The Walking Dead: Saints & Sinners - Test, Action-Adventure, OculusRift, HTCVive, OculusQuest, PlayStationVR, ValveIndex, VirtualReality
Mit diesen Zombies ist nicht zu spaßen – das wird spätestens dann klar, wenn sich in The Walking Dead: Saints & Sinners einer der Untoten ausgesprochen nah an den Spieler anschmiegt und ihn um seinen letzten Fortschritt bringt. Nicht immer klappt die ziemlich unzuverlässige schwungvolle Armbewegung zum Abschütteln, wenn der Untote erst einmal zugepackt hat. So landete ich dank des übertrieben strengen Speichersystems oft gleich wieder zum Anfang der Mission, an einem älteren Speicherpunkt in der eigenen Basis oder wurde wahlweise fast wehrlos auf auf die gefährliche Suche nach dem eigenen Rucksack geschickt.
Nichts für Ungeduldige
Noch ärgerlicher ist, dass mir nach dem zu kurzen Tutorial wichtige Infos verschwiegen werden. Geplündertes Essen ist verseucht und nagt danach stetig an der ohnehin knappen Energieleiste – na schönen Dank auch! Denkt also daran, euch nicht gleich das nächstbeste Nahrungsmittel vor den Mund zu halten, sondern rüstet eure Werkbänke in der Basis erst einmal zum Abkochen auf!
Nicht so laut!
Die Missionen fallen meist recht ähnlich aus: Mit einem kleinen Boot fahre ich von meiner geschützten Basis aus in eine der kleinen, aber frei zu erkundenden Straßenzüge und schleiche mich in ein Haus, um wichtige Gegenstände wie ein Mikro für das Funkgerät in der eigenen Wohnmobil-Basis zu finden. Danach trete ich mit einem skeptischen Fremden in Kontakt, um ihn nach weiteren Informationen zur sagenumwobenen „Reserve“-Basis voller Vorräte auszuquetschen.
Telltale lässt grüßen
Der Fokus aufs Crafting an den drei Werkbänken und passt gut zum Vorbild, zumal sich benötigte Gegenstände auf Listen verfolgen lassen. Nachdem ich mir auf meinen Ausflügen den aufrüstbaren Rucksack vollgestopft habe, wird aufgeklaubtes Gerümpel erst einmal in den Recycling-Container ausgeleert. Danach stelle ich länger haltbare Revolver, eine Schrotflinte oder Mahlzeiten für mehr Ausdauer beim Flüchten her. Die kurze Haltbarkeit gefundener Gegenstände wirkt etwas lächerlich: Der Flitzebogen vor der finsteren Gruft etwa zerbricht schon nach wenigen Schüssen.
Die selbstgebauten Spielzeuge wie diverse Schießeisen und Flinten sorgen dagegen für eine angenehm hohe Immersion. Das gilt vor allem mit den Index-Controllern und ihrem Finger-Tracking, funktioniert mit den Touch-Controllern der Rift S aber ebenfalls gut. Mal spannt man persönlich den Bogen, um erstaunlich genau zu treffen und den Pfeil wieder einzusammeln; später fummelt man in brenzligen Momenten sogar mit den eigenen Händen die Patronen in die Revolvertrommel, um einem bedrohlich nahen Zombie gerade noch rechtzeitig in den Schädel zu schießen.
Fieser Nahkampf
Ist die Munition alle, müssen es eben Hieb- und Stichwaffen richten, deren Gewicht in den Händen des eigenen Normalo-Charakters authentisch schwer wirken. Ein großes Brett mit Nagel oder eine mit Stacheln bewehrte Keule muss erst einmal langsam mit zweihändigem Griff Fahrt aufnehmen, bevor es die Höhe eines Schädels erreicht. Dann lassen sich die aufdringlichen Walker aber gut auf Abstand halten. Brenzliger wird es mit kurzen Klingen oder Schraubendrehern. Zuerst muss der Kopf des Untoten im passenden Moment mit einer Hand erfasst werden, um die Klinge schließlich mit der zweiten Hand wieder und wieder in den Kopf zu rammen. Ein ausgesprochen nervenaufreibendes Manöver! Das Messer könnte schließlich jederzeit brechen, wenn man nicht vorher seinen Zustand überprüft hat. Und dann rückt einem der Untote in VR deutlich näher und unangenehmer auf die Pelle, als man das aus „flachen“ Horrorspielen am TV gewohnt ist.
