Mary Skelter 2 - Test, Rollenspiel, PlayStation4, Switch

Mary Skelter 2
18.11.2019, Jens Bischoff

Test: Mary Skelter 2

Dungeon-Crawler im Doppelpack

Ihr habt eine Switch und Lust auf einen klassischen Dungeon-Crawler mit bizarrer Note? Dann könnte Mary Skelter 2 von Compile Heart und Idea Factory etwas für euch sein. Wir haben das zusammen mit dem Vorgänger erschienene Rollenspiel getestet.

Wo einst eine der geschäftigsten Städte Japans stand, klafft heute ein tiefer Krater, aus dem ein Turm herausragt, der die verbliebene Bevölkerung überwacht, während sie tagein, tagaus von schrecklichen Kreaturen namens Marchen gequält wird. Der Name der Stadt ist längst vergessen, der Ort nur noch als lebendiges Gefängnis bekannt. Doch es regt sich Widerstand und zwar in Form der Rebellengruppe Dawn, zu der auch Otsuu und die kleine Meerjungfrau gehören.

Bizarres Märchen

In der bizarren Spielwelt begegnet man noch weiteren märchenhaften Figuren wie Rotkäppchen, Schneewittchen oder Däumelinchen, die bis auf die Namen aber nur wenig mit ihren literarischen Vorbildern gemein haben. In der Welt von Mary Skelter sind sie alle so genannte Blutjungfern, die im Gefängnis zur Welt kamen und übermenschliche Kräfte besitzen, die es ihnen erlauben, sich gegen die Marchens aufzulehnen.

Eine ehemalige U-Bahn-Station dient als Hauptquartier der Rebellengruppe.
Ihr Hauptquartier haben die Aufständigen in einer ehemaligen U-Bahn-Station, in der man sich ausruhen, einkaufen, Charakterklassen wechseln, Ausrüstung modifizieren, Hilfsgesuche annehmen, Beziehungen pflegen oder Blutjungfern persönlichen Säuberungen unterziehen kann. Letztere hätte man sich allerdings sparen können, da hier hauptsächlich voyeuristische Zwecke bedient werden, wenn man halbnackten Mitstreiterinnen inklusive Touchscreen-Nutzung Blutspritzer vom Körper rubbelt...

Ansonsten wird aber leider kaum von der Touch-Funktion der Switch Gebrauch gemacht. Nur beim Aufrufen und Navigieren der Automap kann optional auf sie zurückgegriffen werden. Die Bewegungssensoren bleiben ebenfalls inaktiv, obwohl sich ihre Nutzung gerade beim Balancieren über gespannte Drahtseile, wie man sie immer wieder in den Dungeons findet, regelrecht angeboten hätte. Stattdessen wird das Gleichgewicht per Stick ausbalanciert.

Verschenktes Potenzial

Manuelle Säuberung: Die Touch-Funktionalität der Switch wird neben der Kartennavigation leider lediglich für voyeuristisches Befummeln von knapp bekleideten Gruppenmitgliedern genutzt...
Hinzu kommt, dass die Schriftgröße bei Erklärungen und anderen Hinweisen gerade im Handheld-Modus teils so klein ist, dass man sie nur schwer entziffern kann. Bei den Dialogen und Menüs ist die Größe hingegen auch unterwegs angenehm.

Eine deutsche Übersetzung gibt es allerdings nicht. Und auch die wahlweise englische oder japanische Vertonung erklingt nur sporadisch, was die ohnehin schon schlichte, dialogbasierte Inszenierung weitere Atmosphärepunkte kostet.

Das technische Grundgerüst ist ebenfalls wenig imposant: Man stapft durch generisch strukturierte Raster-Dungeons, deren Bewohner meist durch Zufallskämpfe auf den Plan gerufen und dann in klassischer Rundenmanier vermöbelt werden. Doch die Auseinandersetzungen warten mit einigen interessanten Funktionen auf, mit denen sich Mary Skelter 2 von anderen Dungeon-Crawlern abhebt. Vor allem die Auswirkungen von vergossenem Blut sind spannend.

So erzeugt das Attackieren von gegnerischen Schwachstellen, Landen von kritischen Treffern oder Ausschalten von Gegnern per Overkill Blutspritzer auf den Gruppenmitgliedern, die von Verbündeten abgeleckt werden können, um individuelle regenerative Wirkungen zu erzielen. Wird das Blut nicht entfernt, sammelt es sich immer weiter an, bis der Betroffene vorübergehend mutiert und mit neuen Kräften und Fähigkeiten seine Widersacher massakriert.

