Audica - Test, Musik & Party, VirtualReality, PlayStationVR, OculusRift, OculusQuest, PC, HTCVive

Audica
14.11.2019, Michael Krosta

Test: Audica

Wummen statt Beat Saber

Mit Audica melden sich die Musikspiel-Spezialisten von Harmonix zurück und setzen nach Rock Band VR sowie dem Karaoke-Ausflug SingSpace weiter auf Klangspektakel in der virtuellen Realität. Für den Test haben wir die interessante Mischung aus Shooter und Rhythmusspiel unter die Lupe genommen.

Wurden die Bewegungscontroller bei Beat Saber zu Lichtschwertern umfunktioniert, hält man hier zwei Wummen in den Händen, die sich farblich voneinander unterscheiden. Der Standard ist zwar blau und orange, doch darf man in den Optionen neben der Spielergröße und Kalibrierung auch individuelle Farben festlegen.

Ballern mit Taktgefühl

Die grundsätzlichen Regeln sind ähnlich simpel wie bei Beat Saber und vielen anderen Musikspielen: Die Zielscheiben, die in einem recht breit gestreuten Sichtfeld im Takt der Musik auftauchen, lassen sich nur dann abschießen, wenn sie farblich zur verwendeten Space-Pistole passen. Und selbstverständlich nur dann, wenn man sie halbwegs gut anvisiert, wobei man sich von einer Zielhilfe unter die Arme greifen lassen kann. In diesem Fall reicht nur die grobe Richtung aus, um Treffer zu landen. Wer aber die maximale Ausbeute von 2000 Punkten pro Zielscheibe mitnehmen möchte, sollte sich etwas mehr Mühe geben und die Möglichkeit nutzen, die Ziele für mehr Präzision über Kimme und Korn anzuvisieren. Doch gerade in höheren Stufen, in denen die Ziele deutlich flotter und zahlreicher von allen Seiten heran schwirren, wird es zunehmend schwieriger, sie schnell genug und präzise zu treffen.

Halteziele werden von einem coolen Soundeffekt begleitet.
Hinzu kommt, dass es mit dem einfachen Abballern der Zielscheiben im Takt allein nicht getan ist. Zwischendurch werden neben gleichzeitigen Schüssen z.B. Halteziele eingestreut, die man zwar ebenfalls treffen, aber den den Abzug anschließend halten muss. Begleitet wird das Manöver von einem wuchtigen Soundeffekt, der perfekt zu den zuckenden Lichtstrahlen passt und einen beeindruckenden 3D-Klang demonstriert, wenn man die Position der Controller verändert. Klasse sind Momente, in denen man mit einer Hand ein Halteziel hält, während man mit der anderen Wumme weiter auf die Standard-Icons schießt. Darüber hinaus gibt es zusätzlich Kettenziele: Auch dort hält man den Abzug gedrückt, folgt aber anschließend dem vorgezeichneten Weg, der z.B. auch eine Herzform beinhalten kann. Auf höheren Schwierigkeitsgraden warten außerdem Spaltenziele, bei denen zusätzlich eine horizontale oder vertikale Ausrichtung der Waffen verlangt wird, damit die Treffer zählen. Aber es wird nicht nur geschossen, denn es gibt auch eine Art „Nahkampf“: Zielkugeln, die aus der Entfernung auf den Spieler zukommen, räumt man mit möglichst taktgenauen Schlagbewegungen aus dem Weg.

Einfach und doch komplex

Als hilfreich erweisen sich nicht nur die visuellen Hinweise wie Quadrat- und Kreisrahmen sowie leuchtende Punkte, mit denen die Zieltypen und deren Position schon im Vorfeld angedeutet werden. Denn es gibt auch eine haptische Unterstützung: Die Controller bereiten durch Vibrationen ebenfalls schon auf kommende Ziele vor und man erhält dadurch sogar Hinweise, mit welcher der beiden Waffen man als nächstes feuern muss und ob man das Ziel schon halbwegs gut anvisiert hat. Die Intensität lässt sich in den Optionen einstellen.

