Through the Darkest of Times - Test, Taktik & Strategie, Switch, PlayStation4, Mac, Android, XboxOne, PC, iPhone, iPad
Through The Darkest of Times ist ein wichtiger Titel - vor allem für die deutsche Spielkultur. Die Berliner von Paintbucket Games illustrieren mit dieser Management-Strategie einerseits den Blick einer kleinen Widerstandsgruppe auf den Aufstieg und die Verbrechen des Dritten Reiches zwischen 1933 und 1945.
Ein wichtiger Blick auf eine dunkle Zeit
Fraglos ist es 2020 so wichtig wie selten, einer jungen Spielergeneration die Unmenschlichkeit der Nationalsozialisten, den verbrecherischen Krieg und den millionenfachen Massenmord nahezubringen. Mit eindringlichen Dialogen, Entscheidungen und Illustrationen vermittelt Paintbucket Games die Entwicklung Deutschlands in den 30er Jahren dramatisch. Das große Bild von Machtergreifung, Massenaufmärschen, Bücherverbrennung und Angriff auf die Sowjetunion auf der einen, die Konflikte zwischen Demokraten und Nazi-Nachbarn, der Frage nach Mensch und Unmenschlichkeit im Kleinen auf der anderen Seite.
Das Leben im „Dritten Reich“ als Visual Novel
Die leider ausschließlich in Textform abgehandelten Dialoge sind gut geschrieben, um eine bedrückende Atmosphäre zu schaffen. Zusammen mit einfachen Illustrationen, die vor allem die Nazi-Insignien und Uniformen hervorheben, zeichnen die Entwickler ein überzeugendes Bild von Nazi-Deutschland aus der Sicht eines Regime-Gegners, der jederzeit den Verrat durch seine Nachbarn fürchten muss. Schon 1933 werde ich mit der mörderischen Brutalität der Nationalsozialisten konfrontiert, die sich 1936 zur Olympiade gemäßigt geben, während die Parteiführung weiter ihre Pläne zu Krieg und Vernichtung im Osten schmiedet. Auch gruppeninterne Querelen spielen eine Rolle, da sich nicht nur Kommunisten und Sozialdemokraten, sondern auch einzelne Konservative oder Monarchisten anschließen – und teils völlig andere Werte gegenüber Militär und Vaterland vertreten.
Spielkulturell wichtig – aber wie gut ist das Spiel?
Doch eine wichtige Frage, die ich hier bewusst erst spät beantworte, bleibt: Kann Through the Darkest of Times neben dieser unstrittigen kulturellen Relevanz auch als Spiel überzeugen? Und hier lautet die Antwort leider zu oft: nein.
Denn hauptsächlich verbringt man seine Zeit auf der Übersichtskarte von Berlin. Hier kann man, ähnlich wie bei einem Brettspiel, Aktionen durchführen. Diese reichen vom Anwerben neuer aktiver Mitglieder und Unterstützer sowie Spendensammlungen über den Druck von Flugblättern oder das Verteilen von illegalen Büchern hin zu spektakuläreren Aktionen wie Anschlägen oder Sabotage. Die Gruppenmitglieder haben Werte, die z.B. ihre Überzeugungskraft, Empathie oder Allgemeinwissen repräsentieren. Zudem haben sie Eigenschaften, die in bestimmten Situation Vor- oder Nachteil sein können – etwa wenn ein Mitglied als ehemaliger Gewerkschafter zwar guten Zugang zu Arbeitern hat, mit Akademikern aber eher weniger interagieren kann.
