Animal Crossing: New Horizons - Test, Simulation, Switch
Bevor der Inseltrip beginnt, bastelt man sich per simplem Editor ein Alter Ego im Mii-Stil und legt Name sowie Geburtstag fest. Danach entscheidet man, ob man lieber auf die Nord- oder Südhalbkugel will und wie die künftige Heimatinsel in etwa aussehen soll. Und schon bringt einen ein Flieger ans ersehnte Ziel, wo einen Reiseveranstalter Tom Nook persönlich begrüßt. Dann verteilen Nooks Gehilfen Nepp und Schlepp Zelte, für die jeder ein schönes Plätzchen wählt. Nach getaner Arbeit wird erstmal gegrillt und gefeiert.
Ab ins Flugzeug
Zum Auftakt befinden sich lediglich zwei weitere Aussteiger auf der Insel, mit denen man quatschen kann und die einander helfen. Später kommen weitere hinzu: manche nur als Besucher, während sich andere dauerhaft niederlassen. Darunter natürlich auch bekannte Gesichter aus früheren Teilen. Zwar ist die Insel selbst gar nicht so groß, aber ein Plätzchen für Neuankömmlinge findet sich meist trotzdem. Zur Not muss man halt ein paar Bäume fällen oder Felsen entfernen.
Heimwerker gesucht
Dazu benötigt man in der Regel allerdings Werkzeuge, die man per Werkbank selbst herstellen kann, sofern man im Besitz der dafür nötigen Materialien ist. Äste, Steine und Muscheln kann man einfach aufheben oder wie Früchte durch das Schütteln von Bäumen erlangen. Für Hölzer und Erze braucht man hingegen schon ein Beil, das sich mit der Zeit abnutzt und erneuert werden muss. Mit einer Angel kann man sogar Fische, mit einem Kescher Insekten und andere Kriechtiere fangen.
Wer hingegen Gartenarbeit bevorzugt, kann auch Setzlinge pflanzen und per Gießkanne tränken, damit sie auch bei trockener Wetterlage gedeihen. Die Anzahl an Werkzeugen nimmt stetig zu - ebenso wie die Zeit zum Wechseln selbiger. Später kann man seine Gerätschaften zwar auch über ein praktisches Ringmenü auswählen, aber leider bringt man auch dort nicht alle verfügbaren Utensilien unter.
Das Wachstum von Pflanzen und Früchten ist stark beschleunigt, die Uhren im Spiel ticken jedoch in Echtzeit: Wer also morgens spielt, erlebt auch New Horizons zur Morgenstunde. Und wer erst abends spielt, ist auch im Spiel während der Dämmerung unterwegs. Selbst der Wechsel der Jahreszeiten wird je nach gewählter Erdhalbkugel realitätsnah abgebildet. Nur Niederschlag erfolgt willkürlich, da keine Wetter- und Standortdaten abgeglichen werden.
Alles zu seiner Zeit
Wer Lust auf eine Schneeballschlacht hat, muss jedoch warten bis Winter ist - oder an der Systemuhr der Switch-Konsole drehen, denn nach der richtet sich auch das Spiel. Ob man sich in Geduld übt oder schummelt, bleibt einem selbst überlassen - ebenso wie die Bestimmung des Spieltempos, denn New Horizons übt keinerlei Zeitdruck aus. Man kann machen, was man will, so lange man will - und so schnell oder langsam man will. Selbst Kredite, die man z. B. zum Ausbau der eigenen vier Wände aufnimmt, haben keine Fristen. Wer überhaupt nicht zahlt, kann aber auch nicht weiter ausbauen.
Was es sonst Neues gibt, verkündet Tom Nook in täglichen Ansprachen oder per Schwarzem Brett, das man auch selbst für Mitteilungen nutzen kann. Ansonsten grast man Tag für Tag die Insel nach neuen Schätzen ab, sammelt Ressourcen, redet mit anderen Inselbewohnern, kauft ein, verscherbelt überschüssigen Kram oder beschäftigt sich mit Handwerk. Mit Rohstoffen und Fundstücken kann man nämlich nicht nur Werkzeuge herstellen, sondern auch allerlei Objekte für Haus und Garten erschaffen. Angefertigte Möbel kann man später sogar farblich umgestalten oder Kleidungsstücke mit selbst gemalten Motiven bedrucken.
