Neverwinter Nights: Enhanced Edition - Test, Rollenspiel, PlayStation4, Android, Switch, PC, XboxOne
Nachdem ich die etwas über zehn Gigabyte runtergeladen hatte und das lila Logo mit dem Auge erschien, überkam mich noch ein wehmütiges Gefühl. Im Jahr 2002 hatte ich richtig Spaß mit meinen Gefährten in den Gassen von Neverwinter Nights, zumal ich damals noch all die Romane von R.A. Salvatore und die Vergessenen Welten im Hinterkopf hatte. Bruenor, Drizzt, Wulfgar - ach, war das schön! Aber als ich dieses Rollenspiel auf der PlayStation 4 starte, erlebe ich kein nostalgisches Coming Home, sondern einen knallharten Aufprall in der polygonalen Steinzeit. Und der tut so richtig weh. Die ersten Schritte in der Akademie von Niewinter zeigen eine schrecklich sterile, aber auch hinsichtlich des Artdesigns groteske Kulisse.
Polygonale Steinzeit
Das damals schon erkennbare Baukasten-Flair wirkt heutzutage nochmal entzaubernder, zumal nicht nur die faden Texturen, das klobige Interieur, die geringe Sichtweite und die unfassbar schlecht modellierten Figuren mit ihrem Quecksilberhaar, das ich zunächst für Helme hielt, negativ auffallen, sondern auch die steifen Animationen. Obwohl das Spiel laut Pressemitteilung mit "einer aktualisierten Rendering Engine aufgewertet [wurde], die die visuelle Qualität des Spiels erheblich verbessert." Au Backe, aber diese Fantasy sieht zum Weglaufen aus...
Im Kontext der damaligen Zeit war das ja auch nur solide, aber zusammen mit den schlechtesten deutschen Sprechern, die ich seit Jahren gehört habe (oder sind das Sprachroboter?), wird jegliche Atmosphäre im Keim erstickt. Die damals stimmungsvollen kleinen Filmchen tun dank fehlender Breitbildanpassung und schlecht aufgelöster Fisselschrift ihr Übriges. Rein inhaltlich, rein spielmechanisch hätte dieser Klassiker eine richtige Modernisierung verdient - und auch heute besser abschneiden können. Zumal er ja nicht nur alle Erweiterungen wie Shadows of Undrentide und Horden of the Underdark enthält, sondern auch weitere Abenteuer-Module sowie Multiplayer-Unterstützung für kooperative Partien anbietet.
Bullaugen in der Wand
Fazit
Finger weg von dieser überteuerten Enhanced Edition! Ich habe Neverwinter Nights 2002 besprochen und mit 87% im Test bewertet. Aber nach siebzehn Jahren ist die Magie komplett verflogen. Nicht etwa, weil man sie mit einem hochwertigen Remaster nicht einfangen könnte! Aber mit dieser billigen Umsetzung erlebt man als D&D-Veteran kein nostalgisches Coming Home, sondern einen knallharten Aufprall in der polygonalen Steinzeit - nichts altert schlechter als 3D-Grafik. Meine Güte, was sind das für Texturen? Aber auch die Sprecher sind ein Atmosphärekiller, die Bullaugen als Kamerahilfe ein schlechter Scherz, die Bildrate trotz Trümmerkulisse instabil und diese verdammt träge Bedienung zehrt derart an den Nerven, dass man seine Gefährten gar nicht ausrüsten will! So schnell habe ich einen von mir sehr geschätzten Klassiker noch nie von der Platte gefegt. Falls ihr Rollenspiele alter Schule auf großem Bildschirm erleben wollt, solltet ihr zur Baldur's Gate and Baldur's Gate 2 Enhanced Edition oder der Planescape Torment and Icewind Dale Enhanced Edition greifen, die wenigstens solide modernisiert wurden.
Pro
- Rollenspiel plus alle Erweiterungen und Module
- vier Schwierigkeitsgrade
- deutsche Sprache und Texte
- Multiplayerunterstützung
Kontra
- schrecklich veraltete Kulisse
- ganz schlimme deutsche Sprecher
- Bullaugen als Sichthilfe? Echt jetzt?
- nervig träge Steuerung und Menübedienung
- Atmosphäre wird im Keim erstickt
- Filme wurden visuell nicht angepasst
- fisselige Schrift bei Zwischensequenzen
- Sichtweite? Drei Meter...
- viele Ladezeiten
- Bildratenprobleme
- Multiplayer für Xbox One erst 2020 per Patch
Echtgeldtransaktionen
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- Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.