WarCraft 3: Reforged - Test, Taktik & Strategie, PC
WarCraft 3: Reforged ist die "überarbeitete Neugestaltung" von WarCraft 3: Reign of Chaos und WarCraft 3: The Frozen Throne wie Blizzard Entertainment es nennt. In der vorliegenden Form ist Reforged eher ein Remaster als ein Remake, denn die Verbesserungen und Neuerungen halten sich abgesehen von der Grafik in Grenzen.
Ein Remake von WarCraft 3? Was kann da nur schief gehen?
Reforged umfasst den Echtzeit-Strategie-Klassiker aus dem Jahr 2002 mit der Erweiterung The Frozen Throne (2003) und alle Zusatzinhalte. Neben der Prolog-Kampagne (zwei Missionen) und den drei Demo-Missionen sind die vier Kampagnen aus dem Hauptspiel, die drei Kampagnen aus The Frozen Throne und die Bonus-Kampagne rund um Gründung von Durotar dabei.
Ohne groß auf die spielerische Qualität des Klassikers eingehen zu wollen: WarCraft 3 und das Add-on waren seinerzeit hervorragende Echtzeit-Strategiespiele, die auch heutzutage mit dem vielfältigen Missionsdesign, der Einbeziehung von Helden-Einheiten und wirklich bemerkenswerten Story-Elementen mit interessanten Figuren richtig viel Spaß machen können - vor allem, weil sie im Gegensatz zu StarCraft 2 nicht so gehetzt und auf Tempo getrimmt sind.
Ein wahrer Echtzeit-Strategie-Klassiker
Die Missionen in den Kampagnen können auf drei Schwierigkeitsgraden gespielt werden (Story, Normal und Schwer), wobei der normale Schwierigkeitsgrad etwas leichter wirkte als der Klassiker in der Erinnerung. Es ist noch erwähnenswert, dass die Kampagnen auf der Einheiten-Balance von The Frozen Throne basiert.
Es ist also reichlich Stoff für Einzelspieler-Strategen geboten, wobei die beiden Hauptkampagnen im Vergleich zu dem Original leicht angepasst wurden. So werden in den Ingame-Zwischensequenzen manchmal andere Kameraeinstellungen als im Klassiker verwendet, während ein Großteil der Inszenierung nicht angefasst wurde. Auch einige Kampagnenkarten - wie zum Beispiel Stratholme oder bei der Mission "Totengräber" - sind etwas verändert worden. Kleinere Fehler beim Spieldesign wurden korrigiert, aber nicht alle, da in manchen Texten das legendäre Schwert weiterhin Frostmourne genannt wird, während der Sprecher Frostgram sagt.
Umfang und Grafik-Verbesserungen
Dennoch passen viele der von Lemon Sky (Malaysia) erstellten Elemente nicht richtig ins homogene Gesamtbild, da der polygonarme Comiccharme verlorengegangen ist und die Figuren nicht mehr so sehr zu der weiterhin recht comichaften Umgebung passen. Zugleich geht die Erkennbarkeit der Einheiten in größeren Kämpfen in Reforged schneller verloren als bei der Classic-Version. Die Landschafts- und Umgebungsobjekte wurden überarbeitet, aber nicht in dem Ausmaß wie die Einheiten. Ein richtig homogenes Bild entsteht nicht, dennoch sind die Qualitätssprünge im Vergleich zum Klassiker in manchen Situationen gravierend, während Reforged an anderer Stelle wieder wie ein zehn Jahre altes Spiel wirkt, gerade wenn sich viele schwache Umgebungsobjekte häufig wiederholen. Die Tiefendarstellung des Geländes leidet manchmal ebenso. An den unnatürlichen Größenverhältnissen (Helden sind so groß wie Gebäude) hat sich übrigens nichts geändert.
