Granblue Fantasy: Versus - Test, Prügeln & Kämpfen, PlayStation4, PC

Granblue Fantasy: Versus
07.04.2020, Matthias Schmid

Test: Granblue Fantasy: Versus

Der 2D-Bruder von SoulCalibur?

Ein neues Beat’em-Up der BlazBlue- und Guilty-Gear-Macher? Mit Charakteren und Musik, die an Final-Fantasy-Zeiten erinnern? Her damit! Granblue Fantasy: Versus (ab 31,88€ bei kaufen) hat uns im Test grafisch wie spielerisch überzeugt.

Der Name Granblue Fantasy ist aus gutem Grund nicht jedem Fan japanischer Rollenspiele bekannt: Das 2014 in seinem Heimatland veröffentlichte Browser- und Mobile-Spiel hat es nie in den Westen, aber trotzdem auf 25 Millionen Downloads und kummulierte Einnahmen von über 400 Millionen Euro gebracht. In Granblue Fantasy steckt eine Menge Final-Fantasy-DNA: Der legendäre Komponist Nobuo Uematsu steuerte die Musik bei, Art Director Hideo Minaba verantwortete den unvergleichlichen Look der Figuren. Seit Jahren wird übrigens auch an einem Konsolen-Action-RPG namens Granblue Fantasy: Relink gearbeitet, aus dessen Entwicklung Platinum Games aber mittlerweile ausgestiegen ist.

Was für 'ne Fantasy?

Gut richtig ab: Die bärtige Dame Ladiva ist eine Wrestling-Urgewalt - hier seht ihr einen ihrer stärksten Moves.
Für das Prügelspiel-Spin-off hat sich Hersteller Cygames einen ähnlich prominenten Partner geangelt: Arc System Works. Der japanische Traditionshersteller entwickelt schon seit Mitte der 1990er Jahre qualitativ überzeugende 2D-Beat’em-Ups, lief aber erst seit BlazBlue: Calamity Trigger (2008) zur Höchstform auf: Seitdem übertreffen sich die Haudrauf-Profis fast schon im Jahresrhythmus mit spielerisch wie technisch starken Titeln, darunter mehrere BlazBlue-Episoden und natürlich auch das Gold-Award-Spiel Guilty Gear Xrd Rev. 2 Zudem ist Arc System Works auf die Beat’em-Upisierung prominenter Marken spezialisiert: Schon 2005 codeten sie für Sega einen im Westen kaum bekannten, aber starken 2D-Fighter zu Fist of the North Star, 2012 folgte das betörend inszenierte Persona 4: Arena. Dessen Qualität toppte schließlich 2018 noch DragonBall FighterZ, der Beat’em-Up gewordene Fiebertraum aller Dragon-Ball-Jünger – bis heute eines der grafisch spektakulärsten Spiele.

Beelzebub (links) gegen Vaseraga (rechts): Die beiden Hünen duellieren sich am Strand. Beelzebub ist ein Boss, Vaseraga erinnert an Nightmare und Astaroth aus SoulCalibur.
Mit einem Prügelspiel zu einer anderen Marke, egal ob aus dem Anime- oder Spielebereich, soll logischerweise nicht nur die Hardcore-Fighting-Fangemeinde angesprochen werden. Deshalb waren sowohl Persona 4: Arena als auch DragonBall FighterZ einsteigerfreundlicher als alle BlazBlue- und Guilty-Gear-Titel. Granblue Fantasy: Versus wählt einen ähnlichen Weg, indem es zum einen nicht sehr kombolastig ist und zum anderen die traditionelle Specialmove-Eingabe (Stichwort: Viertelkreis) optional macht. Wer möchte, kann feurige Superschläge sehr simpel per Richtungstaste plus Schultertaste auslösen, muss dafür aber eine längere Auflade-Zeit (bis der Move wieder auslösbar ist) in Kauf nehmen, als wenn er die Attacke per klassisch eingeprägter „Runter, Vor, Kreistaste“-Sequenz lanciert. Ein interessantes und durchdachtes System, das aber auch dafür sorgt, dass nicht alle Moves stets verfügbar sind, weil sie eben auch bei der traditionellen Eingabe eine gewisse Cooldown-Phase haben. Das fühlt sich etwas einschränkend an und sorgt zusammen mit der niedrigen Bewegungsgeschwindigkeit der Figuren dafür, dass sich Granblue Fantasy: Versus behäbiger spielt als andere Arc-System-Titel. Wer allerdings mal eine Online-Partie gegen einen geübten Spieler ausgetragen hat, der kann bestätigen, dass die Action ziemlich rasant werden kann. Apropos online: In all meinen Test-Matches waren Bildrate und (nicht vorhandener) Lag stets hervorragend, dazu gesellt sich ein optisch nettes Lobby-System mit eigenen Räumen für jede Region und reichlich Einstellungsmöglichkeiten.

