GreedFall - Test, Rollenspiel, XboxSeriesX, XboxOneX, PC, PlayStation5, XboxOne, PlayStation4, PlayStation4Pro

GreedFall
13.09.2019, Jörg Luibl

Test: GreedFall

Der Fluch der Gier

GreedFall (ab 6,65€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) entführt Rollenspieler auf PC, PS4 und Xbox One in eine barocke Fantasywelt. Auf einer kürzlich entdeckten Insel treffen Wissenschaft und Magie, Degen und Gewehre, Eingeborene und Kolonisten aufeinander. Mittendrin kämpft ein Held  gegen eine mysteriöse Krankheit, machtpolitische Gier und riesige Kreaturen. Wie sich das Abenteuer des Pariser Studios Spiders spielt, verrät der Test.

Was für ein schönes Startmenü! Nein, das ist kein sarkastischer Auftakt für einen Verriss, sondern ernst gemeint. Der Blick auf den im Nebel liegenden Hafen mit dem Dreimaster erinnert mich an barocke Gemälde, weil Thema, Farben und Körnung so handgemalt wirken. Diese dunstige morgengraue Kulisse weckt sofort meine Fantasie: Ich sehe in den Gassen schon eine Nachtwache patrouillieren, zwischen ihnen einen Mann mit Goldhelm - und irgendwo in einer Stube einen Gelehrten am Pult studieren. Moment: Schweben da Asche und Unheil in der Luft? Ein Bild kann viele Geschichten erzählen...

Rembrandt lässt grüßen

Interieur und Klediung erinnern teilweise an die Epoche des Barock (ca. 1600 - 1730).
Selbst wenn sich später im Spiel zeigen wird, dass Spiders (u.a. The Technomancer, Bound by Flame, Mars: War Logs) sein Abenteuer nicht nur hinsichtlich grafischer Details oberflächlicher konzipierte als Rembrandt (1606 - 1696) seine meisterhaften Gemälde, verdient der inhaltliche und künstlerische Ansatz ein Lob. Klassische Fantasy kann nur selten zwischen Dungeons, Zauberern und Elfen frische thematische Reize setzen. Wenn man sich traut unterschiedliche Welten zusammen zu bringen, kann es schon an der Oberfläche zu ästhetischen Kollateralschäden à la Elex kommen. Umso neugieriger hat mich diese historisch angehauchte Fiktion gemacht.

Hier fühlt man sich hinsichtlich Architektur, Kleidung und Interieur fast in die Zeit des Barock (ca. 1600 - 1730) versetzt - nur auf Schminke und Perücken à la The Council hat man verzichtet, denn hier geht es nicht um eine authentische  Zeitreise. Dafür wird es später auf der Insel intriganter, exotischer und weitaus monströser als am Hofe des Sonnenkönigs Ludwig XIV. Spiders hat sich historisch inspirieren lassen, aber konzipiert

In der Charaktererschaffung kann man aus drei Archetypen wählen, aber letztlich entwicklet man sich frei und kann später alles zurücksetzen.
ein neues Fantasyszenario: Die Entdeckung Amerikas dient einer epischen Geschichte rund um Ausbeutung (Greed = Gier) und Verrat als Grundlage, bei der drei Fraktionen und Naturgewalten ihre Finger im Spiel haben.

Barocke Fantasy

Im Einstieg steht man einem Maler als ungeduldiges Modell zur Verfügung, um einen männlichen oder weiblichen Charakter eines Gesandten namens de Sardet zu erschaffen. Man kann diverse Gesichtsmerkmale anpassen und "Anfangsklassen" mit ersten Schwerpunktewählen, ob man eher nah, fern oder magisch kämpfen will. Zwar erreichen Visage und Frisuren nicht die allerhöchste Qualität, aber man kann zufrieden in den Spiegel schauen. Und da wird man auf der Haut des oder der Adligen ein seltsames Mal entdecken, das nur die Inselbewohner tragen - deshalb wirkt man später so oft vertraut auf sie.

Spiders verzichtet aber auf feste Klassen und ermöglicht eine freie, angenehm komplexe Entwicklung des Charakters in den drei Bereichen Fähigkeiten, Attribute und Talente. Für jeden Teilbereich bekommt man nach Levelaufstiegen eigene Punkte. In den Fähigkeiten kann man Kampfaktionen über fünf initiale Waffengattungen freischalten, wobei sich Nahkampfwaffen, Schusswaffen, Fallen, Magieringe und Beschwörungen kreisförmig treffen, so dass man sich in einem Bereich stark spezialisieren kann oder auch mächtige Fusionen wie die Schattenexplosion erreicht.

Offene Charakterentwicklung

Wählt man dazu die richtigen der sechs Attribute, z.B. Präzision für Schusswaffen oder mentale Kraft für Zauber, kann man

Zu Beginn sind sowohl die Beziehungen zu anderen Fraktionen als auch die Fähigkeiten eher mager.
die Effekte der Waffen verstärken und manche sogar erst benutzbar machen: Bessere Klingen verlangen z.B. eine bestimmte Stufe der Beweglichkeit, bestimmte Halsketten die Willenskraft. Schließlich gibt es noch sechs Talente, darunter das Schlösser knacken, das Handwerk oder die Wissenschaft, die Aktionen freischalten. Man kann sich nicht "verskillen": Falls man etwas anderes probieren möchte, kann man einen Erinnerungskristall aktivieren und alles neu verteilen.

Kaum ist man als Gesandter der Händlerkongregation und Vetter des Prinzen Constantin von Orsay in offizieller Mission unterwegs, fühlt man sich wie d'Artagnan - oder zumindest eine Art Musketier im Geiste. Aber bevor man in die neue Welt auf die Insel Teer Fradee segelt, um ein Heilmittel gegen eine Seuche zu finden, an der auch die eigene Mutter erkrankt ist, muss man Constantin erstmal aufspüren. Immerhin soll er dort als Gouverneur für die Händler regieren. Hat er nur einen über den Durst getrunken oder ist was Schlimmeres passiert?

