Exit the Gungeon - Test, Arcade-Action, PlayStation4, Mac, iPhone, iPad, PC, Switch, XboxOne

Exit the Gungeon
28.03.2020, Matthias Schmid

Test: Exit the Gungeon

Raus aus dem Pixel-Dungeon

Vor vier Jahren verzückte uns der Twinstick-Shooter Enter the Gungeon. Der Nachfolger Exit the Gungeon (ab 9,75€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) behält den hübschen Look bei, ändert aber die Spielperspektive. Ob es sich in Seitenansicht ebenso spaßig ballert, verrät der Test.

Diesmal ist es Aufgabe der todesmutigen Gungeoneere, so schnell wie möglich aus dem maroden Pixelkerker zu entkommen, bevor alles zusammenbricht. Wurden die Schlachten im gefeierten Vorgänger Enter the Gungeon als Twinstick-Shooter aus einer Von-oben-Perspektive inszeniert, wird nun in handelsüblicher 2D-Seitenansicht geballert. Die Fähigkeit, in alle Richtungen zu feuern, ist aber nach wie vor essentiell. Das übernimmt der rechte Analogstick, alle anderen Aktionen finden sich auf den vier Schultertasten: Schießen, Smartbomb, Hüpfen und Ausweichrolle. Ganz entscheidend ist: Während mein Held in der Luft in Bewegung ist, können ihm die Kugelsalven der Feinde nichts anhaben. Ich kann also munter durch Bullets hindurchrollen oder -springen, ohne dass die eigene Herzleiste Schaden nimmt; nur wenn mich eine Kugel stehend oder laufend erwischt, gibt es einen Abzug.

Nomen est omen

Boss-Duell: Die Killermieze in ihrem Mobil erinnert an Dr. Robotniks Gefährte aus diversen Sonic-Spielen.
Allerdings sind Feinde und rot leuchtende Projektile so zahlreich, dass das Überleben in Exit the Gungeon kein Kinderspiel ist. Ganz im Gegenteil: Schon in den ersten Szenen, ein kompletter Durchlauf dauert übrigens nur 25 Minuten, heizen euch die niedlichen Pixelmonsterchen kräftig ein. Ein kurz blinkendes Fadenkreuz zeigt an, wo der nächste Gegner spawnt - wenn er dann da ist, müsst ihr euch auf unterschiedliche Attacken einstellen: Manche Feinde snipern oder haben Rammattacken, andere spucken bunte Kugelfluten aus, tumbe Blobs eiern nur dröge herum, fliegende Geister greifen aus allen Himmelsrichtungen an. Und ihr seid mittendrin und versucht, die Übermacht im Zaum zu halten, mit insgesamt über 100 Kanonen. Viele davon kennt man aus Enter the Gungeon - das ist aber nicht weiter schlimm, waren sie da doch schon ziemlich kreativ. Es gibt Knarren, die Knarren verschießen, einen Tentakel-Laser, Holzwerfer, Eikanone, E-Gitarre, Blubberdrache, plus eine Vielzahl herkömmlicher MGs, Flinten und Rocket Launcher.

Die Anzahl der 2D-Areale ist überschaubar, hübsch gebaut sind die Stages aber definitiv.
Kern der Spielmechanik und dazu eine schlechte Idee ist, dass eure Waffe alle circa zwanzig Sekunden automatisch durch eine neue aus dem immensen Waffenfundus ersetzt wird. Und zwar zufällig! Gutes Spielen ohne Gegentreffer soll zwar zum Erhalt eines besseren Ballermanns führen, de facto bekommt man aber regelmäßig trotzdem eine blöde Erbsenpistole, obwohl man nachweislich keinen Fehler gemacht hatte. Die ständige wechselnde Waffe stellt in der Tat ein unberechenbares Spielelement dar, dadurch gleicht keiner der tendenziell repetitiven Durchläufe ganz dem vorigen. Andererseits verhindert es ein gutes Gefühl beim Erhalt einer starken Waffe, weil man ja weiß, dass sie nach wenigen Sekunden ohnehin futsch ist. Zudem sind manche Witwenmacher einfach schwach, langweilig, schlecht im Handling oder nerven mit gefühlt ewiger Aufladezeit.

Keine Routine!

