Command & Conquer Remastered Collection - Test, Taktik & Strategie, PC
Die Remastered Collection umfasst neben den kultigen Hauptspielen auch das Tiberiumkonflikt-Erweiterungspaket "Der Ausnahmezustand" und die beiden Alarmstufe-Rot-Erweiterungen "Gegenangriff" und "Vergeltungsschlag". Die Zusatzmissionen sind eher lose gestaltet und lassen sich direkt im Missionsmenü anwählen. Insgesamt können mehr als 100 Missionen absolviert werden, wobei das Hauptaugenmerk natürlich auf den Story-Kampagnen von GDI und Nod bzw. Alliierten und Sowjets liegt.
Kult im Doppelpack
Da C&C zu den frühen Echtzeit-Strategie-Vertreten gehört und knapp 25 Jahre alt ist, sind die Missionen im Vergleich zu modernen Titeln wirklich sehr basal und einfach gestrickt, aber so war es damals. Die Karten sind vergleichsweise klein und wenig interaktiv. Die Missionen sind kurz, simpel und manchmal undeutlich formuliert. Auch Einheitenvielfalt und Taktiktiefe sind sehr überschaubar, obgleich Alarmstufe Rot schon einen klaren Sprung gegenüber dem Tiberiumkonflikt gemacht hat.
Sämtliche Missionen können in der Remastered Collection auf drei Schwierigkeitsgraden gespielt werden (Casual, Normal und Hard), was sich als gute Neuerung herausstellt, da der Schwierigkeitsgrad der Einsätze stark schwankt und man vieles durch Ausprobieren selbst herausfinden muss ... Trotzdem ist und bleibt Command & Conquer mit seinen charakteristischen Videos, dem treibenden Soundtrack und der unnachahmlich doofen Computerintelligenz der Sammler ein zentraler Meilenstein im Echtzeit-Strategiebereich (zum Bericht: C&C im Wandel der Zeit).
Es ist die Liebe zum Detail, die bei der Remastered Collection auffällt. So beginnen beide Spiele mit einer Video-Emulation des damaligen Installationsprogramms, in dem die Aufstufung der Auflösung und die nachgemachte Auswahl der Soundkarte präsentiert werden. Wenn da keine Erinnerungen wach werden ...
Ex-Westwood-Mitarbeiter sind beteiligt
Danach folgt die C&C-typische Videoorgie, bis die erste Mission mit der alten Grafik beginnt. Die erste Zusatzaufgabe ist dann die Umschaltung auf die überarbeitete Optik, die mit wesentlich schärferen und hübscheren Einheiten und Gebäuden bis 4K punktet. Die Umgebungsgrafik wirkt ebenso schärfer, aber an der kargen und sterilen Spielwelt ändert das Remaster nichts. Im Kampagnen- und Gefecht-Modus kann man jederzeit zwischen der alten und überarbeiteten Grafik wechseln, wenn man die Leertaste drückt.
Die seitliche Kommandoleiste für die Produktion von Einheiten und Gebäuden ist beibehalten worden, wurde aber auf drei Spalten vergrößert (vorher zwei Spalten). Mit dem Mausrad kann zwischen der klassischen Kameraentfernung und dem Zoom der Gold-Edition gewechselt werden. In den Spieloptionen kann man eine Einheiten-Warteschlange zur Produktion mehrerer Truppen aktivieren. Sammelpunkte für Einheiten gibt es jedoch nicht. Wegpunkte für Truppenbewegungen können nur in Alarmstufe Rot (mit der Taste Q) vergeben werden. Die Steuerung kann auf das Linksklick/Rechtsklick-Schema umgestellt werden. Spieltempo und Scrollgeschwindigkeit lassen sich wie die Hotkeys anpassen.
Von da an darf man einen Echtzeit-Stratgie-Kult-Klassiker wie damals mit sinnvollen Zusatzfunktionen und vielen Zusatzinhalten neu erleben! Auch die geheimen Missionen "Funpark Dino" und "Ant" sind in versteckt worden.
