The Walking Dead: Saints & Sinners - Test, Action-Adventure, OculusRift, VirtualReality, HTCVive, OculusQuest, PlayStationVR, ValveIndex

The Walking Dead: Saints & Sinners
14.05.2020, Jan Wöbbeking

Test: The Walking Dead: Saints & Sinners

Schroffer VR-Überlebenskampf

Einfach gestrickte Schießbuden gibt es in VR wie Sand am Meer, doch Skydance Interactive will mit The Walking Dead: Saints & Sinners das bedrohliche Gefühl eines Überlebenskampfes in der Virtuellen Realität einfangen. Ob das auch mit den Move-Controllern gelingt, überprüfen wir im Test für PSVR, wo übrigens zwei der Bewegungs-Controller zwingend vorausgesetzt werden.

Mit diesen Zombies ist nicht zu spaßen – das wird spätestens dann klar, wenn sich in The Walking Dead: Saints & Sinners einer der Untoten ausgesprochen nah an den Spieler anschmiegt und ihn um seinen letzten Fortschritt bringt. Nicht immer klappt die ziemlich unzuverlässige schwungvolle Armbewegung zum Abschütteln, wenn der Untote erst einmal zugepackt hat. So landete ich dank des übertrieben strengen Speichersystems oft gleich wieder am Anfang der Mission, an einem älteren Speicherpunkt in der eigenen Basis oder wurde wahlweise fast wehrlos auf die gefährliche Suche nach dem eigenen Rucksack geschickt.

Nichts für Ungeduldige

Ärgerlich ist auch, dass mir nach dem zu kurzen Tutorial wichtige Infos verschwiegen werden. Eine davon wird mittlerweile immerhin während der ersten, quälend langen Ladepause ausgiebig eingeblendet: Geplündertes Essen ist verseucht und nagt danach stetig an der ohnehin knappen Energieleiste! Denkt also daran, euch nicht gleich das nächstbeste Nahrungsmittel vor den Mund zu halten, sondern rüstet eure Werkbänke in der Basis erst einmal zum Abkochen auf!

Ein Blick auf die wirksame Vignette und die auch auf PSVR noch ansehnliche Kulisse. Bei der Beleuchtung werden aber Abstriche wie gröbere Schattenkanten deutlich.


Nicht so laut!

Der gnadenlose Einstieg ins Spiel hat aber auch seine Vorteile: In keinem anderen Survival-Titel hatte ich solch einen Respekt vor den Untoten, wofür auch die knappen Ressourcen verantwortlich sind. Auf meinen Touren in einige von der Flut verwüstete Ortsteile von New Orleans überlege ich es mir oft zwei mal, bevor ich los sprinte und einen durch die Gegend torkelnden Matschkopf auf mich aufmerksam mache. Lieber noch ein Weilchen abwarten und nicht zu viel Lärm machen. Vielleicht noch eine Dose zur Ablenkung schmeißen, um durch ein aufgebrochenes Loch unter die Dielen eines Anwesens zu schleichen. In die Hocke geht man übrigens per Knopfdruck; gespielt wird wahlweise im Stehen oder Sitzen.

Die Missionen fallen meist recht ähnlich aus: Mit einem kleinen Boot fahre ich von meiner geschützten Basis aus in eine der kleinen, aber frei zu erkundenden Straßenzüge und schleiche mich in ein Haus, um wichtige Gegenstände wie ein Mikro für das Funkgerät in der eigenen Wohnmobil-Basis zu finden. Danach trete ich mit einem skeptischen Fremden in Kontakt, um ihn nach weiteren Informationen zur sagenumwobenen „Reserve“-Basis voller Vorräte auszuquetschen.

Zeit für eine Entscheidung: Nachdem sich der Ehemann dieser Frau in ein sabberndes Ungetüm verwandelt hat, kann der Spieler sich in sein Anwesen schleichen, um ihn zu erlösen und eine Schrotflinte zu finden.




Telltale lässt grüßen

Derzeit will die in einem Hochhaus stationierte Fraktion „The Tower“ auf skrupellose Weise die Vorherrschaft an sich reißen. Neben ihren Untergebenen und verfeindeten Kriegern treffe ich unterwegs auch auf freundlich gesinnte Passanten, um ihnen in Nebenmissionen zu helfen. Eine ängstliche Frau etwa traut sich nicht, ihren zombifizierten Ehegatten persönlich zu erlösen. Sie möchte nach dem erledigten Job nicht wahrhaben, dass dieser vorher noch andere Familienmitglieder erledigen musste. In den professionell auf Englisch vertonten Gesprächen werden kurze Dialog-Entscheidungen im Telltale-Stil eingeflochten, welche mir z.B. den Schlüssel zu einem Safe verschaffen. Eine schöne Ergänzung, welche dem Überlebenskampf mehr Persönlichkeit verpasst. Ich selbst gerate als Reisender „The Tourist“ in die unwirtliche Stadt. Nachdem sich Kontaktperson Henri selbst in einen knurrenden Untoten verwandelte, habe ich seine alte Basis im Wohnmobil mittlerweile für mich alleine.