Die Macht des Blutes

Zwischen Chaos und Wahnsinn: Verliert eine der Blutjungfern im Kampf die Kontrolle, hilft nur noch eine psychisch belastende Notsäuberung durch Otsuus mutierten Kampfpartner Jack.
Doch vermischt sich das Blut zu sehr mit dem der Gruppenmitglieder, das durch schwere Treffer oder gefallene Kameraden ebenfalls verspritzt und dadurch immer dunkler wird, kann die Mutation auch außer Kontrolle geraten und der Betroffene nicht länger zwischen Freund und Feind unterscheiden. Dann hilft nur, den Kampf so schnell wie möglich zu beenden, die Angriffe auf bestimmte Ziele zu lenken oder Otsuus Kampfpartner Jack eine Notsäuberung vollziehen zu lassen.

Die schlägt allerdings wie jede Säuberung auf die Psyche der beschützerischen Albtraumkreatur. Wird es Jack zu viel, wird er zu Ripper Jack und damit unkontrollierbar, bis Otsuu ihn beruhigt. Geschieht das dreimal in einem Kampf, heißt es „Game Over“. Interessant ist auch, dass Jack und Otsuu stets als eine Einheit agieren. Sind sie an der Reihe, kann man mit jedem von ihnen eine Aktion direkt hintereinander durchführen oder mit nur einem von beiden zweimal agieren.

Auf der Flucht vor Verfolgern muss man hin und wieder auch über Seile balancieren.
Neben Jack gibt es aber auch noch andere Albtraumwesen, die der Gruppe weniger wohl gesonnen sind und sogar Jagd auf sie machen. Das Besondere daran ist, das diese Jagden nicht wie der Rest des Spiels rundenbasiert, sondern in Echtzeit ablaufen und so eine greifbare Bedrohung entfalten. Schafft man es nämlich nicht, weit genug zu fliehen, kommt es zu einem Kampf, den man nicht gewinnen kann. Fügt man seinem Verfolger genug Schaden zu, kann man allerdings einen erneuten Fluchtversuch starten.

Vom Jäger zum Gejagten

Durch die Nutzung individueller Blutfertigkeiten kann man seinen Verfolger aber auch mit klug platzierten Bambuskugeln aufhalten, die sonst zum Überwinden von Fallgruben dienen, aber eben auch den Weg versperren können. Mit anderen Blutfertigkeiten können unterwegs Feuer gelöscht oder metallische Objekte bewegt werden. Jack kann sogar Warp-Punkte platzieren, an denen man den Spielstand sichern oder sich aus dem aktuellen Dungeon zurückziehen kann.

Erst wenn man den Kern eines meist mehrstöckigen Dungeons erreicht und zerstört hat, kann der dazugehörige Albtraumwächter verwundet und getötet werden. Auf dem Weg dorthin lauern allerdings allerlei Fallen, Hindernisse und andere Gefahren. Auch Schalter- und Schlüsselrätsel wollen bewältigt, Schätze geborgen werden. Die Erkundungsergebnisse werden Schritt für Schritt kartografiert, wobei sich auch über mehrere Stockwerke hinweg Zielpunkte setzen und automatisch ansteuern lassen.

Orientierungshilfe und Routenplaner: Auf den Schritt für Schritt mitgezeichneten Dungeon-Karten lassen sich auch Zielpunkte für automatisierte Fußmärsche setzen.
Außerdem ist die mitunter sehr bizarre Spielwelt lebendig und hat Bedürfnisse wie Hunger, Schlaf oder Liebe, die es am besten passend zur Mondphase zu befriedigen gilt, um sich via Roulettespiel diverse Vorteile auf seinen Expeditionen zu sichern. Hunger wird durch Blutvergießen, Müdigkeit durch Schadensvermeidung gestillt, während die Libido durch das Sammeln von Schätzen und Emotionspunkten befriedigt wird. Wer die Bedürfnisse ignoriert, bekommt es mit stärkeren Gegnern oder Alptraumwesen zu tun.

Lebende Spielwelt

Es gibt sogar Statusleiden, die, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt werden, andere Gruppenmitglieder anstecken können. Der Schwierigkeitsgrad lässt sich abseits von Kämpfen und Dialogen jederzeit in drei Stufen an persönliche Vorlieben anpassen. Zudem kann man sich temporär lukrative Handicaps auferlegen sowie im Hauptquartier Charakterklassen wechseln und sogar Stufenrücksetzungen erwirken, um mit diversen Neustartboni noch mehr aus seinen Charakteren herauszuholen.

Eine überarbeitete Version des Vorgängers, Mary Skelter: Nightmares, ist auch an Bord.
Der Umfang ist aber auch so enorm, mehrere Dutzend Spielstunden kein Problem. Vor allem die facettenreiche Charakterpflege mit individuell zuteilbaren Boni und Fertigkeiten sowie verbesserbarer Ausrüstung, die man mit speziellen Kristallsamen sogar in den Dungeons anpflanzen und später ernten kann, sorgt für Motivation. Außerdem haben Compile Heart und Idea Factory den Vorgänger Mary Skelter: Nightmares gleich in überarbeiteter Form mit dazugepackt, so dass man die Spielzeit fast nochmal verdoppeln kann.

