Nioh 2 - Test, Rollenspiel, PlayStation4, PlayStation5, PC

Nioh 2
10.03.2020, Jörg Luibl

Test: Nioh 2

Die Dämonen sind los

Zwar spielt Nioh 2 (ab 19,73€ bei kaufen) als Prequel zum Vorgänger auch im alten Japan des 16. Jahrhunderts, aber das ist kein "historisch korrektes" Samurai-Abenteuer. Ganz im Stile von Dark Souls inszenieren Team Ninja und Koei Tecmo eine düstere Welt voller monströser Fabelwesen und tückischer Magie. Dabei steht ein Held im Mittelpunkt, der selbst von den dämonischen Yokai abstammt, die es in fulminanten Kämpfen zu besiegen gilt.

Was passiert, wenn ein Land für so viele Jahre im blutigen Bürgerkrieg versinkt wie Japan zur Zeit der Streitenden Reiche? Die Grenzen zwischen der Welt der Menschen und jener der Dämonen verschwinden um das Jahr 1555. Zwischen all den Leichen und der Verwüstung schleichen plötzlich Monster umher, die ganze Areale mit einem rußartigen Schleier verunreinigen. Diese so genannten Yokai gibt es in vielerlei Gestalt, vom kleinen Kobold bis zum riesigen Ungetüm. Sie sind fast alle aggressiv und überaus bösartig, aber es gibt auch hilfsbereite und putzige Wesen, mit denen ihr sogar interagieren könnt - begrüßt sie mal oder schenkt ihnen etwas. Nioh 2 bildet das zwiespältige Wesen der japanischen Mythologie jedenfalls gut ab, zumal der Held selbst ein halber Yokai mit einem überaus prominenten Namen ist.

Die Fratze des Krieges

Toyotomi Hideyoshi (1537-1598) war als Samurai, Fürst und General einer der drei japanischen Reichseiniger und wurde später als Shinto-Gottheit verehrt. Er ist das Vorbild für den Helden in Nioh 2, der als Söldner und halber Yokai startet. Mehr zur Mythologie im alten Japan in unserem Video-Special.
Musste man in Nioh noch mit dem vorgefertigten Charakter William Adams losziehen, der als englischer Samurai berühmt wurde, darf man jetzt seine eigene Figur erstellen - zumindest äußerlich. Denn laut Story ist man nicht als anonymer Held, sondern in der Rolle von "Toyotomi Hideyoshi" als Söldner unterwegs. Der Name dürfte Geschichtsinteressierten bekannt sein, schließlich hieß so ein berühmter Feldherr der japanischen Sengoku-Periode, dessen Weg man hier quasi mit allen fiktiven Freiheiten nachspielt; siehe dazu den linken Infokasten.

Bei der Gestaltung lässt Team Ninja keine Wünsche offen: Egal ob Mann oder Frau, Statur, Gesicht, Frisur, Stimme oder Bewegungen - nahezu alles kann man in zig Facetten anpassen; dazu gehört auch die Wahl sowie die individuelle Behornung eines Schutzgeistes. So bestimmt man, in welchen der drei Yokai-Typen man sich zum Start verwandeln will; später kommen andere hinzu. Sie alle haben andere Attacken: Wildlinge (Feral) bevorzugen eher das Ausweichen und Zuschlagen, Rohlinge (Brute) setzen auf starke Nahkampfhiebe mit schweren Waffen und Phantome greifen vornehmlich mit Projektilen aus der Distanz an.

Schnitz dir deinen Samurai

In Nioh 2 könnt ihr einen männlichen oder weiblichen Helden selbst erstellen.
Wichtiger als die äußere Erscheinung sind allerdings die inneren Werte, zumal sie sich auf vieles andere statistisch auswirken. Ähnlich wie im Vorgänger oder Dark Souls 3 kann eine Erhöhung von z.B. Stärke, Mut oder Geschicklichkeit umgehend sowohl die Lebenspunkte als auch Traglast, Widerstände gegen Elemente oder den Schaden einer Waffe beeinflussen.