Mantel & Degen

Zwischen Dreispitz und Herrenrock, Helm und Harnisch entsteht auch aufgrund der heroisch aufspielenden, aber behutsam,

Im Kampf kann man pausieren und zig Aktionen in Ruhe ausführen.
manchmal melancholisch dahin trabenden Musik so etwas wie gemütliches Mantel&Degen-Flair. Wenn man die majestätischen Flure mit all ihren Portraits und Landschaftsbildern erkundet und sich die Pforte zur Hafenstadt Sérène öffnet, ist der Ausblick überraschend pompös, zumal die Übergänge zwischen Licht und Dunkel den Effekt stärken. Und hier entstehen sogar noch lebendige Eindrücke, wenn man in einer Kaserne den Soldaten der Groschengarde bei Liegestützen oder dem Exerzieren zuschauen kann.

Spiders gelingt eine wesentlich höhere audiovisuelle Anziehungskraft als noch in The Technomancer. Und dieses Spiel sieht nicht nur wesentlich besser aus als ein The Sinking City, es hat auch überraschend wenige Bugs - wenn man davon absieht, dass die Kamera im Dialog mal hinter einer Textur verschwindet, selbige später nachgeladen werden oder dass man mal nicht über eine Brücke kommt, weil die Passanten einfach nicht ausweichen. Es empfiehlt sich zudem die Sensitivität auf den Konsolen herunter zu regeln, damit Held und Kamera nicht so nervös zappeln, während man die Umgebung erkundet.

Die Franzosen leisten sich für ihr Abenteuer, das euch zwischen 35 und 60 Stunden beschäftigen wird, einen dreistündigen Prolog in einer kontinentalen Hafenstadt, bevor es zur Insel geht. Das ist auch gut so, denn man muss sich erstmal an die Spielwelt, ihre Gesetzmäßigkeiten und all die Namen gewöhnen, die zum großen Teil französisch, aber bei den Vornamen der Wachen von Kurt bis Manfred deutsch klingen. Zu Beginn fühlt man sich noch etwas überfordert angesichts all der Parteien, Personen und Begriffe, zumal die Sprache hier teilweise clever als Stilmittel eingesetzt wird. Es entsteht trotz vertrauter Klänge der Eindruck einer fremden Welt, zumal sich spätestens auf der Insel bei den Eingeborenen indianische, nordische und keltische Motive bzw. Namen wie Glendgnámvár finden.

Prolog in der alten Welt

Die grassierende Krankheit nennen die Kolonisten "Malichor", dann gibt es die "Nauten", die als tätowierte Seefahrer mit

In den Dialogen hat man oftmals die Wahl, ob man drohen , bestechen oder das Charisma anwenden will.
Handelsrecht und exklusiven Lagern quasi eine fünfte Fraktion neben den Eingeborenen bilden - die übrigens auch mit vielen eigenen Begriffen in ihrer Sprache auftreten. All das macht neugierig und es ist sehr hilfreich, dass der vorbildlich strukturierte Kodex weitere Informationen zum Nachlesen über Personen, Gebiete, Fraktionen etc anbietet. Aber neben dem Exotischen bemerkt man sehr schnell auch das Gewöhnliche im Spieldesign, das es mit überstrapazierten Crafting-, Sammel- und Belohnungsreizen scheinbar allen recht machen will. Man hat es also nicht nur mit einer fiktiven, sondern auch mit einer bekannten modernen Seuche zu tun, in der man schneller seinen Rucksack mit Zutaten und Waffen, natürlich vergleichbar füllen kann.

Schon in der ersten Stadt Sérène wird eine künstliche Oberfläche zum Abgrasen sichtbar. Was in der Wildnis bei Sträuchern, Bäumen & Co okay ist, wirkt hier wie ein fremdes Spiel im Spiel: Obwohl man laut Story ein wohlhabender Adliger ist, obwohl eine Seuche für Elend unter den Leuten sorgt, hat der Osterhase in den Gassen zig funkelnde Kisten mit Beute wie Gold,

Was für ein majestätischer Anblick! Bis man die überall funkelnden Kisten sieht...
Munition, Kleidung, Zutaten, Magietränke & Co verstreut, die man natürlich vor aller Augen plündern kann, selbst wenn sie neben Bettlern oder Wachen stehen. Und selbst wenn in einer Taverne Gold direkt vor Leuten auf einem Tisch liegt, darf man es einfach ohne Reaktion stibitzen. Hier wirkt der Titel GreedFall wie eine selbsterfüllende spielmechanische Prophezeiung.

Die Gier nach Beute

Übrigens: Hat man die Truhen einer Stadt einmal geleert, werden sie nach einer gewissen Zeit tatsächlich wieder frisch befüllt - was für ein Service! So wird das "Wirtschaftssystem" quasi künstlich subventioniert, damit man immer etwas abgreifen oder verkaufen kann. Zwar kann man in den Optionen viele visuellen Hilfen für Spielwelt, Karte etc. abstellen, aber dennoch entsteht auf diese Art ein erster Bruch zwischem dem Erzählten und dem Erspielten. Das ist unheimlich schade, denn man hätte hier so gut vertiefen können, indem man den Murks einfach weglässt - oder ihn plausibler platziert! Es gab mal eine Zeit, da hat man sich über Schatztruhen gefreut, weil man etwas dafür leisten musste...Link wacht ja bald wieder auf.

Aber dieses primitive Beutesystem kann man ja theoretisch ignorieren. Das ist nicht ganz leicht, weil man in das bekannte Hamsterrad des Aufrüstens und Verbesserns gesteckt wird - zumal Munition tatsächlich irgendwann knapp und teuer ist, wenn man sich denn auf Fernkampf spezialisiert. Trotzdem ist die inflationär verstreute Beute nicht zwingend ein Killer: Auch andere Spiele wie God of War oder The Witcher 3 konnten so einiges an Defiziten mit der Zeit und vor allem mit anderen inhaltlichen Qualitäten kompensieren. Was hat GreedFall also noch zu bieten? Zunächst einmal eine interessante politische Ausgangslage mit drei Mächten, die sich in einer gewissen Balance ausgleichen.

