Mafia 2: Definitive Edition - Test, Action-Adventure, PC, XboxOne, PlayStation4
Ich würde heute nicht mehr alles unterschreiben, was ich in unserem Test zu Mafia 2 angemerkt habe. Dennoch gehört das Gangster-Epos in Empire Bay nach wie vor zu den besten seiner Art! Denn von seinem eigenen Vorgänger mal abgesehen, versetzt einen kein anderes Spiel in eine so stimmungsvolle offene Welt, ohne diese als Beschäftigungsmaßnahme zu verwenden. Es gibt ja kaum Aktivitäten, mit denen man sich abseits des roten Fadens beschäftigen kann – was durchaus schade ist, aber auch dafür sorgt, dass man ein geradliniges Abenteuer in einer dennoch glaubwürdigen Kulisse erlebt. Glaubwürdig, weil das Szenario nicht ständig wechselt und man im Kleinen sogar sieht, wie sich die Stadt verändert. Vitos Werdegang vom einfachen Gauner zum mächtigen Ganoven dauert ja von den 1940-ern bis Anfang der 50-er Jahre.
Markant statt systemisch
Vieles ist dabei auf den gerade laufenden Auftrag zurechtgeschnitten: Man beobachtet Passanten beim Streit und ist in Missionen unterwegs, die nicht nur aus Hinfahren und Schießen bestehen, sondern auch heimlichem Schleichen, Treffen mit Informanten, Verfolgungsjagden und vielen anderen Situationen, die hier mehr an einzigartige Momente in einem Film erinnern als an systemische Open-World-Action.
Und apropos: Den zahlreichen Filmszenen sieht man vor allem aufgrund der nach aktuellen Maßstäben steifen Animationen ihr Alter selbstverständlich an. Das (etwas zu stark von seinen cineastischen Vorbildern abgekupferte) Drehbuch und eine Inszenierung, die auf viele Kleinigkeiten u.a. beim Schauspiel der Charaktere, deren Interaktion mit ihrer Umwelt, der Kameraführung sowie dem Blocking Wert legt, haben auch heute noch Vorbildcharakter. Beim Spielen fällt hingegen auf, dass Figuren ihre Wohnungstüren abschließen, anstatt einfach hindurch zu sprinten, oder dass man Autos per Dietrich knacken kann, anstatt schlicht die Scheibe einzuschlagen – das alles sind Details, die Mafia 2 ein markantes Eigenleben verleihen.
Die Neuauflage enthält auf allen Plattformen außerdem sämtliche Erweiterungen des Spiels.
Konsequent modern?
Auch das Umherfahren in einem der zahlreichen Wagen fühlt sich besonders mit der Einstellung „Simulation“ nach wie vor gut an und hat mit einer tatsächlichen Simulation natürlich nicht viel gemein. Eher schlecht gealtert ist allerdings der Deckungs-Shooter und geschossen wird oft. Das recht profane Ballern ist jedenfalls kein Glanzpunkt, zumal man die Steuerung gerne stärker hätte an moderne Bedürfnisse anpassen können. Stattdessen fühlen sich Vito bzw. seine Waffen spätestens beim Spielen mit Gamepad zu leicht und der Rückstoß seltsam beliebig an. Ich wünschte nicht zuletzt, dass die Kamera beim Autofahren nicht so schnell wieder in ihre Ausgangsposition zurückkehren würde; das gemütliche Umsehen ohne automatisches Zurücksetzen sollte mindestens einstellbar sein. Auf PC darf man zudem nur die Empfindlichkeit der Maus, nicht aber die des Analogsticks verändern.
Wären es nur diese Versehen… geschenkt. Doch leider fängt der „Spaß“ dort erst an. Je nachdem, auf welcher Plattform man unterwegs ist, erlebt man nämlich technische Probleme, die sich z.T. gewaschen haben, und bei denen man sich ernsthaft fragt, wie ein dermaßen fehlerhaftes Spiel überhaupt veröffentlicht werden konnte. Immerhin bekam das Remaster zusätzliche Effekten wie volumetrisches Licht und Nebel sowie höher aufgelöste Texturen und zusätzliche Details auf Straße und Wegen spendiert, mit denen Empire Bay etwas plastischer wirkt. Auch die Gesichter wurden überarbeitet, wodurch sie eine Idee natürlicher aussehen.