Und davon gibt es reichlich, zwei mehr als noch in Nioh: Vom Katana in mehreren Varianten, der Tonfa als Schlagstock im Doppel bis über den Speer, die exotische Kugarisama der Ninja, die als Sichelkette mit Gewicht geschwungen wird oder die neue Axt samt nützlicher Wurffunktion sowie die neue Sense könnt ihr euch in neun Waffengattungen spezialisieren. Auch wenn Nioh-Veteranen viele bekannte Bewegungen bemerken werden: Mit jeder Klinge ändern sich die Kampfmanöver und je nach hoher, mittlerer oder tiefer Haltung nochmal der Schaden, die Reichweite, das Ausweichen. Es macht richtig Spaß, schon mit leichten und schweren Hieben zu experimentieren, denn sie werden präzise ausgeführt, sobald man den Gegner als Ziel fixiert und in bekannter Manier umrundet. Aber Vorsicht: Die Zeitfenster für eigenes Ausweichen sind sehr gering und man muss bestimmte Konter zunächst freischalten, so dass man selbst von scheinbar einfachen Feinden schnell zu Yokai-Futter verarbeitet wird.

Freie Kampf- und Charakterentwicklung

In welchen Yokai wollt ihr euch verwandeln?
Erst die fortgeschrittenen Techniken sorgen für komplexere martialische Faszination mit reichlich Martial-Arts-Flair. Sie verbergen sich in eigenen Talentbäume für jede Waffe: Wer hier nach einem Levelaufstieg (oder dem häufigen Gebrauch einer Klinge bzw. einer Fähigkeit) Punkte investiert, schaltet neue passive Boni oder aktive Bewegungen und Kombinationen frei, die in kurzen Videos vorgestellt werden - sehr vorbildlich. Selbst diese einzelnen Talente kann man teilweise nochmal aufwerten! Zwar werden einige Freischaltungen erst nach dem Meistern einer Mission verfügbar, aber hier entsteht von Beginn an eine angenehme Qual der Wahl in der freien Kampf- und Charakterentwicklung. Wer Lust auf Feintuning hat, kann sich so richtig austoben. Keine Angst vor dem "Verskillen": Sobald man den Schmied freischaltet, kann man gegen Gold alles neu verteilen.

Das Schöne ist, dass man seine Entscheidung direkt in einem der brachialen Gefechte spürt, wenn man eine elegante Parade mit Seitwärtsschritt, einen doppelten Axtwurf oder den akrobatischen Speersalto ausführen kann. Es gibt ja keine festen Klassen, aber hinzu kommen mit Samurai, Ninja, Gestaltwechsler und Magier vier berufliche Talentbäume mit weiteren nützlichen Freischaltungen: Die Attacke von hinten, Shuriken, Feuerbomben, Trittfallen und Katzenläufe, diverse Verzauberungen für Waffen, aber auch ganz wichtige Ki- und Regenerationsfähigkeiten sowie die Weiterentwicklung der dämonischen Verwandlung sowie der Schattenreich-Talente als Yokai. Und genau damit verändert sich das Kämpfen spürbar gegenüber dem Vorgänger.

Zwar kann man mit dem Ausweichen, Parieren und Zuschlagen viele Feinde besiegen, wobei man wie schon im Vorgänger seine Ki-Anzeige beachten muss, die Ausdauer darstellt: Wer wild um sich schlägt, steht plötzlich schnaufend vor seinem Gegner und ist wehrlos. Umso wichtiger ist es, auch den Ki-Impuls über R1 einzusetzen, sobald man ein blaues Glimmen nach dem Schlag sieht, denn das füllt nicht nur die eigene Ausdauer auf, sondern beseitigt den schwarz wabernden dämonischen Schmutz, der den eigenen Helden schwächt.

Im Angesicht des Dämons

Aber es gibt eine neue und weitaus größere Gefahr in Nioh 2: Sobald die Feinde rot glühen, um sich für eine Wuchtattacke vorzubereiten, manchmal sogar erst kurz vor ihrem Tod, ist doppelte Vorsicht angesagt. Denn hier hilft kein normaler Block gegen die folgende Raserei. Was tun? Bei gegnerischen Banditen und kleineren Yokai reicht es meist aus, sich schnell etwa ein Dutzend Schritte zurückzuziehen, denn die Kräfte zehrende rote Attacke endet irgendwann - der Feind ist erschöpft und man kann selbst zuschlagen.

