Espire 1: VR Operative - Test, Action-Adventure, ValveIndex, VirtualReality, OculusRift, PlayStationVR, OculusQuest, HTCVive

Espire 1: VR Operative
02.12.2019, Jan Wöbbeking

Test: Espire 1: VR Operative

Splinter Cell für VR?

Eine Art Splinter Cell in der Virtuellen Realität – das wollte Entwickler Digital Lode aus Melbourne möglich machen. Nach viel Spieler-Feedback auf diversen Messen wurde der Titel mehrmals verschoben. Ein Anzeichen für Perfektionismus oder steckte das Stealth-Projekt in der Entwicklungs-Hölle fest? Wir überprüfen es im Test für zahlreiche VR-Headsets.

Eine Besonderheit macht sich auf Anhieb bemerkbar: Die Entwickler haben ein Herz fürs Drumherum. Allein schon der Umstand, dass ich hier ausnahmsweise mal einem australischen Geheimdienst aushelfe, wirkt irgendwie charmant - zumal mich meine Kontaktpersonen über Funk mit massenhaft unterhaltsamen Anekdoten von ihrem alten Arbeitsplatz versorgen. Spieler mit schwachen Englisch-Kenntnissen könnten allerdings etwas mehr Probleme bekommen als in leichter verständlichen US-Produktionen; deutsche Untertitel fehlen.

Vielversprechender Einstieg

Worum geht es? Die Politik strich dem Herzensprojekt meiner Auftraggeber das Budget und verlor das Interesse an einer humaoiden Schleich-Drohne. Ein fremdes Geheimkommando sah das offensichtlich anders und überfiel kurzerhand die brach liegenden Blacksite-Labors unter der Erde. Meine Aufgabe als Drohnen-Experte ist es nun, einen der übrig gebliebenen Schleich-Roboter zu hacken, den Angreifern auf die Schliche zu kommen und die Anlagen wieder zu übernehmen. Ein schöner Weg, mich als Spieler mit dem VR-Headset in die Geschichte einzubinden!

Bei den Klettertouren überwindet man Gefahren wie gekreuzte Laserschranken, Automatik-Geschütze oder Patrouillen.
Schön auch, dass ich mit coolem Technik-Spielkram experimentieren darf, der zum Teil nur in VR möglich wird. Dazu gehören praktische Kameras über den Robo-Händen: einfach den Arm hinter eine Biegung ausstrecken und schon kann ich um die Ecke spicken. Klassischer wirken die Zeitlupe oder eine Art Wärmesicht der Gegner hinter Wänden und Containern. Natürlich darf ich auch eigenhändig Gegenstände zur Ablenkung der Wachen werfen. Währenddessen heizt der gelungene Soundtrack die Spannung mit energetischen Elektro-Klängen oder altmodischen SciFi-Synthesizern an. Mal nähert man sich der verschanzten Führungsriege des Gegners, durchsucht die Büros geflüchteter Wissenschaftler nach Schlüsselfreigaben und Audio-Logs, später hackt man sich in die Steuereinheiten für Schleich-Prototypen, die vom Feind weiterentwickelt wurden.

Technik-Experimente

Auf leisen Sohlen verwendet man am besten die Standard-Betäubungs-Pistole oder ein Exemplar mit Schalldämpfer. Alternativ spart man die teure Munition, indem man den Gegner hinterrücks dazu zwingt, sich zu ergeben. Oder man entreißt ihren kalten Händen einfach die Sturmgewehre mit diversen Scopes oder die (erstaunlich schwachen, nutzlosen) Flinten. Das Energiesystem mit einem greifbaren Reparaturwerkzeug wirkt sinnvoll: Mit ihm doktert man in einer ruhigen Ecke an symbolischen, rot glühenden Schadens-Kugeln herum. Wer nicht persönlich in die Hocke gehen möchte, drückt einfach einen entsprechenden Schleichknopf oder stellt komplett auf die sitzende Haltung um. Leider hat es sich damit aber auch schon mit positiven Aspekten. An vielen Ecken merkt man, dass das Spiel unfertig veröffentlicht wurde.