Der Widerstand als Brettspiel
Jede Aktion hat basierend auf Charakter-Werten und Eigenschaften eine Erfolgswahrscheinlichkeit sowie eine Gefahrenstufe. Werde ich z.B. bei nächtlichen Schmierereien von der SA erwischt, kann ich die Flucht antreten und die Aktion abbrechen, mich verstecken, um gegebenenfalls doch einen Erfolg zu erzielen, oder die Aktion durchzuziehen und dabei Festnahme, Verletzung oder gar den Tod von Gruppenmitgliedern in Kauf nehmen. Obwohl die Ergebnisse im Hintergrund anscheinend ausgewürfelt werden, ist die Erfolgsrate auch bei gefährlicheren Aktionen relativ hoch – bei umsichtigen Entscheidungen hatte ich nur selten Konsequenzen zu erdulden, die über ein „Wurde gesehen“ hinausgingen. Immerhin: Es gibt nur einen (automatischen) Speicherstand. Stirbt ein Gruppenmitglied oder löst sich die Gruppe wegen mangelnder Unterstützung oder fehlender Moral auf, bedeutet dies das Ende eines der ca. 4-5 stündigen Durchläufe.
Repetitive Routine
Dies erhöht immerhin das Level der Aufmerksamkeit der Gestapo, sodass ich meine Gruppenmitglieder in ein Versteck schicken kann, um die Behörden zu beruhigen. Auch gibt es Aktionen, die mit Entscheidungen zusammenhängen, die ich zuvor getroffen habe. Etwa, den jüdischen Bekannten nach dem Luftschutzbunker-Zwischenfall eine neue Bleibe zu suchen. Leider bleiben viele der Aktionen nur an der Oberfläche und werden eher spartanisch mit Texteinblendungen und simplen Bildern illustriert. Zudem werden viele Handlungen schnell sehr repetitiv. So schickt man die Gruppenmitglieder z.B. dauernd zum Spenden sammeln und ins Gespräch mit Arbeitern, Gewerkschaftern und sonstigen Unterstützern, um die Leisten für Moral und Unterstützung hoch- und die Gruppe damit zusammenzuhalten. Da die Ereignisse aber immer gleich ablaufen, werden die Grundaufgaben schnell zur Routine.
Ebenfalls rein spielerisch etwas demotivierend, an dieser Stelle aber natürlich historisch realistisch, ist die Tatsache, dass sich nichts am wesentlichen Verlauf der Geschichte ändern lässt. Egal wie viele Unterstützer ich versammeln kann, wie viele Informationen ich an die Alliierten liefere oder wie viele Bücher ich importiere: Mein lebensgefährlicher Widerstand hat zu keinem Zeitpunkt auch nur die kleinste Chance, das Nazi-Regime ins Wanken zu bringen. Umso wohltuender sind die kleinen zwischenmenschlichen Erfolge, wenn Menschen etwa in Sicherheit gebracht werden können oder man überzeugten Parteigängern Paroli bieten kann. Ein kommender Patch soll aber eine "alternative Zeitlinie" ermöglichen, in der man auch den Kriegsausgang beinflussen kann.
Fazit
Through the Darkest of Times ist ein wichtiges Spiel. Der Blick auf die bürgerliche Seite der Nazi-Herrschaft und die Inszenierung als Visual Novel mit Entscheidungen kann aufgrund der eindringlichen Texte und Beschreibungen überzeugen. Leider bleibt das an ein Brettspiel erinnernde, rundenbasierte Management der Widerstandsgruppe aber etwas hinter diesem Anspruch zurück. Viele Aktionen in Berlin wirken zu schnell zu repetitiv, während die Taktik und Gefahr an der Oberfläche bleibt – hier war auch spielerisch viel mehr möglich! So sehr die Dialoge auch ins Mark treffen, so sehr fehlt es an einer echten emotionalen Verknüpfung mit den Aktionen auf der Strategiekarte. Das ist schade, aber die Relevanz von Through the Darkest of Times für die deutsche Spielkultur bleibt bestehen.
Pro
- wichtiges Thema
- historische Ereignisse werden anschaulich verarbeitet
- gute Texte, effiziente Illustrationen
- interessanter, spielerischer Ansatz
- nur ein Speicherstand, "Permadeath"
Kontra
- Aktionen auf der Karte nicht tiefgehend genug
- fehlende emotionale Bindung an eigene Figuren
- repetitive Aktionen sind nötig
- insgesamt sehr einfache Kulisse
- keine Vertonung der Dialoge
Echtgeldtransaktionen
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