Frostpunk - Test, Taktik & Strategie, Mac, PC, PlayStation4, XboxOne
Als Jakub Stokalski im April den Sommer als Termin für die Konsolen-Version in Aussicht stellte, war er wohl zu optimistisch. Aber die zusätzlich Arbeit, die der Senior Lead Designer und sein Team in die Steuerung sowie die Balance investiert haben, zahlt sich aus: Frostpunk spielt sich auf PlayStation 4 und Xbox One sehr gut. Und das ist nicht selbstverständlich, denn hinter dieser vermeintlich überschaubaren Aufbau-Strategie, die man in einem Krater mit ein paar Hütten und Reaktor startet, verbergen sich viele visuelle Kleinigkeiten und Mechaniken, Anzeigen und Technologiebäume, Dialogfenster, Interaktionen sowie eine Oberwelt mit Adventure-Flair. Es gibt einige Perspektivwechsel, dazu kleine Icons & Co, für die Maus und Tastatur prädestiniert scheinen.
Überleben in der Eiswüste
Dabei entsteht schon in den ersten Stunden eine eindringliche Atmosphäre, die mit Themen wie Kinderarbeit, Hunger & Co an die Schattenseiten des viktorianischen England erinnert. Man fühlt sich fast wie in einem düsteren Steampunk-Roman von Charles Dickens, wenn Mütter für ihre Kinder um Extrarationen bitten. Lässt man Ausnahmen zu oder bleibt man hart? Hinzu kommt eine futuristische Orwell'sche Komponente, wenn Suchscheinwerfer alles abdecken oder ein Riesenroboter auf zwei Beinen durch die engen Gassen stakst. Plötzlich formiert sich eine Gruppe Aufständischer, die die Enklave verlassen und nach London zurückkeheren will - kann man ihre Anhänger zurückgewinnen, vielleicht Arenen, Wirtshäuser und Bordelle bauen?
Zurück nach London
Egal ob man Suppen mit Holzspänen verdünnt, schwer Kranke sterben lässt oder die Leute zu 24-Stunden-Schichten zwingt - alles wirkt sich aus. Hat man zu Beginn noch das Gefühl, dass es reichlich Nahrung, Kohle, Stahl und Holz gibt, werden die Rohstoffe immer seltener und die ersten Engpässe führen dazu, dass man noch konsequenter regieren muss. Dann fällt der Reaktor aus, weil die Kohle zur Neige geht, die Kälte führt zu mehr Unzufriedenheit, zu mehr Kranken, für Zulauf bei den Aufständischen und man wartet verzweifelt auf die Expedition, die irgendwo da draußen 800 Einheiten Kohle ins Lager schleppt - sie braucht noch acht Stunden, die ersten Toten werden beerdigt...
Überwachung oder Opium fürs Volk
Trotz der gnadenlosen Themen gibt es aber auch Grund zur Hoffnung, muss man nicht alles auf die harte Tour lösen, kann man Kompromisse finden und so clever haushalten, dass alle eine Bleibe haben und versorgt sind - zumindest für ein paar Tage. Hinzu kommt Abenteuerflair über Scouts an der Oberfläche, denn die schickt man auf Erkundungstour und kann auch dort kleine Entscheidungen treffen, Beute finden oder Außenposten gründen - ganz so depressiv wie in This War of Mine wird es hier nicht. Aber die Dramaturgie zieht irgendwann spürbar an, wenn man zwischen zwei grundsätzlichen Strategien mit eigenen Technologiebäumen wählen muss: Auf der einen Seite den Weg der Disziplin und Ordnung inkl. Überwachungs- und Polizeiapparat, auf der anderen Seite Glaube und Spiritualität inkl. religiöser Propaganda und Heilsbotschaften. Es gibt also keinen "demokratischen" Weg der Vernunft hinaus.
Auch wenn man vielleicht Waren-Management en detail vermisst und der Widerstand gegen das Regime ähnlich abläuft: Da sich unterschiedliche Ereignisse und Reaktionen ergeben, wird der Wiederspielwert der Kampagne zumindest auf ideologischer Ebene erhöht. Dazu trägt auf der Konsole bei, dass alle bisher erschienenen kostenlosen Updates der PC-Version enthalten sind. Es gibt also sofort einen Endlos-Modus, den man auch mit reichlich Ressourcen gemütlich angehen kann, und drei Szenarien mit eigenen Zielen. Beide Spielmodi kann man zudem in mehreren Punkten hinsichtlich des vierstufigen Schwierigkeitsgrades anpassen, außerdem andere Regionen wie Schlucht oder Felsen wählen. Darüber hinaus sind für die Zukunft weitere Inhalte geplant.
Fazit
Frostpunk spielt sich sehr gut auf der PlayStation 4 und Xbox One. Die Zeit vergeht wie im Flug, wenn man seine Siedlung in der eisigen Kälte hochzieht. Zum einen ist die Steuerung über Analogsticks, Kreismenüs & Co intuitiv, zum anderen sorgt das außergewöhnliche Spieldesign dafür, dass neben der rein wirtschaftlichen auch eine erzählerische Anziehungskraft entsteht: Moral und Ethik werden gekitzelt, Entscheidungen und Konsequenzen verlangt. Das hervorragende Artdesign sorgt für eine trügerische Gemütlichkeit, wenn glutrote Öfen in einem eisblauen Krater wabern. Hinzu kommt Abenteuerflair über die Scouts und Expeditionen. Man fühlt sich fast wie in einem Steampunk-Roman von Charles Dickens: Denn auch hier lauert unter der Oberfläche eine gnadenlose Realität voller Frostbeulen, Leid und Tod. Für mich gehört Frostpunk zu den innovativsten Aufbau-Strategiespielen der letzten Jahre. Und die 11bit studios demonstrieren, dass man solche Highlights auch auf der Konsole inszenieren kann. Da auch alle Erweiterungen enthalten sind, die teilweise einige Kritikpunkte beheben, heben wir die Wertung nochmal an.
Pro
- sehr gute Konsolen-Umsetzung
- intuitive und präzise Steuerung
- enthält alle Updates und Erweiterungen
- anspruchsvolle Aufbau-Strategie
- Wahl zwischen religiösem Kult oder Polizeistaat
- einfache, aber durchdachte Mechaniken
- sehr gutes Artdesign, tolles Steampunk-Flair
- übersichtliche Statistiken
- moralische Entscheidungen mit Konsequenzen
- lebendiges Feedback der Bewohner
- freies Spiel oder Szenarien
- manuelles Speichern
- Schwierigkeitsgrad mehrstufig anpassbar
- viele Optionen
Kontra
- man vermisst näheres Heranzoomen an Bewohner
- Entscheidungen werden zu Checklisten bei erneutem Durchgang
- wenig komplexe Warenstrukturen
Echtgeldtransaktionen
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- Es gibt keine Käufe.
- Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.