Die Frage der Kompensation

Da ist die Handelskongregation des Spielers mit seinem königlichen Vetter als neutrale Mitte. Hinzu kommen die im Krieg

Man kann sowohl seinen eigenen Charakter als auch die Gefährten von Kopf bis Fuß individuell ausrüsten.
befindlichen Nationen von Thélème und die Brückenallianz, deren Botschafter man im Prolog besucht - beide halten natürlich nichts voneinander. Erstere verbreiten als Missionare den Glauben an ihren einen Gott, bekehren Einheimische und sind dabei ebenso rücksichtslos wie die alte Inquisition. Letztere erforschen als Wissenschaftler die Natur, suchen Rohstoffe und sind dabei ebenso rücksichtslos wie moderne Firmen.

Man kann diplomatisch zwischen allen agieren, sich aber schon im Prolog entscheiden, ob man ihnen Ketzer oder Verräter ausliefert. Das scheinbar zweigeteilte Weltbild zwischen Glaube und Wissenschaft erreicht aber nicht die charakterliche und spielerische Verknüpfung wie etwa in Arcanum aus dem Jahr 2001 (zum Test: 82%), wo man ja selbst als Held einen speziellen Weg einschlagen, eine Fraktion unterstützen und

Was hat es mit der seltsamen Krankheit auf sich, an der die eigene Mutter sterben wird?
wesentlich offener Rollenspielen konnte. Diese inhaltliche Tiefe erreicht GreedFall trotz einiger Ansätze nicht, aber die ideologischen Differenzen und die menschliche Gier auf allen Seiten wird auf erzählerischer Ebene gut veranschaulicht.

Nicht nur Schwarz und Weiß

Alle Fraktionen bzw. Protagonisten wollen mehr Macht - vor allem in der neuen Inselwelt von Teer Fradee, in der sie jeweils eine Residenz in Form einer eigenen Stadt besitzen. Was weltanschaulich klar verteilt wirkt, überrascht dann mit inneren Konflikten, so dass nicht nur Schwarz und Weiß, sondern auch moralische Graustufen erkennbar werden. Jede Fraktion, auch die eigene und die Einheimischen, hat ihre Geheimnisse und Intrigen, ihre Gewalttäter und Fanatiker. Auch wenn ich mir noch mehr Konsequenzen und je nach Spezialisierung klarere Tabus bzw. Lösungswege für den eigenen Charakter gewünscht hätte, sorgt die Story, der man spätestens ab der Hälfte aufmerksam folgt, immer wieder für gute Unterhaltung in den Dialogen und der politischen Entwicklung.

Aber bevor man die ersten erzählerischen Geheimnisse lüften kann, macht das pausierbare Kampfsystem seine Aufwartung. Der vernarbte Waffenmeister Kurt, der einen als erster von einem halben Dutzend Gefährten auf der Suche begleitet, will erstmal wissen, ob sich der Höfling wehren kann. Wer einigermaßen Erfahrung mit Action-Rollenspielen hat und zumindest etwas gefordert werden will, sollte nicht den normalen zweiten, sondern den höheren dritten der vier Schwierigkeitsgrade wählen.

Kampf mit Schwert, Gewehr & Magie

Man kann im Angriff schnelle Hiebe, Tritte gegen die Balance oder Schusswaffen wie Pistolen und Gewehre einsetzen. Jede Waffe besitzt eine andere Effizienz gegenüber Rüstungen und später auch diverse Zusatzschäden wie Element oder Gift;

Die Mitglieder der Brückenallianz zeigen eher orientalische Züge.
außerdem kann man diverse Fallen mit ähnlichen Effekten aufstellen. Baut man über Treffer genug Zorn auf, gibt es noch einen Spezialangriff; aus der Distanz kommen weitere Magie wie Stasis zum temporären Einfrieren sowie diverse Bomben & Co hinzu. Besonders effizient ist auch das Vergiften. In der Verteidigung gibt es keine Schilde, aber man kann ausweichen oder rechtzeitig parieren sowie zig Tränke von Rüstungssalbe bis Ausdauerbier einnehmen oder seine Klingen alchemisch bestreichen.

Was in Echtzeit trotz Zielfixierung und zwölf belegbarer Schnelltasten eher hektisch anmutet und weder die Intensität eines God of War, Nioh, der Soulsreihe oder hinsichtlich der Schusswaffen eines Remnant: From the Ashes erreicht, entfaltet in der Pause unterhaltsame taktische Reize. Dort kann man zwar keine Körperteile anvisieren, aber alle Ziele einzeln anwählen. Die Pranke des Riesenbären ist kurz vor dem Einschlag? Pause! So kann man natürlich viel entspannter ausweichen, parieren und zuschlagen oder eine Falle stellen.

Taktische Pause

In dieser Perspektive sind auch die Rüstungswerte sowie Schwächen der Gegner hinsichtlich Magie, Gift & Co in Ruhe studierbar. Zunächst gilt es alle Schildsymbole zu zerstören, bevor der Lebensbalken über weitere Treffer rapide abnimmt - gerade bei stärkeren Feinden sowie den riesigen Kreaturen sind diese zwei Phasen wichtig, zumal manches Monster immun

Man hat es auch mit monströsen Kreaturen zu tun.
gegen speziellen Schaden ist. Kurzum: Das macht durchaus Laune. Und gerade gegen die Bosse muss man taktisch rangehen: Lasst euch vom ersten am Ende des Prologs nicht täuschen, der dient nur zum Aufwärmen.