Neuerungen und Verbesserungen gegenüber dem Original
Im Multiplayer-Modus können Ranglisten-Partien (1-gegen-1) mit Gegnersuche auf Basis einer ELO-Wertung und benutzerdefinierte Partien gespielt werden. Für benutzerdefinierte Matches stehen über 200 Karten zur Verfügung. Die Regeln lassen sich anpassen und etwaige Computergegner hinzufügen - inklusive Teams. Wiederholungen von Partien können ebenfalls betrachtet werden. Drei im Testverlauf gespielte Mehrspieler-Matches liefen soweit problemlos, kämpften aber mit leichten Nachlade-Verzögerungen (Lags) bei den ersten Konfrontationen.
Multiplayer und Festplatten-Ruckler
Bei den Testpartien der Remastered Collection kam es immer wieder zu Performance-Einbrüchen, auf zwei von fünf Testcomputern. Diese teils starken Ruckler traten bei größeren Gefechten auf oder wenn neue Einheiten/Objekte geladen werden mussten. Die Lösung des Problems bestand letztendlich darin, das Spiel von der normalen Festplatte auf eine SSD zu verschieben. Danach waren die Nachlade-Ruckler Geschichte. Dennoch hätte das Spiel besser für den Betrieb auf "normalen" Festplatten optimiert müssen, zumal die gebotene "Grafikpracht" solche fps-Macken eigentlich nicht rechtfertigt.
Der Zahn der Zeit hat vor allem an den Videosequenzen genagt, die zwischen den Missionen der Kampagne abgespielt werden. Da das Originalmaterial der Videos nach dem Westwood-Ende irgendwo verschollen ging, wurde das vorhandene Videomaterial (320x200) mit einem KI-Algorithmus hochskaliert und die Bildwiederholrate von 15 fps auf 30 fps verdoppelt. Die ursprünglich sehr pixeligen und stark rauschenden Videos wurden stark vergrößert, danach weichgezeichnet und später nachgeschärft. Die Ergebnisse dieser KI-Überarbeitung fallen überraschend aus, denn während die Szenen, die mit echten Schauspielern vor Greenscreens aufgezeichnet wurden, noch halbwegs gut in überarbeiteter Form funktionieren, sind die computeranimierten Render-Sequenzen arg verwaschen und ziemlich unscharf. Die Originalsequenzen in Originalauflösung sind nicht enthalten, man muss sich mit den KI-optimierten Videos zufriedengeben.
Verpixelte oder unscharfe Videos? Unscharf!
Darüber hinaus schaltet jede abgeschlossene Mission bestimmte Inhalte in der Bonusgalerie frei. Insgesamt lassen sich vier Stunden Filmmaterial mit Outtakes oder geschnittenen Szenen betrachten (nur in Englisch). Auch Hinter-den-Kulissen-Fotos und unveröffentlichte Musikstücke sind dabei.
Die Überarbeitung des Soundtracks kann ausdrücklich nur gelobt werden, zumal die vielfältige Musik (von Rock über Industrial bis Hiphop) so wichtig und prägend für die C&C-Reihe war. Komponist Frank Klepacki, der sich übrigens nicht am Loudness War beteiligt, hat sämtliche Musikstücke neu abgemischt und in hoher Qualität neu produziert. Die Laufzeit des Soundtracks beträgt mehr als sieben Stunden und auch 20 Musikstücke, die Klepacki zusammen mit der Coverband The Tiberian Sons in Studioqualität neu aufgezeichnet hat, sind vorhanden. Mit der Jukebox kann der gewünschte Soundtrack angepasst werden. So können neue Playlists mit klassischen Low-Fidelity-Tracks und High-Fidelity-Stücken aus beiden Spielen zusammengestellt werden. Sämtliche Soundeffekte hat der Komponist auch überarbeitet.
