Contra: Rogue Corps - Test, Arcade-Action, XboxOneX, PlayStation4, PC, Switch, XboxOne, PlayStation4Pro

Contra: Rogue Corps
27.09.2019, Michael Krosta

Test: Contra: Rogue Corps

Auf der Suche nach Pro-Argumenten

Nach jahrelanger Abstinenz meldet sich mit Contra: Rogue Corps (ab 13,40€ bei kaufen) die legendäre Baller-Reihe zurück. Hoffnung verspricht die Rückkehr von Konami-Produzent Nobuya Nakazato, der u.a. für den Klassiker Contra III: The Alien Wars verantwortlich zeichnete. Ob sich die Zusammenarbeit mit dem externen Studio als fruchtbar oder furchtbar herausstellt, klären wir im Test.

Egal ob Contra oder Probotector: Die Serie von Konami stand insbesondere in der 8- und 16-Bit-Ära für knallharte und anspruchsvolle Baller-Action mit Plattform-Einlagen, die vor allem im Koop für viel Freude beim Dauerfeuer sorgte. Das grundlegende Konzept des „Run and Gun“ behält man selbstverständlich auch beim jüngsten Ableger bei. Doch anstatt in bester Retro-Manier vornehmlich auf eine 2D-Darstellung zu setzen, wütet man bei Rogue Corps überwiegend in einer Top-Down-Ansicht durch den dreidimensionalen Schauplatz The Damned City, der sich leider recht trist und langweilig präsentiert. Dies wirkt sich auf die Mechanik aus: Das neue Contra spielt sich im Kern jetzt wie ein Zweistick-Shooter, auch wenn man gemäß der Serien-Tradition weiterhin mit verschiedenen Perspektiven experimentiert, die mal mehr, mal weniger unter Übersichtsproblemen leiden. In manchen Sequenzen wird z.B. in den „Schießstand-Modus“ gewechselt, der mehr Ähnlichkeiten zu typischer Action aus der Schulterperspektive aufweist.

Viel Action

Übernimmt man in der ersten Mission die Kontrolle über den kybernetisch aufgepeppten Soldaten Kaiser, stehen drei weitere Figuren mit individuellen Fähigkeiten und spezieller Ausrüstung zur Verfügung, sobald man das Hauptquartier erreicht. Das Ziel bestand offenbar darin, die Charaktere so abgedreht wie möglich zu gestalten: Schwert-Kämpferin Ms. Harakiri hat z.B. einen Alien-Parasiten im Bauch, den sie regelmäßig mit der Klinge „streicheln“ muss. The Gentleman ist dagegen ein vornehmer und eloquenter Außerirdischer, der die Seiten gewechselt hat und fortan für die Menschheit zur Waffe greift. Schließlich gibt es noch Hungry Beast,

Kurzzeitig darf man der Waffe mehr Wumms verschaffen.
einen schwergewichtigen Panda, der das Absurditäten-Kabinett komplettiert.

Durchgeknallte Figuren

Im Hauptquartier besteht die Möglichkeit, Waffen mit unzähligen Modifikatoren zu verbessern. Die dafür nötigen Teile von einfach bis legendär findet man im Spiel entweder in zerstörten Kisten oder als Hinterlassenschaften bei getöteten Feinden. Alternativ lassen sich Verbesserungen per Ingame-Währung kaufen oder Entwicklungen weiterer Komponenten in Auftrag geben. Angesichts des zähen Grinds, den man nur leicht durch den Verkauf überflüssiger Ausrüstung entschärfen kann, sollte man aber lieber auf ein gutes Glück beim Einsammeln hoffen. Neben Waffen lassen sich die Figuren ebenfalls verbessern: Mit entsprechenden Teilen legt man sich beim Arzt seiner Wahl unters Messer, um z.B. die Laufgeschwindigkeit zu erhöhen oder seine Verteidigungswerte zu stärken. Das alles ist sicher nett gemeint, doch hat man teilweise das Gefühl, zu viel Zeit in irgendwelchen Upgrade-Menüs zu verschwenden anstatt den Aliens ordentlich Feuer unterm Hintern zu machen.