Die Vignette lässt sich auf allen Plattformen feintunen (sofern nicht gerade die Menüs abgestürzt sind). Auf dem PC gibt es sogar einen coolen Zuschauer-Modus mit ruhiger Kameraführung.
Das größte Problem ist die haklige Steuerung: Das Erklimmen (hauptsächlich metallischer) Oberflächen ist in der Theorie ein cooler Kniff, funktioniert aber viel schlechter als die geniale Umsetzung in Stormland. Mal bleibt die Hand aus unerfindlichen Gründen plötzlich nicht mehr an der Wand haften, anderswo fällt man gleich wieder von der Empore oder bugsiert sich mit Schwung in die falsche Richtung.

Noch nicht wirklich fertig

Schon wieder kann man eine leise Taktik vergessen, da man plötzlich ungünstig im Sichtfeld der Wachen steht und mit der fummeligen Holster-Steuerung kämpft. Zu Beginn des Spiels darf man zwar den Ort für Waffen und das Reparaturwerkzeug eigens festlegen. Trotzdem klappt das Ziehen und Wegstecken des Arsenals deutlich schlechter als bei Stormland oder anderswo. Daher landete ich regelmäßig im Kreuzfeuer der Wachen, so dass ich irgendwann entnervt aufgab und den Großteil der Levels einfach als Shooter spielte.

Das wird in der Endabrechnung zwar mit einer schlechteren Punktzahl bestraft (die Kosten für den Geheimdienst steigen bei der Rambo-Taktik schließlich in die Höhe), erweist sich oft aber als schneller und einfacher. Das gilt vor allem aufgrund der stupiden KI, die gerne mal in die Wand ballert oder nach einem Alarm massenhaft Leichen der toten Kollegen ignoriert (die man übrigens mit lustigen Ragdoll-Bewegungen um die Ecke zerren kann). Mancherorts schießen und laufen die Intelligenzbolzen sogar durch Wände oder Glasscheiben. Oder sie versinken im Boden: Danach kann man sie immerhin wie beim Whack-a-mole mit einem Schlag auf den Kopf erledigen - äußerst praktisch!

Schon wieder entdeckt

Menü-Macken wie fehlende Optionen oder Abstürze sind uns ebenfalls begegnet. Auch die sich stark ähnelnden kahlen Flure verschiedener Stockwerke motivieren nicht gerade zum Weiterspielen. Für immerhin etwas Spannung sorgen zwischendurch die Herausforderungen in überschaubaren Arealen. Während man durch eine kleine verwinkelte Lagerhalle schleicht, unter Zeitdruck klettert oder Geiseln befreit, spielt die schwache KI eine deutlich kleinere Rolle, wodurch diese kurzen Runden eher einen Rätsel-Charakter besitzen. Wer möchte, kann sein Ergebnis auf weltweiten Bestenlisten optimieren. Unmengen von Optionen sorgen für komfortables Spielen mit Tricks wie ruckartigem Drehen. Die (konfigurierbare) halbtransparente Standard-Vignette kann aber schon mal Verwirrung stiften, weil sie vor allem im Dunkeln zu viel verdeckt.

Lust auf eine runde Whack-a-mole? Hinter dem roten Pfeil verbirgt sich der Helm einer Wache, die im Boden versunken ist - vermutlich vor Scham über ihre schwache KI.
Beim Systemvergleich wird schnell klar, dass das Projekt primär für Oculus-Controller entwickelt wurde. Am besten steuert sich die Schleich-Action auf Rift (S) und Quest. Mit den Index-Controllern wird vor allem das Zugreifen etwas mühsam und noch unzuverlässiger, zumal nicht einmal das Tracking einzelner Finger berücksichtigt wird.

Vorteil: Oculus

Die veraltete Move-Technik ohne Analogsticks macht die PSVR-Fassung zur schlechtesten Wahl, da man an den Erfassungsrändern der Kamera Probleme bekommt und gelegentlich Controller-Bugs auftreten (der Dualshock-Controller wird übrigens nicht unterstützt).

