Luigi's Mansion 3 - Test, Action-Adventure, Switch
Egal ob Geisterpolizist, Geistergärtner, Geisterpianist, Geisterkoch oder Geisterregisseur - Luigi legt sich in seinem dritten Spuk(h)ausflug mit so ziemlich jeder untoten Berufsgruppe an, die man sich vorstellen kann. Netterweise bringen die Schauergestalten gleich ihre typischen Habitate mit, so machen sie Luigi’s Mansion 3 zum bisher abwechslungsreichsten Teil der Serie. Der knollennasige Schisser knobelt und saugt sich durch herzallerliebst arrangierte Szenarien: Piratenschiff, Ritterburg oder Dinosauriermuseum hören sich noch stark nach Playmobil an, doch mit Fitness-Etage, Filmstudio oder überwuchertem Gewächshaus sind auch unerwartete Areale im Angebot. Luigi’s Mansion 3 ist dabei in weiten Teilen streng linear: Man startet im Erdgeschoss und kämpft sich Etage für Etage noch oben durch ein sehr umfangreiches Gruselhotel - war der Gamecube-Erstling noch ein kurzes Spielchen, ist man diesmal 15 bis 20 Stunden beschäftigt, auch ohne alle Sammeljuwelen oder Geheimgeister gefunden zu haben.
Gespenstergeschichten
Jedes Stockwerk wartet mit vielen Zimmern, verschlossenen Türen, zig Verstecken, Geistern (Überraschung!) und einem Bossgegner auf. Der lächelt euch anfangs höhnisch ins Gesicht, rückt aber schließlich den Aufzugknopf für die nächste Etage heraus, während er im Schreckweg FL-U verschwindet. So heißt der Geistersauger, den Luigi kurz nach Spielbeginn von seinem alten Bekannten I. Gidd bekommt - der sitzt in seinem Kellerlabor und tüftelt an neuen Hilfsmitteln. Leider ist die Kommunikation mit dem Miniaturwissenschaftler sehr spärlich: Er bietet Luigi zwar an, stets mit Rat und Tat zur Seite zu stehen - eigentlich erhaltet ihr aber nur komplett blöde Tipps wie „Hast du schon versucht, den Sauger an allen möglichen Orten einzusetzen“. Danke für Nichts! Nur bei Bosskämpfen ist er per Funk redseliger - und verrät schon mal den nächsten Schritt, wenn man eigentlich noch herumprobieren möchte. Hier wäre ein explizites „Ich möchte einen Tipp kaufen“-Feature die bessere Wahl gewesen! Auch das Shop-System muss sich Kritik gefallen lassen: Luigi sammelt im Verlauf des Abenteuers zwar unglaublich viel Gold ein, kann in I. Gidds Laden damit aber fast nichts kaufen - drei klägliche Items gibt es dort nur.
Messi-Therapie vs. Sammelwut
Viele Hotelzimmer sind mit aufsaugbaren Dingen nur so vollgestopft: Mal liegen Laubhaufen oder unglaublich viel Sand herum, anderswo dutzende Kissen, Kleiderstücke, Handtücher, Deko-Objekte, Bücher, etc. – und fast alles verschwindet mit netten Soundeffekten in eurem Schreckweg. Es braust, zischt und fluppt, in der Luft verteilen sich Papierfetzen - das sorgt für ein befriedigendes Gefühl, wenn man einen Raum betritt und dort erstmal klar Schiff macht. Auf der anderen Seite haben sich die Entwickler ein Beispiel an den Lego-Titeln genommen - wenn man dort etwas kaputtschlägt, purzeln ja traditionell sekündlich Steinchen zum Einsammeln heraus. Auch in Luigis Hotel ist das so: Während ihr saugt, fliegen euch Goldtaler und -barren sowie Geldscheine nur so um die Ohren und verleiten mit wohlklingenden Effekten zum Auflesen. Schade nur, dass man damit wie erwähnt fast nichts anstellen kann - hier wären ein paar Kostüme für den schlaksigen Mario-Bruder oder Schleimfarben für Fluigi eine tolle Sache gewesen.