Es gibt drei Anzeigen in Nioh 2: Die blaue Leiste stellt euer Leben dar. Die grüne Leiste stellt Ki bzw. Ausdauer dar. Die lila Leiste stellt Anima dar, das ihr für den Wuchtkonter sowie die Yokai-Zauber des aktiven Schutzgeistes benötigt.
Aber bei mittleren und größeren Yokai hilft nur eines: der neue Wuchtkonter, der sich je nach Form etwas im Timing unterscheidet, denn die Wildlinge müssen ihn z.B. etwas früher einsetzen, da sie ein Spiegelbild hinterlassen. In den anderen Formen muss man abwarten, bis sich das Monster in seiner roten Aura auf einen stürzt, um dann kurz vor dem Treffer über R2 und Kreis so spektakulär zu kontern, dass man selbst zu einem fatalen Hieb ansetzen kann. Wenn das gelingt, ist das unheimlich befriedigend! Normale Feinde sind meist sofort tot, aber gegen mittlere und große Bosse reicht das einmal noch nicht, denn man muss erstens seine mächtige Yokai-Magie und zweitens seinen Gestaltwechsel clever einsetzen, um vor allem die Ki und schließlich sein Leben in längeren Gefechten zu dezimieren. Dabei setzen die meisten Bosse selbst ihre Zauber ein, lassen z.B. Feuersäulen auf einen zuwirbeln oder teleportieren sich in den Rücken. Hier heißt es: immer in Bewegung bleiben, heilen und buffen!

Neun Waffengattungen und dazu die Wege des Samurai, Ninja, des Gestaltwandlers sowie der Magie warten auf euch.
Wie funktioniert das mit der eigenen Yokai-Magie? Schon früh findet man die neuen Seelenkerne als pochende Herzen bei besiegten Yokai, die man einem seiner Schutzgeister einpflanzen kann, um danach Spezialattacken über R2 plus Kreis sowie Viereck auszuführen: So verwandelt man sich kurz in einen Dämon, um z.B. in die Luft zu springen und Speere zu werfen, seine Feinde zu zermalmen, sie als Fellknäuel umzurollen, ihnen Blut auszusaugen, selbst Feuersäulen zu entfachen oder mit einer riesigen Keule zuzuschlagen. Übrigens: Gleiche Seelenkerne kann man zu höherwertigen verschmelzen oder für Talentpunkte auflösen, um seine Gestaltwechsel-Fähigkeiten zu verbessern - unterm Strich sind diese Implantate eine sehr gute Ergänzung, weil sie taktisch bereichern und zum Experimentieren einladen.

Seelenkerne und Verwandlungen

Unter dieser Brücke sieht es giftig aus...
Noch spektakulärer als einer dieser "Zauber" ist jedoch die komplette Verwandlung in einen Yokai, wofür man über Kämpfe genug Amrita gesammelt haben muss - dann leuchtet das Wappen des Schutzgeistes. Danach hat man zwar keinen Zugriff auf seine als Mensch benutzten Klingen, aber dafür kann man je nach gewählter Gestalt die dämonischen Spezialbewegungen und - angriffe ausführen, die sowohl im Nah- als auch Fernkampf unheimlich effizient sind; zudem kann man seine Waffe aufladen. Zwar läuft die Zeit zunächst recht schnell ab, aber man kann ja auch seine Metamorph-Talente weiter ausbauen. Gerade über diese dämonischen Aspekte gewinnen die Kämpfe in Nioh 2 gegenüber dem Vorgänger angenehm frische Impulse. Hinzu kommt natürlich die brachiale Note mit den herrlichen Finishern, die bei all der Taktik und Magie immer noch für reichlich blutiges Hack&Slay-Flair sorgen.

Der Schwierigkeitsgrad lässt sich übrigens nicht wechseln und der Anspruch ist knackig: Ihr werdet also häufig sterben. Nicht umsonst bezeichnete Game Director Yosuke Hayashi diesen Nachfolger als "Sengoku Yokai Masocore", wobei man Letzteres in Japan auch statt "Soulslike" verwendet. Nioh 2 bietet aber eine sehr faire Verteilung von Schreinen, an denen ihr nach dem Sterben aufwacht und euch mit wertvoller Ausrüstung versorgen könnt: Man spendet z.B. nicht benötigte Waffen, um dafür mehr Heiltränke, magische Pfeile, Magie fürs Schwert oder die wichtigen Tonschalen für eine Beschwörung zu bekommen. Gerade die Langbögen und Feuerbüchsen sorgen bei Kopftreffern für sofortigen Tod oder zumindest reichlich Schaden; auch Kanonen sind als dritte Fernwaffengattung dabei. Alle besitzen zwei Munitionstypen, wobei z.B. die magischen Pfeile effizient die Ki eines Yokai dezimieren.