Je höher der Schwierigkeitsgrad, desto mehr ist auf dem Bildschirm los. Die Partikeleffekte nach Treffern sehen klasse aus.
Wagt man sich als Neueinsteiger umgehend an den Standard-Schwierigkeitsgrad, wird man gefühlt von der hohen Frequenz an Zielscheiben in Kombination mit den Schussvarianten erschlagen. Obwohl ich durchaus einige Erfahrungen mit Musikspielen habe, stellten meine ersten Gehversuche auf der normalen Stufe eine ziemliche Herausforderung dar. Zwar ist der Spielverlauf bei weitem nicht so anstrengend und schweißtreibend wie Beat Saber, aber deutlich hektischer. Ist der Fokus beim Rhythmusspiel mit den Lichtschwertern klar auf die Mitte ausgerichtet, muss man sich hier mit dem Kopf deutlich mehr zur Seite sowie nach unten und oben orientieren, um alle Ziele zu erwischen. Ich empfehle daher, tatsächlich erst mit dem leichten Schwierigkeitsgrad anzufangen und die gut 30 Songs erstmal durchzuspielen. Danach habe ich zumindest bei mir festgestellt, dass ich anschließend mit dem Wechsel in die höhere Stufe deutlich besser zurecht kam – Übung macht den Meister! Hat man die Mechaniken verinnerlicht, kommt man irgendwann in einen fast schon hypnotisierenden Spielfluss und verschmilzt regelrecht mit der audiovisuellen Erfahrung.

Kein Kinderspiel

Zwar steht ein Großteil der Songs bereits im freien Spiel zur Verfügung, aber die Kampagne ist nach dem Tutorial der ideale Weg, um erste Erfahrungen mit Audica zu sammeln und sich zu steigern. Der Fortschritt erfolgt ähnlich, wie man es früher von Guitar Hero kennt: Man benötigt erst eine bestimmte Anzahl an Sternen, um Zugang zu weiteren Arenen und Tracks zu bekommen. Visuell wirken die fünf Schauplätze mit ihrer abstrakten Architektur und den spektakulären Partikeleffekten zwar deutlich moderner, aufwändiger und ansprechender als bei Beat Saber, aber trotz vereinzelter Animationen im Hintergrund relativ steril. Gerne hätte ich mehr Bewegungen und Schwenks innerhalb der Stages gesehen, doch inszeniert Harmonix lediglich das Finale auf diese Weise. Der Grund dürfte darin liegen, dass man empfindliche Mägen nicht unnötig strapazieren möchte. Wie bei den Musikspielen von Harmonix üblich, erhält man auch hier pro Song maximal fünf Sterne, wobei für ein gutes Ergebnis nicht nur die Trefferquote, sondern auch der Kombozähler von Bedeutung ist. Wer lange am Stück eine fehlerfreie Performance abliefert, darf sich dank des Multiplikators über mehr Punkte freuen.

Kampagne mit Modifikatoren

Hin und wieder muss man bestimmte Songs auch in Kombination mit automatisch zugewiesenen Modifikatoren meistern, die mitunter sogar unabhängig von der Sterne-Bewertung die Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Abschluss bilden. Das gilt vor allem für Zusatz-Herausforderungen, in denen man sich besonders viel oder möglichst wenig bewegen muss – Beat Saber lässt grüßen. Genau wie beim Lichtschwert-Tanz misst auch Audica die Entfernung in Metern, die man mit Armbewegungen zurücklegt. Mal muss man wild Umherwedeln, was das Zeug hält, ein anderes Mal seine Controller so ruhig halten wie möglich, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen. Darüber hinaus gibt es weitere Modifikatoren, bei denen z.B. zunehmend das Tempo erhöht wird, man Level mit unsichtbaren Pistolen meistern muss oder im Rahmen einer „Bewusstseinserweiterung“ mit ständig wechselnden Farben der Ziele konfrontiert wird. Ärgerlich: Die Modifikatoren finden sich ausschließlich in der Kampagne bei festgelegten Songs und lassen sich im Gegensatz zu Beat Saber nicht im schnellen Spiel völlig frei anwenden. Immerhin ist es möglich, in den Optionen auf Wunsch das Tempo zu erhöhen, mit dem die Ziele auftauchen. Und auch die Zielunterstützung lässt sich u.a. anpassen.

