The Division 2: Die Warlords von New York - Test, Shooter, Stadia, PlayStation4, PC, XboxOne
New York? Spielt Division 2 nicht in Washington? Stimmt – bisher jedenfalls. Doch nachdem schon in der letzten Season des vergangenen Jahres zwei Missionen nach Coney Island führten, also in unmittelbare Nähe von Manhattan, und im gleichen Zug ein Bösewicht namens Keener wieder auftauchte, kehrt man mit Warlords jetzt quasi vollständig zum Big Apple zurück. Dort treibt Keener nämlich sein Unwesen und man will dem Übeltäter ja das Handwerk legen. Weil man seinen Aufenthaltsort zunächst nicht kennt, folgt man also der Spur seiner Handlanger, um entsprechende Informationen zu erhalten und schließlich dem Fiesling selbst einen Besuch abzustatten. Fünf Missionen sowie eine Reihe besonderer Aufgaben in der offenen Welt umfasst die neue Kampagne.
Ab in den Süden!
„Zurückkehren“ heißt dabei nicht, dass man den Mond, Verzeihung: das Manhattan des Vorgängers besucht. Vielmehr steht mit einem Areal südlich davon eine komplett neue offene Welt zur Verfügung. Die ist bei weitem nicht so groß wie Manhatten oder DC, aber ein nach gleichem Muster gestrickter weitläufiger Schauplatz.
Das ist ja nach wie vor eine der großen Stärken dieses Spiels (und seines Vorgängers): Die Illusion sich in einer lebendigen Welt zu befinden ist famos. Bis heute sauge ich in aller Ruhe immer wieder mal nur die Umgebung in mich auf; die ruhige Musik beim Verlassen des gesicherten Bereichs, die steinernen Hinterhöfe, der viele Müll, die kunstvollen Graffiti, überwältigenden Wetterlagen sowie Stühle und Schlafsäcke am Straßenrand oder dumpfen Gewehrsalven, die sich in dem desolaten Häusermeer verlieren.
Das Division-Erlebnis
Wie praktisch daher, dass mit der Warlords-Erweiterung jene Haftminen des Vorgängers zurückkehren, die man direkt an einen Schurken schnipst, woraufhin der je nach gewählter Mine erst lange brennt und dann gesprengt oder umgehend explodiert wird. Neu ist außerdem ein Hologramm, das die Aufmerksamkeit von Feinden auf sich zieht, sowie Elektrominen, die sowohl Personen als auch Maschinen kurz außer Gefecht setzen. Das funktioniert zwar so unzuverlässig, dass ihr Nutzen zu wünschen übriglässt, doch ich habe mich bislang auch noch nicht intensiv damit beschäftigt.
„Guckt mal, da!“
Ich hantiere lieber – je nach Bedarf – mit verschiedenen Varianten der Glühwürmchen und Haftminen, da Letztere u.a. sehr viel Schaden an den auf Robotern montierten Geschützen anrichten. Die haben immerhin Verstärkung in Form eines unverschämt flinken Klettermaxe erhalten, der gefühlt aus allen Richtungen gleichzeitig feuert und deshalb möglichst schnell verschrottet werden sollte. Ganz generell haben viele Gegner jetzt mehr auf dem Kasten. Manche nutzen sogar die Fähigkeiten, die zuvor den Division-Agenten vorbehalten waren, oder treten selbst in der offenen Welt in Varianten auf, an denen man ordentlich zu knabbern hat.
Das Gute daran: Die Gefechte sind noch taktischer geworden. Man muss genauer überlegen, welche Feinde man zuerst ausschaltet und mit welchen Fähigkeiten man das tut. Gruppen sind deshalb dazu angehalten effizienter zusammenzuspielen, sprich im Idealfall konzentrieren sich Spezialisten viel mehr als vorher auf ihre besonderen Fertigkeiten. Heiler gewinnen dadurch ähnlich an Bedeutung wie Experten zum Ausschalten der Geschütze. Das Glühwürmchen greift ja auch die Drohnen an, die jetzt in so zahlreichen Varianten auf Agenten zukommen.
Schwerer ist besser
Noch besser übrigens: Der Anspruch ist nicht nur im Allgemeinen gestiegen, neuerdings wählt man außerdem den Schwierigkeitsgrad beim Durchkämmen der offenen Welt. Bei Bedarf aktiviert man sogar zusätzliche Modifikatoren, mit denen man u.a. das Radar sowie die Rüstungsregeneration nach dem Ende eines Kampfes abschaltet und neue Munition auf Nachschubkisten beschränkt. Wer will, schlägt sich dann wie in einem Survival-Abenteuer durch New York oder Washington und erhält natürlich bessere Beute sowie zusätzliche Erfahrungspunkte. Ich find‘s klasse! Auf dem zweithöchsten Schwierigkeitsgrad und ohne Radar steht man noch nicht unter Dauerstrom, schaut sich aber schon viel genauer um und nimmt selbst kleine Patrouillen ernst. Die Umgebung gewinnt dadurch als bedrohliche Kulisse an Gewicht und die Action ist unterhaltsamer als beim müden Wegknallen lästigen Kanonenfutters.
