The Surge 2 - Test, Rollenspiel, PlayStation4, XboxOne, PC
Brachiale Duelle
Deck 13 präsentiert eine verfeinerte Variante seines innovativen Kampfsystems mit Trefferzonen und Kontern in einer Science-Fiction-Welt, in der ein entfernt erkennbarer Nano-Sturm für apokalyptische Angst sorgt. Warum man in der Stadt Jericho City kämpft? Das wird mit einem Absturz zunächst nur vage angerissen. Jedenfalls herrscht in den Straßen entweder
die Anarchie einiger Durchgeknallter, darunter Menschen und außer Kontrolle geratene Roboter, oder die Tyrannei der schwer gepanzerten Polizeitruppen. Also geht es in den neun Sektoren meist direkt zur Sache: Nachdem man einen Feind fixiert hat, kann man Kopf, Körper, beide Arme sowie Beine einzeln anvisieren - und zwar im fließenden Wechsel über den Analogstick. Dabei sieht man auf Anhieb, welche Rüstung dort aktiv ist: Blau bedeutet gar kein Schutz, dann gibt es mehrere gelbe Symbole von leicht bis schwer gerüstet.Ihr wollt diese Waffe haben? Diesen Helm oder jenen Armschutz? Dann müsst ihr vor allem dort Treffer landen. Dabei ist nicht einfach Gekloppe effizient, sondern je nach Körperteil und Schutz ein horizontaler oder
vertikaler Schlag, am besten nicht in einfacher, sondern in aufgeladener Variante. Noch viel besser: Eine Kombo, die je nach Schutz aus einer anderen Reihenfolge aus drei Schlägen besteht. Übrigens: Wer Finisher aneinander reiht, ohne eine Basis aufzusuchen, treibt den Kombozähler und damit die Beute-Ausschüttung in die Höhe.Beute und Trefferzonen
The Surge 2 (ab 5,70€ bei kaufen) zeigt einem allerdings sehr schnell, wo der Hammer hängt: Und zwar irgendwo im anspruchsvollen Regal bei Sekiro, Dark Souls, Nioh & Co. Wenn ihr also Kampf-Abenteuer der gnadenlosen Art mögt und zig Tode akzeptiert, dann seid ihr hier richtig. Denn spätestens das neue multidirektionale Kontern verlangt gutes Timing: Sobald sich ein Feind nähert, zeigt ein weißer Halbkreis an, ob er euch von oben, unten, links oder rechts attackieren wird.
Parade und Konter
Man kann zwar auch ohne Konter über Sprünge ausweichen oder nur blocken, aber all das kostet wertvolle Ausdauer und
kann angesichts der Durchschlagskraft gefährlich sein. Denn wer sich zu sicher ist, wird auch von normalen Feinden schnell in Einzelteile zerlegt. Noch kniffliger wird es, wenn die ersten schwer gepanzerten Gegner mit Schilden und Feuer- oder gar Luftunterstützung auftauchen. Dann gilt es, die Gruppen zu trennen, einzelne anzulocken oder sie selbst aus der Distanz zu schwächen.Im Gegensatz zum auf Nahkampf fokussierten The Surge hat man mehrere Drohnen zur Verfügung, die aus der Ferne über Laser, Projektile oder diverse Granaten angreifen können - und auch mit ihnen darf man einzelne Körperteile anvisieren. Das ist eine tolle Ergänzung, die für noch mehr Abwechslung und taktische Möglichkeiten
sorgt, zumal sie auch in den Bosskämpfen eine wertvolle Hilfe sein können, von denen es inklusive der kleineren etwa ein Dutzend gibt.Fernkampf und Bosse
Auch hier hat sich Deck 13 gesteigert: Waren einige Arenen und Bosse im Vorgänger zu strikt designt, so dass zu viel Trial&Error-Frust entstehen konnte, hat man jetzt mehr Platz und Freiheit, was die Taktik betrifft. Einer der ersten großen Bosse, ein klasse designtes, krebsartiges Hightech-Ungetüm namens Little Johnny, ist an mehreren Stellen verwundbar, sowohl an den Beinen als auch am Maul, wobei sich Treffer unterschiedlich auswirken - man kann ihn also auf mehrere Arten besiegen. Von dieser Art optisch spektakulärer Ungetüme gibt es allerdings zu wenig! Hier lässt man einiges an Potenzial liegen und bietet vermehrt humanoide bzw. zweibeinige kleine Endgegner.