Casual oder Pro?

Überhaupt gibt sich Granblue Fantasy: Versus viel Mühe, seine Systeme und Mechaniken unbedarften Spielern zu erläutern - ein Prädikat, das nicht auf alle Titel des Genres zutrifft. Solisten treten in Kombo-Training, Versus-Kämpfen gegen die KI, einer Arcade-Variante mit kurzen Story-Sequenzen sowie einem ausgewachsenen RPG-Modus an. Letzterer ist das Kernstück der Einzelspieler-Erfahrung - hier findet man heraus, wer die Figuren sind und welche Abenteuer sie erleben. In spielerischer Hinsicht wird hier einiges geboten, auch wenn nicht alle Einzelteile per se überzeugen: Keilereien gegen Standard-Wachen werden ähnlich einem traditionellen Sidescroll-Klopper inszeniert, dazu gesellen sich Bosskämpfe, die wie die normalen Fights in Granblue Fantasy: Versus ablaufen. Bei einigen Auseinandersetzungen kann man zudem die Hilfe eines zweiten Spielers nutzen: Dann greift entweder ein Couch-Kumpan zum zweiten Controller oder man ersucht online um Hilfe. Dazu gesellen sich jede Menge Beute, optionale Aufträge, auflevelbare Waffen und reichlich Standbild-Dialoge. Granblue Fantasy Versus bietet also noch weit mehr Rollenspiel als der Persona-Klopper Persona 4: Arena, das in dieser Hinsicht einfach nur Dialog an Dialog reihte. Gleichzeitig werden alle Finessen zwar gut erklärt, dieser Story-Modus ist aber viel zäher und behäbiger als die klamaukige Geschichte in Mortal Kombat 11.

Rollen-Prügel-Spiel

Im Story-Modus werden Fights gegen Standardgegner wie in einem Sidescroll-Klopper inszeniert. Wie in Ninja Warriors spielt sich alles aber auch einer Ebene ab.
In audiovisueller Hinsicht ist Granblue Fantasy: Versus ein Genuss. Die Musik mäandert zwischen verträumt und antreibend und erinnerte mich dabei immer wieder an die Klänge der SoulCalibur-Serie. Von den unbelebten Hintergründen abgesehen - man erinnere sich nur an die wundervoll wuseligen King-of-Fighters-Stages früherer Jahre - fährt Arc System eine volle grafische Breitseite auf: Knackscharfe, hochaufgelöste Figuren mit stilsicherem Design (das mich mit seinen Farben und Rüstungen erneut an SoulCalibur denken ließ) schmeißen sich Lichtexplosionen, Geistwesen und Feuersbrünste um die Ohren; dramatische Kameraperspektiven und Special-Move-Intros gibt es obendrauf. Die Figuren spulen für meinen persönlichen Geschmack ein paar JRPG-Stereotype zu viel ab - dennoch sind coole, niedliche oder lustige Charaktere dabei, die außerdem typische Beat’em-Up-Vorlieben (z.B. Grappler) bedienen.

Sieht stark aus!