Bis zu zwei Gefährten kämpfen gemeinsam mit dem Helden, so dass man als Trio in viele Gefechte geht. Leider hat man keinen Einfluss auf die Aktionen seiner Mitstreiter - es gibt weder taktische Verhaltensweisen noch direkte Befehle, was sehr schade ist. Auf lange Sicht hätte es gerne noch strategischer sein können, zumal weder Deckung noch Moral eine Rolle spielen. Also muss man sich auf die automatischen Routinen verlassen, die zwar recht solide den Charakter widerspiegeln, so dass ein Nahkämpfer direkt nach vorne prescht, während sich ein Distanzkämpfer eher hinten hält.

Trio ohne Koordination

Sobald man das in Echtzeit laufen lässt, entsteht oftmals eher intuitves Chaos als clevere Koordination, aber es macht auch mal Spaß, sich ohne Pause dem Hauen, Stechen und Explodieren zu widmen. Etwas nervig ist allerdings, dass man in der Wildnis oft auf Standardgegner trifft, meist Diebe oder Bestien, die man nicht immer umgehen kann. Sterben Gefährten, kann

Man kämpft nicht nur gegen humanoide Feinde.
man sie über einen Wiederbelebungszauber noch während der Gefechte zurückholen, was gerade gegen die spektakulären, teilweise an Monster Hunter erinnernden Bosse hilfreich ist. Nach einem Sieg sind sie aber ohnehin wieder fit.

Da die Kämpfe quasi in abgesteckten Arealen stattfinden, kann es manchmal zu skurrilen Brüchen kommen, wenn sie plötzlich mittendrin von Feinden beendet werden, weil man sich zu weit entfernt, oder wenn man trotz klarer Sicht nicht aus weiter Distanz schießen kann, weil das Gefecht noch nicht aktiviert wurde. Selbst wenn man vorher nah genug für einen Schlag herankommt, gibt es keine direkt tödlichen hinterhältigen Attacken. So hat man im Vorfeld kaum Möglichkeiten über Kopfschüsse aus der Distanz, cleveres Schleichen oder Hit & Run den Feind zu dezimieren.

Das Spektrum der Missionen kann sich sehen lassen. Neben sehr simplem Holen und Bringen muss man auch sehr oft entscheiden, was letztlich passiert. Man bekämpft also nicht nur schnöde Banditen oder sucht zig Dinge, die leider meist auf der Karte angezeigt werden, oder repariert Geräte - wofür man zumindest Rohstoffe und Wissenschaft benötigt. Sondern man muss auch über längere Etappen einige Vermisste aufspüren, befragt mehrere Verdächtige, besorgt Papiere, schlichtet Streit und erforscht nebenbei über entdeckte Lager und Siedlungen weiter die Insel. Dabei findet man Notizen eines Professors und folgt Hinweisen einer verschollenen Expedition, so dass sich stückweise ein Bild über die Eingeborenen, ihre Kulte sowie die Machtpolitik der Kolonisten ergibt - all das erinnert oftmals an die Entdeckung Amerikas.

Vielfältige Missionen

Da sich das Journal schnell mit Haupt- und Nebenquests sowie kleineren Missionen füllt, die über die ganze Insel verstreut

Kodex und Missionsübersicht sind vorbildlich strukturiert.
sind, ist man dankbar für den Reisekomfort - der vermutlich noch nie so umfassend war wie hier. Man kann nicht nur für zehn Gold die letztlich überflüssigen Karawanen zwischen den drei Städten nutzen, in denen man übrigens sofort je ein Haus mit Teleportfunktion besitzt, sondern an jedem Lager zwischen bekannten Lagern reisen. Und weil beim Wechsel in ein anderes Gebiet automatisch eine Rast eingelegt wird, bei der man Zugriff auf eine universelle Kiste, alle Begleiter sowie einen Händler hat, fühlt man sich auf der Reise fast wie bei einer All-inclusive-Veranstaltung. Also kann man sich sehr zügig der Auflösung laufender Quests widmen: Es gibt einige Intrigen und Kriminalfälle inklusive Obduktion der Opfer, hinzu kommen Eskortmissionen, in denen Personen sicher von A nach B müssen oder Einbrüche bzw. Gefangenenbefreiungen, bei denen man möglichst niemanden töten soll. Manchmal gilt es eine spezielle Tageszeit für ein Treffen zu berücksichtigen oder eine Recherche abzuwarten - aber man kann die Zeit im eigenen Haus oder Lager bequem vorspulen. Kann das Schleichen noch einigermaßen überzeugen, wenn man in geduckter Haltung einer Zielperson folgt und ein sich füllendes Augensymbol anzeigt, wie nah man einer Entdeckung ist, enttäuscht das Infiltrieren auf mehreren Ebenen.

Obwohl es eine gute Idee ist, dass man entweder Schlaftränke einsetzen kann oder sich verkleiden muss, um z.B. bewachte Bereiche der Nauten zu betreten, wirkt die Umsetzung vollkommen inkonsequent bis lächerlich: Gerade spricht man noch in Handelsuniform mit dem misstrauischen Nauten, dann wechselt man vor seinen Augen die Brustrüstung (Hut, Stiefel oder Handschuhe müssen nicht passen) und

Leider macht das Schleichen wenig Spaß, weil es kaum fordert.
schon spaziert an ihm vorbei - zusammen mit seinen Gefährten, die sich nicht umgezogen haben oder sogar die Kleidung der verfeindeten Fraktion tragen. Ach so: Dass die Nauten eigentlich Gesichtstätowierungen tragen? Tja, als Rollenspieler muss man hier einige Augen zudrücken...

Peinliche Infiltrationen

Noch schlimmer: Hat man einmal die richtige Uniform an, darf man auch einfach so bei hellichtem Tag mit seinen Kumpels über Zäune in bewachte Bereiche klettern und dort vor Augen der Wachen (!) Schlösser knacken (!!), um ins Lager zu kommen - autsch. Auch innerhalb der Räume entsteht dann eher Realsatire als Rollenspiel: Nicht nur wenn man verschlossene Kisten vor den Augen der Wachen plündert, sondern wenn laut Story sensible Orte wie Hauptquartiere oder Gefangenenlager teilweise komplett unbewacht sind.