Eine Frage der Balance

Im Kampf geht es schnell, bunt und zerstörerisch zur Sache.
Noch etwas hilft: Denn hinzu kommen bei aktivierter Online-Verbindung sehr häufig die neuen blauen Seelengräber, an denen ihr zum Teil hochstufige KI-Kämpfer beschwören könnt, die quasi Kopien derjenigen Spieler sind, die das anbieten - wenn ihre Avatare gerufen werden, bekommen die Spieler eine kleine Belohnung. Sie begleiten euch nicht nur bei normalen Kämpfen, teilweise über lange Strecken bis sie sterben, sondern bis hinein in die Bossarenen: Und damit sorgen sie - trotz einiger selbstmörderischer Laufwege in Feuer - für wertvolle Unterstützung oder zumindest so viel Irritation und Ablenkung, dass ihr euch auf eure Yokai-Fähigkeiten und die Verwandlung konzentrieren könnt. So ist Nioh 2 unterm Strich nicht ganz so hart wie Sekiro: Shadows Die Twice - wobei man auch hier je nach Boss differenzieren müssen, denn letztlich werdet ihr auch hier zig Tode sterben.

Allerdings liegen Dark Souls 3 sowie das Ninja-Abenteuer von From Software in einem anderen Bereich klar vorne: dem Weltdesign. Zwar hat sich Nioh 2 gegenüber dem Vorgänger verbessert, was z.B. die Verknüpfung der Story durch hochwertige filmische Sequenzen betrifft: So trifft man als Halb-Yokai irgendwann auf mehr oder weniger begeisterte Gefährten, darunter eine Yokai-Jägerin. Außerdem gibt es eine an Bloodborne erinnernde Stelle, als man in einem Dorf mit einem verängstigten Bewohner spricht, der sich in seinem Haus versteckt. Aber es bleibt bei interessanten Facetten und Ansätzen, das alte Japan scheint aufgrund der Ereignisse zur Zeit der Streitenden Reiche und religiöse Shinto-Elemente wie der wichtige Aspekt der Reinheit immer wieder durch, aber es wirkt nicht wie ein harmonisches Ganzes. Die Erzählung plätschert lange Zeit  so vor sich hin und auf der Karte schaltet man immer mehr Orte neben seinem Hauptquartier frei, die als Haupt- oder Nebenquest markiert werden und in mehreren Levelstufen nochmals besucht werden können. Gerade die Missionsbeschreibungen von Fürsten, Angriffen und seltsamen Vorkommnissen wirken eher wie Stückwerk, so dass keine besonders starke Sogwirkung entsteht, selbst wenn es letztlich darum geht, das alte Japan als Fürst so zu einen, wie es verbürgt ist. Nioh 2 wird seinen Kampfspielplatz-Charakter aber trotz dieses epischen pseudohistorischen Ansatzes nie so richtig los.

Spielwelt und Erkundung

Der sieht so klein aus...

...aber er kann euch in null Komma nichts fertig machen.

Die Vertikalität sowie Verknüpfung der Areale ist besser gelungen als in Nioh. Man ist also öfter in höheren Etagen bis unter das Dach unterwegs, es gibt nicht nur unheimlich im Nebel kauernde Dörfer und verwinkelte, teils brennende Festungen, sondern auch finstere Katakomben und fast unwirkliche anmutende Höhlen von riesigem Ausmaß. In all diesen Kulissen schaltet man häufig über Leitern, die man hinab tritt, oder entriegelte Tore nützliche Abkürzungen frei, so dass die Schreine nie all zu fern sind - kein Vergleich zu den langen Wegen in Dark Souls. Vorsicht übrigens: Man kann nicht schwimmen, jeder Sturz in einen Fluss ist tödlich. Zwar gibt es keine nennenswerten Rätsel, aber immerhin wird die Erkundung durch kleinere Interaktionen aufgelockert, wenn man mit Wassertrögen z.B. ein Feuer aus der Höhe löscht, um später an dieser Stelle an eine Kiste zu gelangen. An Brunnen kann man per Schlag aufs Seil etwas aus dem Schacht erbeuten oder hinter Fässern einen Geheimgang finden. Und es gibt angenehm putzige oder auch böse Überraschungen: Was will der kleine lila Kobold bloß von mir haben? Kann man diese Katze wirklich streicheln? Oder man erkennt in einer Wand zwei Löcher, geht einen Schritt näher und sieht plötzlich zwei rot glühende Augen dahinter, bevor ein riesiger Yokai alles plattwalzt. Selbst Schatztruhen können fiese Fallen sein, aus denen etwas heraus springt! All das erinnert Soulsveteranen natürlich an viele vergangene Abenteuer, aber es erreicht nicht diese magische Faszination.