Ärgerlich ist nur, dass der Schwierigkeitsgrad momentan starken Schwankungen unterworfen ist. Hat man zu dritt oder viert nämlich oft alle Hände voll zu tun, läuft man alleine oder zu zweit selbst auf der höchsten Stufe erstaunlich entspannt umher. Das reicht bis in die Missionen hinein, wo sich komplette Teams an manchen Räumen die Zähne ausbeißen – bis zwei Leute die Gruppe verlassen und der Bosskampf plötzlich zum profanen Kinderspiel wird. Hoffentlich bessert Massive hier schnell nach, denn der Spaß leidet unter der fehlende Balance.
Das ist ohnehin ein Problem der Erweiterung: Kleine und große Fehler sind praktisch allgegenwärtig. Von nicht überwindbaren Hindernissen in der Umgebung über das Verhindern des Fortführens der Kampagne bis hin zu Abstürzen am PC war in den vergangenen Tagen alles dabei. Das Schlimmste merzen die Entwickler stets umgehend aus! Trotzdem gehören Unstimmigkeiten leider zum Alltag eines Agenten.
Käfer und andere Schwächen
Das mit Warlords hinzugekommene Aufleveln im Endgame gefällt mir zudem nur mit Einschränkung. Dabei ist es grundsätzlich klasse, dass man jetzt auch auf Stufe 40 Erfahrungspunkte erhält, für die man nicht nur noch mehr Beutekisten erntet, sondern mit denen man beim Erreichen jedes neuen Levels eins von vier Attributen in einer von vier Kategorien stärkt. So erhöht man ganz langsam die Schnelligkeit beim Nachladen, den Waffenschaden, die Einsatzdauer der Gadgets und mehr. Dummerweise geschieht das allerdings in dermaßen kleinen Schritten, dass ich das System nicht als besonderen Anreiz empfinde. Jedes Level ermöglicht ja eine Erhöhung von gerade mal 0,2 Prozent.
Eine gute Idee ist nicht zuletzt das neue Season-Modell, bei dem man häufige Belohnungen dafür erhält weiter zu spielen. Dazu zählen Ausrüstung, Beutekisten sowie kosmetische Gegenstände, wobei Besitzer eines Season-Pass zusätzliche Kleidung sowie (vernachlässigbar wenige) Materialien zum Herstellen von Ausrüstung erhalten. Den ersten Pass gibt es dabei kostenlos, spätere sollen mit etwa zehn Euro zu Buche schlagen.
Ab in die Dauerschleife!
Ein anderer Aspekt der Seasons ist die fortlaufende Geschichte, denn mit den in der Kampagne gejagten Bösewichten ist noch längst nicht Schluss. Weitere Abtrünnige wollen gefunden und beseitigt werden, wofür man allerdings keine speziellen Missionen erledigt, sondern bisher jedenfalls nur bekannte Aufgaben wiederholt. Darunter fallen das Einnehmen von Kontrollpunkten, Erledigen per Kopfgeld Gesuchter sowie ein paar Hauptmissionen. Mit anderen Worten: So richtig motivierend ist das bislang nicht. Nicht einmal der derzeitige finale Kampf – ebenfalls ein bekannter Kopfgeld-Auftrag gegen einen lediglich etwas stärkeren Boss – ist ein kleiner neuer Einsatz. Ein paar besonders starke Gegner tauchen zwar ab da bei verschiedenen Gelegenheiten auf, was die Schwierigkeit ein wenig nach oben korrigiert, trotzdem hatte ich mir auch für den Einstieg schon etwas mehr erhofft...
... schon allein deshalb, weil Massive bereits Ende des ersten Jahres Missionen hinzugefügt hatte, die an teils ausgesprochen schicke Orte führten und zudem versteckte Rucksack-Anhänger enthielten, die man durch cleveres Grübeln erst mal finden musste. Warum sind solche Ideen zumindest im Rahmen der ersten neuen Season komplett abwesend? Die saisonalen Inhalte sollen doch ein Grund sein dranzubleiben. Und es ist ja nicht so, dass Warlords ansonsten frei von solchen Ideen davon wäre; schließlich erlebt man im Rahmen der Kampagne einmal mehr Aufträge, die sich gewaschen haben. Da ist man z.B. auf einem in der Mitte zerbrochenen Tanker unterwegs, der mit Vollgas in den Hafen gekracht sein muss – mit ausgeworfenem Anker, der einen Teil des Ufers mitgerissen hat, bevor das Schiff endlich zum Stehen kam. Diese Art des Erzählens über die Umgebung macht wie gehabt einen großen Teil der Faszination von Division 2 aus.