Feinde hinterlassen in Exit the Gungeon eine Standard-Währung, die man während eines Durchlaufs in Shops für simple Dinge wie Lebensenergie oder neue Smartbombs ausgibt. Wie viele seiner Roguelike-Verwandten und auch Enter the Gungeon nimmt Exit the Gungeon dem Spieler nach dem Tod fast alles weg. Lediglich die Zweit-Währung „Hegemony“, die man für das Erlegen von Bossen erhält, bleibt erhalten. In der „Bresche“ genannten Hubwelt kann man für „Hegemony“ dann Waffen und andere kleine Vorteile kaufen, auf die man beim nächsten Versuch dann vielleicht trifft. Unterm Strich ist die Progression aber marginal: Zwar finden sich in der „Bresche“ nach und nach ein paar seltsame Pixel-Gesellen und auch weitere wählbare Spielfiguren ein, ein echtes Stärkerwerden der Figur, eine Erweiterung der Möglichkeiten, ein kontinuierliches Profitieren vom wiederholten Scheitern findet nicht statt. Das haben ähnlich gelagerte Titel wie GoNNER oder Downwell viel besser gelöst.

Einkaufen

Kurz Atem holen zwischen den Action-Stages: Hier shoppt ihr Herzcontainer oder kauft der dubiosen Ratte einen Schlüssel ab. Welche Tür der wohl öffnet?
Liebloses Design kann man Exit the Gungeon ganz sicher nicht vorwerfen: Dem beliebten Vorwurf „Hey, hier kommt das hundertste Indie-Pixel-Game“ begegnet es mit verschrobenen Feinden, die mal vor Retro-Niedlichkeit strotzen, mal das allgegenwärtige Thema der Kugeln und Waffen persiflieren. Wer kann schon einem Gegner böse sein, der wie eine dümmliche Patronenhülse auf zwei Beinen aussieht? Auch die Endgegner werden mit dramatischen Pixel-Artworks angekündigt, sehen knuffig bis furchteinflößend aus und erweisen sich spielerisch als beinharte Prüfungen. Praktisch ist neben Einstellungen wie Zielhilfe und Bildschirmwackeln das Diginomikon - dort werden hunderte Ballermänner, Feinde, Items & Co. aufgelistet. 

Hübsch gemacht

Was Exit the Gungeon leider nicht bietet: Einen Auto-Feuer-Modus - der wäre angebracht gewesen, weil man sowieso ständig ballert und vor allem im Switch-Mobilbetrieb rasch über Fingerkämpfe klagt. Ebenfalls nicht an Bord ist ein Zweispieler-Modus, doch dafür habe ich mir eine gut funktionierende Umleitung ausgedacht: Ein Spieler übernimmt - wahlweise am selben Pro Controller oder aufgeteilt in zwei JoyCons - Herumlaufen, Springen und Rollen, der andere Ballern, Smartbomb und Zielen. Die Arbeitsteilung klappt erstaunlich gut: Der mit dem Ausweichen beschäftigte Spieler kann seine Aufgabe besser bewerkstelligen, als wenn er gleichzeitig noch zielen muss. Zudem vergisst man dann in der Hitze des Gefechts die Smartbomb nicht ganz so oft!

Fazit

Wiederholt musste ich beim Spielen von Exit the Gungeon an eine Folge meiner Lieblings-Sitcom King of Queens denken. In einer Szene wird Lesemuffel und Couch-Kartoffel Doug genötigt, ein Buch zu lesen. Er schafft nur eine Seite, blickt aber weiterhin stundenlang brav ins Buch, um seiner Frau vorzutäuschen, er lese artig weiter. Stattdessen plant er in Gedanken seine nächsten Mahlzeiten oder singt ein Lied im Kopf: „Ich hasse dieses Buch so sehr, ich hasse dieses Buch so sehr.“ Und genau dieses Liedchen, allerdings mit dem Wort „Spiel“ anstelle des Buchs, ging mir während des Zockens von Exit the Gungeon nicht aus dem Kopf. Trotz der hübschen Pixeloptik, trotz der vielen kreativen Waffen habe ich das repetitive Ballern, Ausweichen und eben auch Sterben wieder und wieder verflucht. Ich ärgerte mich über den zufälligen Waffenwechsel, beklagte, dass viele Knarren nicht genug Bumms haben, und fühlte Versuch um Versuch um Versuch einfach nicht genug Fortschritt in meiner Ausrüstung und der Oberwelt. Und mal ehrlich: Ich habe schon genug Contras und Metal Slugs durchgerockt, um zu wissen, dass ich in diesem Genre keine Niete bin - aber das Ausweich- und Smartbomb-System von Exit the Gungeon wollte mir auch nach Stunden nicht in Fleisch und Blut übergehen. Wie gerne hätte ich mich anstatt des Roguelike-Konzepts einfach durch viele normale, lineare Level gekämpft, da hätte ich auch das Waffenwechsel-Feature aktzeptieren können. Exit the Gungeon ist sicher kein schlechter Titel. Aber ich hasse dieses Spiel so sehr, ich hasse dieses Spiel so sehr…