Fazit

Durch Granblue Fantasy: Versus werde ich zwar nicht mehr zum JRPG-Fan, doch die Keilerei hat mir richtig gut gefallen. Der üppige Story-Modus ist mir unterm Strich zu langatmig und laberlastig. Aber einige Elemente daraus, wie Sidescroll-Schlägereien gegen Standardfeinde und kooperative Bossfights sind gelungen. Technisch ist das Spiel blitzsauber: Der Online-Modus flutscht und die Grafik ist ein Hingucker - nach Persona 4: Arena und DragonBall FighterZ beweisen Arc System Works zum dritten Mal, dass sie aktuell der beste Entwickler sind, wenn es darum geht, einen 2D-Fighter zu einer bekannten Marke zu stricken. Ich hatte einigen Spaß, die Figuren auszuprobieren, alle fetten Special-Moves zu bewundern und den flotten Arcade-Modus durchzurocken. Auch die sehr gut funktionierende Kombination von Dash und Ausweich-Move fand ich gerade auf schwereren Stufen oder in den Online-Matches klasse. Granblue Fantasy: Versus schafft es wegen seines sperrigen RPG-Modus und der für meinen Geschmack etwas zu niedrigen Geschwindigkeit zwar nicht, meine Prügel-Lieblinge der letzten Jahre (DragonBall FighterZ, Mortal Kombat 11) zu verdrängen, ist unterm Strich aber ein überraschend reizvolles Beat’em-Up. Überraschend natürlich, weil ich mir von einem Mobile-RPG-Spin-off wenig versprochen, und nicht, weil ich an Arc System Works niedrige Erwartungen hatte.

Pro

  • knackscharfe, detaillierte Anime-Optik
  • fetzige Spezialattacken
  • interessantes Steuerungskonzept
  • Figuren spielen sich angenehm unterschiedlich
  • reichlich gute Tutorials
  • fühlt sich generell gut an
  • Online-Modus funktioniert klasse
  • viele Spielmodi
  • gute Matches-Aufzeichnen-Funktion
  • verträumter Soundtrack

Kontra

  • RPG-Storymodus sehr behäbig
  • nicht so dynamisch wie andere Arc-System-Fighter
  • Charakterzahl überschaubar
  • langweilige Stages
  • einige sehr schrille Frauenstimmen
  • Story für Nicht-Kenner des Mobile-Spiels langweilig

Wertung

PlayStation4

Einsteigerfreundliches 2D-Prügelspiel mit reichlich grafischem Bombast - tolle Spielbarkeit und flotte Online-Kämpfe entschädigen für den drögen RPG-Modus.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • penetrantes Anpreisen von DLC im Hauptmenü, 6,99 Euro pro DLC-Charakter, Farben-Paket für 2,99 Euro, Zusatz-Stage für 3,99 Euro, "Character Pass Set" verfügbar, das 20 Euro auf das Hauptspiel aufschlägt, dafür alle fünf (künftigen) DLC-Charaktere beinhaltet
  • Es gibt Käufe nur für optionale Kosmetik wie Farben, Skins, Kostüme etc.
  • Man kann sich keine Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, kein Pay-to-win.
  • Season Pass, dessen Inhalte keine bzw. nur minimale Auswirkungen auf das Spieldesign haben.
Kommentare
Hühnermensch

Abseits von Street Fighter, Mortal Kombat/Injustice und Smash Bros. sind Fighting Games in Deutschland halt leider tot bzw. durch die fehlende Spielhallenkultur hatten sie auch gar nicht erst die Popularität wie in anderen Ländern. Wobei Fighting Games ja grundsätzlich schon eine Nische darstellen, aber in Deutschland ist es gefühlt am extremsten.
Dazu kommt dann noch die Sache mit den DLC Kämpfern, die ja vielfach auf Unbehagen stoßen. Da werden die Games dann mit einem "warte ich eben bis eine Complete Edition erscheint" abgestraft. Kein Wunder, dass sich da bei uns keine größere Community aufbauen kann.
Wie Hamurator schon anmerkte, gibt es in Deutschland schon eine Szene, auch wenn diese im Vergleich zu England oder Frankreich natürlich lächerlich klein ist. Zu den Zeiten von Street Fighter 4 ging es zwar deutlich aufwärts, mit dem Abflachen seit Street Fighter 5 aber auch wieder arg nach unten. Ich muss es wissen, ich war 10 Jahre Teil davon.