WarCraft 3 Reforged hält daran fest, dass man maximal zwölf Einheiten auf einmal auswählen darf. Hat man mehr Einheiten, empfiehlt es sich, Gruppen (mit STRG + 1 bis 9) festzulegen. Auch die bekannten Wegfindungsprobleme in engen Passagen oder wenn große Einheiten im Weg stehen, findet man genauso wie im Klassiker. Die auf der BlizzCon 2018 gezeigte Benutzeroberfläche an der kompletten unteren Bildschirmleiste ist leider verworfen worden. Stattdessen wird auf eine Variante gesetzt, die der klassischen Version entspricht. Besonders nervig ist, dass sich die Tastenbelegung im Spiel nicht verändern lässt. Möchte man die Tasten modifizieren, muss eine Textdatei manuell editiert werden - wie unnötig. Die besagte Datei "CustomKeys.txt" befindet sich im Ordner "Dieser PC / Dokumente / WarCraft III / CustomKeyBindings". Immerhin werden höhere Auflösungen bis 4K und Breitbild-Formate überstützt; mehrere Monitore können allerdings nicht verwendet werden.
Gestrichene Benutzeroberfläche
Entgegen der ersten Ankündigung auf der BlizzCon 2018 (die Diablo-Immortal-BlizzCon) enthält WarCraft 3: Reforged keine aufwändigen Veränderungen und Erweiterungen im Vergleich zum Original, worüber wir schon im November 2019 ausführlich berichtet hatten (zum Bericht). Eigentlich sollten Anpassungen an der Geschichte vorgenommen werden, um sie besser in den Kontext von World of WarCraft zu setzen.
Gestrichene Story-Ergänzungen
Natürlich funktioniert die Geschichte in der klassischen Form richtig gut, aber ehrlich gesagt hätte ich sehr gerne die geplanten Neuerungen gesehen und mehr Hintergründe erfahren, gerade nachdem die Entwickler sie ins Gespräch brachten. Für mich als Kenner der WarCraft-3-Kampagne hätte die erweiterte Kampagne einen klaren Anreiz bedeutet, sie erneut zu spielen und das Neue zu entdecken. Warum Blizzard Entertainment so engstirnig war und nicht auf zwei Spielmodi wie WarCraft 3: Reforged mit klassischer Kampagne und WarCraft 3: Reforged mit stark überarbeiteter Kampagne gesetzt hat, bleibt mir ein Rätsel. Klar wäre es ein großer Mehraufwand gewesen (Stichwort: Sprachausgabe), aber ich hätte mich auf diese Ergänzungen gefreut. Nichtsdestotrotz hätten die neuen Story-Elemente auch die Qualität von World of WarCraft: Battle for Azeroth haben können und dann wäre ein Verzicht auf diese Bausteine sicher besser gewesen, aber die zweigleisige Schiene hätte hier geholfen.
Gestrichene Zwischensequenzen
Bezüglich der Streichung der aufwändigen Neuinszenierung der Zwischensequenzen wird das erhaltene Fan-Feedback angeführt. Die Fans wollten, dass sich Reforged stärker an der Vorlage und dem Classic-Design orientieren sollte. An dieser Stelle wäre ich wieder für die Doppellösung gewesen. Warum letztendlich diese Elemente gestrichen wurden und ob der Mutterkonzern das Budget für WarCraft 3: Reforged gekürzt haben könnte oder sich die Entwickler bei Blizzard Entertainment mit dem Remaster/Remake übernommen hatten, bleibt unklar.
Neu aufgelegt haben die Entwickler übrigens den "Höhepunkt-Kampf" zwischen Illidan und Arthas. In The Frozen Throne war der Kampf eine Ingame-Zwischensequenz, die für Blizzard-Verhältnisse ziemlich lausig und simpel war. 17 Jahre später sieht die Zwischensequenzen besser und detaillierter aus, ist jedoch weiterhin kein würdiger Kampf zwischen den beiden Figuren. Diesmal hapert es an den plastikhaften Animationen (Video ).
Zu den Schwächen gesellen sich manche Grafikfehler wie flackernde Texturen, Bugs (Sprachsamples aus Cutscenes wiederholen sich) und technische Schwachstellen wie seltsame und weitgehend ungerechtfertigte Performance-Einbrüche sowie Mikroruckler in der Kampagne (z.B. bei der Platzierung von Gebäuden). Hier wird man den Eindruck nicht los, dass das Spiel zu früh veröffentlicht wurde und ein öffentlicher Betatest der Kampagne besser gewesen wäre; Story-Blocker habe ich hingegen nicht erlebt.