Wer sucht, der findet
Erbeutete Insekten, Fische und Fossilien darf man übrigens dem örtlichen Museum stiften, das sich größer und imposanter als je zuvor präsentiert, aber auch vielen Ladeunterbrechungen unterworfen ist. Es gibt Aquarien mit Glastunneln, riesige Gärten und Schmetterlings-Pavillons sowie Ausstellungen zusammengesetzter Dinosaurierskelette, deren Knochen man persönlich mit der Schaufel ausgegraben hat. Wer will, kann sich von Eulenkurator Eugen sogar jeden Fund kurz erklären lassen - und das zu jeder Uhrzeit, auch wenn der insektenscheue Kauz eher nachtaktiv ist.
Doch egal wie motivierend das ständige Suchen und Sammeln auch verpackt ist, auf Dauer kann es trotzdem langweilig werden. Zwar zieht es einen immer wieder auf die Insel zurück, aber eher in kurzen Dosen. Immerhin versucht Nintendo mit regelmäßigen Events und Besuchern für Auflockerungen sowie Überraschungen zu sorgen. Hier und da kann man sogar kleine Quests wie das Aufspüren verschütteter Handy-Bauteile absolvieren.
Gegen die Routine
Außerdem entdeckt man immer wieder liebevolle Details wie korrekt funktionierende Uhren und Radios, bei Regen herauskommende Schnecken, von geschüttelten Bäumen herabfallende Wespennester oder andere Inselbewohner, die einem zuwinken, zuzwinkern oder zulächeln. Man kann sich sogar eine eigene Musiksammlung aufbauen und per Tonbandgerät abspielen. Überhaupt ist die Inszenierung ungemein charmant, da holen andere Insulaner bei Regen ihre Schirme raus, trällern vergnügt ein Liedchen, treiben Sport, gehen angeln oder versuchen von sich aus Kontakt zu knüpfen. Wer will, kann ihnen auch Geschenke machen, Emotionen zum Ausdruck bringen oder Briefe schreiben.
Hin und wieder wird sogar eine Flaschenpost angespült, die einem neben ein paar Zeilen meist auch Baupläne für neue Möbel oder Deko-Artikel beschert. Oder es fliegt ein Geschenke-Ballon vorbei, den man mit einer Schleuder vom Himmel holen kann. Auch fahrende Händler schauen regelmäßig vorbei oder eröffnen neue Läden. Mit gekauften Rüben, deren Preise täglich variieren, kann sogar spekuliert werden. Das recht knapp bemessene Inventar lässt sich zum Glück recht früh erweitern, während das Lager im eigenen Haus jede Menge Platz bietet. Es gibt sogar einen Verein, der Wohnungseinrichtungen bewertet und prämiert.
Der Mühe Lohn
Doch es gibt ein noch besseres Prämienprogramm: Nooks Bonusmeilen. Die erhält man für alle möglichen Leistungen und Errungenschaften, wodurch man immer wieder zu neuen Taten unterschiedlicher Form angespornt wird. Denn mit den Meilen kann man online Shoppen gehen und neben exklusiven Klamotten und Einrichtungsgegenständen z. B. auch Flugtickets erwerben, um andere Inseln zu besuchen, wo man zum Teil exotische Mitbringsel erhält.
Gespeichert wird automatisch sowie manuell - nur leider nicht in der Cloud, was bei Konsolenwechseln oder -beschädigungen natürlich von Nachteil ist. Zudem wird pro Konsole nur ein Spielstand bzw. eine Insel gespeichert, die sich dann alle Nutzer teilen müssen. Bei der Beutehatz bedeutet das: wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Allerdings kann man das auch positiv sehen, da man so auch Kräfte bündeln oder Aufgaben untereinander verteilen kann. Tauschhandel und Geschenke sind jedenfalls kein Problem.