Der Fokus aufs Crafting an den drei Werkbänken und passt gut zum Vorbild, zumal sich benötigte Gegenstände auf Listen verfolgen lassen. Nachdem ich mir auf meinen Ausflügen den aufrüstbaren Rucksack vollgestopft habe, wird aufgeklaubtes Gerümpel erst einmal in den Recycling-Container ausgeleert. Danach stelle ich länger haltbare Revolver, eine Schrotflinte oder Mahlzeiten für mehr Ausdauer beim Flüchten her. Die kurze Haltbarkeit gefundener Gegenstände wirkt etwas lächerlich: Der Flitzebogen vor der finsteren Gruft etwa zerbricht schon nach wenigen Schüssen.

Die selbstgebauten Spielzeuge wie diverse Schießeisen und Flinten sorgen dagegen für eine angenehm hohe Immersion. Das galt auf dem PC vor allem mit den Index-Controllern und ihrem Finger-Tracking, funktioniert mit den veralteten Move-Controllern allerdings nicht ganz so präzise. Probleme bereiten hier z.B. das Spannen und Schießen mit dem Bogen - mit dem sich hier nicht so genau lässt wie z.B. mit den Touch-Controllern der Oculus Rift (S). Der Pfeil wird auch hier wieder eingezusammelt. Später fummelt man in brenzligen Momenten sogar mit den eigenen Händen die Patronen in die Revolvertrommel, um einem bedrohlich nahen Zombie gerade noch rechtzeitig in den Schädel zu schießen. Ist die Munition alle, müssen es eben Hieb- und Stichwaffen richten, die sich glücklicherweise auch mit Move-Controllern ordentlich bedienen lassen. Lediglich, wenn man sich intuitiv zu weit zur Seite dreht oder anderweitig aus dem schmalen Erfassungs-Kegel der PS4-Kamera gerät, bleiben ab und zu am Rand die eigenen Hände hängen. Ein zu Beginn störender Umstand, den man mit etwas Gewöhnung aber routiniert umgehen kann, sobald man die ruckartige Drehung auf Knopfdruck verinnerlicht hat. Auch an den Rest der Knopf-Belegung muss man sich erst einmal gewöhnen, da schließlich die Analogsticks fehlen.

Fieser Nahkampf

Das Gewicht der Hieb- und Stichwaffen in den Händen des eigenen Normalo-Charakters wirkt wieder authentisch schwer. Ein großes Brett mit Nagel oder eine mit Stacheln bewehrte Keule muss erst einmal langsam mit zweihändigem Griff Fahrt aufnehmen, bevor es die Höhe eines Schädels erreicht. Dann lassen sich die aufdringlichen Walker aber gut auf Abstand halten. Brenzliger wird es mit kurzen Klingen oder Schraubendrehern. Zuerst muss der Kopf des Untoten im passenden Moment mit einer Hand erfasst werden, um die Klinge schließlich mit der zweiten Hand wieder und wieder in den Kopf zu rammen. Ein ausgesprochen nervenaufreibendes Manöver! Das Messer könnte schließlich jederzeit brechen, wenn man nicht vorher seinen Zustand überprüft hat. Und dann rückt einem der Untote in VR deutlich näher und unangenehmer auf die Pelle, als man das aus „flachen“ Horrorspielen am TV gewohnt ist.

Der Wackelkopf in der Bus-Basis auf der PSVR...
Auch beim Klettern ist Vorsicht geboten, damit die Kraxeltour nicht mit zu wenig Ausdauer startet. Wer direkt aus dem Sprint nach den weiß markierten Balken greift, stürzt schneller in die angelockte Meute am Boden, als ihm lieb sein dürfte. Schade, dass hier manchmal Gegenstände wie die Waffe hängen bleiben und ich daher unverschuldet abgestürzt bin. Ärgerlich ist auch die schwache KI der sich bekriegenden Fraktionen. Wer sich geschickt an Hinweisen zu Missions-Dokumenten orientiert, muss einen Tower-Stützpunkt unter Umständen gar nicht komplett infiltrieren, sondern nur ein paar Sprengfallen neben der Garage entschärfen.