Denn trotz dieser lobenswerten Elemente wirkt die Welt mit ihren künstlichen hüfthohen Grenzen, die der Held nicht überklettern darf, deutlich statischer als jene in Sekiro, in der man über den Greifhaken natürlich eine ganz andere vertikale Dynamik spürte, besser integrierte Schleichelemente in der Landschaft nutzen konnte und in der es mehr sowie größere Patrouillen gab, deren Wege man auskundschaften konnte. Hier verharren viele Feinde an bestimmten Plätzen, aber dennoch ist es schön, dass man auch diese umgehen kann, zumal gerade all jene, die Ninja-Fähigkeiten entwickeln, auch lautlos und unbemerkt vorgehen können. Es gibt kleine Verhaltensfehler, dass z.B. manche Feinde an Leitern verharren, sich dumm ins Feuer begeben oder Yokai unbedrängt in die Tiefe hüpfen, so dass man sich aus der Höhe auf sie stürzen kann.

Eine Klasse unter Sekiro

Auf einer Japankarte wählt ihr die nächste Mission.

Auch die Technik muss Federn lassen: Zwar ist es lobenswert, dass man auf der PlayStation 4 Pro selbst mitten im Spiel zwischen einem Actionmodus für eine höhere Bildrate bei 60fps sowie hübscherer Kulisse bei 30fps wählen kann - auch eine dynamisch wechselnde Variante ist aktivierbar. Aber selbst im Actionmodus läuft es nicht immer ganz sauber und auch im Grafikmodus hat die Engine ihre Probleme mit hässlichen Flackerschatten sowie einigen Texturen; manche Ecken in Dörfern oder bei Herrenhäusern wirken sogar fade. Die Sichtweite ist in Ordnung, es gibt einige idyllische Ausblicke, vor allem die Ausrüstung einiger einzigartiger Waffen und Panzer sieht sehr gut und das Monsterdesign sowie die Verwandlungen sehen sogar klasse aus. Aber so richtig beeindruckend wirkt die Landschaft nicht - da hat man auf der PS4 schon Besseres gesehen.

Wo bin ich? Manche Yokai verschlingen einen mit Haut und Harren...


Zu viel Beute, überflüssiger Schmied

Die große Stärke von Nioh 2 ist einerseits die Freiheit in der Charakterentwicklung, andererseits diese Fülle an Waffengattungen und Manövern. Auch das Experimentieren mit den Seelensteinen für die Yokai-Fähigkeiten macht richtig Laune. Und was ich bisher gar nicht erwähnt hatte: Das weitere Verbessern von Ki-Regeneration, Heilrate sowie zig Yokai-Fähigkeiten durch das Investieren von Punkten, die man für zwei getrennt berechnete Ränge im Kampf gegen Menschen (Ungyo) sowie Dämonen (Angyo) erhält. Dabei geht es zwar meist nur darum, eine gewisse Anzahl an Feinden auf spezielle Art erledigt zu haben, aber so verbessert man ebenfalls permanent einige wichtige Werte!

Die Komplexität oder das Freischalten über zig Aktionen ist nicht das Problem. Allerdings hat es Team Ninja bei der Beute erneut maßlos übertrieben, denn es kommt zu einem ständigen Tausch: Man findet so viele Klingen, Rüstungen, Gegenstände, Zutaten & Co, dass das Inventar fast im Minutentakt mit neuem Kram in vier Seltenheitsstufen von Weiß bis Lila gefüllt wird und man letztlich weit scrollen muss, um den Überblick zu behalten. Zwar gibt es komfortable Sortier- und Vergleichsoptionen, außerdem freut man sich natürlich darüber, dass man so viel davon an Schreinen gegen göttlichen Reis und den wiederum gegen sehr nützliche Dinge tauschen kann - also: der spielinterne Wirtschaftskreislauf funktioniert. Motivierend sind auch seltene Sets, die je nach Anzahl der getragenen Teile (Fuß, Hüfte, Körper, Arme, Kopf) besondere Boni freischalten.

Die Haltungen tief, mittel und hoch  sind immer noch wichtig.