Pro

  • Gungeon-Aufbau je nach Charakter unterschiedlich
  • sehr sehr viele pfiffige Waffen
  • hübsche PIxel-Optik
  • fordernde Bossduelle
  • ulkig designte Feinde
  • kreative Kugelformationen

Kontra

  • auch einige blöde Waffen
  • dauernder Waffenwechsel nervt
  • kaum Progression nach Toden
  • sehr knackiger Schwierigkeitsgrad
  • fühlt sich nach wenig Spielumfang an
  • gelegentliche Rucker auf Switch

Wertung

PC

Hübsch gemachtes 2D-Jump'n'Shoot mit wenig belohnender Roguelike-Mechanik und nervigem Waffenwechsel, aber vielen kreativen Ballermännern.

Switch

Hübsch gemachtes 2D-Jump'n'Shoot mit wenig belohnender Roguelike-Mechanik und nervigem Waffenwechsel, aber vielen kreativen Ballermännern.

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Kommentare
Spiritflare82

Enter the Gungeon war ein Fest für Shoot em up/Roguelite Fans.

Exit the Gungeon ist einfach nur totaler Mumpitz.

vor 4 Jahren
Usul

Die Rouge-Light Krone trägt nunmal The Binding of Isaac (irgendwo danach dann wohl FTL). Besser geht es in diesem Bereich nicht.
Meinst du das allgemein? Oder ist das die Krone in der Reihe der Spiele, die du in dem Bereich gespielt hast?
Denn ich z.B. mag Isaac überhaupt nicht - und finde sogar Flinthook z.B. besser, auch wenn das nicht gerade das beste Spiel aller Zeiten ist. Rogue Legacy wäre viel besser. Dead Cells schon gar nicht mehr zu vergleichen, sooo viel besser also.

Aber ich bin mir sicher, schon sehr bald wird das Ganze auf die Frage hinauslaufen, was ein Rogue-Like ist und was ein Rogue-Light und so weiter und so fort.

vor 4 Jahren
knusperzwieback

Isaac hab ich nie lange gespielt, weil mich der Grafikstil zu sehr runter zog und bei Enter the Gungeon warn mir zu viel moderne Waffen mit an Bord. Werde erst mal weiter bei Rogue Legacy bleiben. Das bietet mir bis jetzt die beste Gesamterfahrung und sieht dank dem zeitlosen Pixellook auch nach Jahren immer noch klasse aus.

EDIT: Auf obiges Spiel mit automatischem Waffenwechsel muss ich mich nicht näher beschäftigen. So was brauch ich nicht. Werde höchstens mal bei Twitch vorbei schauen, wenn ich ein paar fluchende Spieler sehen möchte.

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
Babelfisch

An Binding of Isaac kommt einfach nichts heran. Schon Enter the Gungeon habe ich nicht lange durchgehalten. Dieser neue Versuch klingt sogar noch schlechter. Wobei ich nicht sagen will, dass EtG schlecht ist, aber es hat mich nie so packen können. Isaac kann zwar sehr frustrierend sein, aber das macht es stets wieder wett, wenn man richtig coole Kombis zusammenbaut. Und die Varianz und damit der Wiederspielwert ist für mein Empfinden hundert mal höher als bei EtG.

Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 4 Jahren
ClassicGamer76

Es wird immer nach circa 20 Sekunden zu einer zufälligen Waffe aus dem über 100 Waffen umfassenden Arsenal gewechselt. Automatisch und nicht freiwillig. Man kann lediglich durch gutes Spielen (zB. nicht getroffen werden) die Chance erhöhen, eine "bessere" Waffe zu erhalten. Wobei diese Qualitätseinstufung stark im Auge des Betrachters liegt.
Au weia, da hat sich der/die Spieledesigner wahrlich keinen Gefallen mit getan, was für eine absurde Entscheidung.

vor 4 Jahren