Orangeblood - Test, Rollenspiel, XboxOne, PC, PlayStation4, Switch

Orangeblood
24.01.2020, Jens Bischoff

Test: Orangeblood

Retro-Abenteuer vor der Küste Japans

Mit Orangeblood laden Grayfax Software und Playism zu einer Zeitreise in ein alternatives Japan der 1990er Jahre ein, das sich sogar im typischen 16-Bit-Stil der damaligen Zeit präsentiert. Wie uns der nostalgische Rollenspieltrip gefallen hat, verrät der Test.

Orangeblood spielt auf einer künstlichen Insel vor der Küste Okinawas, namens New Koza, wo vier Mädels zwischen die Fronten krimineller Banden geraten, die sie bespitzeln sollen. Das eigentliche Ziel rückt jedoch schnell in den Hintergrund, während die stets mies gelaunte Revolverheldin Vanilla Vincent zusammen mit DJ-Partnerin Machiko immer tiefer in die kriminelle Unterwelt von New Koza vordringt. Später schließen sich auch noch eine Samurai und eine Martial-Arts-Expertin der illustren Gruppe an.

Eine Insel voller Gangster

Die rundenbasierten Kämpfe gewinnen mit jedem frischen Gruppenmitglied neue Facetten, da die Charaktere über einzigartige individuelle Fertigkeiten verfügen. Vanilla kann mit ausreichender Skill-Energie z. B. eine tödliche Salve an Schüssen auf ihre Gegner abfeuern, während Machiko mit ihrem Ghetto Blaster je nach Musik regelmäßig Skill- oder Lebenspunkte regenerieren sowie Schäden halbieren und gefallenen Teammitglieder wiederbeleben kann.

Yazawa kann sich hingegen an die Spitze der Zugfolgenleiste katapultieren und mit ihrem Katana ganze Gruppen an Gegnern auslöschen, was fast schon zu mächtig ist, da sie so mit quasi jedem Standardgegner kurzen Prozess macht, ohne dass der sich überhaupt wehren kann. Allerdings nur, wenn man die symbolisch umherziehenden Widersacher zuvor mit einem Initiative-Angriff erwischt hat, da man sonst nicht genug Skill-Punkte für ihren Vernichtungsschlag hat.

Tatkräftige Unterstützung

Anführerin Vanilla nimmt bei ihren Fluchtiraden kein Blatt vor den Mund.
Jackie kann wiederum die Wut von Gegnern auf sich ziehen und mit ihren Martial-Arts-Fertigkeiten vorübergehend sämtliche Angriffe kontern, was ebenfalls sehr praktisch sein kann. Konventionelle Angriffe führt jedes Gruppenmitglied hingegen mit der aktuell ausgerüsteten Schusswaffe aus. Das Spektrum reicht dabei von Sturm- und Scharfschützengewehren über Schrotflinten bis hin zu Maschinenpistolen.

Während Erstere den Schaden auf Einzelziele konzentrieren, sind Letztere vor allem bei mehreren Gegnern von Vorteil - besonders wenn sie fiese Statusbeeinträchtigungen wie Schockstarren oder Brandherde verursachen können. Ansonsten gilt es element-basierte Anfälligkeiten und Resistenzen im Blick zu behalten sowie Kombo-Effekte mit anderen Ausrüstungsgegenständen zu nutzen, die unter bestimmten Bedingungen z. B. Heilungen oder Zusatzschäden verursachen.

Darüber hinaus ist es wichtig, taktisch kluge Nachladepausen einzulegen, in denen man je nach Ausrüstung auch die Treffsicherheit erhöhen oder verlorenen Lebensenergie regenerieren kann. Vergisst man rechtzeitig nachzuladen, wird zwar automatisch ein neues Magazin eingelegt, der eigene Ausweichwert wird währenddessen allerdings auf null gesetzt, so dass Gegenangriffe besonders verheerend ausfallen können.

Cleveres Taktieren

Schade nur, dass einem immer wieder dieselben Gangster- und Robotertypen als Gegner vorgesetzt werden. Hier wäre definitiv mehr Abwechslung wünschenswert gewesen. Dass die Gegnerlevels der eigenen Charakterstufe immer wieder angeglichen werden, hat mich auch nicht begeistert, obwohl so natürlich stets eine gewisse Herausforderung gegeben ist. Ohne vernünftige Ausrüstung kann man aber ganz schnell den Anschluss verlieren und bei Bosskämpfen regelrecht chancenlos sein.

Und was man als Ausrüstung von Gegnern erhält oder in Kisten findet, ist eben in hohem Maße dem Zufall geschuldet - selbst was das Angebot in Geschäften betrifft. Die Spielbalance ist entsprechend wacklig, eine Schwierigkeitswahl nicht vorhanden. Speichern kann man nur in sicheren Bereichen, aber es gibt diverse Checkpoints, an denen man sich im Todesfall wiederbeleben lassen kann, wenn man mit dem Geldabzug einverstanden ist.

Orientierung und Navigation sind vor allem zu Beginn recht verworren. Auch die etwas mickrige Automap hilft eher Schätze und Gegner nicht zu übersehen als den richtigen Weg zu finden. Immerhin sind an bestimmten Stellen schnelle Ortswechsel via Flugtaxi möglich. Hier und da können auch Nebenaufgaben wie das Sabotieren von Bandenfahrzeugen angenommen oder auf einem Schießstand besondere Herausforderungen gemeistert werden.