Aber die Ausschüttungsrate erinnert an Diablo, man grast quasi ständig Beute ab und wechselt seine Waffen. Dabei war für die Samurai dieses eine Schwert heilig! Das hatte man ein Leben lang - und weiter vererbt. Nicht falsch verstehen: Das ist natürlich kein Kritikpunkt am Abenteuer an sich, zumal man die Anzeige der Beute in den Optionen auch auf Seltenheitsstufen reduzieren kann, aber es soll dieser absurden Durchflutung auch mal den Spiegel vorhalten. Selbst in Sekiro wechsle ich ja die Klingen, aber nur nicht so oft. Und als ich endlich den Schmied freigeschaltet hatte, wirkte das - im Gegensatz zur Soulsreihe mit ihrem besseren Veredlungsprinzip - alles irgendwie überflüssig: Obwohl ich da theoretisch ganz neue Klingen und Rüstungen in allen Seltenheitsgraden erstellen, dazu alte kombinieren und stärken kann, brauchte ich das nicht wirklich. Warum? Weil ich zu dem Zeitpunkt schon mächtige Waffen mit maximaler Vertrautheit hatte, mit denen ich sehr gut zurechtkam - bis es irgendwo und irgendwann die nächsten coolen Klingen gab.

Man darf ja auch nicht vergessen, dass man im Kampf gegen die roten Seelengeister recht früh starke lila Klingen sowie Helme etc. erbeuten kann. Zwar sind diese Gegner sehr garstig, weil sie auch kontern, sich heilen und einen umgehend nach der Beschwörung verfolgen, aber letztlich kann man sie doch recht einfach besiegen, wenn ihr Level nicht all zu weit über dem eigenen liegt. Hinzu kommen irgendwann die legendären, teils verfluchten Yokai-Waffen, die nicht nur Vertrautheit entwickeln, sondern die man quasi mit Macht aufladen kann, bis sie glühen - man erhält sie fast parallel zur Freischaltung des Schmieds, so dass seine Dienste überflüssig erscheinen. Wer braucht Meister der Anfertigung, wenn es so viele Waren gibt?

An Schreinen kann man sich heilen, aufsteigen und tauschen.


Kooperatives Gemetzel

Schon in Nioh konnte man kooperativ zu zweit online spielen, was allerdings zu einem recht leichten Gemetzel ausartete und nicht  besonders spannend war. Diesmal bietet Team Ninja zwei Modi, in denen man auch zu dritt losziehen kann, wobei man mehr und stärkeren Feinden begegnen soll, was ich aber nicht immer nachvollziehen konnte. Dafür müsst ihr übrigens  in eurer Hütte sein, die ihr nicht direkt aus dem Hauptmenü, sondern nur nach erfolgreich abgeschlossenen Missionen auf der Karte betreten könnt, ebenso wie übrigens das Dojo für Tutorialkämpfe oder Galerien zum Betrachten der Yokai.

Alle Werte haben multiple Auswirkungen.
Über die Torii-Pforte öffnen sich die beiden Online-Modi "Expeditionen" und "Zufallsbegegnungen", wobei ihr Letztere erst freischalten müsst. Ihr könnt in den Expeditionen entweder über eine Schnellsuche beitreten oder selbst einen Raum erstellen, dabei die Mission aussuchen (muss vom Host freigeschaltet sein) und zwei Fremde oder Freunde samt Passwort für privates Spiel einzuladen. Das funktioniert auch komfortabel.

Neu ist eine blaue Helfen-Anzeige, die für das gesamte Team quasi eine begrenzte Wiederbelebungsenergie darstellt und die bei jedem Tod sinkt. Man kann sich bei genug Energie selbst auferstehen lassen oder, was besser für das Auffüllen der Anzeige ist, von einem Freund an Ort und Stelle geheilt werden. Sehr sinnvoll ist übrigens, dass alle eigene Beute sammeln und dass es auf dem Weg zum Boss kein Game Over für alle gibt, wenn einer stirbt - so kann auch der letzte Überlebende des Trios für alle den Sieg einfahren.