Freund aus Schleim
Fluigi? Genau! Ziemlich am Anfang des Spiels füllt Tüftler I. Gidd euren Schreckweg mit einer grünen Flüssigkeit - nun könnt ihr auf Knopfdruck einen zweiten Glibber-Luigi entstehen lassen - den Fluigi. Der kann zwar keine Türen öffnen, hat sonst aber diesselben Fähigkeiten wie das Original. Plus: Fluigi kann durch grüne Röhren flutschen, über Stacheln laufen und sich durch vergitterte Tore zwängen - nur unter Nutzung dieser Talente wird das dynamische Duo aus dem Hotel entkommen. Allerdings ist Fluigi wasserempfindlich und zergeht zu einer traurigen Pfütze, wenn er mit dem nassen Element in Berührung kommt; auf Knopfdruck entsteht jedoch sofort ein neuer Schleim-Klon. Durch Druck auf den rechten Stick kann man stets zwischen beiden Figuren wechseln - und praktischerweise merkt sich der eben verlassene Körper die letzte Aktion. Beispiel: Saugt Luigi an einem Schalter während man zu Fluigi wechselt, fährt er damit fort - und man kann sich als Fluigi einen zweiten Schalter vornehmen und so kooperativ eine Tür öffnen. Im Menü dürft ihr jederzeit einstellen, dass Fluigi von einem zweiten Spieler (lokal, nicht online) übernommen wird, dann ist der glibberige Geselle eben permanent anwesend. Diese Zweispieler-Option fühlt sich vollwertiger an als z.B. das Sternenfunkel-Aufsammeln in Super Mario Galaxy oder Mützen-Lenken in Super Mario Odyssey; jedoch ist die Option erst ab der Stelle verfügbar, wo Luigi das Fluigi-Upgrade erhält
Multifunktionstool
Der Schreckweg FL-U wäre ein Traum für jeden Homeshopping-Kanal: Zum einen ist das Teil schon im Alltagsgebrauch extrem saugstark, zum anderen hat es viele Sekundärfunktionen. Er kann nämlich auch pusten - das braucht Luigi schon mal, um Drehschalter in die andere Richtung zu kurbeln oder einen Sandhaufen gezielt aufzuschütten und sich so eine kleine Treppe zu bauen. Drückt man auf einen anderen Knopf entfährt dem Gerät ein greller Lichtschuss, der so genannte Stroboblitz - damit löst ihr manche Schalter aus und schockt natürlich die mannigfaltigen Geister. Zusätzlich gibt es noch die Düsterlampe, Serienkennern schon aus Luigi's Mansion 2 bekannt: Damit holt Luigi unsichtbare Objekte aus der Zwischendimension - das kann mal nur eine Kiste voller Gold sein, mal aber auch eine Tür, die zum Weiterkommen nötig ist. Schließlich komplettieren „Druckstrampler“ (eine Mischung aus Sprung und Stampfattacke) sowie der Saugschuss Luigis Arsenal - mit Letzterem verschießt der Klempner einen Pömpel samt baumelndem Seil. Wenig überraschend kann er daran dann per Sauger andocken und so Objekte aus der Verankerung reißen oder bestimmte Schaltertypen bedienen.
All diese Fähigkeiten braucht ihr regelmäßig, um im Spukhotel voranzukommen und ihm seine Geheimnisse zu entreißen. Typischerweise lugt Luigi zunächst ängstlich aus der Aufzugtür, wenn er eine Etage zum ersten Mal betritt - dann geht das Erkunden los. Ihr saugt alles mögliche ein, freut euch über den Goldregen, erwischt durch Herumprobieren schon ein, zwei Sammeljuwelen (davon gibt es in jedem Stockwerk sechs) und stoßt dann auf die ersten Geister. Dann geht es los: Blitzen, Ansaugen, Saugleiste-Füllen und schließlich Herumschleudern bis ihre Energie alle ist. Manch wandelndes Laken schützt sich mit Sonnenbrille oder Spiegelschild vor dem Stroboblitz, dann muss das Accessoire schon mal vorher weggesaugt oder der Geist per Druckstrampler aus der Balance gebracht werden. Das Spielgefühl beim Aufsaugen ist klasse: Die Soundeffekte sind wuchtig, das „Gegenlenken“ beim Füllen der Saugleiste hinterlässt vibrierendes Feedback und beim finalen Umherschlagen geht auch noch Levelinventar zu Bruch; zudem wird so vielleicht gleich ein Geisterkollege geplättet und die nächste Einfang-Aktion erleichtert. Bei all diesen spaßigen Komponenten muss aber auch gesagt werden: Das Gros der Kämpfe ist zu leicht! Während der ersten zehn Stunden segnet ihr vermutlich kein einziges Mal das Zeitliche. Luigis 99 Punkte umfassende Lebensleiste wird nämlich regelmäßig mit Herzen aufgefrischt und die Geister sind weder sehr aggressiv noch zahlreich; obendrein könnt ihr sie per Druckstrampler stets einen Meter zurückstoßen.
