht.
Pro
- neue Finesse-Dribblings und Pässe
- neues taktisches Foul
- Meister-Liga mit realen Trainern und Entscheidungen
- neue Stadionkamera
- unheimlich eleganter, vielfältiger Spielaufbau
- sehr präzise, stets flüssige Steuerung
- starke Präsentation (Kollisionen, Animationen)
- viele taktische Möglichkeiten wirken sich sofort aus
- Torhüter-KI auf gutem Niveau
- Koop-Modus sammelt Statistiken
- Zufallsmatches mit Tauschfunktion
- sehr gutes Lauf- und Abfangverhalten
- Gegner-KI auf sechs Stufen, ab 5. Stufe richtig gut
- sehr gut inszenierte Zweikämpfe und Physik
- viele elegante Dribbel- & Annahmemanöver
- krachende, angenehm freie Ballphysik
- empotionale Gestik & Mimik auf dem Platz
- lautstarke, emotionale Fankulisse
- krachende Distanzschüsse, coole Schlenzer
- zig taktische Feinjustierungen für Offensive und Defensive
- faire Punkte-Verteilung im myClub-Modus
- Training für alle relevanten Manöver
- dynamisches Wetter, auch Schnee dabei
- Europa-Meisterschaft wird 2020 gratis integriert
- über 20 Ligen und Stadien
- Online-Ligen und Online-Wettbewerbe
- 11 gegen 11, Freundschaftsspiel-Lobbys
- starker Editor, gute Statistiken
- auf englische, spanische etc. Kommentare schalten
- Juventus Turin exklusiv dabei
- eSports der PES League integriert
Kontra
- neue Manöver nicht im Training
- manuelle Abwehrmechaniken sind zu schwach
- Meister-Liga nur an der Oberfläche erneuert
- ruppiges Spiel, selten Pfiffe bei klarem Foul
- Spieler reagieren viel zu träge auf freie Bälle
- KI verwandelt zu häufig direkte Freistöße ohne Skills
- neue Kamera zeigt Spieler und Ball manchmal nicht
- Abschirmung des Balles nicht manuell ausführbar
- komplett steriler und langweiliger Karrieremodus
- öder myClub-Modus mit Mikrotransaktionen
- erneut schwaches deutsches Kommentatoren-Duo
- Fangesänge passen sich nicht dynamisch an
- Dribbling-Finessen nur vereinzelt situativ trainierbar
- umständliches Aufrufen der Befehlsliste im Training
- Matchday und Online-Turniere nach Release nicht spielbar
- Online-Meisterliga, wo bist du?
- keine Ergebnisse von 2:1 oder 3:2 bei KI-Teams
- nur S04, Bayern und Leverkusen als deutsche Teams
- offizielle Kader erst zwei Tage nach Release
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt Käufe für Fähigkeiten, Karten, Figuren, Waffen, Geld, XP oder Spielmodi.
- Man kann die Spielzeit über Käufe verkürzen, Pay-to-Shortcut.
- Man kann sich Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, Pay-to-win.
- Käufe können durch Zufallsfaktoren zum Glücksspiel werden.
- Käufe wirken sich nur in speziellen Spielmodi wie Ultimate Team oder GTA Online aus.