Fazit

Nioh 2 ist ein sehr gutes Kampf-Abenteuer für alle Freunde von Dark Souls, Sekiro & Co. Vor allem die freie Charakterentwicklung sowie die vielen Spezialisierungen hinsichtlich der Kampfmanöver sorgen für langfristige Motivation. Jede der neun Waffengattungen fühlt sich anders an, hinzu kommen nützliche Samurai-, Ninja- und Zauber-Techniken. Natürlich steckt hier noch viel vom Vorgänger drin - aber der hatte ja auch im Kampf eine klasse Substanz! Dass sich das jetzt trotzdem frischer anfühlt, liegt an den coolen Yokai-Fähigkeiten inklusive dämonischer Verwandlung, Spezialattacken und dem brachialen Wuchtkonter. Die herrlichen Finisher sorgen zudem für reichlich blutiges Hack&Slay-Flair, außerdem bietet Team Ninja mehr Abwechslung in den Arealen und mit den blauen Ki-Kämpfern eine kooperative Erleichterung. Leider gibt es immer noch viel zu viel Beute und die pseudohistorische Story kann keine Sogwirkung entfachen. Hinsichtlich Weltdesign, Erkundung und Dynamik erreicht man nicht die große Klasse eines Dark Souls 3 oder Sekiro: Shadows Die Twice, das übrigens deutlich schwieriger ist. Zudem gibt es trotz lobenswerter Wahl zwischen Bildrate und Kulisse auch technische einige Defizite. Aber nach The Surge 2 ist endlich ein weiteres unterhaltsames Abenteuer für Soulsfans erhältlich, das weit mehr als 40 Stunden fordert. Ich bin jetzt sehr gespannt, ob und wie Elden Ring diese Art des Action-Rollenspiels bereichern kann.

Ihr braucht ein paar Tipps für den Einstieg? Zum Guide als Text oder zum Guide als kürzeres Video.

Pro

  • frisches Spielgefühl gegenüber Nioh
  • gnadenloses Abenteuer im Dark-Souls-Stil
  • dynamisches Kampfsystem mit Haltungswechsel
  • tolle Yokai-Verwandlungen und -Fähigkeiten
  • mehrere Talentbäume erlauben Spezialisierungen
  • große Auswahl an Waffen und Bewegungen
  • cool: Begrüßungen, Gestik etc. wirken sich aus
  • Leveldesign mit mehreren Etagen und Abkürzungen
  • einige Geheimnisse und putzige Momente
  • knackige, packend inszenierte Bosskämpfe
  • KI-Gefährten erleichtern das Spiel deutlich
  • Ausrüstung modifizieren und verbessern
  • sehr umfangreiche Erstellung eigener Spielfigur
  • Charakterentwicklung wirkt sich sofort aus
  • faires Verkaufs-, Opfer- und Tauschsystem
  • Wahl zwischen Performance- oder Grafikmodus
  • vorbildliche Optionen für Anzeige, Steuerung & Co
  • auch Beute optional ist ausblendbar
  • Online-Modi für kooperatives Spiel zu dritt
  • mehrere Speicherstände für unterschiedliche Figuren

Kontra

  • viel zu viel Ausrüstung und Beute
  • manchmal Bugs in der KI-Wegfindung (Leitern, Feuer)
  • Story plätschert lange Zeit vor sich her
  • technische Schwächen (Schatten, Texturen)
  • hüfthohe Hindernisse hemmen Erkundung
  • Held kann nicht schwimmen oder klettern
  • kein Zugriff auf Yokai-Kompendium während Mission
  • generell zu kleinteiliges und wirres Crafting
  • fast überflüssiger Schmied

Wertung

PlayStation4

Nioh 2 ist ein sehr gutes Kampf-Abenteuer für alle Freunde von Dark Souls, Sekiro & Co.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt keine Käufe.
  • Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.
Kommentare
LeKwas

Zuletzt mal wieder angeworfen, und das Kampfsystem ist imho noch immer unerreicht, es wischt wirklich mit ausnahmslos allem anderem da draußen den Boden auf.
Anfangs wirkt es stark überladen wegen der Unmengen an Funktionen und Unterfunktionen, wenn man sich aber durchbeißt und reinfuchst, dann wird man mit einem enormen Maß an Tiefgang belohnt und es spielt sich wie gebuttert, und man benutzt im laufenden Kampf fliegend zig Haltungswechsel + Yokai-Skills + Onmyo/Ninjutsu + Ki-Moves alle im Tandem.

Auch die Waffen spielen sich alle völlig unterschiedlich und haben alle ihre besonderen Eigenheiten, die einen erlauben Haltungswechsel in der laufenden Kombo, andere erlauben Endloskombos und Ausweichen via Ki-Bursts, andere erlauben defensive Spielstile via Parieren und co., wieder andere erlauben während ner Kombo den Sprung über und hinter nen Gegner für Extraschaden von der Flanke usw. usf.

