EQQO - Test, Action-Adventure, Switch, Android, VirtualReality
Sicher nicht zufällig hat Entwickler Parallel Studio das englische Wort für Ei mit dem Namen des legendären PS2-Abenteuers Ico verquickt. Das französische Team gibt das auf seiner Webseite auch unverwandt zu: Man habe sich von Studio-Ghibli-Poesie und den Werken Fumito Uedas inspirieren lassen. Verantwortlich für das Spiel zeichnen Ronan Coiffec als Game Designer und Sebastien Renard als Story-Schreiber - keine Unbekannten in der französischen Spielelandschaft, arbeiteten sie doch bereits gemeinsam an Life is Strange sowie dem starken Schwarz-Weiß-Grusel White Night.
Aus Ico wird EQQO
Mit seinen gedämpften Farben, der staksig laufenden Hauptfigur und den verfallenen Tempelanlagen erinnert EQQO auch optisch an Uedas wundervolle Playstation-Spiele Ico, Shadow of the Colossus und The Last Guardian. Anders verhält es sich mit der Geschichte: Halb Mutter-Kind-Märchen, halb Schöpfungsmythos erzählt EQQO von den Erlebnissen eines blinden Jungen, der ein riesiges Ei durch die Fährnisse maroder Tempelanlagen bugsieren muss - und es dabei auch mit einem Furcht einflößenden Dämon zu tun bekommt.
Von Android auf Switch
Begleitet von einer guten englischen Erzählstimme lotse ich den blinden EQQO zunächst über grüne Auen und lerne die grundlegenden (und überschaubaren) Interaktionsmöglichkeiten kennen: Wenn meine gottgleiche Cursorhand (was gut zum mythologischen Setting passt) an Säulen rüttelt, stürzen diese um und bilden Brücken. An anderer Stelle drehe ich mit dieser zeigenden Hand an Schaltern, finde Schriftrollen in Fässern oder werfe Steinchen, um Mechanismen auszulösen. Mehr als ein, zwei Minuten Nachdenken erfordert keiner der Räume in EQQO, meist wird des Rätsels Lösung sogar auf dem Silbertablett serviert. Das ist für erwachsene Spieler schade, hätten doch clevere Kopfnüsse den Mangel an Geschicklichkeits-Herausforderung kompensieren können. Auch das Durchschalten von mehreren Kamera-Punkten in jeder Szenerie ist mehr Schein als Sein - dadurch genießt man zwar viele hübsche Einstellungen, einen spielerischen Mehrwert stellt das Feature aber nicht dar.
God Game?
So entpuppt sich EQQO statt als ausgefeiltes Action-Adventure fast schon als bloßes Erzählspiel, dessen spielmechanische Komponenten vor allem Langeweile versprühen. Säulen umwerfen, EQQO laufen lassen, Schleuse öffnen, EQQO interagieren lassen, an Schalter drehen, EQQO zum Ausgang schicken. Raffinierter wird es nicht! Dieses Versäumnis kann auch die rührend erzählte, fantasievolle Geschichte nicht wettmachen, zumal ich eher eine Verbindung zur mythischen Welt spürte als zum Knaben selbst - vielleicht ja, weil ich ihn eben nicht direkt steuern durfte. Im Verlauf des circa vierstündigen Abenteuers gibt es dennoch schöne, interessante Momente: Ein gieriger Dämon trachtet nach dem Ei, streckt schon seine langgliedrigen Finger danach aus. An anderer Stelle muss EQQO sein Ei für eine Weile der Strömung eines unterirdischen Flusses überlassen. Und zwischendurch betätige ich mich immer wieder als Touchscreen-Archäologe: Wie in Journey, Abzu oder jüngst Spirit of the North geben hübsche Felszeichnungen einen vagen Einblick in die Mythologie der Spielwelt, wenn ich wie im PS-Vita-Abenteuer Uncharted: Golden Abyss per Wischfunktion den Schmutz der Jahrhunderte wegrubble.
Schöne Monotonie
Fazit
Gerne hätte ich EQQO mehr Spielspaß bescheinigt und es damit näher an seine großen Ueda-Vorbilder gerückt. Doch so bezaubernd die Legende von Schlangengott und Ei, von Mutter und Kind, von Dämon und Wiedergeburt erzählt wird, so blass bleiben die spielerischen Komponenten. Bei keinem der vielen Schalterrätsel muss ich ernsthaft nachdenken, nie verlangt das Spiel von mir Geschick beim Interagieren mit der Umgebung. Stattdessen klicke ich mich etwas gelangweilt von Raum zu Raum, lausche der Erzählstimme der Mutter und hoffe, dass das nächste Setting ebenso adrett ist wie das aktuelle. Dass ich für den circa vierstündigen Switch-Titel trotz seiner spielerischen Mankos dennoch eine „Schaut euch das ruhig mal an“-Empfehlung ausspreche, liegt an der Wohlfühl-Atmosphäre der Spielwelt und der Sehnsucht, endlich wieder in ein Bildschirm-Abenteuer Marke Ico oder The Last Guardian abtauchen zu können.
Pro
- verträumte Grafik und Stimmung
- interessanter Mythos
- gute Erzählstimme
- einfallsreicher, kleiner Spenden-DLC
- einige hübsch designte Räume mit Aufzügen, Schaltern und Treppen
Kontra
- Rätsel viel zu leicht
- generell seichtes Spielerlebnis
- indirekte Steuerung per Cursor etwas träge
- kurze, aber häufige Ladezeiten
- ein paar kleinere Bugs
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt einen 1-Euro-DLC, dessen Erlöse der Organisation WeForest zugutekommen.