Im Gegensatz dazu sind die Knobeleinlagen sehr gut austariert - meist gelingt es den Entwicklern, dass ihr ein Weilchen nachdenken und herumprobieren müsst, dann aber auf die Lösung kommt. Luigi sucht nach Schlüsseln, enttarnt versteckte Schalter, muss schon mal um die Ecke denken und Items kombinieren oder Fluigis Fähigkeiten nutzen. In einem dampfigen Duschraum sieht man so schlecht, dass der Lichtlitz den Gespenstern nichts anhaben kann - also müsst ihr zuerst das heiße Wasser abdrehen, bevor der Kampf starten kann. Andernorts führt eine grüne Röhre Fluigi partout nicht ans richtige Ziel. Seid ihr aber sicher, dass sich nicht irgendwo im Raum noch ein anderer Röhreneingang befindet? Wer nach dem Suchen der optionalen Sammeljuwelen immer noch nicht genug hat, kann zusätzlich auf die Jagd nach versteckten Buu Huus gehen, auf die stoßen nur sehr akribische Geisterjäger.
Denksport
Luigi’s Mansion 3 hat im Gegensatz zu einem Super Mario Odyssey oder auch Captain Toad: Treasure Tracker keine frei drehbare Kamera - ihr seht das Geschehen stets von vorn, wie durch eine Glasscheibe im Aquarium. Das ist zum einen den vielen kleinen Räumen geschuldet, eine freie Kamera würde auch angesichts der oft niedrigen Decken wenig Sinn ergeben. Zum anderen braucht ihr den rechten Stick zum Drehen der Saug- oder Leucht-Richtung - Luigi kann sich nämlich während des Laufens in alle Richtungen drehen sowie nach oben und unten schauen (letzteres auf Wunsch per Neigungssteuerung). Zwar erwischt man mit etwas Drehen stets alle Gegner oder Ansaug-Schalter, trotzdem fühlt sich das freie Zielen per Stick auch nach vielen Stunden nie ganz intuitiv an - immer wieder erwischt man sich dabei, wie man Luigi in die falsche Richtung wendet oder im 3D-Raum knapp an einem Objekt vorbeisaugt. Und weil die vier Schultertasten mit Saugen, Pusten, Pömpelschuss und Lichtblitz belegt sind, wird der Einsatz der Düsterlampe per X-Knopf ausgelöst - das verträgt sich freilich schlecht mit dem freien Umsehen per rechtem Stick.
Wie die Vorgänger (und eigentlich alle Nintendo-Spiele) hat auch Luigi’s Mansion keine richtige Sprachausgabe. Nur manche Sätze von I. Gidd oder der bösen Hotelmanagerin werden mit kurzem Fantasie-Gebrabbel unterlegt - Fans der Serie kennen und schätzen das vielleicht, andererseits fühlen sich die (wenigen) Dialoge so etwas altbacken an. Grafisch gibt sich der Titel hingegen keine Blöße: Die Areale sehen fast durch die Bank richtig hübsch aus, sind mit interaktiven Objekten nur so vollgestopft und auch ansprechend texturiert - Luigi’s Mansion 3 gehört zusammen mit Captain Toad: Treasure Tracker und Mario Kart 8 zu den schönsten Nintendo-Titeln! Das verdankt es nicht zuletzt seinen hinreißenden Animationen: Selbst wenn sich Luigis angstvolle Blick im Spielverlauf ein wenig abnutzen, ist es doch immer wieder toll, wie drollig, furchtsam, erschrocken und konsterniert der sympathische Angsthase dreinschauen kann. Auch die Bosse überraschen allesamt mit einer entzückenden Ich-bin-dann-mal-Weg-Einsauganimationen, wenn ihr sie erledigt. Der Polterpinscher, Luigis kleiner Geisterhund, kann da nicht mithalten - zum einen spielt er eine enttäuschend kleine Rolle, zum anderen ist er nicht so niedlich wie man das von Nintendo gewohnt ist. Eine ausgefeilte Geschichte darf man sich von Luigi’s Mansion 3 natürlich nicht erwarten, immerhin gibt es aber einige längere Sequenzen, besonders am Anfang und zum Finale hin. Nintendo-Allergikern sei gesagt, dass die kindliche Naivität der Figuren, ja ihr mitunter sogar debiles Auftreten (Toads!) nicht bei jedermann für Entzücken sorgt.
Wenig Geplapper
Ebenfalls Nintendo-typisch sind die gelungenen deutschen Texte, mitunter blitzt zudem eine Spur Selbstironie durch - Luigi benutzt zur Kommunikation mit I. Gidd nämlich ein Virtual-Boo-Headset, das stark an Nintendos VR-Flop Virtual Boy erinnert. Zu den erwähnten großartigen Soundeffekten gesellt sich eine sehr starke Musikuntermalung - Kämpfe werden mit dramatischem Klavier unterlegt, ruhige Passagen mit atmosphärischen Gruselklängen betont. Ach ja: Ladezeiten gibt es nur, wenn ihr den Aufzug benutzt - und auch die fallen erfreulich kurz aus. Gibt Luigi bei Bosskämpfen doch mal den Geist auf, kann ihn der Polterpinscher mit einem goldenen Knochen (erhältlich im Shop) wiederbeleben - dann taucht ihr an sehr komfortablen Checkpoints innerhalb der Kämpfe wieder auf; kein Vergleich zum knackigen System aus Luigi's Mansion 2.
