Drug Dealer Simulator - Test, Simulation, PC
Auf den ersten Blick weckt die heruntergekommene Hood sofort Erinnerungen an echte Party-Viertel wie Friedrichshain, nördliche Nebengassen in Las Vegas oder verfallene osteuropäische Bauten. Aus den verstreuten Clubs und besetzten Häusern wummern erfreulich schnelle Uptempo-Hardcore- und Speedcore-Beats, Drum-n-Bass-Gerappel sowie passend zum Spielthema natürlich jede Menge Hiphop. Schön, dass der kleine Entwickler einen derart eigenwilligen Soundtrack wagt, der allerdings schon früh unter der geringen Track-Anzahl leidet. Wenn beim Strecken der Pülverchen zum zwanzigsten Mal über Mortal Kombat und Madden gerappt wird, bekommt man irgendwann spontan Lust, das Radio an die Wand zu schmeißen!
Polnisches Vegas
Auch die grafische Umsetzung lässt nur bedingt bessere Laune aufkommen. Selbst auf höchsten Einstellungen wirken grob texturierte Wände und Fahrzeuge bestenfalls zweckmäßig. Sie werden aber immerhin je nach Tageszeit in eine passende Lichtstimmung getaucht. Vor allem das Morgengrauen vermittelt mit seinem Vogelgezwitscher tatsächlich das Gefühl, bis in die frühen Morgenstunden unterwegs zu sein. Lebendig wirkt die Welt trotzdem nicht: Passanten ploppen wie Kanonenkugeln aus ihren Haustüren, bewegen sich wie Roboter und bleiben sogar in Extremsituationen stocksteif stehen - etwa wenn der Spieler direkt vor ihren Augen von einer Polizeistreife getasert wird.
Alltag oder Spannung?
Nach und nach erweitert sich die Angebotspalette gängiger illegaler Muntermacher und Beruhigungsmittel, von denen man im wahren Leben natürlich tunlichst die Finger lassen sollte! Dazu gehören Marihuana, Speed, Pillen oder auch die berüchtigte Tante Kristel mit ihrem besonders schlechten Einfluss auf Zähne und Gesundheit. Tagsüber kümmert man sich in diversen käuflichen Unterschlüpfen an verschlüsselten Laptops um Bestellungen, organisiert untergebene Dealer oder besorgt sich Cryptowährung. Die Portionierung von Kräutern und Pülverchen steht ebenfalls auf dem Programm. Das eigene Angebot sollte man möglichst gesundheitsschonend und suchtfördernd mit Backpulver, Zucker, Schmerzmittel und anderen Alltagszutaten aus der Tanke strecken. Für abhängig gemachte Junkies darf es auch schon mal aus der Dose - pardon - stärker gestreckt sein. Eine hinterlistige Praxis, die in diesem Spiel aber natürlich ebenso zum Alltag gehört wie das "Anfüttern" nichtsahnender Passanten mit kleinen Kostproben, um das Ansehen im Gebiet zu steigern. Auch Graffiti helfen dabei, Respekt bei örtlichen Gangs zu erlangen. Später sollten die Lieferungen allerdings tunlichst aufrecht erhalten und zeitnah aus angemieteten Verstecken geliefert werden, damit das Ansehen im Viertel nicht wieder sinkt und die Nachfrage versiegt.
Natürlich darf man auch bei Tageslicht Liefertouren starten. Das zieht allerdings die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich, was schließlich zu mehr Patrouillen führt. Im Dunkel der Polizeistunde wird man zwar bei jeder Entdeckung gefilzt, weil schließlich Ausgangssperre herrscht. Doch im Gegenzug ist die Sicht schlechter und der Verdienst von Barem sowie Respekt höher. Der Deal selbst läuft wie bei einem klassischen Hol-und-Bringe-Quest unter Zeitdruck ab. Zunächst wird der Geschäftspartner mit großer Übersichtskarte und kleinem Marker auf einem überwucherten Hinterhof gefunden (eine Minimap wäre hier praktischer gewesen!). Dann packt man einfach die vorgefertigten Tütchen auf die Kundenseite, damit schließlich die Kasse klingelt - wobei das Wort "einfach" in diesem Spiel fehl am Platze ist. Obwohl es sich im Prinzip um simple Mechaniken handelt, haben die Entwickler es fertiggebracht, sie an fast allen Stellen mit unnötig sperrigen, teils hakligen Menüs zu verkomplizieren.