Die futuristischen Arenen passen prima zur Elektro-Musik,
Schließt man die Kampagne auf einem bliebigen Schwierigkeitsgrad ab, gibt es in der letzten Stage nicht nur ein sehr cooles Finale, bei dem etwas mehr Bewegung in die recht statischen Arenen kommt und eine wunderbare Überleitung zum Abspann erfolgt. Man schaltet außerdem weitere Songs frei, bei denen es sich um die Album-Versionen bereits enthaltener Tracks handelt. Stehen zu Beginn bereits drei Schwierigkeitsgrade zur Auswahl, ist der letzte vorerst gesperrt und man muss sich erst als würdig erweisen, um die höchste Herausforderung angehen zu dürfen.

Eine Geschmacksfrage

David Guetta, Deadmau5, Zedd, Noisia: Audica fährt nicht nur einige prominente Namen aus der EDM-Szenen auf, sondern die Trackliste fällt mit gut 30 Songs auch verhältnismäßig üppig aus. Auf PSVR gibt es sogar fünf exklusive Bonus-Stücke, darunter „We All Become“ aus dem Soundtrack von Transistor. Wie immer ist die gebotene Auswahl abhängig vom persönlichen Geschmack. Einige Songs gefallen mir richtig gut, andere weniger. Etwas enttäuscht war ich von der Tatsache, dass bei manchen Tracks keine Album-Versionen, sondern mitunter ziemlich wüste Remix-Varianten verwendet werden, die teilweise sehr deutlich vom bekannten Original abweichen – und dadurch nicht unbedingt besser werden. Daher ist mein Eindruck über die Trackliste am Ende eher zwiegespalten: Der Umfang stimmt zwar, aber mit einigen Songs werde ich einfach nicht warm, obwohl ich diese Art der Musik durchaus mag. Generell fällt auf, dass die Tracks tendenziell eher kurz ausfallen – was ich ebenfalls ein bisschen schade finde. Manchmal hätte ich mir gewünscht, einfach länger am Stück spielen zu dürfen. Wo sind die Extended-Mixe?  

Bei Kettenzielen muss man den Abzug gedrückt halten und dem vorgezeichneten Weg folgen.
Immerhin bekommt man die Chance, eigene Choreographien für jeden einzelnen Song zu entwickeln. Im Kern steckt im Editor eine Aufnahmefunktion, mit der man im Handumdrehen und in Echtzeit eine Performance erstellt. Dazu analysiert das Programm einfach die ausgeführten Aktionen und bastelt die Level entsprechend zusammen. Wo man bei der Aufnahme ins Leere schießt, erscheint beim Abspielen also der gewünschte Zielscheiben-Typ. Um das Editieren zu erleichtern, kann man u.a. das Tempo drosseln, eine optionale Quantisierung einschalten und zu vorherigen Stellen zurückspulen. Während man auf dem PC seine Choreographien mit anderen Nutzern teilen und deren "Spielerkarten" ebenfalls laden kann, ist dies auf der PS4 (noch) nicht möglich. Das Importieren eigener Songs, wie es Harmonix z.B. bei Music VR erlaubt hat, ist leider nicht vorgesehen – zumindest nicht offiziell. Auf dem PC hat sich aber schon in der Early-Access-Phase eine Community gebildet, die auf eigene Faust einen Editor gebastelt hat und den Import eigener Tracks samt Choreographien erlaubt, womit man sich aufgrund mangelnder Lizenzen aber in eine rechtliche Grauzone begibt, die Harmonix ausdrücklich nicht unterstützt. Daher gibt es neue Songs nur in Form von DLC. Leider ist es nicht wie bei Rock Band 4 möglich, sich potenzielle Kauf-Kandidaten im Vorfeld schon mal kurz anzuhören, weil es im Spiel (noch) keine direkte Store-Anbindung gibt. Gerade hier, wo die angebotenen Remix-Versionen sich mitunter drastisch von den Original-Vorlagen unterscheiden, wäre eine Funktion zum Probehören ein Muss. Aktuell ist man dagegen zum Blindkauf gezwungen. 