Ein schwer bewaffneter Panda als Actionheld? Die Entwickler haben versucht, möglichst durchgeknallte Charaktere zu entwerfen.
Auf der anderen Seite: Bei einem derart uninspirierten Leveldesign und der grafisch extrem angestaubten Präsentation auf dem Niveau früher PS3-Spiele möchte man auch nicht sonderlich lange die Baller-Abschnitte über sich ergehen lassen. Es kracht zwar gefühlt im Sekundentakt, die Umgebung ist teilweise zerstörbar und es stellen sich Schwärme von Gegnern in den Weg, doch angesichts der schwammigen Steuerung kommt man nur selten in den Flow, der die Klassiker damals so ausgezeichnet hat. Sowohl beim Zielen als auch den Sprungeinlagen vermisst man häufig die nötige Präzision. Spezial-Attacken und Hinrichtungen bzw. die Entsorgungen von Aliens im Häcksler sind zwar zunächst angesichts des übertriebenen Gemetzels nett anzuschauen, sorgen nach einer Zeit aber nur noch für gelangweiltes Gähnen. Und was ist eigentlich mit dem Soundtrack los? Die Musik geht in dem Soundeffekt-Gewitter aus Schüssen und Explosionen fast komplett unter. Dringen doch mal ein paar Töne bis zu den Ohren durch, mag man kaum glauben, wie unfassbar langweilig das musikalische Klang-Geplätschere ausfällt, das überhaupt nicht zum Spielablauf passt. Gelungen ist dagegen der flotte Wechsel zwischen Primär- und Sekundärwaffe, den man schon deshalb benötigt, weil die Wummen trotz unendlicher Munition schnell überhitzen und in diesem Fall für einige Sekunden unbrauchbar werden. Dem kann man zwar durch Upgrades entgegenwirken, doch ständiges Dauerfeuer ist hier trotzdem keine gute Idee. Immerhin lässt sich zwischendurch eine Verstärkung der Hauptwaffe aktivieren, die nach ihrem kurzen Einsatz aber erst wieder regenerieren muss.

Zwischen Frust und Langeweile

Nervig ist, dass man manche Missionen mehrmals spielen muss, weil die Ausrüstung entweder noch nicht stark genug ist oder das Zeitlimit zu knapp ausfällt, weil das Killen der Kugelschwämme zu lange dauert. Je nach Level sollte man sich bei der Erkundung der überschaubaren Areale also besser zurückhalten und sich lieber beeilen, zumal die übrige Zeit neben den getöteten Feinden am Ende auch in die obligatorische Bewertung einfließt. Während man sich in manchen Abschnitten in buchstäblich letzter Sekunde nach zeitfressenden Bosskämpfen ins Ziel rettet, kann man andere deutlich gemütlicher angehen und es bleiben sogar mehr als 20 Rest-Minuten übrig. Wichtig: Selbst wenn man die Kampagne alleine und offline spielt, gibt es keine Pausen-Funktion und der Timer tickt unaufhörlich weiter runter. Muss man nicht verstehen, ist aber so.

Mehrere Anläufe nötig

Aber Contra spielt man ohnehin am besten kooperativ. In Rogue Ops darf man die Kampagne mit bis zu vier Spielern in Angriff nehmen, sofern man online gemeinsam loszieht. Und im Couch-Koop? Hier verfolgen die Entwickler einen extrem fragwürdigen Ansatz: Zunächst einmal muss der Couch-Koop erst freigespielt werden, indem man Missionsrang 2 erreicht. Man muss also erst etwa 60 bis 90 Minuten Spielzeit investieren, um Zugriff auf den lokalen Mehrspielermodus zu erhalten hmpf! Und dann kommt schon der Schlag ins Gesicht: Die Kampagne lässt sich nicht gemeinsam im Couch-Koop bestreiten! Stattdessen wird man mit nebensächlichen Erkundungs-Missionen abgespeist, in denen man sich in prozedural generierten Abschnitten auf gemeinsame Beutejagd begibt. Als wäre das nicht schon ätzend genug, gibt es einen weiteren Haken: Nur der Host darf das

Bosskämpfe dürfen nicht fehlen.
gemeinsam gesammelte Zeug und die Erfahrungspunkte behalten, während die Mitstreiter leer ausgehen, weil sie „nur“ als Gäste mitmischen können. Was soll dieser Quatsch?

Online- und Couch-Koop

Darüber hinaus gibt es sogar teambasierte und kompetitive Mehrspieler-Modi für bis zu acht Teilnehmer. Da ich weder beim automatischen Matchmaking noch dem Server-Browser die nötigen Mitspieler finden konnte, kann ich an dieser Stelle aber nichts dazu sagen, wie sich das PvPvE mit seinem variierenden Regelwerk und dem leichten Hauch von einem futuristischen Sport anfühlt. Allerdings kann man davon ausgehen, dass sich der Spaß bei den allgemeinen Problemen des neuen Contra-Ablegers auch hier in Grenzen halten dürfte.