Diese sind weniger frei zu bewältigen, teilweise deutlich stärker und hier fühlt man sich fast an Sekiro erinnert, wenn man in einem rhythmischen Tanz aus Konter und Parade über mehrere Phasen bei frisch auftauchender Verstärkung bestehen muss. Hier gerät man ganz schön ins Schwitzen, sollte die Schwachstellen kennen und sich möglichst optimal ausrüsten. Aber auch da hat The Surge 2 einiges zu bieten, so dass das Entwickeln und Abstimmen des Charakters sehr unterhaltsam ist.
Es gibt nicht nur leichte, mittlere und schwere Rüstungen, die alle einzeln aufrüstbar sind und in einem kompletten Set von Kopf bis Fuß wertvolle Boni spendieren. Es gibt auch zig ein- und zweihändige Waffen von Schwertern, Speeren, Äxten, Hämmern bis hin zu Klauen und hybriden Klingen in zehn aufrüstbaren Stufen, die eigene Bewegungs-, Kombo- und Reichweitenmerkmale besitzen sowie evtl. Zusatzschaden wie Strom, Feuer, Nano etc. anrichten.
Rüstungen und Module
Es lohnt sich also, zu experimentieren! Im Zentrum der Charakterentwicklung steht der modulare Ausbau der eigenen Mech-Rüstung, der ein wenig Puzzle-Charme versprüht: Man hat nur begrenzt Platz für Module, die spezielle Eigenschaften wie
Heilinjektionen, Energie- oder Ausdauerboni, weniger Gift- oder Nanoschaden, mehr Feindschaden oder diverse Hilfsanzeigen haben können. Wer Platz sparen will, kann übrigens auch die Statusanzeigen der Feinde oder die visuelle Hilfe bei Angriffen deaktivieren.
Weil diese Module unterschiedlich viel Energie benötigen, überlegt man immer, welche Kombo man für welches Areal oder welchen Boss aktiviert. Innerhalb bestimmter Intervalle des Aufstiegs schaltet man weitere Modulplätze frei, so dass ein sehr motivierender Kreislauf des Aufrüstens und Umverteilens entsteht. Fühlt man sich in Nioh z.B. eher erschlagen von der Beute, wird hier aus der Fülle ein kombinierbares Spiel, in dem man sowohl aus Modulen als auch Rüstungen eigene Sets für andere Situationen erstellen kann. So zeigt The Surge 2 auch, dass Kisten, Beute und Sammelei nicht per se schlecht sind, sondern unterhalten können - wenn man sie kreativ einbindet.
Reaktionen und Figurenverhalten
Lediglich die Visionen eines verschwundenen Mädchens sowie das mysteriöse Monster, das seine Nano-Spuren hinterlässt und von einem Spezialtrupp gejagt wird, können als erzählerische Köder etwas länger neugierig machen. Trotzdem haben sich die Frankfurter erzählerisch gesteigert, indem sie über Audiologs und Gespräche ein dystopisches Bild zwischen Bladerunner und Fallout zeichnen, zumal sie immer ein Augenzwinkern und teilweise köstlichen schwarzen Humor parat haben - selbst innerhalb einer Quest kann man böse überrascht werden.
Dabei beweisen sie stellenweise mehr Fingerspitzengefühl als so manches ausgewachsene Rollenspiel: Es gibt eine Szene, in der man einem Händler etwas stehlen kann, das hinter der Theke rot leuchtet. Aber anstatt das einfach zuzulassen, beschwert
Die gelingt The Surge 2 hinsichtlich des Figurenverhaltens zwar nicht immer, wenn sich etwa die Jünger eines gerade getöteten Priesters über sein Fehlen wundern, während die ganze Stadt schon über seinen Mörder tratscht. Aber es lohnt sich, die Leute nicht nur nach erfolgreichen Quests, sondern auch nach Ereignissen wie Bosskämpfen nochmal anzusprechen. So entsteht zumindest etwas Rollenspielflair und die situative Illusion einer reaktiven Spielwelt. Allerdings kann man sich weder Fraktionen anschließen noch den Lauf der Geschichte beeinflussen. Lobend erwähnen muss man, dass das Spiel komplett auf Deutsch angeboten wird und die Sprecher einen guten Job machen.
sich der Händler und aus dem Diebstahl wird eine Quest um eine gescheiterte Beziehung, wenn man weiter nachfragt - genau solche Situationen sorgen für atmosphärische Verdichtung.