Da wird über Musik und die Nacht eine Spannung aufgebaut, man schleicht extra vorsichtig durch das verwinkelte Lager eines Stammes und begegnet - niemandem. Dann steht man vor der Zelle des Gefangenen und findet ein paar Meter weiter auch

Auch die Einheimischen muss man manchmal diplomatisch überzeugen.
noch den Schlüssel...in einer leuchtenden Kiste. da fragt man sich, ob einer der Entwickler jemals so etwas wie Splinter Cell oder Metal Gear gespielt hat. Und falls ja, warum der Dilettant diese Farce hier einbauen wollte!

Angesichts der Tatsache, dass bei Focus auch das richtig gute Styx erschienen ist, hätte man ja mal bei Cyanide nachfragen können, wie man zumindest Stealth-Action light konzipiert. Man hätte auch mal Elex anschauen können, das zwar ästhetisch nicht mithalten kann, aber glaubwürdigeres Figurenverhalten zeigt. Trotz dieser schweren spielmechanischen Defizite im Bereich der Infiltration kann das Abenteuer immer wieder reizen, deutlich mehr als z.B. Technomancer. Immerhin gibt es auch andere Missionen und Story sowie Landschaft können auf lange Strecke für eine gewisse Sogwirkung sorgen.

Französische Entwickler sind traditionell sehr stark darin, ansehnliche Kulissen zu erschaffen. Und GreedFall gehört zum stimmungsvollsten, was man seit langer Zeit aus dem Reich von Focus Home Interactive zu sehen bekam - nicht im Texturdetail oder hinsichtlich der soliden Animationen, aber defintiv landschaftlich. Mit der hauseigenen Silk Engin e wird zwar keine offene Inselwelt inszeniert, sondern miteinander verbundene Areale, zwischen denen nachgeladen wird. Aber das geht fix und man bekommt sehr viel in teilweise weitläufigen Gebieten zu sehen, darunter auch größere Höhlen und Siedlungen.

Prächtige Inselkulisse

In den verschlungenen Wäldern, Sümpfen und auf den weiten felsigen Ebenen entsteht dank waberndem Nebel, schöner Lichteffekte, rauschender Flüsse, weiter Sicht und dahin stöbernder Tiere eine stimmungsvolle Atmosphäre inklusive Tag- und

Auch die Weltkarte ist edel designt.
Nachtwechsel. Es gibt Schlachtfelder mit Leichen, rote schimmernde Wälder, Ufer mit riesigen Walknochen oder finstere Grotten. Auch wenn man hinsichtlich Wasser, Vegetation & Cop nicht an Horizon Zero Dawn herankommt und zwei Klassen von der eindringlichen, weil wesentlich authentischer wirkenden Flora und Fauna eines Red Dead Redemption 2 entfernt ist, entsteht in der Wildnis eine idyllische Anziehungskraft. Nur darf man nicht zu genau hinsehen, wie sich Hirsche & Co verhalten, sonst wird es wieder unfreiwillig komisch.

Hinzu kommt, dass es auch mal Abkürzungen über detonierende Wände gibt, außerdem spielt die Vertikale über das Erklimmen von Mauern und Felsen eine gewisse Rolle - allerdings ohne die befriedigenden Aha-Effekte eines miteinander verzahnten sowie auf spätere Öffnungen hin konzipierten Leveldesigns à la Zelda, Metroid Prime oder Souls. Trotzdem steht man vor so manchem Abgrund und kommt nicht weiter, weil man vielleicht nicht genug Stärke für den Sprung hat. Nur kann man hier fast sicher sein, dass es ein paar Meter weiter eine Alternative gibt. Was während der Erkundung nervt, sind allerdings neben vielen Standardfeinden, die an Riesenfledermäuse, Bären, Wölfe oder Echsen erinnern, die vielen unsichtbaren Grenzen gegen die der Held stößt. Obwohl da Treppen bei einer Ruine oder Zugänge unter Torbögen sichtbar sind, die man locker erreichen

Neben einigen Siedlungen mit tollen Monumenten gibt es drei Städte auf der Insel, darunter Neu-Sérène der Händlerkongregation, wo man anlandet. Und wenn man zum ersten Mal die Türme und Zinnen von Hikmet oder San Matheus

Was aus der Ferne wie eine majestätische Stadt aussieht, entpuppt sich des Öfteren als Fassade. Und wo sind all die Leute auf diesem Marktplatz?
in der Ferne sieht, wirkt das sehr imposant. Beim ersten Besuch gelingt teilweise noch die Illusion einer fremden Metropole, wenn man z.B. einer Verbrennung der Inqusition beiwohnt, ganz andere Mode oder Gebäude erkennt.

Drei Städte...

Aber hinter dem majestätischen Schein verbirgt sich nach längerer Betrachtung zu viel provinzielles Sein: Die Städte sind viel kleiner als man denkt, es gibt selbst auf den zentralen Plätzen mitten am Tag viel zu wenig Passanten und bis auf ganz wenige Ausnahmen entsteht kaum ein lebendiger Alltag. Immerhin hört man Händler rufen, sieht mal Arbeiter und manche Leute reagieren zumindest, wenn man sie anspricht. Nur das ist minimaler Standard!

Dass sich Spiders mit den Städten zu viel vorgenommen hat, erkennt man nicht nur am eindimensionalen Figurenverhalten

Nicht nur Räume auch Gemälde wurden irgendwann so kopiert, dass mehrere gleiche in einem Flur auftauchen.
oder den vorhersehbar verstreuten Beutekisten, die überall an der Seite oder in Sackgassen funkeln, sondern vor allem in der Architektur und dem Interieur - und das gerade dort, wo man häufig für Quests unterwegs ist.

...ein Baumeister

Die Paläste der Gouverneure und die Schenken wirken wie schnell kopiert, denn bis auf wenige farbliche sowie äußere Details gleichen sich Grundrisse und Aufbau bis hin zu Treppen, Fluren und Räumen, teilweise sind sogar die Malereien an den Wänden identisch. Hier entsteht ein Bruch zwischen Kulisse und Story, denn die drei politisch und kulturell so unterschiedlichen Fraktionen hatten scheinbar nur einen Baumeister.