Außerdem sehen die Texturen selbst auf der PS4 Pro arg grob aus oder laden erst sehr langsam nach. Die Quest-Umsetzung wirkt trotz Mobil-Hardware deutlich hübscher, schärfer und bleibt meistens flüssig, zumal das kabellose Schleichen spürbar die Immersion fördert. Das ansehnlichste Gesamtbild ergibt sich in unserem Test aber auf Index und Rift S, obwohl die etwas schlichten Labore natürlich weit von dem Detailüberfluss eines Referenztitels wie Asgard‘s Wrath entfernt sind.

Fazit

Schade ums Potenzial! Und um die großen Ambitionen beim australischen Entwickler Digital Lode. Eine charmante Präsentation und gute Steuerungs-Ideen sind ja vorhanden. Doch offenbar hat sich das Team mit seinem Vorhaben übernommen, ein würdiges VR-Gegenstück zu Sam Fisher oder Solid Snake zu entwickeln. Die schwache KI, haklige Steuerungs-Macken sowie technische Probleme stören einfach viel zu oft den Spielfluss und die Pläne auf leisen Sohlen. Wer in VR schleichen möchte, sollte lieber zu Budget Cuts greifen, dessen Nachfolger übrigens am 12. Dezember erscheint. Selbst das einfach gestrickte (und grafisch äußerst aufwändige) ROGAN: The Thief in the Castle ist eine bessere Wahl, weil man dort stärker zu leisem, gewaltarmem Vorgehen gezwungen wird.

Pro

  • charmante Präsentation
  • lustiger Smalltalk über Funk
  • theoretisch gute Steuerungsideen
  • Spieler schön in Geschichte eingebunden
  • spannungsgeladener Electro-Soundtrack

Kontra

  • zahlreiche Bugs (vor allem auf PSVR)
  • haklig-unzuverlässiges Klettern
  • fummlige Holster-Steuerung
  • gelegentliche Abstürze
  • dämliche Gegner-KI
  • oft ziemlich karge, repetitive Kulissen
  • zusätzliche Probleme bei Index
  • und vor allem Move-Steuerung
  • extrem unscharfe, langsam nachladende Texturen (PSVR)

Wertung

ValveIndex

Die suboptimale Umsetzung für die Index-Controller macht Feinheiten wie das Klettern etwas mühsamer und ungenauer.

VirtualReality

Zahlreiche Bugs und Probleme bei KI, Steuerung und Technik verderben den Spaß an den guten Ideen und der charmanten Präsentation.

OculusRift

Zahlreiche Bugs und Probleme bei KI, Steuerung und Technik verderben den Spaß an den guten Ideen und der charmanten Präsentation.

PlayStationVR

Die PSVR-Fassung leidet unter zusätzlichen Bugs sowie der deutlich schwächeren Move-Steuerung.

OculusQuest

Zahlreiche Bugs und Probleme bei KI, Steuerung und Technik verderben den Spaß an den guten Ideen und der charmanten Präsentation.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

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  • Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.
Kommentare
Herschfeldt

Wenn das so ist! Finde es halt merkwürdig. Bei Ego-Shootern verzichtet ihr doch auf nicht auf das IchbindiePersondiedaspielt - Gefühl z.B. wenn ich an mir runterschaue und merke das ich Mr. Invisible bin. Eigenartig. Könnte die Technik doch auch simulieren oder nicht? Da sind doch Kameras an der Brille, die könnten meinen Körper filmen und dann z.B. eine mächtige Rüstung anlegen! (Ein Bild hier einzufügen ist ja echt ein Alptraum!)

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
Fyrex

Wieder keine Arme.
Mein Gehirn kann sehr viel besser mit keinen Armen umgehen, als mit Armen, die sich falsch anfühlen.
Absolut. Es ist einfach das bessere Spielgefühl. Jeder der das einmal probiert hast, weiß das.

vor 4 Jahren
Roadrunner M33P

Wieder keine Arme.
Keine Arme keine Kekse

vor 4 Jahren
Lucius Solari

Wieder keine Arme.
Mein Gehirn kann sehr viel besser mit keinen Armen umgehen, als mit Armen, die sich falsch anfühlen.

vor 4 Jahren
Herschfeldt

Wieder keine Arme.

vor 4 Jahren