Nachts sind alle Kotzen grau
Das beste Beispiel sind neu errichtete "Arbeitsstationen", also quasi Werkbänke: Zunächst muss man sich die passenden Werkzeuge wie Gläser und Mischplatten anderswo bestellen und in den entsprechenden Unterschlupf liefern lassen. Die zweite Voraussetzung ist, dass sich die passenden Drogen und Rohstoffe im aufgesetzten Rucksack oder den Hosentaschen befinden und nicht etwa im Schrank aus dem Möbelhaus. Hat man dann schließlich mit der F-Taste den Arbeisstations-Modus gestartet, ist dann per Tab ein ständiger Wechsel zwischen drei weiteren Modi nötig. Beim Abfüllen und Mischen wird die Maus seltsam umherbewegt, Tütchen-Abfüllungen werden mit einem ausgelagerten Mausrad-Menü gestarten und auch der Rest der Aktionen ist unnötig verschachtelt. Waren die Entwickler auf Drogen oder was war da los?
Schema F
Das Katz-und-Mausspiel mit den Ordnungshütern und ihrer schlichten KI erinnert also nicht an tatsächliche Gangster-Abenteuer. Ein wenig Spannung kommt aber trotzdem auf, wenn man durch überwucherte Hinterhöfe streift und mit Q- oder E-Taste vorsichtig um die Ecke linst. Die quäkenden Funkgeräte verraten zwar die Position der Streifen. Da der Klang aber ganz und gar nicht realgetreu abgemischt wurde, fühlt man sich oft eher an Arcade-Titel wie Baldi's Basics in Education and Learning erinnert statt an realistischere Schleichspiele. Auf einer Flucht lässt sich erfreulicherweise der verdächtige Rucksack wegwerfen und später wieder einsammeln. Diverse Status-Upgrades nach dem Level-Aufstieg ermöglichen unauffälligeres Vorbeimogeln, schnellere Sprints, mehr Verhandlungsgeschick und weitere Verbesserungen. Auch eingeworfene Drogen nehmen leichten Einfluss auf Ausdauerleiste & Co. - ihr Konsum wurde aber nur relativ langweilig mit leichten Bildfiltern visualisiert. Ihre Umsetzung wirkt wie ein Sinnbild für des Rest des Spiels, der sich nicht genug um die spannenden oder lustigen Aspekte des Themas kümmert, sondern sich zu sehr im Alltags-Grind verliert, der zudem unnötig hölzern umgesetzt wurde.
Fazit
Leider hat sich das bestätigt, was der Name und die Screenshots auf Steam vermuten ließen: Obwohl man im Drug Dealer Simulator nicht auf dem Feld, sondern auf den Straßen unterwegs ist, steckt einfach zu viel monotoner Grind in der Alltagssimulation, um die im Ansatz unterhaltsamen Schleich- und Aufbau-Elemente genießen zu können. Die oft hölzerne Inszenierung, verschachtelte Menüs und ein Mangel an Erklärungen stören hier zu oft den Spielfluss. Aus dem ungewöhnlichen Ansatz hätte man deutlich mehr herausholen können, zumal hier und da Humor durchblitzt – z.B. auf albernen Graffiti oder im wilden Soundtrack mit über 200 BPM. Doch selbst das konnte mich inmitten des monotonen Spielablaufs nicht dauerhaft wachhämmern.
Pro
- sympathische Story-Anflüge...
- Soundtrack mit über 200 BPM...
- Schleich-Touren sorgen durchaus für Spannung
- authentisch umgesetzter, stimmungsvoller Tag-Nacht-Zyklus
- einige lustige Ideen und Graffiti
Kontra
- ...Story wird aber zu minimalistisch inszeniert
- ...Lieder wiederholen sich aber zu schnell
- schrecklich umständliche Menüs
- zu starker Fokus auf monotone Lieferaraufgaben
- verwirrende, teils widersprüchliche Erklärungen
- hölzern animierte Passanten und grobschlächtige Texturen
- holpriger Deutsch-Englischer Übersetzungs-Mischmasch
- unrealistisch klingende räumliche Sound-Abmischung
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