Und je tiefer man innerhalb einer Stadt versinken will, desto schneller stößt man auf die anderen Beschränkungen: Es gibt bis auf nächtliche Überfälle, meist direkt vor der Stadtwache, oder Überleitungen zu Quests keinerlei unvorhergesehene Ereignisse im städtischen Alltag. In den leidlich gefüllten Schenken kann man den Wirt ansprechen, aber obwohl von Spielen und Bordell im Untergeschoss geredet wird, kann man dort nicht an den Tischen oder in den Séparées interagieren.

Leblose Städte

Es gibt weder eine Art von Karten- oder Glücksspiel noch ein käufliches Techtelmechtel, manchmal nicht einmal irgendeine

In der Wildnis trifft man häufig auf ähnliche Bestien.
Reaktion in einem Raum mit fünf, sechs Leuten - lediglich die Kampfarena in Neu-Sérène bietet etwas Abwechslung. So ansehnlich die Städte aus der Ferne wirken, so stimmungsvoll sie bei Nacht beleuchtet sind, so bieder und leblos sind sie letztlich aus der Nähe. Und es gibt so viel Unglaubwürdiges, wenn man als Rollenspieler wirklich genau hinsieht.

Dazu trägt auch das Figurenverhalten bei: Selbst vor wichtigen Plätzen oder Palästen reagieren Wachen nicht auf gezückte Waffen. Und obwohl Passanten bei Überfällen von Banditen manchmal erschrecken, werden die Kämpfe ansonsten einfach so hingenommen. Trotzdem gelingt es Spider über einige Skripte für Realismus zu sorgen, so dass das Potenzial einer konsequenteren Regie zumindest aufblitzt: Wer den falschen Begleiter dabei hat, wird von der Wache am Palast aufgehalten - den Feind aus Thélème will man bei der Brückenallianz nicht reinlassen! Das sind die guten Momente, die zusammen mit der Party entstehen. Nur um dann wieder in sich zu zerfallen, wenn derselbe abgelehnte Petrus später doch dabei ist...

Figurenverhalten und Gefährten

Trotzdem sorgen die Reaktionen auf und jene der Gefährten selbst immer wieder für Leben, so dass Story und Spielwelt

Die Landschaft kann immer wieder punkten.
wieder verdichtet werden - da fühlt man sich stellenweise an die Gruppendynamik aus guten alten BioWare-Zeiten erinnert. Neben dem Waffenmeister Kurt, dem Nauten Vasco und der Einheimischen Siora gesellen sich u.a. der Bischof Petrus und die Forscherin Aphra der Brückenallianz hinzu, so dass jede Fraktion vertreten ist. Weil sie alle gut charakterisiert sind und interessante Perspektivwechsel bieten, lohnen sich Wechsel in der Zusammensetzung.

Zum einen kommentieren sie Ereignisse oder mischen sich ein, so dass man je nach Entscheidung bei ihnen punkten oder verlieren kann. Vor allem wenn man ihren persönlichen Questreihen folgt, kann man seinen Ruf so verbessern, dass er von "verächtlich" über "nett" bis hin zu "freundlich" ansteigt. Dann bekommt man in ihrer Begleitung sogar einen wertvollen Talentpunkt wie Stärke, Charisma oder Intuition.

So kann man über die Wahl der Gefährten und der eigenen Kleidung, die man bei einem Schmied oder über eigenes Handwerk ebenfalls mit einem Attribut oder Talent modifizieren kann, dafür sorgen, dass man auch ohne entsprechende Entwicklung des eigenen Helden genug Punkte hat. Das animiert zum Experimentieren und beugt Sackgassen vor.Leider wird die aktuelle Gesamtzahl an Stärke & Co nicht in der ansonsten informativen Charakterübersicht dokumentiert. Es gibt nämlich immer wieder Stellen, an denen ein Wert in mehreren Stufen abgefragt wird: Das Schlösser knacken, die Stärke beim Springen über Abgründe, die Wissenschaft beim Sprengen von Mauern und sowohl Intuition als auch Charisma innerhalb der Gespräche.

Stärker durch gute Freunde

Nicht nur Feinde nutzen Gift - man kann es auch selbst effizient einsetzen.
Allerdings ist das Quest- und Leveldesign so verzeihlich konzipiert, dass man immer irgendwie ans Ziel gelangen kann. Manchmal mit peinlichen Hilfestellungen: Man fragt sich schon, warum man das Schlösser knacken weiter erlernen soll, wenn die Schlüssel zu wichtigen Räumen meist zwei Meter weiter in einer Kiste liegen. Etwas mehr Mut zur exklusiven Lösung hätte dazu führen können, dass sich je nach Charakterentwicklung auch wirklich andere Spielerlebnisse oder zumindest Wege eröffnen. Da waren auch Spiele wie Deus Ex & Co wesentlich weiter.

Apropos Dialoge: Auf der einen Seite ist es gut, dass man sie so beeinflussen kann. Aber wer Charisma auf zwei und mit Kleidung auf drei Punkte steigert, was recht schnell geht, kann zu hundert Prozent sicher sein, dass er sein Gegenüber

Hier kommt man nur hoch, wenn man genug Stärke hat.
überzeugt - egal welcher Fraktion es angehört, egal welchen Ruf man bei selbiger hat. Tut man das nicht, bleibt als Alternative noch die Gewalt oder Drohung, so dass letztlich eine mathematische Wahl an der Oberfläche entsteht.

