Stormland - Test, Action-Adventure, OculusRift, VirtualReality
Mittlerweile wurde Insomniac Games sogar vom Konkurrenten Sony aufgekauft, doch vor dem Abgang liefert das Studio natürlich trotzdem noch sein großes exklusives Action-Adventure für Rift und Rift S ab. Die Bewegung durch die surreale Welt ist ein wahr gewordener Traum: Wenn man mit ausgestreckten Händen über Wolkenflächen gleitet, sich auf die felsigen Inseln katapultiert, durch die Luft schwebt und faszinierend fremdartige Festungen hinaufklettert, weckt das sofort Erinnerungen an den Kinofilm „Der Rasenmähermann“.
Abschlussarbeit für Oculus
Trotz hoher Geschwindigkeit haben die Entwickler Wege der Fortbewegung gefunden, die sich unheimlich gut anfühlen und nicht einmal bei empfindlichen Spielern für Übelkeit sorgen. Nach etwas Eingewöhnung katapultiert man sich metergenau hinter feindliche Stützpunkte. Dank magnetisch haftender Haken und rettender Hilfsdüsen klettert man flink wie ein Affe an Gesteins-Massiven empor, die ein ähnlich beeindruckendes Panorama abgeben wie in The Climb von Crytek. Auch aus der Nähe wird klar, wie viel Aufwand in die Grafik geflossen ist. Anders als in Asgard‘s Wrath protzt sie nicht mit großen Texturen, sondern eher mit hübschen Spiegelungen und Effekten.
Land der Panoramen
Arm-Upgrades wie einen Energieschild, einen aufladbaren Schuss aus der Hand oder einen Schwebe-Boost hat man auch dringend nötig, denn die fragmentierte Welt aus Inseln zwischen Wolkenflächen ist mit den so genannten Tempest-Kriegern übersäht. Warum haben sie die hoch gelegene Anvil-Sphäre mit Kriegsmaschinerie übersäht? Und wohin sind all die menschlichen Forscher verschwunden, von denen lediglich einige Labore und Audio-Logs übrigblieben? Schade, dass diese Ausgangslage nicht mit spannenden Handlungssträngen oder Wendungen fortgeführt wird. Stattdessen spielt die Story in der späteren Aneinanderreihung von Quests nur noch eine untergeordnete Rolle. Nach und nach rüstet man sein metallenes Alter-Ego auch mit diversen Pflanzen-Perks auf, die z.B. mehr Munitionskapazität für bestimmte Waffentypen, einen explosiven Aufprall oder eine Verstärkung des Schildes mit sich bringen.
Hat man den Gegnern einige Waffen entrissen oder selbst welche an der Werkbank weiterentwickelt, geht es in die Schlacht. Auf der Suche nach Schlüsseln und ein paar feindlichen Schildgeneratoren stößt man z.B. auf Peilgeräte, welche den nächsten Einsatzort eingrenzen. Die Tempest-Außenposten lassen sich relativ frei angreifen: Mit Hilfe eines Scharfschützengewehrs pflückt man z.B. Sniper von Bäumen oder Felsen, schmeißt eine der Brand- oder EMP-Granate in die Meute und liefert sich schließlich eine Schießerei mit einfachen Patrouillen und fetteren Mechs. Wer möchte, kann zur Ablenkung auch einen Stein schmeißen, sich per Predator-Tarnung anschleichen und gleich mehreren Wachen die Batterie aus dem Rücken rupfen. Schade, dass ihre Stimmen so schlecht abgemischt sind. Sie ertönen zwar aus der passenden Richtung, aber oft viel zu laut und mit zu wenig räumlichem Hall, um ihren Abstand vernünftig orten zu können.
Erkunden, craften, ballern
Dank der allgemein hohen Immersion kommt durchaus ein unterhaltsamer Spielfluss auf, wenn man die knarzig plappernden Blechbüchsen mit seinem Arsenal überrascht. Aufgrund der schwachen KI wehren sich viele davon aber deutlich zu spät. Haben sie die Gefahr entdeckt, ist es für sie meist schon zu spät, sich passend auszurichten oder den sehr agilen Spieler zu flankieren. Anders als in den schmalen Arealen von Asgard‘s Wrath schaffen es die Tempest nur selten, ihren Feind wirklich unter Druck zu setzen. Außerdem gibt es kaum echte, fordernde Bosskämpfe mit mehreren Phasen oder Puzzle-Anteilen. Lediglich am Rande der großen Festungen kommt man durch die Überzahl der Feinde angenehm ins Schwitzen.
