Stela - Test, Plattformer, iPhone, PC, Switch, XboxOneX, iPad, XboxOne

Stela
21.10.2019, Matthias Schmid

Test: Stela

Lauf durch den Forest, lauf!

Ein menschenverlassenes, altes Land. Dunkle Wälder, verschneite Steppen, langgliedrige Monster und, mittendrin,

eine junge Frau. Stela ist ein entschleunigtes Hüpfspiel mit Rätselelementen - wieviel Spielspaß verbirgt sich zwischen den zahllosen Toden, die man unweigerlich stirbt?

Man kann nicht über Stela sprechen oder schreiben (vermutlich auch nicht rappen oder poetryslammen), ohne die Spiele Limbo und Inside zu erwähnen. Es geht schlicht nicht! Die beiden klugen wie düsteren Hüpfabenteuer des dänischen Studios Playdead standen ganz augenscheinlich Pate bei der Entwicklung von Stela. Ob man es nun mit Oscar Wilde hält und „Nachahmung als höchste Form der Anerkennung“ sieht oder den Machern SkyBox Labs mangelnde Kreativität unterstellt, bleibt jedem selbst überlassen. Als Spielekritiker jedoch muss man Stela mit diesen beiden Genreperlen vergleichen - dazu später mehr…

Das ist doch wie…

Das kanadische Entwicklerteam SkyBox Labs wurde 2011 durch Ex-Mitarbeiter von EA Vancouver gegründet und wuchs eigenen Angaben zufolge von anfangs acht auf heute über 150 Mitarbeiter an. Die meisten davon halfen 343 Industries bei der Entwicklung der letzten Halo-Titel, arbeiten am kommenden Halo Infinite oder kümmerten sich um die Switch-Umsetzung von Minecraft. Ein Teil des Studios durfte sich nun an einem ganz eigenen Spiel versuchen: Stela. Ob dies der Name der weiblichen Hauptfigur ist oder vielleicht das Land im Spiel so heißt, verraten weder die offizielle Webseite noch das Game selbst - es gibt darin nämlich weder Sprache noch Text.

Waldspaziergang: Stela bietet nicht die schärfsten Texturen und beste Modelle auf, Kameraperspektive und Beleuchtung sorgen aber für ein stimmiges Gesamtbild.
Der Spieler wacht an einem unbekannten Ort auf und joggt also erstmal nach rechts. Die Steuerung ist maximal simpel gehalten - man kann nur interagieren und hüpfen; zudem erklimmt die Spielfigur kleinere Vorsprünge sogar automatisch. Interagieren heißt: Kisten schieben, Schalter betätigen und, seltener, etwas tragen. Alle paar virtuellen Meter tut sich ein nur auf den ersten Blick unüberwindbares Hindernis auf: Einen zu hohen Vorsprung entzaubert ihr mithilfe einer herbeigeschobenen Kiste, brüchiger Boden und Stachelwalze verlieren spätestens beim dritten Versuch ihre gefährliche Aura. Späht ein Monster - eine schauerliche Mischung aus Gollum und Slender Man - die Umgebung aus, müsst ihr entweder ohne Zögern davonstürmen oder im Schatten kauern, bis es das Suchen aufgegeben hat.

Laufen & Springen

Länger als eine Minute nachdenken muss man eigentlich nie - sämtliche Schalter- und Kistenrätsel, sofern man sie überhaupt Rätsel heißen kann, sind spätestens auf den zweiten Blick durchschaut. Das enttäuscht Knobelprofis freilich, sorgt auf der anderen Seite aber für einen angenehmen Spielfluß und vermeidet Frust. Stela ist ist zwar grundsätzlich rasanter als das spielerisch ähnlich gelagterte FAR: Lone Sails, die Komplexität der Denkaufgaben ist aber vergleichbar. Natürlich fehlt Stela die Komponente des Fahren und Managens eines Wagen, doch nüchterne Farben und erdrückende Leere der Landschaft gibt es in beiden Titeln. Die zahlreichen Todesmöglichkeiten (Decke fährt langsam nach unten, Schneemonster bricht aus dem Boden, Laserstrahl grillt die Spielfigur) schöpft man beim ersten Durchlauf unfreiwillig voll aus; sie sind zwar nicht so überraschend und perfide wie in Limbo - wenn man eine Szene noch nicht kennt, tappt man aber trotzdem meist in die Falle.