Das mächtige Charisma

Besser wäre es gewesen, wenn man die Gespräche so lebendig gestaltet hätte, dass man sich die Antworten und Argumente genau ansehen muss - und dass Charisma oder Intution zwar mehr verraten, aber nicht unbedingt sicher ans Ziel führen, wenn man bei einer misstrauischen Fraktion vorstellig wird. Immerhin gibt es auch einige Situationen, in denen die Regie einem plötzlich kein Charisma als Hilfe gestattet, sondern lediglich zwei Antworten, die scheinbar beide plausibel scheinen - und genau in diesen, leider eher seltenen Momenten entsteht auch endlich richtige Grübelspannung, weil man sich nicht sicher sein kann, ob das Gegenüber überzeugt wird.

Auf Microsofts Konsole kommt es im Gegensatz zur PS4 Pro zu gelegtentlichem Tearing, auch die Bildrate wirkt nicht ganz so stabil - ansonsten ist das visuelle Erlebnis allerdings dasselbe. Abgesehen von einigen Fade-Ins und dem deutlich sichtbaren Nachladen von schärferen Texturen beim Betreten eines neuen Bereichs ist die technische Umsetzung von GreedFall auf PC durchaus gelungen. Viele Texturen sollte man allerdings nicht aus nächster Nähe betrachten, da hilft auch die oft in Zwischensequenzen eingesetze nschärfe nicht.
Die Darstellung der Haare, die hakeligen Bewegungsanimationen und die stellenweise eigenartigen Mundbewegungen, die nicht immer zu dem
Drei große Städte und mehrere Siedlungen warten auf der Insel. Sie ist nicht als offene Welt, sondern in Arealen designt.
Gesprochenen passen, stoßen ebenfalls negativ auf. Stellenweise haben die NPC-Figuren auch Clipping-Probleme mit der Spielwelt.

Ein Blick auf PC und Xbox One X

Gravierende Performance-Macken sind nicht aufgefallen, anderenfalls lässt sich auch eine dynamische Auflösungsskalierung bemühen. Widescreen-Auflösungen werden unterstützt. Die gebotenen Grafikoptionen sind in Ordnung, werden jedoch überhaupt nicht erklärt. Zumindest das Sichtfeld lässt anpassen. HDR-Unterstützung gibt es auf Konsolen, aber nicht auf PC.
Die Steuerung mit Tastatur und Maus kann angepasst werden; die Belegung des Controllers lässt sich nicht verändern. Gerade im Inventar und bei der Verteilung der Skillpunkte ist die Maus überaus hilfreich. Bei der taktischen Pause hätte die Maus trotzdem besser einbunden werden können. Ein offeneres Inventarsystem, das nicht an die Gegenstandsslots gebunden ist, hätte dem PC aber durchaus gutgetan.

Fazit

GreedFall ist ein stimmungsvolles Rollenspiel, das in eine barocke Fantasywelt entführt, die manchmal an unser 17. oder 18. Jahrhundert erinnert. Innerhalb der gut erzählten Geschichte gibt es viele Bezüge zur Entdeckung Amerikas und die Entwickler von Spiders integrieren Magie, Monster und Mythen überzeugend, so dass auf der ästhetischen und erzählerischen Ebene ein harmonisches Spielgefühl mit Mantel&Degen-Flair entsteht. Während das malerische Artdesign, die tollen Landschaften, die offene Charakterentwicklung und die Reaktionen der Gefährten zu den Stärken zählen, gehört das unglaubwürdige Figurenverhalten innerhalb der enttäuschenden Städte mit ihren kopierten Palästen und Tavernen zu den Schwächen - einmal Uniform wechseln, schon darf ohne Reaktion eingebrochen und geplündert werden. Außerdem sorgt die plumpe Verteilung von Beutekisten von Beginn an für einen Bruch zwischen Story und Spielrealität, in der letztlich auch viele gewöhnliche Sammel- und Craftingreize bedient werden. Zwar kann das pausierbare Kampfsystem mit seinen taktischen Optionen ebenso überzeugen wie die Auftritte der spektakulären Bosskreaturen, hinzu kommt eine Vielfalt an Fähigkeiten sowie Quests mit Entscheidungen. Aber dafür enttäuschen die Stealth-Action-Passagen, es gibt einiges stupides Holen und Bringen sowie zu früh künstliche Levelgrenzen. Oftmals baut GreedFall auf den ersten Blick viel Majestätisches und Spannendes auf, das jedoch auf den zweiten Blick mehr Schein als Sein, mehr Komfort und Leere statt Konsequenz und Lebendigkeit offenbart. Dabei war die Rollenspielwelt in Zeiten von Arcanum, Gothic & Co schon viel weiter, was die Substanz betrifft! Auch wenn sich das Pariser Studio offensichtlich spielmechanisch an mancher Stelle übernommen hat, servieren sie ein unterhaltsames Abenteuer, das zu den besseren aus dem Hause Focus gehört. In gewisser Weise ist GreedFall der französische Spiegel zu Elex, in dem sich Stärken und Schwächen anders verteilen.

Pro

  • kreatives Fantasy-Szenario
  • Artdesign fängt barocke Stimmungen ein
  • interessante Story um koloniale Machtpolitik
  • gut geschriebene Dialoge mit Entscheidungen
  • viele historische Bezüge zur Entdeckung Amerikas
  • angenehm lebendige Party-Interaktion
  • exotische Sprache und Begriffe als Stilmittel
  • pausierbares taktisches Kampfsystem
  • viele Widerstände und Schadenstypen
  • zig Waffen, Zauber etc. mit zig Statistiken
  • teilweise gute Reaktionen je nach Gefährten
  • Wahl des Gefährten beeinflusste Fähigkeiten
  • drei Fraktionen plus Einheimische und Nauten
  • ansehnliche Mode und Architektur
  • einige spektakuläre Bosskreaturen
  • freie Charakterentwicklung in drei Bereichen
  • einige gute Quests und mehrteilige Missionen
  • Beziehungen zu Gefährten verbessern bringt Boni
  • vier Städte, mehrere Siedlungen, edle Weltkarte
  • sehr stimmungsvolle Landschaften mit Fauna
  • Tag- und Nachtwechsel, tolle Lichtübergänge
  • Reise-Lager inkl. Händler und Teleport
  • Crafting in zig Bereichen, viel Vergleichskomfort
  • informativer Kodex mit Hintergründen
  • vier Schwierigkeitsgrade
  • zig Optionen zur Steuierung und Benutzeroberfläche
  • stimmungvsolle orchestrale Musikuntermalung
  • gute englische Sprecher, gute deutsche Texte
  • jederzeit manuell speichern