Alt vs Neu
„Eine Idee“ und „etwas“ verwende ich dabei bewusst, denn beim Spielen der damaligen PC-Version fällt mir kaum auf, dass ich ein relativ altes Spiel vor mir habe. Nur im direkten Vergleich treten die eher behutsamen Neuerungen klar hervor. Wobei das nur für das Gegenüberstellen der PC-Version mit der Definitive Edition gilt; der Unterschied zwischen Xbox 360 und Xbox One bzw. PS3 und PS4 ist um einiges größer.
Und sowohl auf Xbox One als auch ihrer X-Variante läuft die Neuauflage auch weitgehend einwandfrei – was die Grafik angeht jedenfalls. Es ist zwar schade, dass sie selbst auf aktuellen Konsolen noch mit 30 Bildern pro Sekunde läuft, allerdings tut sie das auf Xbox One trotz eines kleinen gelegentlichen Stotterns halbwegs beständig. Man muss dort „nur“ mit einer gelegentlich falschen Zuordnung von Geräuschen und Stimmen klarkommen. In in Zwischensequenzen liegen sämtliche Stimmen etwa auf dem linken Kanal, was gerade dem filmischen Erlebnis freilich in die Quere kommt.
Und alle stehen links
Diesen Fehler konnten wir auf beiden Konsolen feststellen, zumal das nicht die einzigen Ärgernisse sind. Es gibt auch Störungen in Missionen, die bei uns zwar nicht das Weiterkommen verhindert, aber z.B. dafür gesorgt haben, dass ein Gegner, den man eigentlich lange weich prügeln muss, schon nach dem ersten leichten Schlag endgültig zu Boden geht. Abgesehen davon wird man bei jedem einzelnen Programmstart gefragt, ob man sein Konto mit 2K Games verbinden möchte. Nein, möchte ich nicht und mir fehlt die Möglichkeit mit „bitte fragt nie wieder!“ zu antworten.
Habe ich das Programm damit verärgert? Auf jeden Fall bekomme ich den Hinweis, mein Konto sei nicht mit 2K verknüpft, dauerhaft im PS4-Spiel angezeigt. Genauso gut kann es übrigens, dass die Einblendung es werde gerade gespeichert an derselben Stelle einfach nicht verschwindet. Überhaupt ist die PS4-Fassung die schlechteste der drei, denn deren Bildrate ist stellenweise geradezu miserabel. Das beständige kurze Stottern ist jedenfalls mehr als ein kleiner Wermutstropfen; wirklich genießen kann ich das Remaster in diesem Zustand nicht. weshalb wir hier auch die schlechteste Wertung vergeben. In Anbetracht der generell niedrigen Bildrate sowie unserer der Probleme auf PS4 Pro wundert es mich außerdem nicht, dass das Bild der Konsolenversion recht verwaschen wirkt, also vermutlich in einer relativ niedrigen Auflösung berechnet wird. Das alleine hätte das Erlebnis aber nicht dermaßen drastisch verschlechtert.
Spaßbremse #1: die Bildrate
Die wirkliche Definitive Edition?
Ist der PC also die Rettung, weil Empire City dort bei entsprechender Hardware mit ganzen 60 oder mehr Sekundenbildern „flimmert“? Im Grunde schon, doch auch da hat es eine Weile gedauert, bis Mafia 2 endlich problemlos lief. Schließlich hat selbst eine GTX 980 – wenn auch nicht der letzte Schrei – mächtig zu beißen an diesem grundsätzlich zehn Jahre alten Spiel. In einer Auflösung von 1080p muss ich sogar die PhysX-Funktionen deaktivieren, damit die Bildrate wenigstens zum größten Teil gehalten wird. Und dieses Deaktivieren funktioniert wiederum nur, indem man die allgemeinen Grafikeinstellungen auf Niedrig setzt und das Programm neu startet. Weder im Spiel selbst noch im Launcher gibt es, warum auch immer, eine separate Option für die Physikeffekte. Noch besser: Man kann im Launcher Einstellungen vorgeben und sich darüber freuen, wie sie vom Spiel anschließend ignoriert werden, sodass man sie noch einmal vornehmen muss.