Aus der Vergangenheit lernen
Wirklich großartig ist aber erst das stark überarbeitete Ausrüstungssystem, Gear 2.0 getauft. Denn das schwedische Studio hat sämtliche Waffen, Rüstungsteile und Fähigkeiten angeschaut und z.T. stark verändert. Neue Talente sind da ebenso hinzugekommen wie sinnvolle Vereinfachungen. Dabei erkennt man jetzt grundsätzlich schneller, welchen Effekt z.B. eine Mod hat, wo man sie einsetzen kann und wie gut sie im Vergleich zu ähnlichen Mods ist.
Basteln für Fortgeschrittene
All das erleichtert das Sortieren enorm! Das Zusammenstellen individueller Ausrüstung war ja ohnehin stets umfangreicher und damit motivierender als in vergleichbaren Spielen – jetzt macht es mir sogar noch mehr Spaß. War meine Truhe zuletzt dermaßen voll, dass ich gar keinen Überblick mehr darüber hatte, welche Gegenstände sich warum dort drin befanden, macht es jetzt richtig Laune überflüssige Beute „gewinnbringend“ zu zerlegen und sich beim Sammeln auf das Zurücklegen wirklich notwendiger Gegenstände zu fokussieren.
Fazit
Unterm Strich gelingt Massive Entertainment also eine verdammt gute Erweiterung, die vor allem den Kern des Loot-Shooters verbessert. Zum einen ist die Action nicht nur knackiger geworden, sondern auch abwechslungsreicher und taktischer anspruchsvoller. Wer will, erhöht jetzt sogar den Schwierigkeitsgrad in der offenen Welt. Zum anderen wurde das Zusammenstellen individueller Ausrüstung um ein Vielfaches übersichtlicher ohne es in seinen Grundzügen zu beschränken. Und natürlich ist es klasse, dass man jetzt nicht nur einen weiteren Schauplatz durchforstet, sondern auch dort packende Einsätze erlebt. Eine Zeitlang waren Die Warlords von New York deshalb auf Goldkurs – bis ich den ersten Teil der neuen Season abgeschlossen hatte, der spielerisch absolut nichts Neues enthält. Ein paar Kopfgelder und Missionen noch mal zu spielen, obwohl tägliche und wöchentliche Herausforderungen sowie Projekte fast komplett gestrichen wurden, stellt für mich jedenfalls keine Motivation dar. Hinzu kommen die scheinbar kaum umkämpften Kontrollpunkte in Manhattan, auffällige Fehler sowie der aktuell extrem schwankende Schwierigkeitsgrad. Natürlich wird sich Division 2 in den kommenden Wochen und Monaten weiter verändern, nachdem es das schon im ersten Jahr zu seinem Vorteil getan hat. Und vielleicht hat Massive gerade für die Season noch ein paar Asse im Ärmel. Im Moment ist es aber einfach so, dass diese potentiell sehr gute Erweiterung ihr Potential noch nicht ganz ausschöpft.
Pro
- großes neues Areal im Süden Manhattans
- Einstellen des Schwierigkeitsgrad auf Weltkarte und allgemeiner Modifikatoren
- zusätzliches Erhöhen wählbarer Attribute im Endgame...
- Gear 2.0: verändertes System macht Auf- bzw. Ausbau der Ausrüstung übersichtlicher und motivierender, ohne es einzuschränken
- überarbeitete bzw. neue Waffen, Mods, Fähigkeiten, Talente sowie Attribute erweitern Möglichkeiten beim Zusammenstellen der Ausrüstung
- Gegner mit neuen Fähigkeiten zwingen zu stärkerem taktischen Vorgehen und belohnen spezialisierte Teammitglieder
Kontra
- Kontrollpunkte in Manhattan werden kaum umkämpft/zurückerobert
- Inhalte der Season sind bekannte Aufgaben, die Altbekanntes nur in neuen Kontext setzen
- ... durch mikroskopische kleine Fortschritte
- aktuell sehr unausgewogener Schwierigkeitsgrad
- auffallend viele kleine und große Fehler
Echtgeldtransaktionen
Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?
- Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.
- Man kann die Spielzeit über Käufe nicht verkürzen, kein Pay-to-Shortcut.
- Man kann sich keine Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, kein Pay-to-win.
- Season Pass, dessen Inhalte keine bzw. nur minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.