Vorbildliche Soundtrack-Überarbeitung
Entfallene Schnitte
Der Tiberiumkonflikt und Alarmstufe Rot sind damals in Deutschland in zensierter bzw. angepasster Form erschienen. Diese Änderungen entfallen bei in der Remastered Collection. So fließt Blut, wenn Infanteriesoldaten im Kampf sterben. Wenn ein Panzer einen Infanteristen überrollt, hört man ein "zermatschtes Geräusch" anstatt einer zerquetschten Blechdose, schließlich waren die Soldaten in der Klassiker-Version nur Androiden. Daher kommt es mit der ursprünglichen deutschen Tonspur oft zu Text/Bild-Scheren, da die deutschen Originalsprecher noch von Androiden faseln, die ja nicht mehr auf Schlachtfeld ihren Dienst tun. Tanya kommentiert die Attacken gerne mit "Komm' Blechbubi tanz mal" - das ist der ehemaligen Zensur geschuldet. Auch die im deutschen Original entfernten Videosequenzen, in denen man z.B. den Besuch von Einstein bei Hitler sieht, sind diesmal komplett enthalten. Details zu den Schnitten findet ihr u.a. bei Schnittberichte.com (C&C: Tiberiumkonflikt und C&C: Alarmstufe Rot ).
Electronic Arts hat den Source Code des Spiels unter der "GPL Version 3.0 Lizenz" (Open-Source-Software-Lizenz) veröffentlicht (GitHub ). Die Open-Source-Dateien können von Moddern zur Erstellung von, eigene Karten, Einheiten, Designs, Assets und Spielmechanik-Logiken genutzt werden. Mods funktionieren nur in Gefechten und eigenen Missionen für Einzelspieler. Sowohl die Steam-Version als auch die Origin-Version können Mods verwenden. Steam-Nutzer nutzen praktischerweise den Steam Workshop.
Mod-Unterstützung
Fazit
Alles in allem ist die Command & Conquer Remastered Collection ein Paradebeispiel wie ein Remaster auszusehen hat. Die Grafiküberarbeitung passt ohne den kargen Stil zu sehr zu verfälschen, der Soundtrack ist vom Feinsten und am eigentlichen Spielgeschehen wurden keine gravierenden Veränderungen vorgenommen, auch die Sammler sind noch immer genauso doof wie damals. Der Umfang kann sich sehen lassen, da über 100 Missionen, ein Karten-Editor, Mod-Unterstützung, Gefecht-Modi in beiden Spielen, Ranglisten-Matches im Multiplayer und umfangreiche Bonusgalerien geboten werden - ergänzt mit Schwierigkeitsgraden und sinnvollen Steuerungsoptionen. Auch wenn die KI-gestützte Überarbeitung der Zwischensequenzen nicht immer ins Schwarze trifft und es störende Nachladeruckler auf PCs mit normalen Festplatten gibt, ist das Gesamtpaket ein echter Knaller. Man merkt, dass die Entwickler mit ganzem Herzen bei der Sache waren. Das Remaster ist der großen und kultigen Marke wirklich würdig und die nächsten C&C-Teile dürfen in dieser Form gerne ähnlich renoviert werden!
Pro
- haufenweise C&C-Missionen
- liebevolle Generalüberholung ohne den Kern zu verfälschen
- Mammutpanzer, Atombomben, Teslaspule und doofe Sammler-KI
- tolle Retro-Installation
- prompter Wechsel zwischen Retro- und HD-Grafik
- Konsolen-Inhalte erstmalig auf PC
- geschnittene Inhalte sind wieder dabei
- herausragende Soundtrack-Überarbeitung plus Jukebox
- Gefecht-Modus für Der Tiberiumkonflikt
- sehr große Bonusgalerie
- mehrere Schwierigkeitsgrade
- zusätzliche Steuerungsoptionen
- Karten-Editor
- Mod-Unterstützung
- Online-Multiplayer
- Ranglisten-Kämpfen (1-gegen-1)
- Quellcode wurde veröffentlicht
Kontra
- unzureichende HDD-Optimierung (Nachlade-Ruckler)
- stellenweise arg unscharfe/weichgezeichnete Videos
- pixelige Originalvideos fehlen
Echtgeldtransaktionen
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