vor 4 Jahren
Hamurator

Abseits von Street Fighter, Mortal Kombat/Injustice und Smash Bros. sind Fighting Games in Deutschland halt leider tot bzw. durch die fehlende Spielhallenkultur hatten sie auch gar nicht erst die Popularität wie in anderen Ländern. Wobei Fighting Games ja grundsätzlich schon eine Nische darstellen, aber in Deutschland ist es gefühlt am extremsten.
Dazu kommt dann noch die Sache mit den DLC Kämpfern, die ja vielfach auf Unbehagen stoßen. Da werden die Games dann mit einem "warte ich eben bis eine Complete Edition erscheint" abgestraft. Kein Wunder, dass sich da bei uns keine größere Community aufbauen kann.
Immerhin gibt es mittlerweile ein paar Veranstaltungen in Deutschland, die etwas weitere Kreise ziehen. Genannt seien Bavaria Burst und Dreamolition Derby in München, Hessen Crash in ... Mörfelden-Walldorf ( ) und ein Turnier in Berlin, dessen Name mir aber gerade entfallen ist.

International sind wir wohl in Smash Bros. am besten aufgestellt. War nicht auf der letzten EVO in den Top 16 ein Deutscher? In Europa schlagen wir uns wohl auch nicht schlecht gemäß RobinGG auf Rocket Beans TV.

Aber ja, das Pflänzchen ist klein.

vor 4 Jahren
Hamurator

Interessantes Spiel, über eine Demo würde ich mich freuen.

Was ist eigentlich mit dem Rollenspiel, zu dem es mal einen spannenden Trailer gab?
Ich nenne es mittlerweile die japanische Antwort auf Duke Nukem Forever. Schon seit drei oder vier Jahren in Entwicklung, ursprünglich zusammen mit Platinum Games in Arbeit, sind diese letztes (oder war es schon vor zwei Jahren?) Jahr ausgestiegen und beide Parteien haben Stillschweigen darüber vereinbart. Jedes Jahr im Dezember zum Granblue Fes, einer Convention zum Franchise in Japan, gibt es einen neuen Trailer und etwas Gameplay, aber einen (groben) Termin gab's nie.

vor 4 Jahren
ddd1308

Abseits von Street Fighter, Mortal Kombat/Injustice und Smash Bros. sind Fighting Games in Deutschland halt leider tot bzw. durch die fehlende Spielhallenkultur hatten sie auch gar nicht erst die Popularität wie in anderen Ländern. Wobei Fighting Games ja grundsätzlich schon eine Nische darstellen, aber in Deutschland ist es gefühlt am extremsten.
Dazu kommt dann noch die Sache mit den DLC Kämpfern, die ja vielfach auf Unbehagen stoßen. Da werden die Games dann mit einem "warte ich eben bis eine Complete Edition erscheint" abgestraft. Kein Wunder, dass sich da bei uns keine größere Community aufbauen kann.

vor 4 Jahren
Hühnermensch

"- nicht so dynamisch wie andere Arc- System- Fighter" ernsthaft? Dass dieses Spiel mal halbwegs einwenig Neutral besitzt als Negativpunkt bewerten... Ihr braucht jemanden der ein wenig in der Materie drin steckt oder bewertet ihr andere Spiele wie Street Fighter und Mortal Kombat ebenfalls negativ, weil sie sich nicht so überdreht spielen wie z.B. MvC?
Mich hat zudem das Wort "einsteigerfreundlich" getriggert. Das Hinzufügen von spektakulär aussehenden Auto-Combos macht ein Fighting Game nicht automatisch einsteigerfreundlich. Das Teil ist schon in den frühen Schritten eine echt komplexe Bombe und sollte eigentlich auch so behandelt werden. Wirklich gut auskennen tut sich in Deutschland bei dem Genre leider keiner mehr wirklich. Bei der Play4 gabs lange Zeit jemanden und gan früher bei der M!Games. Aber heute, puh..

vor 4 Jahren