Massenhaft Upgrades
Hinzu kommt, dass die Steuerung manchmal überbelegt wirkt, so dass man beim Klettern versehentlich eine starke Waffe wegwirft oder neben einem Holster ins Leere greift. Nach ein wenig wirrem Geruder durch die Luft steht man plötzlich wie mit heruntergelassenen Hosen vor einem Grüppchen Gegnern – und muss sich wieder zurückziehen. Insomniac setzt insgesamt zu stark auf Gesten. Ein paar Knopf-Kommandos mehr hätten hier Wunder gewirkt! Auch das Sammeln von Ressourcen wie Metallen oder Früchten nimmt manchmal Überhand. Besser gefallen hat mich das Scannen der Umgebung, weil man hierbei tatsächlich das Gefühl hat, eine fremde Welt zu erfassen – inklusive stimmungsvoll inszenierter Witterung und entspannten Synthie-Klängen.
Technisch gehört Stormland zu den bisher anspruchsvollsten VR-Titeln. Die offene Welt bringt laut den Entwicklern vor allem den Prozessor ins Schwitzen. Meist blieb es mit unserem Core i7 8700k und einer GeForce GTX 2080 Ti sogar auf Ultra-Einstellungen flüssig. Manche Grotten oder lebhaft animierte Sturmszenen sorgten aber für kleine Ruckel-Einlagen – sogar auf Medium. Eine Hand voll Abstürze, HUD-Fehler und in der Luft schwebende Objekte habe ich zwar auch erlebt, die Probleme ließen sich im Extremfall aber durch einen Neustart aus der Welt schaffen.
Technik-Perle für VR
Wer möchte, darf außerdem einen Freund oder Fremden zum Beitreten einladen und kooperativ spielen, was bei mir sogar mit einem Partner aus den USA recht gut und flüssig klappte. Zu Beginn darf allerdings nur der Spieler den Fortschritt behalten, der schon mehr von der Story erlebt hat. Es empfiehlt sich daher, dass der Neueinsteiger den erfahrenen Partner einlädt. Danach kann der Neuling aufholen, und sobald beide am gleichen Punkt angelangt sind, zählt der Fortschritt schließlich für beide.
Neu gemischt
Fazit
Stormland war für mich ein echtes Auf und Ab der Gefühle: In den ersten Stunden war ich komplett fasziniert von der surrealen, wunderhübsch umgesetzten Science-Fiction-Welt, der professionellen Inszenierung, dem flüssigen Wolkensurfen und dem allgemein tollen Schema der Fortbewegung. Und das sogar ganz ohne Nebenwirkungen in der Magengegend - trotz der Wahnsinnsgeschwindigkeit! Schwächen bei der Gegner-KI, die fummelige Holster-Handhabung und vor allem das abrupte Ende der Story verpassten meiner Euphorie aber nach rund sechs Stunden einen ordentlichen Dämpfer. Das soll es schon gewesen sein? Das war also das lange beworbene große VR-Action-Adventure von den Machern des genialen Sunset Overdrive? Als ich die Enttäuschung überwunden hatte, zog mich der zweite Durchgang aber schnell wieder in die Welt, die sich übrigens wöchentlich ändert - inklusive neu zusammengesetzter Inseln, Festungen, Upgrades und Missionen. Schön auch, dass man problemlos mit einem Freund oder Fremden übers Netz losziehen darf. Alles in allem also trotz einiger Macken ein empfehlenswerter Exklusiv-Titel für Besitzer der Rift bzw. Rift S – vor allem, weil es im VR-Bereich bislang fast nichts Vergleichbares gibt!
Pro
- praktisches Bewegungs-Schema mit Klettern und Schweben
- Wolken-Surfen fühlt sich großartig an
- trotz hoher Geschwindigkeit sehr komfortabel
- traumhafte traumartige Naturkulissen
- beeindruckende Effekte und Spiegelungen
- zahlreiche aufrüstbare Waffen und Gagdets
- stimmungsvolle Inszenierung von Natur und Unwettern
- wöchentlicher Welten-Remix sorgt für Wiederspielwert
- komplettes Spiel kooperativ übers Netz spielbar
Kontra
- Haupt-Story endet abrupt nach nur rund sechs Stunden
- schwache Gegner-KI setzt den Spieler nur selten unter Druck
- fummelige Holster-Handhabung
- Ressourcen-Sammeln nimmt mitunter Überhand
- kleine Bugs und seltene Abstürze
- nur komplett Englisch erhältlich
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