Unfertiger Status
Im Zuge der Reforged-Veröffentlichung ist der Client von WarCraft 3 (Classic) mit Reforged zusammengelegt worden, d.h. die Spieler von WarCraft 3 Classic müssen fortan mit dem neuen Interface und den (noch) fehlenden Features Vorlieb nehmen (Übersicht ). Die Zusammenlegung ergibt für die Entwickler natürlich Sinn, aber eine Übergangsphase für diesen Zusammenschluss hätte nicht geschadet, bis zumindest die Inhalte und Funktionen identisch sind - oder eine bessere Kommunikation mit den bisherigen Spielern. Man kommt nur mit Umwegen an die alten Dateien wieder heran, und zwar unter Downloads im Battle.net-Account. Dort kann man die WarCraft 3: Public Test Realm Dateien runterladen - mit dem originalen CD-Key.
Classic-Spieler werden zu Reforged gedrängt
Obwohl der ohnehin mächtige Karten-Editor mit neuen Funktionen erweitert wurde, fallen vielmehr die Veränderungen der Nutzungsbestimmungen auf: Sämtliche Rechte an Custom-Games der Nutzer, also an mit dem Karten-Editor erstellten Projekten, sollen diesmal bei Blizzard bleiben. Allem Anschein nach wollte man sich diesmal nicht den Umsatz von Erfolgsgeschichten wie Dota durch die Lappen gehen lassen. Zudem schützt sich Blizzard vor Fan-Projekten, die Rechte Dritter verletzen. Auch Mods, welche der Provokation, Einschüchterung oder der Bekämpfung anderer Gruppen dienten, seien verboten - ebenso wie Inhalte sexueller Natur.
Fazit
WarCraft 3: Reforged hätte so viel mehr sein können und müssen. Eines der besten Echtzeit-Strategiespiele aller Zeiten hätte eine bessere "überarbeitete Neugestaltung" verdient - zumindest eine, die einen finalen Eindruck hinterlassen würde. Die Grafik-Überarbeitung ist weitgehend in Ordnung. Den detaillierten Einheiten-Modellen stehen aber mittelprächtige Umgebungen gegenüber und sowohl Comiccharme als auch Übersicht gehen stellenweise verloren. Hinzu kommen kleine Bugs und Performance-Macken in der Kampagne sowie Lags plus Verbindungsabbrüche in den Multiplayer-Partien, die noch ohne Ladder auskommen müssen. Stellenweise hat man das Gefühl eine fortgeschrittene Beta-Version zu spielen. Bedauernswert ist die Streichung der erweiterten Kampagne, die mehr Wiederspielwert für erfahrene Spieler geboten hätte. Schlimmer sind die gestrichenen aufwändigen Überarbeitungen der Kampagnen-Zwischensequenzen, mit denen das Produkt noch immer aktiv beworben wird. Hier erlaubt sich Blizzard unnötige Marketing- und Kommunikationspannen. Letztendlich retten Umfang, die Qualität der klassischen Kampagne und die einmalige Story die überarbeitete Version vor einer mangelhaften Einschätzung.
Pro
- großer Umfang
- Hauptspiel und Erweiterung sind prinzipiell hervorragend
- hochdetaillierte Einheiten-Modelle
- stellenweise neue Kamerawinkel in den Cutscenes
- kleinere Karten-Überarbeitungen
- erweiterter Editor
Kontra
- gestrichene Elemente, die unzureichend kommunziert wurden
- Comic-Charme und Übersicht gehen verloren
- schwächelnde Umgebungsgrafik
- Bugs, Fehler und Performance-Macken
- fehlende Features im Vergleich zu War 3: Classic
- überholte Benutzeroberfläche
- umständliche Tastenänderung
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Die Spoils of War Edition bietet Zugang zu neuen Skins.
- Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.