Eine Insel für alle
Bis zu vier Spieler können sogar Seite an Seite unterwegs sein - egal ob mit geteiltem Bildschirm, Konsolen-Link oder online. Verständigen kann man sich per Text-Chat oder Gefühlsgesten, die man schrittweise von anderen Inselbewohnern lernen kann. Wer irgendwo hängt, kann per Handy eine Bergung per Helikopter anfordern. Darüber hinaus werden dort auch entdeckte Tierarten registriert, Baupläne und Designentwürfe gespeichert, Aufenthaltsorte anderer Inselbewohner angegeben, Aufgaben für Bonusmeilen aufgelistet, Mitspieler eingeladen oder Fotos geschossen - diverse Filter inklusive.
Bitte lächeln
Für Fotofans gibt es sogar ein spezielles Studio, in dem man verschiedene Kulissen und Möbel nutzen sowie per Amiibo-Funktion Statisten einladen kann. Bewegungssteuerung wird dazu allerdings nicht genutzt und auch Touch-Unterstützung gibt’s meist nur bei Texteingaben - dabei hätte die Bedienung auch an anderen Stellen deutlich davon profitieren können. Schade auch, dass man nicht wie in Monster Hunter endlich mal den Schritt gewagt hat, neben dem putzigen Kauderwelsch auch alternative Tonspuren mit realen Sprachen anzubieten. Gerade für jüngere Spieler wäre dadurch ein ganz anderer Zugang möglich gewesen. Die deutschen Texte sind allerdings klasse!
Ebenfalls lobenswert ist die jederzeit gut lesbare Schriftgröße, die auch vom Sofa aus oder im Handheld-Modus keine Lupe erfordert. Auch die Steuerung ist bis auf das zu kleine Ringmenü für Werkzeuge angenehm handlich, die grafische Präsentation mit ihrer gekrümmten Inseldarstellung und Zeichentrickfiguren sehr hübsch. Später kann man die Landschaft sogar eigenhändig umgestalten. Zuvor errichtet man Treppen und Brücken, um bei der Inselerkundung nicht immer auf mitgeführte Leitern und Sprungstäbe angewiesen zu sein.
Fazit
Mit Animal Crossing: New Horizons ist Nintendo ein unglaublich charmantes Inselabenteuer gelungen, von dem man sich nur schwer wieder lösen kann. Man erkundet, sammelt, baut, kommuniziert und bestimmt selbst das Spieltempo. Das neue Museum ist eine echte Augenweide, das meilenbasierte Prämienprogramm überraschend motivierend. Hier und da kann man sogar richtig kreativ werden. Zwar ist auch New Horizons ein Spiel, das auf lange Sicht durch seine vielen Wiederholungen langweilen kann. Doch Monotonie und Routine werden immer wieder durch besondere Ereignisse sowie Besucher aufgebrochen. Zudem entdeckt man viele liebevolle Details, wenn man mit bis zu drei Freunden die Gegend unsicher macht. Wer sich eine Konsole teilt, muss sich aber auch die Insel teilen, was man ebenso wie die unverständliche Sprachausgabe kritisieren kann. Zudem hätte ich mir eine Cloud-Save-Option, mehr Touch-Unterstützung sowie ein größeres Ringmenü zur Werkzeugauswahl gewünscht. Aber unterm Strich wird man auf der Insel langfristig gut unterhalten.
Pro
- charmante Inszenierung
- viele liebevolle Details
- motivierende Bau- und Sammelreize
- kreative Gestaltungsmöglichkeiten
- regelmäßige Events und Überraschungen
- frei bestimmbares Spieltempo
- bis zu vier Spieler auf einer Insel
- stets gut lesbare Schriftgröße (auch im Handheld-Modus)
Kontra
- nur eine Insel pro Konsole
- keine Cloud-Save-Option
- zu kleiner Werkzeugring
- kaum Touch-Unterstützung
- nur Kauderwelsch als Sprachausgabe
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