Fazit

Contra ist immer noch ein starker Name, obwohl es bereits in der Vergangenheit qualitative Ausreißer gab. Aber mit Contra: Rogue Corps und der neuen Ausrichtung hat Konami sich und den Fans der Reihe keinen Gefallen getan. Angesichts der Dauer-Action bleibt man zwar der Serien-Tradition treu, verpackt das alles aber in einem drögen Zweistick-Shooter, der sich verglichen mit der starken Konkurrenz in diesem Genre einfach nicht gut anfühlt und erschreckend altbacken wirkt. Da hilft es auch nicht, dass mit Nobuya Nakazato ein Urgestein der Reihe am neuen Titel mitgewirkt hat, denn gerade bei manchen Designentscheidungen (z.B. schwachsinnige Einschränkungen beim Couch-Koop) kann man einfach nur mit dem Kopf schütteln. Daher sind Contra-Fans mit Titeln wie dem kürzlich erschienenen Blazing Chrome besser bedient, wenn sie klassisches Run & Gun erleben wollen. Wer dagegen auf Zweistick-Action mit Koop-Faktor steht, findet mit Titeln wie Dead Nation deutlich besseres und unterhaltsameres Futter. Die traurige Erkenntnis ist daher die: Ein Contra: Rogue Corps braucht eigentlich niemand!

Pro

  • viel Action und Explosionen
  • durchgeknallte Charaktere
  • massig Upgrades für Waffen und Figuren
  • mitunter ansprechende Bossgegner
  • Online-Koop für bis zu vier Spieler

Kontra

  • altbackene Technik
  • sehr grindlastig für Ingame-Währung
  • schwammige Steuerung
  • zahlreiche Einschränkungen beim Couch-Koop
  • Kamera nicht immer ideal
  • extrem schwankende Zeitlimits
  • miserabler Soundtrack (...den man kaum hört)
  • ödes Leveldesign

Wertung

PlayStation4

Technisch altbacken, grindlastig und voller dämlicher Entscheidungen beim Couch-Koop: Contra: Rogue Corps braucht man weder als Contra-Fan noch als alternativen Zweistick-Shooter.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Season Pass für 4,99 Euro.
  • Season Pass, dessen Inhalte keine bzw. nur minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
Kommentare
die-wc-ente

RJMX-2CNH-PMCF

Ist ein Code für Ms. Harakiri & Kaiser Skins.
Go to the PlayStation Store > scroll to the bottom of the sidebar > Redeem Codes.
Carefully enter the code and select Redeem.

Vielleicht kann ja irgendjemand was damit anfangen.

vor 4 Jahren
LeKwas

Yop, Waffen überhitzen binnen wenigen Sekunden, die Bewegung wird während des Zielens / Ballerns verlangsamt, und man hat mit Inputlag zu kämpfen, wodurch Run & Gun stark behindert wird - und das ausgerechnet in einem Franchise, das mal wegweisend für's Run & Gun Genre war. Außerdem gibt's noch ein unnötiges Loot- und Crafting-Menü obendrauf, welches im Wesentlichen nur dafür sorgt, dass man zu wenig Schaden macht, und sich die ohnehin schon langweiligen Bosskämpfe fürcherlich in die Länge ziehen können.
Es gibt Gamedesignfehlentscheidungen, die sind so abwegig, dass man sich unweigerlich fragen muss, ob das noch Inkompetenz sein kann, oder die Devs das Ding nicht doch mit voller Absicht vor die Wand fahren wollten

/edit: Nur um das nochmal zu unterstreichen, der Inputlag beträgt ungefähr eine Viertelsekunde (d.h. ca. 7 von 30 frames).

vor 4 Jahren
darkchild

Schlimme Sache, das. Hätte allerdings sogar mit einer deutlich niedrigeren Wertung gerechnet, nachdem, was ich bisher vom Spiel gesehen habe. Das Schockierendste für mich ist allerdings noch nichtmal dieser Software-Schrott per sé, sondern der völlig an den Haaren herbeigezogene Preis PLUS die Existenz eines Season Passes.

Egal, dann heißt es eben die Klassiker wieder- und weiterspielen und dieses Machwerk schnell vergessen.

vor 5 Jahren
HellToKitty

Ich hab mir gerade Blazing Chrome bei Limited Run bestellt. Das Spiel enthält mehr Contra-Seele als dieser Schund hier
Damit wirst du als Contra/Ninja Gaiden Fan auch deinen Spaß haben. Zumal jetzt auch mein persönlich letzter Kritikpunkt nichtig wurde, da der Dash durch ein Update eine kurze Unverwundbarkeitsphase bekommen hat.

vor 5 Jahren
Krulemuk

Ich hab mir gerade Blazing Chrome bei Limited Run bestellt. Das Spiel enthält mehr Contra-Seele als dieser Schund hier

vor 5 Jahren