Auf eigene Faust

In den Rundenkämpfen muss man rechtzeitig nachladen, um nicht ohne Deckung dazustehen.
Gefallen haben mir auch der bis in die Kampfanimationen reichende und für ein stimmiges 90er-Jahre-Flair sorgende HipHop-Soundtrack aus Machikos Ghetto Blaster sowie Vanillas zynische Kommentare und Schimpfworttiraden. Schade nur, dass die nicht vertont wurden und in Textform lediglich auf Englisch, Japanisch und Chinesisch verfügbar sind. Veränderbare Auflösungen wären ebenfalls schön gewesen, aber für Nostalgiker gibt’s zumindest ein paar Farb- und Grafikfilter wie CRT-Scanlines, chromatische Aberration oder Tilt-Shift.

Fazit

Orangeblood bietet klassisches Rollenspiel-Flair im Stil der 90er Jahre. Wer will, kann sogar nostalgische Scanlines und andere Grafikeffekte aktivieren. Auch die Kämpfe werden in traditioneller Rundenmanier bestritten. Allerdings wird hier nur mit Schusswaffen gekämpft und die müssen irgendwann nachgeladen werden, da man sonst zu leichter Beute wird, was neben elementbasierten Schwachstellen und clever kombinierbaren Ausrüstungseffekten für Spannung sorgt. Gefallen haben mir auch die ruppige Art der stets miesepetrigen Protagonistin sowie die treffenden HipHop-Sounds. Schade nur, dass die Story eher nebensächlich bleibt und es keinerlei Sprachausgabe oder deutsche Übersetzung gibt. Wenig begeistert war ich auch von den mitlevelnden Gegnern und den vor allem zu Beginn nervenden Orientierungsproblemen. Unterm Strich hat mich der auch für PS4, Xbox One und Switch angekündigte Retrotrip aber noch solide unterhalten.

Pro

  • taktische Rundenkämpfe
  • stimmiger HipHop-Soundtrack
  • praktische Karten- und Schnellreisefunktion
  • optionale Grafikfilter

Kontra

  • skalierende Gegner
  • gelegentliche Orientierungsprobleme
  • nur eine mögliche Auflösung
  • keine deutsche Übersetzung

Wertung

PC

Ruppiges Retro-Rollenspiel im 16-Bit-Stil mit taktischen Feuergefechten und stimmigen HipHop-Beats.

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Kommentare
SpookyNooky

Bei Skyrim gibt es aber Skalierungsgrenzen - was gut ist. Eine sinnfreie Skalierung führt zu sowas wie bei Oblivion, wo das Leveln des Charakters das Spiel nur schwerer werden lässt.
Ganz genau.

vor 4 Jahren
Todesglubsch

Bei manchen Spielen ist dynamische Levelanpassung notwendig, um die Freiheit einer offenen Welt zu gewährleisten. Skyrim ohne Levelanpassungen in Dungeons würde dazu führen, dass man ein System wie beispielsweise in Gothic 2 hätte:
Bei Skyrim gibt es aber Skalierungsgrenzen - was gut ist. Eine sinnfreie Skalierung führt zu sowas wie bei Oblivion, wo das Leveln des Charakters das Spiel nur schwerer werden lässt.

vor 4 Jahren
SpookyNooky

Oh Mann, mitlevelnde Gegner bei einem RPG ist ein Spielspaßkiller. Genauso wie Gummibandeffekt bei Rennspiele. Verstehe nicht warum sich Entwickler immer wieder dafür entscheiden.
Bei manchen Spielen ist dynamische Levelanpassung notwendig, um die Freiheit einer offenen Welt zu gewährleisten. Skyrim ohne Levelanpassungen in Dungeons würde dazu führen, dass man ein System wie beispielsweise in Gothic 2 hätte: Du kannst theoretisch jederzeit zu Gebiet A, B und C, aber B sind 10 Level über dir und C 20 Level. Effektiv kannst du also trotz einer vermeintlich offenen Welt nur die Reihenfolge A, B und C ablaufen. Willst du dem Spieler wirklich eine Wahl lassen, so musst du die Level anpassen, je nachdem, welche Reihenfolge der Spieler nimmt. Bei Skyrim wurde das gut gelöst, denn Dungeons befinden sich erstens immer in einem gewissen Levelrahmen (beispielsweise 5-15), zweitens wird das Level beim ersten Betreten gesetzt und bleibt ab dann für immer gleich. So kann man das Dungeon verlassen und später beim Wiederbetreten hat man gleichstarke Gegner wie beim letzten Mal, so dass sich der Charakterfortschritt auch beim Kämpfen spürbar auswirkt. Somit kann man durch dieses System dem Spieler die Freiheit geben, beispielsweise erst B, dann C, dann A zu besuchen. Ohne dynamische Levelanpassung nicht möglich. Ein Beispiel für meiner Meinung nach schlechte dynamische Levelanpassung wäre Final Fantasy 8, aber das würde hier zu weit führen.

vor 4 Jahren
DarkX3ll

Oh Mann, mitlevelnde Gegner bei einem RPG ist ein Spielspaßkiller. Genauso wie Gummibandeffekt bei Rennspiele. Verstehe nicht warum sich Entwickler immer wieder dafür entscheiden.

vor 4 Jahren
4P|Jens

Wow, die Gewichtung der Pros und Contras ist mal richtig lächerlich. Mit 60% völlig unterbewertet.
Falls du die reine Anzahl meinst, die sagt über die Gewichtung gar nichts aus. Und laut Metacritic liegen 60 Prozent nicht unter, sondern eher über dem Schnitt (aktuell 54 Prozent)...

vor 4 Jahren