Hinsichtlich der Spielwelt wirkt The Surge 2 stimmungsvoller, verschachtelter und ausgefeilter als der Vorgänger. Die Frankfurter zeigen ein besseres "Environmental Storytelling", indem sie die Kulisse öfter für Hinweise, witzige Anspielungen oder kleine Geschichten nutzen - sei es durch Architektur, Werbeplakate, Graffito oder andere visuelle Botschaften. Alles wirkt handgemachter, so dass intimere Erkundungsreize entstehen.
Verschachtelte Levelstruktur
Dazu trägt auch die wunderbar verzahnte Levelstruktur bei: Es gibt zig kleine Gassen, Türen oder Schalter, die Abkürzungen zu bekannten Gebieten oder geheime Bereiche freischalten, so dass man auf dem Weg durch die neun Sektoren immer wieder
lokale Déjà-vus hat. Manchmal muss man Sprünge einsetzen, manchmal nur Kisten zerdeppern oder die Augen offen halten, um weitere Zugänge zu finden. Weil auch die Vertikale über Magnetaufzüge und Treppen sehr gut genutzt wird, und auch die Drohnen erst nach vielen Stunden über Elektrostöße weitere Wege öffnen, entstehen auch auf lange Sicht genug Erkundungsreize.
Online-Modus à la Dark Souls
Auch der optionale Online-Modus erinnert an das Vorbild: Wer sich verbindet, z.B. Hinweise anderer Spieler in Form von Graffito sehen, wo sich z.B. Fallen, Gegner oder Schätze verbergen - man kann auch selbst diverse Zeichen auf Böden und Wände sprühen; außerdem kann man sich Spieler anzeigen lassen und gegenseitig Feedback geben. Hinzu kommen Banner,
die man für Boni an entlegenen Orten errichten kann. Zum anderen gibt es aber auch böse Überraschungen, denn man kann angegriffen werden; tötet man Spieler, wird ein Rachegeist beschworen.Die Kulisse ist ansehnlich, bietet einige stimmungsvolle Gebiete und teilweise tolle Beleuchtungen, kann aber nicht begeistern und liegt weit hinter einem Gears 5. Dass Gesichter, Mimik und Gestik nur solides Niveau erreichen, ist ebenso verschmerzbar wie die zu leichte Physik mit den bekannten Ragdolleffekten. Allerdings hat die hauseigene FLEDGE-Engine einige Probleme mit Texturen, auf Xbox One X und PS4 Pro mehr als auf dem PC: Abgesehen davon, dass einigen Oberflächen en detail die Schärfe fehlt, werden sie nahezu ständig nachgeladen, so dass visuelle Brüche entstehen. Hinzu kommen Einbrüche in der Bildrate, die zwar auf lange Sicht nicht fatal sind, weil sie in Kämpfen nur sporadisch auftauchen, aber es gibt einige Szenen, in denen man Zeitlupe beobachtet, wenn man Kisten zerdeppert. Dem kann man allerdings entgegen wirken, denn man hat in den Optionen die Wahl, ob man auf PC, PS4 Pro oder Xbox One X in 4K-Auflösung bei 30fps oder in 60fps bei 1080p spielt.
Technische Probleme und Bugs
Die PC-Version von The Surge 2 setzt im Gegensatz zu vielen anderen Titeln nicht auf DirectX als Grafikschnittstelle, sondern auf Vulkan - wie z.B. Wolfenstein: Youngblood, Rage 2, World War Z oder Strange Brigade. Ein 64-Bit-Prozessor und ein 64-Bit-Betriebssystem werden vorausgesetzt. Die maximale Bildwiederholrate liegt bei 160, sofern man V-Sync deaktiviert. Mehrere dynamische Auflösungsanpassungsoptionen sind vorhanden. Wenn gewünscht, passt das Spiel die Auflösung automatisch an, um die Bildwiederholrate möglichst stabil zu halten.
Ein Blick auf die PC-Version (von Marcel Kleffmann)
Auch das horizontale Kamerasichtfeld kann von 50 auf 30 bis 90 verändert werden. Die sonstigen Grafikoptionen könnten etwas mehr Auswahl bieten, aber immerhin können die Intensitäten der Linsenreflexionen, der Bewegungsunschärfe, der
lokalen Überbelichtung und der chromatischen Aberration (Abbildungsfehler optischer Linsen) angepasst oder komplett ausgeschaltet werden. Interface-Elemente wie Spielerstatus, Tech-Scrap-Info und Schadenszahlen lassen sich deaktivieren. Die Häufigkeit von Finishing-Sequenzen kann eingestellt werden. Gleiches gilt für das Verhalten der Kamera. Das Kameraschaukeln lässt sich ebenso ausschalten.