Etwas hakelig

Aufgrund der nervösen KI funktioniert das Anschleichen ans Versteck im Brunnen dahinter allerdings denkbar schlecht. Die unberechenbaren Wachen werden meist trotzdem aufmerksam und rennen danach wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen durcheinander. Mal können sie durch massive Wände sehen oder schießen - in einem anderen Moment erkennen sie mich sogar dann viel zu spät, wenn ich schon direkt vor ihrer Nase stehe und ihnen aus nächster Nähe einen Pfeil in den Schädel jage.

...und auf der Valve Index mit ordentlich Supersampling (der schwarze Vignetten-Rand setzte hier gerade zur Übelkeitsvermeidung ein).
Das Durchforsten von Gebäuden mit Zombiebefall macht aber deutlich mehr Spaß, da ich mich langsam mit flackernder Taschenlampe durch die Flure schleichen und auf jedes der räumlich gut abgemischten Geräusche achten muss. Mit jedem vergangenen Tag vermehren sich übrigens die Walker, wodurch es noch kniffliger wird, wenn ich mich zu Beginn nicht aufs Sammeln und Schmieden an den Werkbänken konzentriert habe. Gespeichert wird schließlich nur zum Start eines Ausflugs oder wenn ich in der Basis vor der Nachtruhe eine tiefen Schluck aus dem Flachmann nehme. Zudem schadet es nicht, ab und zu einen Blick auf die Armbanduhr zu werfen. Einmal täglich lockt nämlich ein lauter Glockenschlag die Meute an, und bei Dunkelheit werden die Ausflüge deutlich gefährlicher. Daher darf ich nach der Dämmerung auch nicht mehr die Schnellreise per Boot starten, die mich entweder ins aktuelle Missionsgebiet oder zum Abklappern bekannter Areale führt.



Hirntot oder nicht?

Auch die detailverliebte Kulisse trägt ihren Teil zur Präsenz bei. Die kleinen Stadtteile ähneln sich visuell zwar stark, aber aus der Nähe aber punkten die verrümpelten Flure mit fein gemaserten Holzanrichten, unheimlichen Graffiti und persönlichen Hinterlassenschaften. Freunde von verlassenen Orten kommen hier auf jeden Fall auf ihre Kosten! Während all das mit einer GeForce 2080ti und ein wenig Supersampling auf dem breiten Sichtfeld der Valve Index sehr beeindruckend wirkte, müssen PSVR-Nutzer mit deutlichen Abstrichen bei Detailgrad und Beleuchtung leben. Manche Texturen auf Böden, Fahrzeugen oder Feinheiten im Bus wirken deutlich unschärfer, was nach ein wenig Gewöhnung aber nicht mehr sonderlich auffällt. Viel wichtiger ist, dass es in unserem PSVR-Testspiel stets technisch rund lief und es so zu einem immersiven Gesamteindruck kam. Schön auch, dass es dank OLED-Display nicht zu düster wird - im Gegensatz zu manchen Szenen auf der dunkleren Rift S mit ihrem LCD-Screen. Auch für Komfort-Optionen wie die graduelle Vignette gibt es diverse Optionen. Mein Magen hatte mit der Standard-Einstellung fast nie Probleme. Kollege Ben musste dagegen schon im PC-Original nach kurzer Zeit aufhören, da keine alternative Fortbewegung per Teleportation angeboten wird.

Fazit

Ich kenne kaum ein Spiel, in dem mir die Gegner so viel Respekt einflößen wie in The Walking Dead: Saints & Sinners! In VR kommen mir die untoten „Walker“ nicht nur unangenehm nah, sondern lassen sich zudem leider nur unzuverlässig abschütteln. Die knappen Ressourcen und der Fokus aufs Crafting sorgen ebenfalls für Spannung auf den Beutezügen durch das detailverliebt inszenierte New Orleans. Auch das Schwingen und Nachladen der schweren Waffen trägt zum authentischen Gefühl bei. Auf PSVR muss man zwar mit Abstrichen wie der nicht ganz so präzisen Move-Steuerung oder sichtbar abgespeckten Texturen leben. Davon abgesehen ist Skydance Interactive aber eine technisch angenehm saubere Umsetzung gelungen. Der Survival-Trip hat allerdings nach wie vor deutliche Schattenseiten wie das viel zu kurze Tutorial, welches nicht genügend wichtige Details erklärt. Allgemein präsentiert sich das Spiel vielerorts sperrig, z.B. beim übertrieben harschen Speichersystem oder wenn die eigene Figur unverschuldet beim Klettern hängen bleibt. Noch unfertiger wirkt das konfuse Verhalten der lebendigen KI-Krieger, welches sorgsam geplante Schleich-Touren zunichte macht. Sie rennen nicht selten wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen durcheinander oder lassen sich aus nächster Nähe abschießen. So lange man es nur mit den schlurfenden Untoten zu tun hat (die erstaunlicherweise weniger hirntot agieren), entfaltet sich bei der Erkundung der verfallenen Anwesen aber ein angenehmer Nervenkitzel. Wer es actionreicher mag, sollte sich übrigens The Walking Dead Onslaught VR von Survios vormerken, welches im dritten Quartal erscheint.