Kontra

  • primitive Verteilung von Kisten in Städten und Landschaft
  • einige Inkonsequenzen in der Spielwelt
  • kopierte Paläste und Tavernen in allen vier Städten
  • Städte sind sehr klein und wirken unbelebt
  • Kämpfe in Echtzeit können chaotisch sein
  • zu viele Standardgegner in der Wildnis
  • im letzten Drittel viel Holen und Bringen
  • einige billige Quests mit Zielmarkierung
  • Kleidungswechsel als Passierschein ist viel zu plump
  • meist keine Reaktionen auf Diebstahl oder Einbrüche
  • zu selten offene Dialoge mit argumentativer Spannung
  • keine taktische Einstellung oder Befehle für Gefährten
  • keinerlei Minispiele oder Interaktion in Tavernen
  • ganz schwache Stealth-Action-Passagen
  • überstrapaziertes Sammeln und Handwerk
  • einige nervige künstliche Levelgrenzen
  • schwache Texturen en detail, gelegentlich Kamerabugs
  • kleinere Bugs, bei vielen Passanten kein Durchkommen
  • einige Pup-ups, Fade-ins und Clippings
  • keine deutsche Sprachausgabe

Wertung

PC

Trotz seiner spielmechanischen Defizite und schwachem Figurenverhalten ist GreedFall ein stimmungsvolles Rollenspiel, das mit interessanter Story und lebendigen Gefährten in eine barocke Fantasywelt entführt.

XboxOne

Trotz seiner spielmechanischen Defizite und schwachem Figurenverhalten ist GreedFall ein stimmungsvolles Rollenspiel, das mit interessanter Story und lebendigen Gefährten in eine barocke Fantasywelt entführt.

PlayStation4

Trotz seiner spielmechanischen Defizite und schwachem Figurenverhalten ist GreedFall ein stimmungsvolles Rollenspiel, das mit interessanter Story und lebendigen Gefährten in eine barocke Fantasywelt entführt.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt keine Käufe.
  • Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.
Kommentare
DieYoung

Tod dem Loot !

vor 3 Jahren
dx1

failed the dirext x taucht bei mir auf wenn ich das spiel starten will?
Weiß nicht.

https://forum.4pforen.4players.de/viewforum.php?f=66

vor 3 Jahren
Swar

So meinen ersten Spieldurchgang habe ich nach 43 Spielstunden und 57 Minuten beendet.

Gutes Spiel mit interessanten Charakteren, Fraktionen und einer soliden Geschichte, ich würde Greedfall eine glatte 80 % geben, für eine höhere Wertung wirkt vieles einfach nicht zu Ende gedacht, besonders das Leveldesgin ist teilweise einfach merkwürdig.

Ich werde es definitiv nochmal durchspielen und mit dem diplomatischen Weg sieht man einfach mehr.

Mein Ende

Spoiler
Show
ich habe Constantin getötet und die Insel mehr oder weniger gerettet, wobei ich Ullan zum Hochkönig gewählt habe und der ist ja bekanntlich den Siedlern freundlich gesinnt, somit ging das fröhliche kolonisieren weiter, immerhin ist es mir gelungen die Inquisition so zu schwächen das der Orden aufgelöst wurde und die Missionare bekehren die Ureinwohner nicht mehr gewaltsam, sondern wollen mit ihnen zukünftig reden, was auch immer das heißen mag

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
Swar

Eigentlich wollte ich es erst 2020 spielen, aber ich bin mit meinen Spielplan ziemlich weit voraus, das eine Session im diesen Jahr möglich ist und was soll ich nachdem ersten 3 bis 4 Spielstunden sagen ? Es ist auf jeden Fall sehr unterhaltsam, die Charaktere bzw. Fraktionen ziemlich interessant, die einstellbaren Bildschirmtexte sehr gut lesbar und die One X Version macht einen guten bis sehr guten Eindruck.

Spoiler
Show
der bescheuerte Vetter meiner Heldin ist immer für einen Lacher gut

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
fanboyauf3uhr

Spiders steht für mich für 3 Dinge:

- immer mehr Einbauen wollen, als man es von der Studiogröße oder vom Budget her schafft - was man dann auch oft überdeutlich merkt
Kenne nur "Bound by Flame" und "Technomancer" die ich beide schlecht fand und nach jeweils 2 Stunden in die Ecke gepfeffert habe. Greedfall spielt in einer anderen Liga.
- technische Mittelmäßigkeit, sei es nun durch eine sich irgendwie falsch anfühlende Steuerung, Probleme in Optik oder Akustik oder eben Bugs und/oder schlechte Optimierung
Auf keinen Fall, Greedfall läuft super, ohne Ruckler, Grafik ist "gut". "Control" ist bei mir im Vergleich pro Abend 2x abgestürzt.
- die Spiele beginnen inhaltlich (also Setting, Story, Charakterzeichnung) und gameplaytechnisch (Kampsystem, Dialoge) immer gut, nutzen sich aber entweder unnormal recht schnell ab oder werden mit steigendem Spielfortschritt sogar merklich schlechter in diesen Punkten
Greedfall fängt sehr stark an, nach 15 Stunden gab es einen Durchhänger und ich dachte "okay ende der Fahnenstange". Plötzlich zog es wieder enorm an und es wird sogar interessanter als am Anfang da das Spiel sich weiter öffnet.

Die einzige Macke die Greedfall hat ist das fehlende Budget der Entwickler, ansonsten denke ich haben die hier unglaubliches geleistet.

Finde übrigens die Stealth Technik gut. Vor allem in Verbindung mit dem "Nebel" Trank hat man hier nochmal eine taktische Ebene drin.

vor 5 Jahren