Mehr Spaß mit mehr Leuten?
Neben der Koop-Option durch Fluigi liefert der kanadische Entwickler Next Level Games (schon verantwortlich für den Vorgänger Luigi’s Mansion 2 sowie die Mario-Fußballspiele) zwei weitere Mehrspieler-Modi mit: Im „Wirrwarrturm“ warten von Gespenstern verseuchte Räume auf bis zu vier Ghostbuster (lokal oder online). Unter Zeitdruck saugt man die Schauergestalten ein, befreit sich gegenseitig aus Fallen und nutzt sogar Items (Unverwundbarkeit, Saugverstärker), die es im Hauptspiel nicht gibt. Solisten können diesen Modus zwar auch starten, weit mehr Laune macht er aber im Team. Das gilt natürlich auch für den „Polterpark“, die dritte Mehrspieler-Option. Dahinter verbergen sich drei Minispiele für bis zu acht (F)Luigis an einer Switch-Konsole: Bei der „Geisterjagd“ saugen zwei Teams im Akkord Gepenster ein, in der „Pool-Münzjagd“ paddelt man in einem Wasserbecken und versucht, nicht ständig mit Minen zu kollidieren - beide Spielvarianten fanden wir beim Redaktionszock nur mäßig spaßig. Am pfiffigsten ist die „Kanonade“, weil hier Teamwork gefragt ist: Nur wer der anderen Mannschaft Kanonenkugeln klaut und einen Spieler zum Bedienen der dicken Bertha abstellt, ergattert durch das Abschießen von Zielen richtig viele Punkte.
Fazit
Am schönsten finde ich das Ankommen in einem gerade freigeschalteten Stockwerk: Ich freue mich über das neue Szenario und probiere in den liebevoll designten Räumen herum, was alles aufsaugbar ist. In puncto Interaktivität muss ich dem Entwickler ein Lob aussprechen, denn es gibt zahllose Objekte und gut platzierte Geheimnisse. Auch das Sounddesign ist großartig: Die wohltönenden Plings und Swooshs motivieren zum Absuchen, hinzu kommen dramatische Orgeleinlagen. Zusammen mit der schönen Kulisse, den possierlichen Animationen und den geistreichen Bossduellen ergibt sich ein sehr stimmungsvolles Gruselflair. Woran also scheitert der Griff nach dem Award? Da wären zum einen die zu leichten Kämpfe gegen Standardgeister - hier stellt kein einziger im kompletten Spiel eine echte Bedrohung dar! Zum anderen ist der Spielablauf über die gut 15 Stunden (oder mehr, wenn man Juwelen und Buu Huus sucht) zu gleichförmig - wieder und wieder saugt man das komplette Mobiliar kaputt, hortet Goldtaler und kann dann am Ende wenig damit anfangen. Auch das gelegentliche Backtracking (Stichwort: Folterkätzchen) kann nerven. Unterm Strich ist Luigi’s Mansion 3 trotzdem ein hübsches Abenteuer, das junge wie alte Spieler richtig gut unterhält. Nur ist es kein Nintendo-Geniestreich wie Super Mario Odyssey oder das letzte Zelda.
Pro
- Knobelspaß mit Fluigi, auch zu zweit
- gute Geister-Einfang-Steuerung
- abwechslungsreiche Areale mit viel Interaktivität
- Hotel-Thema liebevoll umgesetzt
- gelungener, nie frustrierender Rätsel-Schwierigkeitsgrad
- traumhafte Soundeffekte
- verspielte, stets zur Bildschirm-Action passende Musik
- sehr starke Animationen von Luigi
- Bosskämpfe meist pfiffig, manchmal lustig
- Dinge aufsaugen macht Laune
- fast keine Ladezeiten
- versteckte Juwelen & Buu Huus
Kontra
- Spielstruktur auf Dauer gleichförmig
- Kämpfe gegen Standardgeister zu leicht
- Mehrspieler-Modi wenig kreativ
- gesammeltes Gold fast nutzlos
- 3D-Schreckweg-Steuerung fühlt sich nicht 100% gut an
- Luigis Geisterhund kaum eingebunden
- ein bisschen nerviges Backtracking
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Nintendo hat kostenpflichtige DLC-Inhalte für die beiden Mehrspieler-Modi Wirrwarrturm und Polterpark angekündigt.
- Käufe haben keine Auswirkungen auf das Spieldesign.