Zum Finale hin wird Stela abgehobener und futuristischer - es geht über Treppen und Brücken hinauf ins leuchtende Nichts.
Wie Journey bedient sich Stela verschiedener, auch farblich stark unterschiedlicher Landschaften: aschgrauer Wald, orange loderndes Schlachtfeld, weiße Eiswüste, blau getünchter Tempel. Dabei ist der Farbeinsatz jedoch nie so stilsicher und die grafische Qualität weniger hochwertig. Stela ist in etlichen Momenten trotzdem ein schönes Spiel, man darf nur nicht so genau hinsehen wir bei den offensichtlichen Vorbildern! Womit wir wieder vom Vergleichen wären, vor allem mit Limbo und Inside. In puncto Einfallsreichtum, kohärente Spielwelt und „environmental storytelling“ muss sich der Nachahmer leider klar geschlagen geben. Einiger angenehm bedrohlicher Momente zum Trotz erreicht das Spiel zu keiner Zeit die atmosphärische Dichte von Limbo, geschweige denn entwirft es eine in sich so stimmige, hochinteressante Welt wie Inside. Vielmehr hat man das Gefühl, durch etwas konzeptlos aneinandergereihte Areale zu laufen und am Ende des knapp vierstündigen Abenteuers nicht schlauer zu sein als am Anfang.

Kleine Weltreise

Einer der stärksten Momente: Ihr müsst über ein Feld, wo Feuerpfeile herabregnen, und schleppt einen Eisenschild. Man hat keine Ahnung, wer hier Krieg führt oder warum - dennoch fühlt sich die Szene bedrohlich und dramatisch an.
Dass diese vier Stunden dennoch ein Stück weit spannend sind, liegt an wenigen sehr starken Momenten (die natürlich nicht verraten werden) und der Klangkulisse. Diese stammt von A Shell in the Pit, einer kanadischen Spielmusik- und Soundeffekt-Firma, die schon Stücke für die Indietitel Wandersong und Forager beisteuerte. Und sie ist extrem gut gelungen - mal untermalt sie eure Schritte mit melancholischen, erhabenen Klängen, mal kriechen Bedrohung und Gefahr förmlich aus den Boxen. Wer die dänischen Vorbildspiele nicht selbst erlebt hat, dem sei noch gesagt, dass der Spielablauf auch von Stela trotz der 3D-Kulissen strikt zweidimensional ist. Bonus-Infos: Wer keine Xbox One, dafür aber ein Apple-Arcade-Abo hat, der kann das Spiel auch zocken. Steam-Spieler dürfen 2020 loslegen.

Fazit

Der Marsch durch einen bedrohlichen Wald und die anschließende Flucht über ein brennendes Schlachtfeld - damit hatte mich Stela gepackt. Klar, es ist aus spielerischer Hinsicht sehr simpel und auch recht kurz, doch das Gefühl während dieser Zeit ist meist ein gutes. Man beißt nie zu oft ins Gras und genießt die Klangkulisse, zudem steuert sich die Figur ordentlich und hat Gewicht - es ist nachvollziehbar, dass sie Mühe hat, sich einen Vorsprung hochzuziehen oder einen verrosteten Schalter umzulegen. Beim Vergleich mit den allzu offensichtlichen Vorbildern Limbo und Inside wird jedoch deutlich, dass diese in jeglicher Hinsicht eine, wenn nicht zwei Klassen besser sind - das betrifft die harten Fakten (Leveldesign, Rätsel) ebenso wie die weichen (Atmosphäre, Kohärenz der Spielwelt). Als erstes eigenes Spiel von SkyBox Labs macht Stela seine Sache ordentlich, beim nächsten Titel braucht es aber mehr Qualität und eigene Ideen!

Pro

  • Nachschub für Fans von Limbo und Inside, deren...
  • stimmungsvolle Spielwelt
  • großartige Soundkulisse
  • gut funktionierende Sprungpassagen
  • Geschichte man ein bisschen neugierig, aber...

Kontra

  • ...Konzept und Präsentation wird aber dreist geklaut
  • Rätsel sind sehr leicht
  • ziemlich kurz für 20 Euro
  • geringer Wiederspielwert
  • ...am Ende wird nichts aufgelöst

Wertung

XboxOne

Gemächliches Hüpfspiel mit schöner Welt und einigen pfiffigen Fallen - Limbo und vor allem Inside sind aber deutlich besser!

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  • Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.
Kommentare
KillingArts

Ich spiele es gerade auf iOS und muss sagen, dass ich es mag. Klar, es ist kein Inside und die Wertung finde ich angemessen. Spaß macht es trotzdem!

vor 5 Jahren
Wiicasso

Wann kommt der Test zu Little Town Heroes?

vor 5 Jahren