Bloodborne (Wertung: 90%)
Lords of the Fallen (Wertung: 65%)
Nvidia GeForce GTX 980 Ti. Selbst mit einer GeForce 1060 GTX läuft das Spiel in 1080p auf Ultra mit rund 50 fps - bei vielen Kampfeffekten sinkt die fps-Rate allerdings spürbar ab. Auch Wccftech berichtet über Performance-Macken mit den empfohlenen Hardwareanforderungen (absinken der fps-Rate in den 40er-Bereich).Im Hauptmenü kann eine Offline-Funktion ausgewählt werden. Ansonsten stehen zehn Spielstände zum Speichern von unterschiedlichen Partien zur Verfügung. Die Tastenbelegung von Tastatur und Maus lässt sich anpassen. Das Inventar-Management profitiert von der Maus und den direkteren Auswahlmöglichkeiten. Die Standard-Kampfsteuerung geht in Ordnung, nur an das direktionale Blocken mit STRG + Mausrichtung muss man sich gewöhnen. Controller werden ebenfalls unterstützt und sind die passendere Steuerungsoption.
Fazit
Das ist ein klasse Kampf-Abenteuer! Deck 13 hat sich mit The Surge 2 klar gesteigert. Die Frankfurter präsentieren ein in allen Bereichen reiferes Spiel: Das Leveldesign ist weitaus verschachtelter und bietet tolle Déjà-vu-Momente. Auch das Environmental Storytelling ist besser, das Kämpfen mit Trefferzonen ist noch taktischer und die Drohnen sind eine coole Ergänzung. Zwar hat man sich auch erzählerisch gesteigert, so dass zumindest situativ mehr Rollenspielflair entsteht, aber die futuristische Spielwelt und die Story können nicht die ganz große Anziehungskraft entwickeln. Hinzu kommen technische Probleme hinsichtlich der Texturen und Bildrate, einige Bugs bezüglich der Wegfindung und Reaktionen sowie ein schwerer, aber nicht fataler Fehler. Diese Defizite trüben den Spielspaß, aber mir gefällt der schwarze Humor, das Erkunden bleibt reizvoll und vor allem das unheimlich befriedigende Kämpfen macht richtig Laune, zumal die individuelle Charakterentwicklung und die Öffnungen weiterer Wege immer wieder motiviert. Zwar hätte ich mir noch mehr spektakuläre Bosse gwünscht, aber Freunde des Soulsprinzips dürfen sich nach Remnant: From the Ashes auf einen weiteren, überaus spannenden Tanz mit dem Tod freuen.
Pro
- klasse Kampfsystem mit Trefferzonen
- hervorragend verwobenes Leveldesign
- brachial inszenierte Kämpfe mit Finishern
- tolle Konter- und Kombomechanik
- viele Waffen mit eigenen Bewegungsmustern
- cooler Drohnen-Einsatz mit Distanzangriffen
- motivierendes Aufrüst-, Beute- & Entwicklungssystem
- Puzzle-Flair bei der Auswahl der Module
- gut inszenierte Bosskämpfe mit einiger Freiheit
- kleine akrobatische Einlagen
- einige Quests mit Überraschungspotenzial
- einige tolle reaktive Szenen mit Rollenspielflair
- Erkundungsflair mit vielen Geheimnissen
- schwarzer Humor und Augenzwinkern
- gutes Menüdesign, viel Vergleichskomfort
- auf Bildqualität oder Performance gewichtet spielbar
- Beute in Station sichern beugt Verlustfrust vor
- intelligentes Kombosystem belohnt Mut
- Charaktererstellung zu Beginn
- hilfreiche Tipps zum Durchschalten
- viele Optionen bzgl. Steuerung und Anzeigen
- stimmungsvolle Musikuntermalung
- gute deutsche Lokalisierung, Sprache und Texte
- freie Controllerbelegung
- NewGame plus freischaltbar
Kontra
- Story & Spielwelt nicht besonders faszinierend
- Mimik und Gestik nur solide
- nur wenige spektakuläre große Bosse
- Kamera kann in Hektik nach oben verreißen
- hinterhältige Attacke zu schwach
- Held kann selbst keinen Schild einsetzen
- Probleme mit spät geladenen Texturen und Clippings
- Bildrate im Qualitätsmodus auf keinem System stabil
- einige Bugs (Wegfindung, Feindreaktion, Physik)
- ein großer, nicht fataler Bug (unbesiegbar als Geist)
- kein manuelles Speichern
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt keine Käufe.
- Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.