Pro

  • kniffliger Überlebenskampf erfordert behutsames Vorgehen und Planen
  • gefährliche Zombies erzeugen starkes Bedrohungsgefühl
  • ansehnliche verfallene Kulissen
  • stimmungsvolle englische Vertonung
  • Handlung und Aufgaben passen zur Vorlage

Kontra

  • wichtige Mechanismen zu Beginn zu wenig erklärt
  • sehr simple, teils richtig dämliche KI bei menschlichen Gegnern
  • zu strenges Speichersystem
  • keine deutsche Lokalisierung
  • PSVR-Nachteile wie unpräzisere Move-Steuerung und Ladezeiten

Wertung

PlayStationVR

Spannender VR-Überlebenskampf mit Fokus aufs Crafting und einigen Macken wie schlecht erklärten Regeln oder der schwachen menschlichen KI.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt keine Käufe.
  • Dieses Spiel ist komplett echtgeldtransaktionsfrei.
Kommentare
SpookyNooky

Studien haben gezeigt, dass VR psychische Risiken hat.
Also Angstzustände können ausgelöst werden.
Und gibt es diese "Studien" auch irgendwo zu lesen? pubmed?

Wenn ich mir die spielbare Demo zu Resident Evil 7 in VR anschaue, dann denke ich, dass man als Spieleentwickler so weit gehen wird, wie es technisch möglich ist.
Technische Verknappung der Schreckensqualität, um das Seelenheil der Spieler zu bewahren? Nope!

vor 4 Jahren
Dat Scharger

Ein Spiel das leider durch einige fragwürdige Elemente zurückgehalten wird. Was meiner Meinung nach unter anderem auch daran liegt, dass es vor Alyx erschienen ist was zeigt, wie VR nahezu perfekt umgesetzt wird.

Auf dem Story (Ja, der heißt so)-Schwierigkeitsgrad gespielt...
Während dieser Modus einige der größten Schwächen wie die Haltbarkeit dämpft, ist es immer noch vollkommen bescheuert wie schnell Waffen kaputtgehen. Nahkampfwaffen, okay, kann nachvollziehen dass Klingen und Nägel schnell stumpf werden wenn man mit ihnen Schädel spaltet, aber Knarren? Vor allem halten solche, die man Gegnern abnimmt, häufig nur ein paar Schüsse durch.

Das Schlimmste sind jedoch die Arme. Zwar eine an sich schöne Idee, fand ich mich meist darin wieder, gegen die Steuerung und das simulierte Gewicht zu kämpfen. Zu sehen wie Arme und Hände herumnudeln während man eine Zweihandwaffe einhändig hält ist ziemlich lustig, wenn es die Schusswaffenhandhabung nicht so unnötig erschweren würde.

Kann man ruhig im Sale schießen, aber ich denke nicht dass ich das erneut durchspielen würde.

vor 4 Jahren
Herschfeldt

Ich glaube, dass die Zombies mit Absicht etwas schlecht gemacht sind.
Studien haben gezeigt, dass VR psychische Risiken hat.
Also Angstzustände können ausgelöst werden.

Deshalb wäre eine zu realistische Darstellung eigentlich ziemlich gefährlich.
geil

vor 4 Jahren
Juna Frey

Ich glaube, dass die Zombies mit Absicht etwas schlecht gemacht sind.
Studien haben gezeigt, dass VR psychische Risiken hat.
Also Angstzustände können ausgelöst werden.

Deshalb wäre eine zu realistische Darstellung eigentlich ziemlich gefährlich.

vor 4 Jahren
SpookyNooky

Das neue Update bringt einen "Story-Modus" mit sich. Scheint wohl ein einfacherer Schwierigkeitsgrad zu sein?

vor 4 Jahren