Läuft die Definitive Edition dann endlich, wundert man sich hingegen auch unter Windows über merkwürdige Fehler wie seltsam zitternden Dampf auf Abwasserdeckeln oder so spät auftauchende Objekte, dass man schon mal in ein parkendes Auto rast, weil es viel zu spät erst auftaucht. Mindestens auf PC hätte es in der Neuauflage doch die Option geben müssen, die Reichweite sichtbarer Objekte zu erhöhen! Stattdessen wurde auch in dieser Hinsicht nichts gegenüber dem Original verändert. Das schadet vielleicht nicht, trotzdem muss noch einiges passieren, damit diese Neuauflage zumindest dem Anspruch gerecht wird, ihrem Original gleichzukommen.
Und es bleibt die Frage, ob das für August angekündigte, aufwändige Remake des ersten Mafia mit derselben „Sorgfalt“ veröffentlicht wird oder man sich ernste Sorgen darum machen muss, in welcher Form der große Klassiker seinen zweiten Frühling erleben soll...
Fazit
Respekt: Aus technischer Sicht ist diese Definitive Edition das mit Abstand schlechteste Remaster, das ich je gespielt habe! Eins, das auf PlayStation 4 Pro sogar dermaßen schlecht läuft, dass es mir beinahe dem Spaß an dem grundsätzlich starken Krimi raubt. Ich habe jedenfalls wenig Freude daran, Empire Bay im Dauerstottern zu erkunden, und würde an eurer Stelle darauf warten, dass ein Update die miserable Bildrate repariert. Hinzu kommt auf beiden Konsolen eine fehlerhafte Tonabmischung, dank der z.B. sämtliche Stimmen in Filmszenen ganz links verortet sind, und letztlich ist es auch bedauerlich, dass weder die Steuerung wirklich modernisiert noch grafische Schwächen von vor zehn Jahren ausgebessert wurden. Verfeinerte Gesichter, die höher aufgelösten Texturen, mehr Details in der Kulisse sowie eine bessere Beleuchtung sind natürlich ein willkommenes Upgrade, machen das Spiel aber schon deshalb nicht besser, weil damit grafische Fehler erst dazugekommen sind. Immerhin: Auf Xbox One läuft Mafia 2 um einiges sauberer, während man den nach wie vor spannenden „Spielfilm“ in einem mit viel Liebe fürs Detail inszenierten Szenario vor allem auf PC am ehesten so erlebt, wie er gedacht war. Hoffentlich werden die vielen technischen und inhaltlichen Fehler noch beseitigt, dann wäre auch die Neuauflage des Gangster-Dramas ein gutes, stellenweise sehr gutes Spiel. Bis das geschehen ist, kann davon allerdings keine Rede sein.
Pro
- neue Effekte, Details und Texturen verbessern Aussehen von Kulisse und Charakteren
- alternative Gamepad-Steuerung mit leicht überarbeiteter Tastenzuweisung (Konsolen)
- inhaltlich komplett einschließlich aller Erweiterungen
- sehr stimmungsvolle, lebendige Kulisse
- abwechslungsreiche Missionen bzw. Episoden
- hervorragende orchestrale und lizenzierte Musik
- im Kleinen interessante Tätigkeiten wie das Tunen von Autos und Ausrauben von Geschäften
- spannendes Epos
- aufwändige, detailverliebte Filmszenen
Kontra
- stotternde, ständig wechselnde Bildrate (PS4)
- kleine inhaltliche Fehler, die Missionsverlauf verändern
- Optionen aus Launcher werden im Spiel nicht übernommen (PC)
- Empfindlichkeit des Analogsticks nicht einstellbar (PC)
- nahezu kein Anpassen der Steuerung und fehlende entsprechende Einstellmöglichkeiten
- sehr spätes Auftauchen zahlreicher Objekte, darunter anderer Fahrzeuge
- kleine grafische Fehler wie tanzende Dampfwolken
- Tonfehler (vor allem PS4 und Xbox One)
- Frage nach Verlinkung mit 2K-Konto bei jedem Spielstart
- dauerhafter Hinweis auf fehlende Verlinkung oder andere ständig eingeblendete Hinweise (PS4)
- insgesamt etwas zu wenige Beschäftigungsmöglichkeiten, darunter die fehlende Möglichkeit öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen
- einige weit auseinander liegende Checkpunkte und kein manuelles Speichern
Echtgeldtransaktionen
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