Fazit

Mary Skelter 2 bietet klassische Dungeon-Crawler-Kost im Stil von Etrian Odyssey, Demon Gaze und Co. Das bizarre Welt- und Figurendesign dürfte dabei insbesondere Shin-Megami-Tensei-Fans ansprechen. Wo irrt man schon durch lebendige Dungeons, die Stimmungswechseln unterliegen und mal Hunger haben, nach Liebe dürsten oder einfach nur schlafen wollen? Zudem werden trotz an sich rundenbasierter Spielmechanik spannende Verfolgungsjagden inszeniert, bei denen man in Echtzeit vor auftauchenden Alpträumen fliehen und darauf achten muss, nicht verrückt zu werden. Mit den passenden Gruppenmitgliedern kann man auf der Flucht auch Wege blockieren, Fallgruben schließen, Feuer löschen, magnetische Gegenstände bewegen oder andere Interaktionen durchführen. Es lassen sich in den Dungeons sogar spezielle Kristallsamen pflanzen und später Waffen und Ausrüstung ernten, während Blutspritzer in Kämpfen für offensive Verwandlungen eingesetzt oder für regenerative Manöver abgeleckt werden können. Die Hege und Pflege der illustren Charaktere macht bis auf die voyeuristischen Säuberungen Laune, während Technik und Inszenierung nur auf Sparflamme kochen. Zudem ist die Schrift gerade im Handheld-Modus teils sehr klein, die Touch-Unterstützung limitiert und eine deutsche Lokalisierung nicht vorhanden. Dafür gibt’s den überarbeiteten Vorgänger Mary Skelter: Nightmares aber inklusive.

Pro

  • bizarres Welt- und Figurendesign
  • interessante Spielfunktionen
  • facettenreiche Charakterpflege
  • überarbeiteter Vorgänger inkludiert

Kontra

  • angestaubte Technik und Inszenierung
  • halbgare Handheld-Anpassung
  • voyeuristische Säuberungen
  • keine deutsche Lokalisierung

Wertung

Switch

Klassischer Dungeon-Crawler mit bizarrer Note und interessanten Features, aber nur mäßiger Plattformanpassung, bei dem der Vorgänger gleich mit an Bord ist.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt keine Käufe.
Kommentare
Mayhem89

Hm schade das es rein digital ist. Als SMT fan der auch die alten dungeoncrawler mag sieht das vom monster und Dungeondesign interessant aus. Werde wohl auf SMT 5 für die Switch warten müssen ^^

Edit
Ok paar Videos geschaut ist mir dann doch zu sehr fanservice

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
sabienchen.banned

Geht's noch unfreundlicher?
Du bist also die Freundlichkeit in Person?
Allein die "Nebelkerze" mit den Versandkosten .. ist für mich Grund genug, meinen Diskussionsstil anzupassen.

Wir sprachen von Spielen [bzw. Oninaki im SquEnix Store] .. nicht von Merch.. und der Versand meiner Spiele war umsonst..

In diesem Kontext dann von "exorbitanten" LIeferkosten zu sprechen ist.. unfug.
Mal ganz abseits davon, dass Lieferkosten überhaupt nichts mit der "urspünglichen Debatte" zu tun haben.

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
Todesglubsch


..unfug..
Geht's noch unfreundlicher?
Versandkosten sind 12,99€ bei Paketversand.
Briefversand geht kostenlos weg. Das meiste Exklusivzeug im SE-Store passt aber nicht in einen Brief. Von daher war meine Aussage vollkommen richtig.

vor 4 Jahren
sabienchen.banned

2-stellige Versandkosten...
..unfug..



und zu Mary Skelter 2 zurück.
Ja das Spiel wird exklusiv im Westen von LRG vertrieben.
Und das Spiel ist offiziell nur über deren Website erwerbbar.

Dennoch ist es eine "normale Boxversion" wie auch Oninaki aus dem SquEnix store, oder ein GameStopExclusive wie "Has-Been Heroes"

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
Todesglubsch

Auch bei anderen Merch-Sachen wurden mir Versandkosten in Höhe von 13 EUR angezeigt.
Huh. Dann hat sich's ja tatsächlich verbessert. "Letztens" wollten sie für ein 15€ Teil 20€ Versandkosten.
Aber immer noch zu hoch.

Naja, Mary Skelter 2. Für Switch. Nicht von Square. Also egal.

vor 4 Jahren