Toll ist auch, wie TeamNinja diesem aus Soulslikes sonst üblichem Ausdauersystem nen ganz eigenen Anstrich verpasst hat. Man muss nicht warten, bis sich der Ki-Balken für weitere Aktionen wieder von alleine erholt hat, Ki-Bursts dazwischen erlauben spezielle Manöver, und wenn man nen Yokai-Skill oder Onmyo/Ninjutsu benutzt, dann erholt sich der Ki-Balken während der Animation. Wenn man also Kombo und Yokai-Skills und Onmyo/Ninjutsu aufeinander abstimmt, kann man quasi je nach Waffenart ununterbrochen aggressiv draufkloppen.


Gibt aber auch Aspekte, die stark verbesserungsbedürftig wären, wie bpsw. das Balancing. Während zum Beispiel Reinigung als Elementartyp gegen ausnahmslos alle Gegnertypen funktioniert, ist man gerade mit Feuer oft aufgeschmissen, da begegnet man ständig Gegnern mit superhohen Resistenzen oder gar Immunitäten.

Zuletzt bearbeitet vor einem Jahr

vor einem Jahr
NagumoAD

Ich fand das Spiel bis jetzt nicht sonderlich schwer dafür das es sich Masocore Action RPG nennt, aber was die einem nun plötzlich kurz vor (wahrscheinlich) Ende vorsetzen ist echt ne Frechheit !

edit: Erledigt. Trotzdem ein K(r)ampf dieser Boss.
Das Spiel ist wie Diablo konzipiert, d.h. eigentlich ist sowieso erst auf Way of the Nioh das tatsächliche Endgame angedacht. In Diablo ist es ja auch auf Normal super simpel und später dann herausfordernd. Aber im direkten Vergleich mit DS empfinde ich Nioh auch wesentlich schaffbarer (also auf Normal), aber evtl. liegt es mir einfach mehr. Ich hatte wie im ersten Teil am meisten Probleme grade mit dem zweiten Boss. Den legt man dann später mal so nebenbei als "Zwischensnack" Den Endboss hatte ich beim zweiten Versiuch down.

Bin jetzt in NG+ und bisher ist es sogar noch einfacher, da ich aber auch einiges an Zeit in der Schmiede verbringen (ich liebe dieses System!!!). Allerdings merke ich jetzt im dritten Gebiet so langsam, dass es anzieht. Und auch das kommt mir sehr aus Diablo 1 und 2 (und 3 zum Release) bekannt vor. Auch da waren die ersten Dungeons, Gebiete auf Albtraum oder Hölle erstmal einfacher, aber ab MItte ging es dann bis Ende gut ab. Was habe ich mir die Zähne an den drei Barbaren auf Hölle ausgebissen

vor 4 Jahren
sabienchen.banned

Ich fand das Spiel bis jetzt nicht sonderlich schwer dafür das es sich Masocore Action RPG nennt, aber was die einem nun plötzlich kurz vor (wahrscheinlich) Ende vorsetzen ist echt ne Frechheit !
EZ. Git Gud!

vor 4 Jahren
Ernesto Heidenreich

Ich fand das Spiel bis jetzt nicht sonderlich schwer dafür das es sich Masocore Action RPG nennt, aber was die einem nun plötzlich kurz vor (wahrscheinlich) Ende vorsetzen ist echt ne Frechheit !

edit: Erledigt. Trotzdem ein K(r)ampf dieser Boss.

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
NagumoAD

Ich hatte Nioh erst Anfang des Jahres auf der PS4 als "Plus Umsonst" Spiel ausprobiert. Und man hat das Laune gemacht. Endlich mal ein Soulslike bei dem ich nicht ständig Down gehe. Teil 2 habe ich jetzt bis zum vorletzten Gebiet durch. Die vielen kleinen Änderungen machen das Spiel noch ein wenig runder. Vor Allem finde ich gut, dass einige DInge wie "+1 auf Ausrüstung" jetzt bereits im Normalen Schwierigkeitsgrad vorkommen können.
Mein erster Kritikpunkt ist das Levelrecycling. Da wurde mehr als einmal genau der selbe Levelaufbau aus Teil 1 einfach zu einer anderen Jahreszeit verwendet. Schon ein wenig grenzwertig, gerade weil ich die Level bereits 2 Monate am Stück generded hatte (Und kommt mir jetzt nicht mit der Story und das die Orte ja gleich sein müssen)
Der zweite Kritikpunkt ist, dass sie sich wirklich hätten mehr trauen dürfen, was neue Mechaniken angeht. Grade beim Missionsdesign hätte es mehr Abwechslung sein dürfen.

vor 4 Jahren