Eigene Choreographien

Direkte Online-Duelle gibt es hier zwar genauso wenig wie bei Beat Saber, doch kann man sich immerhin über die Punktzahlen auf den Bestenlisten mit anderen Spielern weltweit oder seinen Freunden messen. Praktischerweise zeigen Icons an, in welchem Schwierigkeitsgrad die Ergebnisse aufgestellt wurden. Lokal hat man zudem die Möglichkeit, mehrere Spieler zu registrieren, die anschließend nacheinander gegeneinander antreten können – vergleichbar mit dem Partymodus aus Beat Saber.

Lokale Duelle

Fazit

Ich kam zwar trotz der teils happigen Herausforderungen nicht so schwer ins Schwitzen wie bei Beat Saber und das Hantieren mit den Wummen fühlt sich trotz der coolen Choreographien nicht ganz so filigran an wie das rhythmische Schwingen der Lichtschwerter. Aber ich hatte mit Audica ähnlich viel Spaß! Man spürt in jeder Sekunde den reichhaltigen Erfahrungsschatz von Harmonix: Das Team weiß einfach, wie man Musik und Spiel auf stylische Weise und mit ausgeklügelten Mechaniken sowie einem hervorragenden Spielfluss zusammenbringt. Die Trackliste zum Start ist zwar erfreulich umfangreich, aber stilistisch fokussiert man sich enorm auf EDM-Klänge, wobei nicht nur manche Songs, sondern auch deren Remix-Varianten mitunter gewöhnungsbedürftig und ziemlich kurz ausfallen. Komplett meinen Geschmack trifft die Auswahl daher nicht. Gerne würde ich offiziell eigene Tracks importieren, doch erlaubt der integrierte Editor lediglich das Erstellen eigener Choreographien. Schön wäre es außerdem gewesen, wenn man die durchaus spaßigen und fordernden Modifikatoren auch außerhalb der Kampagne für jeden beliebigen Song anwenden dürfte. Nichtsdestotrotz überwiegen die positiven Aspekte: In Audica werden Shooter und Rhythmusspiel zu einem immersiven Klangerlebnis vereint!   

Pro

  • cooles Spielprinzip
  • umfangreiche Trackliste mit prominenten Namen
  • Kampagne mit Einbindung von Modifikatoren
  • fetter Sound (inkl. Soundeffekte)
  • schicke Grafik- und Partikeleffekte
  • anspruchsvolle Choreographien
  • Erstellung eigener Level möglich
  • lokale Mehrspieler-Option (nacheinander)
  • Online-Bestenlisten
  • diverse Anpassungsmöglichkeiten

Kontra

  • Modifikatoren nur in Kampagne verfügbar
  • einige seltsame Songs und gewöhnungsbedürftige Remix-Varianten
  • keine direkten Online-Duelle
  • kein Import eigener Songs möglich
  • keine direkte Store-Anbindung mit Möglichkeit zum Probehören

Wertung

VirtualReality

Harmonix liefert mit Audica eine stylische Kombination aus Musikspiel und Shooter ab, die nach etwas Eingewöhnung vor allem mit ihrem coolen Spielfluss begeistert.

PlayStationVR

Harmonix liefert mit Audica eine stylische Kombination aus Musikspiel und Shooter ab, die nach etwas Eingewöhnung vor allem mit ihrem coolen Spielfluss begeistert.

OculusRift

Harmonix liefert mit Audica eine stylische Kombination aus Musikspiel und Shooter ab, die nach etwas Eingewöhnung vor allem mit ihrem coolen Spielfluss begeistert.

HTCVive

Harmonix liefert mit Audica eine stylische Kombination aus Musikspiel und Shooter ab, die nach etwas Eingewöhnung vor allem mit ihrem coolen Spielfluss begeistert.

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  • Weitere kostenpflichtige Songs, Song-Pakete und Season Pass
  • Season Pass, dessen Inhalte keine bzw. nur minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
Kommentare
Roadrunner M33P

Audica und Pistol Whip sind schon ziemlich cool, hätte nie gedacht das ich mal ein Fan von Rhythmus Spielen werde aber VR macht's möglich

vor 4 Jahren