Etwas hakelig
Aufgrund der nervösen KI funktioniert das Anschleichen ans Versteck im Brunnen dahinter allerdings denkbar schlecht. Die unberechenbaren Wachen werden meist trotzdem aufmerksam und rennen danach wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen durcheinander. Mal können sie durch massive Wände sehen oder schießen - in einem anderen Moment erkennen sie mich sogar dann viel zu spät, wenn ich schon direkt vor ihrer Nase stehe und ihnen aus nächster Nähe einen Pfeil in den Schädel jage.
Hirntot oder nicht?
Auch die detailverliebte Kulisse trägt ihren Teil zur Präsenz bei. Die kleinen Stadtteile ähneln sich visuell zwar stark, aber aus der Nähe aber punkten die verrümpelten Flure mit fein gemaserten Holzanrichten, unheimlichen Graffiti und persönlichen Hinterlassenschaften. Freunde von verlassenen Orten kommen hier auf jeden Fall auf ihre Kosten! Besonders beeindruckend wirkt die Kulisse, wenn ich sie mit der GeForce 2080ti und ein wenig Supersampling auf dem breiten Sichtfeld der Valve Index vor Augen habe. Auf der nicht so leuchtstarken Rift S war es zunächst viel zu dunkel, was sich aber gut mit dem Helligkeitsregler ausgleichen ließ. Außerdem dürfte die niedrigere Auflösung des Oculus-Headsets bei schwächerer Hardware helfen. Zur Not lässt sich die Grafik übrigens in zahlreichen Facetten herunterregeln oder automatisch passend einstellen. Auch für Komfort-Optionen wie die graduelle Vignette gibt es diverse Optionen. Mein Magen hatte mit der Standard-Einstellung fast nie Probleme, Kollege Ben musste dagegen schon nach kurzer Zeit aufhören, da keine alternative Fortbewegung per Teleportation angeboten wird.
Fazit
Ich kenne kaum ein Spiel, in dem mir die Gegner so viel Respekt einflößen wie in The Walking Dead: Saints & Sinners! In VR kommen mir die untoten „Walker“ nicht nur unangenehm nah, sondern lassen sich zudem leider nur unzuverlässig abschütteln. Die knappen Ressourcen und der Fokus aufs Crafting sorgen ebenfalls für Spannung auf den Beutezügen durch das detailverliebt inszenierte New Orleans. Auch das Schwingen und Nachladen der schweren Waffen trägt zum authentischen Gefühl bei – auf der Index sogar mit Finger-Tracking. Der Survival-Trip hat allerdings deutliche Schattenseiten wie das viel zu kurze Tutorial, welches nicht einmal fiese Details wie die verseuchte Nahrung mit ihrem Schaden auf Zeit erklärt. Allgemein präsentiert sich das Spiel vielerorts sperrig, z.B. beim übertrieben harschen Speichersystem oder wenn die eigene Figur unverschuldet beim Klettern hängen bleibt. Noch unfertiger wirkt das konfuse Verhalten der lebendigen KI-Krieger, welches sorgsam geplante Schleich-Touren zunichte macht. Sie rennen nicht selten wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen durcheinander oder lassen sich aus nächster Nähe abschießen. So lange man es nur mit den schlurfenden Untoten zu tun hat (die erstaunlicherweise weniger hirntot agieren), entfaltet sich bei der Erkundung der verfallenen Anwesen aber ein angenehmer Nervenkitzel. Wer es actionreicher mag, sollte sich lieber The Walking Dead Onslaught VR von Survios vormerken, welches im dritten Quartal erscheint.
Pro
- kniffliger Überlebenskampf erfordert behutsames Vorgehen und Planen
- gefährliche Zombies erzeugen starkes Bedrohungsgefühl
- sehr detailverliebte verfallene Kulissen
- stimmungsvolle englische Vertonung
- Handlung und Aufgaben passen zur Vorlage
- immersive Bewegungssteuerung mit Finger-Tracking
Kontra
- wichtige Mechanismen zu Beginn schwer durchschaubar und kaum erklärt
- sehr simple, teils richtig dämliche KI bei menschlichen Gegnern
- Gegner schießen und schauen durch Wände
- Abschütteln von Zombies funktioniert zu unzuverlässig
- zu strenges Speichersystem
- übertrieben kurz haltbare Gegenstände wirken unglaubwürdig
- keine deutsche Lokalisierung
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