Espire 1: VR Operative - Test, Action-Adventure, ValveIndex, VirtualReality, OculusRift, PlayStationVR, OculusQuest, HTCVive
Eine Besonderheit macht sich auf Anhieb bemerkbar: Die Entwickler haben ein Herz fürs Drumherum. Allein schon der Umstand, dass ich hier ausnahmsweise mal einem australischen Geheimdienst aushelfe, wirkt irgendwie charmant - zumal mich meine Kontaktpersonen über Funk mit massenhaft unterhaltsamen Anekdoten von ihrem alten Arbeitsplatz versorgen. Spieler mit schwachen Englisch-Kenntnissen könnten allerdings etwas mehr Probleme bekommen als in leichter verständlichen US-Produktionen; deutsche Untertitel fehlen.
Vielversprechender Einstieg
Worum geht es? Die Politik strich dem Herzensprojekt meiner Auftraggeber das Budget und verlor das Interesse an einer humaoiden Schleich-Drohne. Ein fremdes Geheimkommando sah das offensichtlich anders und überfiel kurzerhand die brach liegenden Blacksite-Labors unter der Erde. Meine Aufgabe als Drohnen-Experte ist es nun, einen der übrig gebliebenen Schleich-Roboter zu hacken, den Angreifern auf die Schliche zu kommen und die Anlagen wieder zu übernehmen. Ein schöner Weg, mich als Spieler mit dem VR-Headset in die Geschichte einzubinden!
Technik-Experimente
Auf leisen Sohlen verwendet man am besten die Standard-Betäubungs-Pistole oder ein Exemplar mit Schalldämpfer. Alternativ spart man die teure Munition, indem man den Gegner hinterrücks dazu zwingt, sich zu ergeben. Oder man entreißt ihren kalten Händen einfach die Sturmgewehre mit diversen Scopes oder die (erstaunlich schwachen, nutzlosen) Flinten. Das Energiesystem mit einem greifbaren Reparaturwerkzeug wirkt sinnvoll: Mit ihm doktert man in einer ruhigen Ecke an symbolischen, rot glühenden Schadens-Kugeln herum. Wer nicht persönlich in die Hocke gehen möchte, drückt einfach einen entsprechenden Schleichknopf oder stellt komplett auf die sitzende Haltung um. Leider hat es sich damit aber auch schon mit positiven Aspekten. An vielen Ecken merkt man, dass das Spiel unfertig veröffentlicht wurde.
Noch nicht wirklich fertig
Schon wieder kann man eine leise Taktik vergessen, da man plötzlich ungünstig im Sichtfeld der Wachen steht und mit der fummeligen Holster-Steuerung kämpft. Zu Beginn des Spiels darf man zwar den Ort für Waffen und das Reparaturwerkzeug eigens festlegen. Trotzdem klappt das Ziehen und Wegstecken des Arsenals deutlich schlechter als bei Stormland oder anderswo. Daher landete ich regelmäßig im Kreuzfeuer der Wachen, so dass ich irgendwann entnervt aufgab und den Großteil der Levels einfach als Shooter spielte.
Das wird in der Endabrechnung zwar mit einer schlechteren Punktzahl bestraft (die Kosten für den Geheimdienst steigen bei der Rambo-Taktik schließlich in die Höhe), erweist sich oft aber als schneller und einfacher. Das gilt vor allem aufgrund der stupiden KI, die gerne mal in die Wand ballert oder nach einem Alarm massenhaft Leichen der toten Kollegen ignoriert (die man übrigens mit lustigen Ragdoll-Bewegungen um die Ecke zerren kann). Mancherorts schießen und laufen die Intelligenzbolzen sogar durch Wände oder Glasscheiben. Oder sie versinken im Boden: Danach kann man sie immerhin wie beim Whack-a-mole mit einem Schlag auf den Kopf erledigen - äußerst praktisch!
Schon wieder entdeckt
Menü-Macken wie fehlende Optionen oder Abstürze sind uns ebenfalls begegnet. Auch die sich stark ähnelnden kahlen Flure verschiedener Stockwerke motivieren nicht gerade zum Weiterspielen. Für immerhin etwas Spannung sorgen zwischendurch die Herausforderungen in überschaubaren Arealen. Während man durch eine kleine verwinkelte Lagerhalle schleicht, unter Zeitdruck klettert oder Geiseln befreit, spielt die schwache KI eine deutlich kleinere Rolle, wodurch diese kurzen Runden eher einen Rätsel-Charakter besitzen. Wer möchte, kann sein Ergebnis auf weltweiten Bestenlisten optimieren. Unmengen von Optionen sorgen für komfortables Spielen mit Tricks wie ruckartigem Drehen. Die (konfigurierbare) halbtransparente Standard-Vignette kann aber schon mal Verwirrung stiften, weil sie vor allem im Dunkeln zu viel verdeckt.
Vorteil: Oculus
Die veraltete Move-Technik ohne Analogsticks macht die PSVR-Fassung zur schlechtesten Wahl, da man an den Erfassungsrändern der Kamera Probleme bekommt und gelegentlich Controller-Bugs auftreten (der Dualshock-Controller wird übrigens nicht unterstützt).
Außerdem sehen die Texturen selbst auf der PS4 Pro arg grob aus oder laden erst sehr langsam nach. Die Quest-Umsetzung wirkt trotz Mobil-Hardware deutlich hübscher, schärfer und bleibt meistens flüssig, zumal das kabellose Schleichen spürbar die Immersion fördert. Das ansehnlichste Gesamtbild ergibt sich in unserem Test aber auf Index und Rift S, obwohl die etwas schlichten Labore natürlich weit von dem Detailüberfluss eines Referenztitels wie Asgard‘s Wrath entfernt sind.
Fazit
Schade ums Potenzial! Und um die großen Ambitionen beim australischen Entwickler Digital Lode. Eine charmante Präsentation und gute Steuerungs-Ideen sind ja vorhanden. Doch offenbar hat sich das Team mit seinem Vorhaben übernommen, ein würdiges VR-Gegenstück zu Sam Fisher oder Solid Snake zu entwickeln. Die schwache KI, haklige Steuerungs-Macken sowie technische Probleme stören einfach viel zu oft den Spielfluss und die Pläne auf leisen Sohlen. Wer in VR schleichen möchte, sollte lieber zu Budget Cuts greifen, dessen Nachfolger übrigens am 12. Dezember erscheint. Selbst das einfach gestrickte (und grafisch äußerst aufwändige) ROGAN: The Thief in the Castle ist eine bessere Wahl, weil man dort stärker zu leisem, gewaltarmem Vorgehen gezwungen wird.
Pro
- charmante Präsentation
- lustiger Smalltalk über Funk
- theoretisch gute Steuerungsideen
- Spieler schön in Geschichte eingebunden
- spannungsgeladener Electro-Soundtrack
Kontra
- zahlreiche Bugs (vor allem auf PSVR)
- haklig-unzuverlässiges Klettern
- fummlige Holster-Steuerung
- gelegentliche Abstürze
- dämliche Gegner-KI
- oft ziemlich karge, repetitive Kulissen
- zusätzliche Probleme bei Index
- und vor allem Move-Steuerung
- extrem unscharfe, langsam nachladende Texturen (PSVR)
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt keine Käufe.
- Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.